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Lügen mit Statistik: Die Tricks beim Gender Pay Gap und der Armutsgefährdung

Wirtschaftspsychologen und Verhaltensökonomen wissen, dass die meisten Menschen ein Problem mit der richtigen Interpretation von Statistiken haben. Der korrekte Umgang mit Statistiken wird nur selten gelehrt, obwohl er sehr wichtig für die Einschätzung von Nutzen und Risiken bestimmter Entscheidungen ist. Diese Tatsache wird gerne ausgenutzt. Zum Beispiel bei den Themen "Gender Pay Gap" und "Armutsgefährdung in Deutschland".


Jahr für Jahr wird die Statistik über die Armutsgefährdung in Deutschland veröffentlicht. In vielen Medien wird diese „Armutsgefährdung“ in der Überschrift in „Armut“ umgedeutet. Da heißt es dann zum Beispiel jeder fünfte Bundesbürger sei arm. Wie kommt aber überhaupt dieser Anteil der Armutsgefährdeten zustande? Das ist ein schöner statistischer Kniff; als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung zur Verfügung hat. Das führt zu der absurden Situation, dass wenn von einem Jahr zum nächsten jeder Bundesbürgen doppelt so viel Geld zur Verfügung hätte, sich die Armutsquote nicht ändern würde. Oder auch, dass wenn die Einkommen von vielen Bundesbürgern steigen, die Armut zunimmt.

Obendrein ist dieses Kriterium nicht objektiv. Warum sind es 60 Prozent vom Durchschnittseinkommen und nicht 50 oder 70? Und warum wird die Basis nicht berücksichtigt? Es ist ein Unterschied, ob ich 60 Prozent von 10.000 Euro zur Verfügung habe oder 60 Prozent von 200.000 Euro. Was ist mit den Lebenshaltungskosten oder mit dem Befähigungskonzept, das fragt, was wirklich für ein menschenwürdiges Leben nötig ist?

Armutsmessung ist natürlich gerechtfertigt, denn zur Bekämpfung von Armut – insbesondere durch Chancengerechtigkeit und das Abfedern von Härten – besteht  eine gesellschaftliche Verpflichtung. Aber um festzustellen, was wirklich nötig ist, um etwas gegen Armut zu unternehmen, benötigt man zunächst einen objektiven Maßstab und keine alljährliche Panikmache über angebliche Armut.

Werden Frauen tatsächlich benachteiligt?

Ein anderes Beispiel für „Verfälschen mit Statistiken“ ist der sogenannte Gender Pay Gap. Frauen verdienen in Deutschland Jahr für Jahr zwischen 22 und 23 Prozent weniger als Männer. Das klingt nach einem sehr großen Unterschied, aber basiert dieser Unterschied tatsächlich auf einer Benachteiligung von Frauen, wie vielfach behauptet wird?

Dieser relativ große Unterschied ist unbereinigt, das heißt dass Unterschiede bei Qualifikation, Tätigkeit, Branche oder Berufserfahrung nicht berücksichtigt werden. Werden zumindest einige statistisch erfassbaren Unterschiede berücksichtigt, so beträgt der Unterschied laut statistischem Bundesamt nur noch rund 7 Prozent. Berücksichtigt man weiter Unterschiede, wie es etwa das Institut der deutschen Wirtschaft getan hat, so kommt man nur noch auf einen Gehaltsunterschied von 2 Prozent.

Von diesen 2 Prozent kann ein Teil theoretisch auf Diskriminierung zurückgeführt werden. Allerdings erscheint dies eher unwahrscheinlich, da einige Faktoren, die Gehaltsunterschiede erklären können, immer noch unberücksichtigt sind. Frauen haben im Durchschnitt zum Beispiel eine höhere Wertschätzung für die Familiengründung als Männer, wodurch sie eher bereit sind, beruflich zurückzustecken. Sie sind weniger risikobereit, wenn es zum Beispiel um den Wechsel des Arbeitgebers geht. Auch ist das Karrierestreben weniger stark ausgeprägt, es werden weniger Weiterbildungsangebote wahrgenommen, es wird weniger in Netzwerke investiert und nichtmonetäre Bedingungen haben einen höheren Stellenwert.

Könnte man all diese Faktoren entsprechend berücksichtigen, wäre es sogar möglich, dass Männer beim Gehalt benachteiligt werden. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass beim Gehalt keine Diskriminierung stattfindet. Ansonsten würden Unternehmen gegen das Gesetz verstoßen und Betriebsräte und Gewerkschaften hätten in ihrer Kontrollfunktion versagt.

Dass Frauen häufiger Kinder betreuen und in Teilzeitstellen arbeiten, könnte jedoch tatsächlich auf einer gesellschaftlichen Benachteiligung beruhen. Daher brauchen wir auch keine Quoten oder Antidiskriminierungsgesetze, sondern mehr Chancengleichheit durch Aufklärung und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Erst dadurch wird es ermöglicht, dass Paare die Entscheidungen für ihr Leben treffen können, die für sie richtig sind.

Gesellschaftlich wäre es nämlich von Vorteil, wenn Frauen und Männer, die mangels Kinderbetreuungsmöglichkeiten keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, diese Möglichkeit erhalten würden, indem die entsprechenden Angebote geschaffen werden. Sollte sich ein Paar jedoch, wenn diese Möglichkeiten geschaffen werden, weiterhin dafür entscheiden, dass sich ein Elternteil um die Kinder kümmert, so ist dies zu akzeptieren und nicht herabzuwürdigen, wie dies von Zeit zu Zeit geschieht.

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