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Aufstand der Abgehängten

Die EU versucht die Arbeitslosigkeit in Girff zu kriegen. Bislang ohne Erfolg.Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist eine Bedrohung für Europa. Im Kampf für mehr Jobs verlässt sich die Politik noch immer zu stark auf öffentliche Programme – anstatt den Unternehmen größere Freiräume zu gewähren.

Nun haben es endlich auch die europäischen Eliten bemerkt: Die rasant steigende Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern der EU ist politisch hoch brisant. Im Süden Europas und in Frankreich sind so viele Jugendliche arbeitslos wie noch nie, in Griechenland sind es gar 60 Prozent. Diese Abgehängten dürften bald aufbegehren – oder abwandern. Beides muss verhindert werden.

Dazu haben europäische Politiker auf einer hochrangig besetzten Konferenz darüber gesprochen, wie die Jugendarbeitslosigkeit sinken kann. Die deutschen und französischen Arbeits- und Finanzminister haben ihre Vorstellungen gleich als „New Deal“ angepriesen.

Was aber haben sie vor? Und was ist davon zu halten?

Positiv ist, dass die Politik das Thema überhaupt auf die Agenda setzt. Ebenfalls zu begrüßen ist die klare Aussage, dass Europas Staatsschuldenkrise mit Konsolidierung und Strukturreformen begegnet werden muss. Auch wird zu Recht betont, wie bedeutend Bildung und vor allem die duale Ausbildung nach deutschem Muster sind.

Die aufgezeigten Auswege aber überzeugen nicht. Mit 60 Milliarden Euro soll die Europäische Investitionsbank Firmen in Südeuropa und Frankreich unterstützen, die junge Leute beschäftigen wollen. Als wäre das ein  Problem fehlenden Geldes – die EZB hat die Banken mit Liquidität vollgepumpt. Sie geben sie nur nicht weiter, weil die Unternehmen nicht wettbewerbsfähig sind. Und das ist politisch bedingt.

Auch sollen mit Geld aus den EU-Strukturfonds Arbeitsplätze in den am stärksten betroffenen Ländern entstehen. Die Erfahrung lehrt indes, dass die Strukturfonds vor allem eines schaffen: Strukturen werden zementiert. Europa macht die Regionen abhängig vom Geld, wettbewerbsfähige Arbeitsplätze entstehen dort kaum.

Als drittes Gegenmittel soll die Europarats-Initiative „Chancen für junge Menschen“ umgesetzt werden, die vor allem auf Schul- und Hochschulabgänger sowie gerade arbeitslos gewordene junge Menschen zielt. Sie sollen Job, Ausbildung, Praktikum oder Weiterbildung erhalten. Weil Unternehmen das nicht anbieten, sind staatliche oder halbstaatliche Arbeitgeber gefragt. Am Ende stehen so Ausbildungen und Einstellungen am Markt vorbei.

Man sollte meinen, dass den Politikern nun die Nebenwirkungen verschleppter Staatspleiten und aufgeschobener Strukturreformen auffallen. Doch ihre Schlüsse sind nur halbherzig. Die Jugend braucht Zugang zum ersten Arbeitsmarkt, ohne ABM, subventionierte Kredite oder Strukturpolitik.

Die Lösung ist zugleich einfach und schwierig: Die Arbeitsmärkte in den betroffenen Ländern müssen gründlich reformiert werden. Lockerung des Kündigungsschutzes, Mindestlöhne aussetzen oder senken, Dienstleistungsmärkte deregulieren. Das klingt zwar recht simpel und war regelmäßig sehr erfolgreich. Jedoch muss die Politik eine sehr gut organisierte Gruppe von Arbeitsplatzbesitzern überwinden, die um ihre Privilegien fürchten – und die vor allem Wähler sind.

Löst die Politik dieses Problem jedoch nicht, bleiben alle anderen Maßnahmen Makulatur. Sicher wird die demographische Entwicklung in einigen Ländern helfen, die Jugendarbeitslosigkeit zu senken. Aber diese Zeit hat Europa nicht. Die Jugend braucht jetzt Arbeitsplätze.


Eine längere Fassung dieses Beitrags ist auf WiWo.de erschienen.