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Die griechische Tragödie wird weitergehen

Die Reformbestrebungen Griechenlands sind und bleiben schleppend. Doch Grund zur Sorge besteht für Premier Tsipras nicht. Die Gläubiger werden sein Land nicht fallen lassen, sondern mit weiteren Geldern einspringen. Und das hat einfache Gründe.

Die griechische Schuldenkrise beherrschte lange Zeit die öffentliche Diskussion. Und auch heute – obgleich durch die tragische Flüchtlingskrise überdeckt – sind die Probleme akut und eine Lösung nicht absehbar. Das liegt nicht zuletzt auch an dem Unwillen von Seiten der Regierung, die Reformen voranzutreiben. Stattdessen werden mit den Geldgebern Reformerleichterungen verhandelt und, zumindest auf griechischer Seite, unermüdlich über einen Schuldenschnitt gesprochen. Reformfortschritte verzögern sich wiederholt und mit ihnen auch die Zahlung weiterer Hilfsgelder. Die Gründe dafür sind vielfältig:

1. Ein Ausstieg mitten im dritten Rettungspaket ist unrealistisch – weil kurzfristig finanziell hoch riskant. Diesen Schritt werden die Gläubiger nicht tun, „nur“ weil einzelne Reformmaßnahmen nicht umgesetzt werden. Es würde vielleicht die Glaubwürdigkeit der Regeln erhöhen, doch wenn man ehrlich ist, werden diese Regeln schon längst aktiv ignoriert.

2. Weniger offensichtlich, aber latent immer von Bedeutung ist das politische Kalkül: Die Signalwirkung eines Austritts aus der Eurozone wäre fatal für die europäische Führung. Würde ein Austritt aus dem Währungsverbund und eine Abwertung der nationalen Währung die Wettbewerbsfähigkeit und die Wohlfahrt eines Landes erhöhen, so würde das von den politischen Entscheidungsträgern als „unmögliches Szenario“ eintreten. Die Furcht vor einer Kettenreaktion ist durchaus berechtigt. Deshalb setzt man, statt auf funktionierende nationale Währungen, lieber auf ein funktionsuntüchtige Gemeinschaftswährung.

3. Den Gläubigern sollte mittlerweile klar sein, dass sie wohl auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten müssen. Doch ein Schuldenschnitt wird von offizieller Seite weiterhin kategorisch abgelehnt. Das Problem wird jedoch über die Erhöhung des Schuldenstandes nur in die Zukunft verlagert – frei nach dem Motto von Keynes „in the long run we are all dead“. Die Steuerzahler haben nicht genug Informationen um die Situation richtig zu beurteilen, was von den Entscheidungsträgern genutzt werden kann, um öffentliche Mittel nach Belieben zu verschleudern. Ein klassisches Prinzipal-Agent-Problem.

All diese Faktoren machen eins deutlich: Die Drohungen der EU könnten schnell verpuffen. Das ist den griechischen Verhandlungspartner durchaus bewusst und bietet ihnen immer wieder die Möglichkeit, ihre Vorstellungen mit Hilfe der Hinhaltetaktik durchzusetzen. Verpflichtungen werden weiterhin zwar bekundet, aber nur mangelhaft umgesetzt werden und die griechische Tragödie nimmt weiterhin ihren Lauf.

Eine längere Fassung dieses Beitrags ist auf wiwo.de erschienen.

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