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Armutszuwanderung ist die absolute Ausnahme

Die Zuwanderer in Deutschland stammen vor allem aus EU Staaten und der Türkei.Die Angst vor der Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem ist durch Fakten nicht zu begründen: Gerade einmal drei Prozent der EU-Bürger machen von der Freizügigkeit Gebrauch. Und: Unter den drei Prozent befinden sich vor allem gut ausgebildete Fachkräfte, die die Sozialkassen stärken.

Die aktuelle Diskussion um die Zuwanderung aus Osteuropa ist von einer Furcht vor dem Sozialtourismus geprägt, die gemessen an den Zahlen irrational ist: Von 550 Millionen Menschen in der EU leben gerade einmal 17 Millionen oder drei Prozent in einem anderen EU-Land als ihrem Heimatland. Vor allem vier Gründe bewegen die restlichen 97 Prozent, zu Hause zu bleiben:

  • Zu Hause „arm unter Armen“ zu sein ist leichter, als sich in der Fremde als „arm unter Reichen“ zu fühlen.
  • Aufgrund privater und sozialer Bindungen können viele ihren Alltag nicht aufgeben.
  • Die Erwartung, dass es in der Herkunftsregion ökonomisch bergauf geht, überwiegt.
  • Das ortsspezifische Know-how über die Infrastruktur, die Kultur und soziale Netzwerke müssen im Ausland mühsam neu aufgebaut werden – zu Hause hat man dieses Wissen bereits erworben

Wenn überhaupt, lohnt sich das Auswandern nur für qualifizierte Arbeitskräfte, die nur dann ins Ausland gehen, wenn sie bereits ein Job-Angebot in der Tasche haben. Ihre Beschäftigung stärkt die Sozialkassen des Ziellandes. Das gilt auch für die rumänische und die bulgarische Bevölkerung, von denen die rumänische vergleichsweise häufiger auswandert als andere Europäer. Viele Osteuropäer  leben in Deutschland, die wenigsten bleiben ohne Arbeit. Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zufolge haben Bulgaren und Rumänen zuletzt gerade einmal 0,6 Prozent der jährlichen Gesamtausgaben für Hartz-IV-Leistungen beansprucht.

Die innereuropäische Wanderung ist von der Nachfrage nach Arbeitskräften getrieben. Die Angst vor dem Sozialtourismus zeigt sich vor diesem Hintergrund als ein weiteres Beispiel dafür, wie einer uninformierten Öffentlichkeit Einzelschicksale als Massenbedrohung verkauft werden können.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung auf Welt.de erschienen.