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Steuern: Der Bürger zahlt gerne – aber nur unter Umständen

Laut Steuerschätzung aus dem Mai 2013 steigen die Steuern bis 2017 auf über 700 Milliarden Euro.Ein immer größerer Teil der Deutschen empfindet das derzeitige Steuersystem als ungerecht. Dabei würden sie freiwillig mehr zahlen, wenn die Fiskalpolitik drei Voraussetzungen erfüllen würde. 

Höhere Einkommenssteuern für Gutverdienende, eine Verdopplung der Erbschaftssteuern, eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer, das konsequente Schließen aller Steuerschlupflöcher und ein radikaler Kampf gegen Steuerflüchtlinge –dies sind nur einige ausgewählte Punkte mit denen die Parteien im Wahlkampf punkten wollen.

Die Deutschen, ein Volk von Masochisten, das gerne und freiwillig mehr Steuern zahlt? In der Tat muss man den Blick nur über die deutschen Grenzen hinaus, in einige unserer Nachbarländer, werfen. Empirische Erkenntnisse  –  so  z.B. aus der Schweiz – zeigen, dass die Bevölkerung Steuererhöhungen akzeptiert, wenn drei Bedingungen erfüllt sind: Fairness, Einfachheit und Mitsprache.

Fairness
Der Fall Uli Hoeneß markiert nur die Spitze eines Eisberges. Viele Bürger sind es leid, ihre Steuern bezahlen zu  müssen, während vermögende Schwarzgeldbesitzer straffrei ausgehen. Der scheinbar legale Ablasshandel  für Rosinenpicker, die zwar vom Staat profitieren, aber nicht dafür aufkommen wollen, hat die Mehrheit der Steuerzahlenden  an die Grenzen ihrer Geduld gebracht.

Dabei ist weniger die Legalität oder das Recht von Bedeutung als die Moral. Denn der Mehrheit der Deutschen ist bewusst, dass der Staat Geld braucht, um all das finanzieren zu können, was die Bevölkerung von ihm erwarten.  Sie sind auch bereit dafür aufzukommen, erwarten aber dass die Spielregeln von allen, insbesondere den besser gestellten Mitbürgern fair eingehalten werden.

Einfachheit
Je komplexer das Steuerrecht, desto geringer das Verständnis der Bevölkerung für die Zusammenhänge der Finanzpolitik. In einer Gesellschaft, in der Steuergestaltung zum täglichen Geschäft von Tausenden von Steuerberatern gehört und Steuervermeidung über zahlreiche legale Tricks möglich zu sein scheint, sinkt zwangsläufig die Bereitschaft dem Staat eigenes Geld zu überlassen.

Mitsprache
Transparenz und politische Mitspracherechte haben einen großen Einfluss darauf, wie viel die Bürger für den Staat zu leisten bereit sind. Wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen (höheren) Steuern und (verbesserten) staatlichen Dienstleistungen erkennbar ist, steigt die Bereitschaft der Bevölkerung, Steuern zu zahlen. In der Schweiz finden sich viele Beispiele, in denen die Bürger in Volksabstimmungen Steuererhöhungen zugestimmt haben. „Die Bürger verstehen sich nicht als «Steuersubjekte», die einer Steuerpflicht zu entsprechen haben, sondern sie verfügen gegenüber dem Staat sowohl über Rechte wie auch freiwillig eingegangene Verpflichtungen“ so Bruno S. Frey, Professor für Verhaltensökonomie an der University of Warwick, England

Der Bevölkerung muss also ein Steuersystem angeboten werden, das fairer, einfacher und transparenter ist als das heutige  – das steigert nicht nur die Akzeptanz der Fiskalpolitik, sondern auch die Bereitschaft, Steuern zu entrichten.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung zuerst auf Welt-Online erschienen.