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Die Ohnmacht der Notenbanken offenbart die Tatenlosigkeit der Politik

Die Alarmzeichen sind nicht zu übersehen. Der Geist des Pumpkapitalismus lässt sich offenbar nicht ausrotten. Im sechsten Jahr nach der globalen Finanzkrise und im vierten Jahr nach Beginn der Euro-Krise offenbaren selbst die vermeintlichen Hüter der Geldwertstabilität, die Notenbanker, ihre Ohnmacht.  

EZB-Chef Mario Draghi ermuntert auf dem globalen Notenbanker-Treffen im amerikanischen Jackson Hole die Fiskalpolitiker in Europa explizit zu einer exzessiveren Ausgabenpolitik, um die Wirtschaft anzukurbeln. An der Spitze der europäischen Notenbank ein Vulgär-Keynesianer, der in bester linker Tradition staatliches Deficit spending als Konjunkturstimulans propagiert? Als ob Draghi nicht zur Kenntnis genommen hätte, dass die Staatsverschuldung in der Euro-Zone in den vergangenen sieben Jahren von 66 auf fast 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts explodiert ist.

Mit ihrem geldpolitischen Latein scheinen die Notenbanken inzwischen fast am Ende. Das Rekordtief bei den Leitzinsen, der negative Einlagenzins für Banken oder der erst noch bevorstehende massive Ankauf von Anleihen durch die Europäische Zentralbank nach dem Vorbild der US-Notenbank wirken weitgehend wie Placebos. Denn sie kurieren nicht die Ursachen des globalen Pumpkapitalismus. Sie stimulieren kurzfristig die Aktienmärkte, bremsen aber vor allem die dringend notwendigen Strukturreformen in vielen Volkswirtschaften dieser Welt.

Die Regierungskrise in Frankreich dokumentierte erst in den letzten Tagen wieder, wie schwer sich Regierungen mit Einschnitten in auf Pump finanzierte staatliche Wohlfahrt tun. Den französischen Sozialisten steht ein Prozess bevor, den Deutschlands Sozialdemokraten vor 11 Jahren mit der richtigen „Agenda 2010-Politik“ durchlitten haben. Doch der Ausgang in der zweitgrößten europäischen Volkswirtschaft ist hochgradig ungewiss. Wie schnell der Reformelan erlahmt, zeigt ja gerade das deutsche Beispiel. Hier beweist die Große Koalition tagtäglich ihren Reformunwillen, sonnt sich stattdessen in sozialstaatlicher Generosität, die beim Volk anzukommen scheint.

Die Notenbanken der Welt haben der Politik mit ihrer Liquiditätsschwemme, ihren „Quantitative Easings“, ihren „Bazookas“ Zeit gekauft. Die Politik hat diese Chancen mutwillig verspielt, sich hinter den Notenbanken versteckt. Die finden aber keine Exit-Strategie, haben sich in ihrer vermeintlichen Deus-ex-machina-Rolle heillos verstrickt. Nicht ganz uneitel haben sich so manche Spitzen-Notenbanker gern in die Rolle des Kreditgebers der letzten Zuflucht drängen lassen. Doch jetzt, erst recht angesichts der sich deutlich abkühlenden Konjunkturerwartungen, spüren sie ihre Hilflosigkeit. Denn weil die Politik an ihrer Herkules-Aufgabe scheitert, Einnahmen und Ausgaben des Staates dauerhaft ins Lot zu bringen, feiert der Geist des Pumpkapitalismus weiter fröhliche Urständ. Die Party geht weiter – kreditfinanziert, ohne Rücksicht auf die dauerhafte Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft oder gar kommender Generationen! Auch Mario Draghi scheint mitspielen zu wollen beim Abschied von der Konsolidierungsstrategie. Die Verteilungspolitiker in Europa werden sich gern auf ihn berufen.