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Jeder ist auf Partner angewiesen: Warum wir den Welthandel mehr denn je brauchen

Das Konzept des freien Welthandels ist so alt wie die klassische Volkswirtschaftslehre. So überzeugend die wohlstandssteigernde Wirkung der Arbeitsteilung über die Landesgrenzen hinweg ist, so schlecht ist es zuweilen um die Akzeptanz des internationalen Wettbewerbs bestellt. Zuletzt haben Globalisierungskritik, Protektionismusdrohungen und neue Handelsbeschränkungen dominiert. In dieser aktuellen Krise steckt aber auch die Chance für den freien Welthandel.

Unternehmen in aller Welt haben spezifische Stärken, besondere Kenntnisse und Spezialisierungsvorteile in bestimmten Bereichen. Niemand schafft sein Produkt ganz alleine – von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Konsumgut. Jeder ist auf Partner angewiesen. Je komplexer die Produkte sind und je weiter die technischen Möglichkeiten voranschreiten, desto wichtiger ist die Zusammenarbeit von Unternehmen. Nur so können spezifische Kenntnisse, Kostenvorteile oder Größenvorteile genutzt werden. Ohne Arbeitsteilung wären wir dramatisch arm. Und ohne die internationale Arbeitsteilung wären wir dramatisch ärmer. Denn dass der richtige Lieferant für Vorprodukte oder Abnehmer der eigenen Waren und Dienstleistungen immer ausgerechnet im Inland ist, kann ausgeschlossen werden. Durch internationale Arbeitsteilung können Güter günstiger erstellt und die Innovationschancen des Wettbewerbs besser genutzt werden.

Auch die mittelständischen Unternehmen in Deutschland, die in ihrer Nische erfolgreich bestehen können und sich als „hidden champions“ behaupten, sind auf globale Märkte angewiesen. International tätige Unternehmen sind typischerweise erfolgreicher. Und globalisierte Volkswirtschaften können den Wohlstand besser sichern. Ohne den weltweiten Marktzugang würde das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft brechen. Wer glaubt, Globalisierung sei nur etwas für Großkonzerne, verkennt die Basis des eigenen Wohlstands.

Klar ist aber auch: Nicht jeder profitiert vom internationalen Handel. Internationaler Wettbewerb ist unangenehm und stellt bestehende Marktpositionen infrage. Konkurrenz kann dazu führen, dass bestehende Geschäftsmodelle nicht mehr tragen und bestehende Qualifikationen nicht mehr ausreichen, um eine neue Beschäftigungschance in einem anderen Unternehmen zu bekommen. Aber in einer wohlhabenden und globalisierten Welt können diese Verlierer der Globalisierung unterstützt werden – durch Qualifikationsangebote und staatliche Leistungen. Zudem: Internationaler Handel senkt die Preise für Konsumgüter, was allen Bürgern des Landes zugutekommt.

Trotz des Wohlstandsversprechens des internationalen Handels hat Protektionismus Konjunktur. In den letzten Jahren sind kaum noch Freihandelsabkommen geschlossen worden, dafür wurden immer neue Handelsschranken aufgebaut. Insbesondere in Deutschland haben Globalisierungskritiker die öffentliche Debatte geprägt und Fortschritt bei der Öffnung von Märkten verhindert. Der Brexit und die Wahl Donald Trumps sind klare Signale der wirtschaftlichen Desintegration.

Aber gerade in dieser Krise der Globalisierung liegt eine Chance. Mit der Sorge um den Kurs der USA und den drohenden protektionistischen Kurs der größten Volkswirtschaft ist die Unterstützung des Freihandels gewachsen. Die Globalisierungskritik ist auffallend ruhig geworden. Plötzlich ist offenbar klar geworden, was auf dem Spiel steht. Politische Entscheidungsträger werben wieder aktiver für offene Märkte, wie sie einer marktwirtschaftlichen Ordnung und Werterhaltung entsprechen. Neue Abkommen der Europäischen Union mit internationalen Partnern können vorankommen. Der G20-Gipfel kann und muss ebenfalls ein deutliches Zeichen setzen.

Die neue Chance der Globalisierung kann aber nur dann genutzt werden, wenn aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wird. Es reicht nicht, auf die gesamtwirtschaftlichen Vorteile der Globalisierung zu verweisen, vielmehr müssen auch die Probleme des stärkeren Wettbewerbs adressiert werden. Bildungsleistungen und andere Unterstützung für diejenigen, die zu den Verlierern des Strukturwandels zählen, müssen Teil des Strukturwandels sein. Die abgehängten Regionen in den USA zeigen, was passiert, wenn dies nicht stattfindet. Zu einem letztlich auch normativen Prozess wie dem der Globalisierung gehört auch, die normativen Bedingungen des Handels mit den Partnern zu diskutieren und angemessene Kompromisse zu finden. Und vor allem muss die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Volkswirtschaft gesichert werden: Innovationen, Kostendisziplin und eine Wirtschaftspolitik, die unternehmerische Flexibilität sichert und wirtschaftliche Initiative fördert, gehören unbedingt dazu.

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