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Markt schlägt Staat

Deutschland hat in einem flächendeckenden Großversuch erproben dürfen, ob die Markt- oder die Staatswirtschaft das erfolgreichere gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Geschäftsmodell ist. Trotzdem: Der Staatsglaube scheint unerschütterlich.

Bei der friedlichen Wiedervereinigung im Jahr 1990 wurde offenkundig, wie bankrott der DDR-Staat nach Jahrzehnten sozialistischer Planwirtschaft ökonomisch wie politisch da stand. Die marktwirtschaftliche Ordnung der BRD dagegen hatte bewiesen, dass sie ihren Bürgerinnen und Bürgern nicht nur wirtschaftliche Prosperität, sondern auch demokratische Souveränität und uneingeschränkte Reisefreiheit garantieren konnte.

Umso erstaunlicher ist die wachsende Staatsgläubigkeit, die an vielen Fronten im Land zu beobachten ist. Marktwirtschaftliche Erfolgsprinzipien, die auf unternehmerischer Freiheit und fairen Wettbewerbsbedingungen fußen aber auch die Achtung der Eigentumsrechte und die Vertragsfreiheit einschließen, kommen zunehmend unter die Räder. Immer stärker mischt sich der Staat etwa in die Lohnfindung – Stichwort Mindestlohn – ein, obwohl gerade die Tarifautonomie von Gewerkschaften und Arbeitgebern über Jahrzehnte hinweg durchaus erfolgreich „Wohlstand für alle“ organisieren konnte.

Man könnte in der ganzen Beschäftigungs- und Einkommensdebatte gelegentlich den Eindruck gewinnen, dass dem privatwirtschaftlichen Unternehmenssektor das strukturelle Korsett des Öffentlichen Dienstes übergestülpt werden soll. Beamtenähnliche lebenslange Beschäftigungsgarantien wünschen sich viele, auch wenn die Dynamik der Privatwirtschaft Unternehmen nicht nur blühen, sondern auch untergehen lässt. Wer dieses „schöpferische Chaos“ (Hayek) mit starren Strukturen ausbremsen will, sollte sich als Gewerkschafter wie als Politiker immer vor Augen führen, dass öffentliche Verwaltungen vorrangig von der innovations- und technologiegetriebenen Dynamik  der industriellen Produktion leben – und nicht umgekehrt! Haben wir uns hier in Deutschland nicht vor drei Jahren kollektiv empört, weil im bankrotten Griechenland jeder vierte Arbeitnehmer im aufgeblähten Öffentlichen Dienst beschäftigt war? Und ist nicht die untergegangene DDR ein einziges ineffizientes öffentliches Beschäftigungsverhältnis gewesen?

Im Energiesektor lebten wir zwar jahrzehntelang in Oligopol-Strukturen, die einen fairen Marktwettbewerb behinderten. Daran sollten sich die Kritiker der Energiewende in Wirtschaftsverbänden und Politik gelegentlich erinnern. Soviel Staat und so wenig marktwirtschaftliche Effizienz wie heute gab es aber noch nie. Eine mit sündhaft teuren Subventionen gepäppelte Branche, die deutsche Solarwirtschaft, ist pleite, weil sie vor lauter Einspeisevergütungen die technologische Entwicklung verschlafen hat. Statt auf Forschung und Entwicklung und Internationalisierung hat sie sich viel zu lange auf den Kampf gegen den Abbau der Subventionen konzentriert.

Auf dem Immobilienmarkt gibt es regionale Knappheiten, keine Frage. Dass dort die Mieten steigen, ist selbstverständlich. Doch da, wo ein wachsender Markt besteht, wird auch in Neubau investiert, weil sich die Investition privatwirtschaftlich lohnt. Wenn der Gesetzgeber jetzt meint, mit einer gesetzlichen Deckelung der Mieten den Mietern etwas Gutes zu tun, dann unterschätzt er diesen Mechanismus. Wohin staatliche Fehlanreize im Wohnungs- und Gewerbeimmobiliensektor führen, hat gerade die extrem hohe staatliche Steuerförderung in den neuen Bundesländern nach der Wende bewiesen. Dort wurde am Markt vorbeigebaut, ein Überangebot entstand, die Preise für Immobilien stürzten ins Bodenlose. Der Markt war für mehr als ein Jahrzehnt tot.

Wir Deutschen müssten es doch besser wissen: Wir erlebten die beiden konkurrierenden Systeme im eigenen Land. Doch ist das eindeutige Ergebnis wirklich noch in unseren Köpfen präsent?