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Vom Karriere-Banker zum Finanz-Punker

Pavan Sukhdev: Corporation 2020: Warum wir Wirtschaft neu denken müssen. Oekom Verlag, München 2013Pavan Sukhdev: Corporation 2020: Warum wir Wirtschaft neu denken müssen. Oekom Verlag, München 2013 Die Nutzung von Rohstoffen muss besteuert werden – das ist nur eine von vielen Kernforderungen des Ex-Spitzenbankers Pavan Sukhdev, um unseren Planeten überlebensfähig zu machen. Seine „Corporation 2020“ will nichts anderes, als die Wirtschaft zu revolutionieren. Ihm ist ein intelligentes Buch gelungen – für die Studierenden von heute und die Unternehmer von morgen.

Der Inder Sukhdev, der einstige Spitzenbanker, der 2008 seine Karriere endgültig aufgab, um sich ganz dem Kampf für eine grüne Wirtschaft zu widmen, will die Weltwirtschaft umkrempeln: War der Schlüssel zum Erfolg der Unternehmen Anfang des 20. Jahrhunderts die Schaffung von Nachfrage, Expansion, Produktinnovation und kostengünstige Produktion, müssen die Konzerne von morgen (der von Sukhdev genannten Corporation 2020) eine neue DNA besitzen: Statt „gut verkaufen“ gilt „Gutes verkaufen“. In der Welt der Corporation 2020 herrscht eine neue Form des Kapitalismus – „ein Kapitalismus, der die Schaffung von natürlichem, gesellschaftlichen und Humankapital neben klassischen Sach- und Finanzkapital anerkennt und belohnt“, schreibt der Autor.

Deswegen darf für ihn das Kapital der Natur heute nicht mehr kostenlos sein, sondern gehört in die Konzernbilanzen. „Alle wesentlichen externalisierten Kosten und der externalisierte Nutzen sollen gemessen, bilanziert und gemanagt werden“, meint der Autor. Sie seien der zunehmend sichtbare Fußabdruck der modernen Unternehmen. Sukhdevs Beispiel: „Der milliardenschwere Fußabdruck, den BP in den Ökosystemen, den Gemeinden und im Wirtschaftssektor am Golf von Mexiko hinterlassen hat, ist nur ein eklatantes Beispiel für externalisierte Kosten in Milliardenhöhe, die Unternehmen Jahr für Jahr verursachen.“

Die Umwelt- und Sozialkosten der großen Konzerne seien gigantisch, die 3000 größten hätten allein 2010 Schäden in Höhe von 2,15 Billionen Dollar verursacht. Ihre Reparatur müssten dann andere übernehmen – vor allem die privaten Steuerzahler.

Der Autor fordert, dass Unternehmen zukünftig für die Nutzung von Rohstoffen Steuer zahlen müssen. Nur so könne es für sie genug Anreiz geben, mit der Natur behutsamer umzugehen. Die Ressourcenbesteuerung führe dazu, „dass die Rohstoffbranche für Kosten aufkommen muss, die von ihr bislang externalisiert werden, und sie fördert die Entwicklung weniger rohstoffintensiver Technologien, weil die Rohstoffpreise steigen“, ist der Autor überzeugt. Um dem Raubbau endlich wirksam zu bekämpfen, will er die Unternehmen verpflichten, die negativen Auswirkungen ihres Handelns auf Menschen und Umwelt in ihren Bilanzen offenzulegen. Zugleich sollen sie Pläne entwickeln, mit denen sie die Effekte reduzieren können.

Abschaffen will Sukhdev den Wohlstand nicht. Es geht ihm um die falsche Zuteilung von Kapital. Er will den Wohlstand breiter streuen als heute und dadurch zukunftsfähig machen.
Wo das Geld herkommen soll, mit die Regierungen (vor allem in den USA) Anreize für die grüne Ökonomie bieten können, ist für ihn offensichtlich: „Es ist bereits vorhanden und war immer schon da – derzeit fließen jährlich fast eine Billion US-Dollar an Steuergeldern in unsinnige Subventionen“. Zum Beispiel Subventionen für fossile Brennstoffe oder für nicht nachhaltige Seefischerei.

Auch wenn Sukhdevs persönliche Entwicklung vom Karriere-Banker zum Finanz-Punker fast biblische Züge trägt – sein selbst ernannter Lebensauftrag ist weit mehr als der rosarote Traum eines grünen Idealisten. Es ist wünschenswert, dass viele Entscheidungsträger dem Inder zuhören und sein Buch lesen. Dann könnte zumindest ein kleiner Ruck durch die Weltwirtschaft gehen.