Ordnungspolitik

Die Notenbank-Party geht weiter

Viele Experten hatten einen Kurswechsel erwartet, doch die FED hat am Mittwoch die Fortsetzung der lockeren Geldpolitik verkündet. Damit soll das amerikanische Wirtschaftswachstum weiter angekurbelt werden. Doch die Risiken sind hoch.

Seit der Finanzkrise kennen wir das scheinbar unbegrenzte Fluten der Finanzmärkte mit frisch gedrucktem Notenbankgeld. Innerhalb der vergangenen sechs Jahre hat allein die US-Notenbank (Fed) ihre Bilanzsumme von 900 Milliarden Dollar auf jetzt 3,6 Billionen Dollar aufgebläht. Die Bilanzsumme des Eurosystems hat sich im selben Zeitraum übrigens ebenfalls fast verdreifacht. Statt den Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik einzuleiten, hat die Fed am Donnerstag beschlossen, ihren besonders umstrittenen Staatsanleihenankauf von 45 Milliarden Dollar pro Monat ebenso fortzuführen wie das monatliche Aufkaufprogramm von Hypothekenanleihen in gleicher Höhe. Dabei hatten die Märkte doch allseits zumindest mit einem ersten Tippelschritt heraus aus dem „Quantitative Easing 3“ gerechnet.

Die US-Notenbanker machen sich damit zum Erfüllungsgehilfen einer Politik, die nicht willens ist, aus dem Teufelskreis der Staatsverschuldung auszubrechen. In Amerika droht Mitte Oktober der fiscal cliff, also das Reißen der gesetzlichen Verschuldungshöchstgrenze. Weil Republikaner und Demokraten erneut auf einen handfesten Haushaltsoffenbarungseid zulaufen, scheint die Fed wieder einmal den Ausputzer für politische Handlungsunfähigkeit zu spielen. Aus Angst vor den Finanzmarktfolgen eines handfesten Haushaltsstreits verliert die US-Notenbank für mich inzwischen jede Glaubwürdigkeit bei der ernsthaften Vorbereitung einer Exitstrategie aus der Politik des ultraleichten Geldes.

In Amerika, in Japan und in Europa stecken Finanzmärkte und Politik inzwischen in der Notenbankfalle. Statt harter wirtschafts- und sozialpolitischer Reformen verstecken sich Politiker und Finanzmarktakteure hinter den Notenbank-Druckerpressen. Angeblich wird Zeit für Reformen gekauft. Tatsächlich erlahmt aber allerorten der Reformeifer. Nicht zuletzt Deutschlands Bundestagswahlkampagne belegt ja seit Monaten, dass unter der Flagge der Gerechtigkeit neue teure Sozialleistungen für das Volk versprochen werden. Und das in einem Land, das in den vergangenen Jahren von einer Reformpolitik namens „Agenda 2010“ profitierte, deren Rendite aber inzwischen aufgebraucht scheint. Objektiv stünde in Deutschland wie in vielen anderen Industriestaaten eine neue Reformoffensive an – angesichts von Rekordschulden, der gewaltig steigenden Demografiekosten der Sozialsysteme und häufig überregulierter Arbeitsmärkte.

Doch die Börsen feiern „Notenbank-Parties“, statt sich auf die realwirtschaftlichen Wertmaßstäbe zu konzentrieren. Wir erleben aktuell das Entstehen neuer Spekulationsblasen in Vermögenwerten. Denn Inflation hat viele Gesichter. Die Sparer erleben dafür eine kalte Enteignung, weil sie negative Realzinsen erhalten und darauf noch Abgeltungssteuer bezahlen müssen.

Was sich an den Finanzmärkten und in der Finanzpolitik abspielt, hat immer weniger mit Verantwortung und Haftung, fairem Wettbewerb und realwirtschaftlicher Leistung zu tun. Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, ein globaler Tanz auf dem Vulkan, dessen Eruptionen schneller erfolgen können als viele glauben.