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Die US-Zentralbank Fed hat Trump den Weg geebnet

Donald Trump wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Dies sorgt vielfach für Unmut - nicht nur in den USA, gilt er doch als unberechenbar und populistisch. Ein Grund für Trumps Wahl: die jahrelange ultralockere Geldpolitik der amerikanischen Notenbank.

Industrie-, Finanz- und Immobiliensektor als Anteil am US-BIPNach dem Brexit gibt es nun die zweite große politische Überraschung! Entgegen der Prognosen der etablierten Meinungsforscher hat Donald Trump den Sieg eingefahren. Hillary Clinton, die für ein liberales Amerika stehen sollte, hat den Kürzeren gezogen. Zu groß war der Frust der weißen Mittelschicht über den Verlust des amerikanischen Traums, der einst den Aufstieg vom Tellerwäscher zum Millionär ermöglichte.

Die Frustration hat viel mit der Geldpolitik zu tun, die seit 1987 Alan Greenspan als Vorsitzender der Federal Reserve Bank (Fed) geformt hat. Jeder Finanzmarktkrise wurde mit raschen Zinssenkungen und großzügigen Liquiditätsspritzen begegnet, um – zum Wohle aller!? – unkontrollierbare Ansteckungseffekte zu verhindern. Wenn aus der Geldflut neue Blasen entstanden, gab Greenspan vor, dass man diese nicht erkennen könne. Die Zentralbank war damit von jeder Verantwortung für Finanzmarktexzesse befreit.

Auf den „Magier“ Greenspan folgte 2002 der Princeton-Professor Ben Bernanke, der diese Politik bis 2014 fortsetzte. Bernanke hatte sich wissenschaftlich mit der Weltwirtschaftskrise befasst. Er rechtfertigte die Geldschwemme in Reaktion auf das Platzen der Dotcom-Blase (2000) und auf die Hypothekenmarktkrise (2007/08) mit Fehlern der Fed, die nach dem Wall-Street-Crash (1929) die Zinsen nicht rasch genug gesenkt habe. Dies habe die Weltwirtschaftskrise in unnötiger Weise befeuert.

Bis zur US-Hypothekenmarktkrise verkaufte Ben Bernanke (2004) das stabile Wachstum in den USA, das mit geringer Inflation einherging, unter dem Schlagwort „Große Mäßigung“ als außerordentlichen geldpolitischen Erfolg. Dieser sei durch eine größere Unabhängigkeit der Zentralbank von der Politik und den Finanzeliten erreicht worden. Der Kampf um die US-Präsidentschaft stellte aber genau das in Frage. Denn die Geldpolitik hat einige wenige sehr viel reicher und den Rest der Bevölkerung perspektivlos gemacht.

Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt ist seit 1987 von 28 Prozent auf heute 18 Prozent geschrumpft. Das lag vor allem an China, das mit den von der US-Geldpolitik bewirkten billigen Kapitalzuflüssen aus den USA immense Überkapazitäten in der Industrie aufbaute. Die billigen chinesischen Exportgüter machten viele in der US-Industrie arbeitslos. Diese fanden zwar neue Beschäftigungen, jedoch meist zu niedrigen Löhnen, mit Abstrichen bei der sozialen Sicherung. Denn in Krisen wurden mit geldpolitischen Rettungsaktionen und teuren Rekapitalisierungen von maroden Finanzinstitutionen die Kosten der vorangegangenen Übertreibungen auf die Mittelschicht abgewälzt. Seit Greenspan stiegen die Löhne in der Industrie stets langsamer als im Finanzsektor.

Es profitierten vor allem die Finanzeliten. Der Anteil des Finanz- und des damit eng verbundenen Immobiliensektors am Bruttoinlandsprodukt ist von ca. 14 Prozent (1987) auf 18% (2015) gewachsen (siehe Abbildung). Das billige Geld ließ immer neue Finanzmarktsegmente entstehen. Die Kapitalzuflüsse aus den USA zwangen die chinesische Zentralbank große Mengen an Dollar zu kaufen, die wieder in den US-Finanzmärkten angelegt wurden. Die großen US-Finanzinstitute verdienten daran prächtig. Mit der Jahrtausendwende entstand – getragen vom billigem Geld der Fed – der Hypothekenmarktboom, der viele in der Finanzbranche dank schamloser Boni viel reicher machte.

Die politischen Eliten profitierten von großzügigen Rede-Honoraren und Spenden aus dem Finanzsektor. Zudem trieb die Geldpolitik die Preise von Aktien- und Immobilien nach oben, die überproportional von den Reichen gehalten werden. Die drastischen Umverteilungswirkungen der Geldpolitik haben dazu beigetragen, dass heute die oberste Ein-Prozent-Einkommensschicht etwa 22 Prozent aller Einkommen für sich vereinnahmt. Vor Greenspan waren es noch ca. 10 Prozent.

Der Wahlkampf für die US-Präsidentschaft hat die neue Kluft in der US-amerikanischen Gesellschaft nur zu deutlich gemacht. Clinton steht für die Finanzelite des Landes, die sich im Windschatten der Geldflut maßlos bereichert hat. Trump hat erfolgreich mit markigen Sprüchen diejenigen für sich gewonnen, die sich als Verlierer sehen. Es ist nicht entscheidend, dass er einen Großteil seiner Milliarden, die ihm als Wahlkampfbudget dienten, im Verlauf des Hypothekenmarktbooms angehäuft haben dürfte.

Trump und Clinton verschweigen, dass die eigentliche Ursache des Abstiegs der US-Mittelschicht nicht die Globalisierung ist. Denn Handel schafft Wohlstand, indem er die Produktivität und damit das reale Lohnniveau erhöht. Hingegen hat die ultra-lockere Geldpolitik die Produktivitätsgewinne gegen null gedrückt, so dass es keinen Spielraum mehr für Einkommenszuwächse für alle gibt. Wenn die Geldpolitik dann noch über die Finanzmärkte zugunsten der Reichen umverteilt, dann muss es Verlierer geben, die in Demokratien aufbegehren können.

Es sind damit vor allem die negativen Verteilungs- und Wachstumswirkungen der Geldpolitik der Federal Reserve, die über den Umweg China für Trump den Weg ins Weiße Haus geebnet haben. Leider wird wohl auch Trump die falschen wirtschaftspolitischen Schlüsse ziehen. Statt auf eine vorsichtige geldpolitische Straffung hinzuwirken, dürfte er als Populist auf die schwierige wirtschaftliche Lage der US-Mittelschicht mit Handelsschranken und Interventionismus reagieren. Dies hat schon in der 1930er Jahren die wirtschaftlichen Probleme nur noch verstärkt, die schließlich erst durch den 2. Weltkrieg gelöst wurden. Wir können nur hoffen, dass Trump diesmal einen besseren Wendepunkt findet.

Literatur

Bernanke, Ben (2004): The Great Moderation. Remarks by Governor Ben S. Bernanke at the meetings of the Eastern Economic Association, Washington, DC February 20, 2004.

McKinnon, Ronald / Schnabl, Gunther (2012): China and its Dollar Exchange Rate. A Worldwide Stabilizing Influence? The World Economy 35, 6, 667-693.

Schnabl, Gunther (2015): Wege zu einer stabilitäts- und wachstumsorientierten Geldpolitik aus österreichischer Perspektive. Listforum für Wirtschafts- und Finanzpolitik 41 (2016), 2, 263-289.

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