UmweltTagged , , ,

Schlechtes Zeugnis für die ‚Klimakanzlerin‘

Aktuelle Studien zeigen die Schwächen der deutschen Energiewende auf. Um Wege aus der Sackgasse zu finden, müssen wir Denkverbote aufgeben und von anderen Ländern lernen.

Seit 2012 analysiert die Unternehmensberatung McKinsey im Halbjahresrhythmus den Status der deutschen Energiewende. Die aktuellen Daten sind ernüchternd. Bei neun von 14 Kennzahlen aus den Bereichen Klima- und Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit erteilt die Beratungsgesellschaft der Regierung eine schlechte Note. Auch die bundeseigene Deutsche Energieagentur (Dena) zeigt sich in einer aktuellen Studie besorgt. Die Energiewende verursacht bislang vor allem explodierende Kosten. Zum Klimaschutz trägt sie kaum bei.

Um neben konventionellen Energiequellen wirtschaftlich bestehen zu können, müssen die „Erneuerbaren“ in Milliardenhöhe subventioniert werden.

Die hohen Kosten sollten niemanden überraschen. Um neben konventionellen Energiequellen wirtschaftlich bestehen zu können, müssen die „Erneuerbaren“ in Milliardenhöhe subventioniert werden. Hinzu kommen die Folgen der Volatilität von Wind- und Solarenergie. Die Kosten für netzstabilisierende Eingriffe haben sich laut der aktuellen McKinsey-Analyse seit 2014 verdoppelt. Die Zeche zahlen die privaten und gewerblichen Nutzer über die EEG-Umlage (nur fünf Prozent der deutschen Industrieunternehmen sind von der Umlage befreit).

Es ist nicht gelungen, die Strompreise für Privathaushalte zu stabilisieren. Deutschland hat bereits die zweithöchsten Strompreise in Europa. Während die Stromkosten im europäischen Ausland sinken, sind sie in Deutschland in den letzten Monaten noch einmal um 1,4 Prozent gestiegen. „Der Preisabstand zum europäischen Durchschnitt hat sich […] seit Beginn der Index-Erhebung nahezu verdoppelt“, schreibt das Autorenteam von McKinsey.

Auch das Versprechen der Bundesregierung, die Industriestrompreise nicht über 8,5 Cent pro Kilowattstunde steigen zu lassen, wurde nicht eingehalten. Der Wert liegt heute bei 13,4 Cent. Auf die hohe Belastung hatte vor einigen Wochen bereits der Deutsche Industrie- und Handelskammer Tag (DIHK) hingewiesen. Für den DIHK-Präsidenten Eric Schweitzer ist die Energiewende ein „echter Standortnachteil“. Jedes zwanzigste Mitgliedsunternehmen habe bereits aufgrund der Energiewende die Produktion in Deutschland eingeschränkt.

Das zentrale Ziel der Energiewende, den CO2-Ausstoß zu senken, wird verfehlt. Seit 2009 stagnieren die Emissionen bei circa 900 Millionen Tonnen pro Jahr. Das Ziel der Politik, den deutschen CO2-Ausstoß bis 2020 auf 750 Millionen Tonnen zu reduzieren, halten die Autoren von McKinsey für unrealistisch. Entwarnung gibt der Bericht lediglich bei der Versorgungssicherheit. Bislang habe es nur wenige Stromausfälle gegeben. Die gesicherte Reservemarge im Kraftwerkspark sei weiterhin hoch.

Um zu verstehen, warum die Energiewende kaum Fortschritte bei den CO2-Emissionen bringen kann, muss man sich mit den Eigenschaften des Stromnetzes und der Energiequellen Wind und Sonne beschäftigen. In einem stabilen Stromnetz müssen Energiezufuhr und Energieentnahme genau aufeinander abgestimmt sein. Ohne Kraftwerke, die innerhalb von Minuten die Balance zwischen Angebot und Nachfrage anpassen, gäbe es permanent Blackouts.

Die Windkraft kann die Netzstabilität nicht gewährleisten. Sie ist nicht nur volatil, sondern auch hochgradig korreliert. Wenn im Norden Deutschlands kein Wind weht, ist das meist auch im Süden der Fall (selbst innerhalb Europas kommen flächendeckende Flauten vor). Egal wie viele Windräder man aufstellt, die gesicherte Leistung ist gleich null. Am 13. März 2014 fiel die Windstromerzeugung in Deutschland zum Beispiel auf 0,1 Prozent (!) der installierten Nennleistung. Dasselbe gilt für Solarzellen. Wolken bedecken große Flächen, und nachts scheint die Sonne nirgendwo.

Fortgeschrittene Speichertechnologien lassen auf sich warten. Daher können bislang nur konventionelle Kraftwerke (fossile oder Kernenergie) eine stabile Versorgung gewährleisten. Windräder und Solarzellen haben bisher kein einziges konventionelles Kraftwerk wirklich „ersetzt“. Fossile Kraftwerke bilden weiterhin die Basis unserer Stromversorgung. Ihre Gesamtkapazität beträgt heute 90 Gigawatt, genau wie zu Beginn der 1990er-Jahre. Um die Schwankungen der Erneuerbaren auszugleichen, müssen die konventionellen Kraftwerke ständig rauf- und runtergeregelt werden, werden also ineffizient betrieben. Seit dem schweren Reaktorunfall im japanischen Fukushima 2011 wurden zudem neun Gigawatt CO2-arme Kernenergie vom Netz genommen. Kein Wunder also, dass die Emissionen nicht sinken.

Dass die Energiewende in der jetzigen Form scheitern würde, stand von Anfang an fest. Die Probleme werden immer offensichtlicher. Trotzdem bleibt die Energiewende das liebste Kind von Politik und Medien. Sie wird als alternativlos präsentiert und als großartiges Gemeinschaftsprojekt und Modell für den Rest der Welt moralisch überhöht (was sie real nicht ist: Laut einer Umfrage des Weltenergierates in 42 Ländern sieht das Ausland die Energiewende durchweg skeptisch und will sie nicht kopieren). Um die Energiewende ist eine regelrechte Schweigespirale entstanden. Kritiker werden moralisch abgewertet. Sie werden nicht selten mit Labels wie „rechtspopulistisch“, „neoliberal“, „rückständig“ oder „Klimaleugner“ etikettiert, anstatt auf ihre Argumente einzugehen.

Auf internationaler Ebene setzt man auf einen überheblich belehrenden Öko-Nationalismus. Obwohl Deutschland in Sachen Klimaschutz überhaupt nichts vorweisen kann, jettet Bundeskanzlerin Angela Merkel um die Welt und inszeniert sich als Weltretterin und politisch-moralischer Gegenpol zum amerikanischen Präsidenten (und bekannten ‚Klimaskeptiker‘) Donald Trump.

Es muss erlaubt sein zu fragen, ob Privatverbraucher und Unternehmen nicht letztlich umsonst belastet werden.

Deutschland braucht dringend eine sachliche Diskussion über die Energiewende. Es muss erlaubt sein zu fragen, ob Privatverbraucher und Unternehmen nicht letztlich umsonst belastet werden. Auch die Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt sollten debattiert werden. Neben der Deutschen Wildtier Stiftung gibt es kaum Stimmen, die auf die massive Zerstörung von Naturflächen für Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen, Leitungstrassen und Zufahrtstraßen aufmerksam machen.

Es gibt viele gute Gründe, die Warnungen der Klimaforschung ernst zu nehmen und unsere CO2-Emissionen zu reduzieren. Um hier erfolgreich zu sein, muss Deutschland jedoch schleunigst Denkverbote aufgeben und bereit sein, von anderen Ländern zu lernen. Im Vergleich zu Deutschland produziert etwa unser Nachbar Frankreich pro Kilowattstunde erzeugter Elektrizität nur circa ein Zehntel (!) des CO2-Ausstoßes. Warum? Die Franzosen setzen seit den 1970er-Jahren vor allem auf die weitestgehend emissionsfreie Kernenergie.

In vielen Teilen der Welt bricht ohnehin ein neues Atomzeitalter an. Aktuell befinden sich weltweit 51 neue Atomkraftwerke im Bau. Die neuen Reaktoren werden sicherer, kompakter und effizienter sein und bestehenden Atommüll als Brennstoff nutzen können. Deutschland sollte offen bleiben für diese Entwicklungen. Die Zukunft der Energieversorgung ist nicht so eindimensional, wie die Anhänger der Erneuerbaren behaupten. Aktuell ist die Energiewende kaum mehr als eine symbolische Wohlfühlaktion, die Bürgern, Wirtschaft und der Umwelt schadet.

Dieser Beitrag ist zuerst im Magazin Novo erschienen.

Keinen Ökonomen-Blog-Post mehr verpassen? Folgen Sie uns auf Facebook und Twitter, und abonnieren Sie unseren WhatsApp-Nachrichtenkanal oder unseren RSS-Feed.