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Der Staat schafft keine Vollbeschäftigung

Die Zahl der Erwerbstätigen hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Mit seinem Konzept zur Vollbeschäftigung hat SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier den Bundestagswahlkampf inhaltlich bereichert. Kernpunkt seines „Deutschlandplans“: Vier Millionen neue Jobs bis 2020. Ein durchaus ambitioniertes Ziel. Nur, ist dies realistisch? Schauen wir auf die letzten Jahre: Im Aufschwung zwischen 2005 und 2008 sind 1,6 Millionen zusätzliche Arbeitsplätze entstanden. Bis 2020 haben wir ein ganzes Jahrzehnt - demnach müssten vier Millionen neue Jobs theoretisch machbar sein. Spannend bleibt aber die Frage, auf welchem Wege das Ziel erreicht werden kann. Aus ökonomischer Sicht hängt die Schaffung neuer Arbeitsplätze primär von der Rentabilität und den Renditeerwartungen der Unternehmen sowie den Präferenzen der Konsumenten ab – und eben nicht von staatlicher Plan- und Machbarkeit. Denn woher will der Staat wissen, in welche Richtung sich der sektorale und sozioökonomische Strukturwandel entwickeln werden und was die Kunden in den nächsten Jahren kaufen wollen?

Der Deutschlandplan suggeriert, die Politik könne dies verbindlich einplanen. Zwei Millionen neue Jobs sollen in Industrie und Produktion geschaffen werden, daneben etwa eine Million Stellen im Gesundheitswesen. Es ist ohne Zweifel eine richtige Einschätzung, dass die Bereiche Kranken- und Altenpflege ein beträchtliches Beschäftigungspotential bieten. Die Frage der Finanzierung bleibt aber ungeklärt. Denn zusätzliche Beschäftigung im Gesundheitsbereich wird wohl kaum über die sozialen Sicherungssysteme sowie über Steuern und damit über den Staatshaushalt zu schultern sein. Oder will man die in Deutschland bereits hohe individuelle Steuer- und Abgabenbelastung weiter erhöhen?

Schließlich soll jeweils noch eine halbe Million neuer Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft sowie bei Logistik, Handel und Tourismus geschaffen werden. Auf welchem Wege dies geschehen soll, wird aber im Deutschlandplan nicht weiter erläutert. Hier bleibt leider zu viel im Dunklen. Das Konzept basiert auf dem gleichsam industriepolitischen Gedanken, die Politik könne das Entstehen neuer Jobs lenken und die Reduzierung der Arbeitslosigkeit quasi durch Regierungsbeschluss erreichen.

Dass das nicht geht, zeigt sich am Beispiel Qualifikation: Sollten neue Arbeitsplätze entstehen, die eine hohe fachliche Qualifikation erfordern, so würde dies den Geringqualifizierten nicht weiterhelfen –  und das Problem der millionenfachen Arbeitslosigkeit wäre noch immer nicht gelöst. Einzig allein Bildung kann dieser Personengruppe den Weg in den Arbeitsmarkt wieder verschaffen. Insofern ist auch die Forderung nach „ guter Arbeit“  mit einem Mindestlohn von 7,50 Euro eher kontraproduktiv. Kein Unternehmer kann es sich erlauben, Mitarbeiter einzustellen, deren Entlohnung höher als ihre Produktivität ist. Der Deutschlandplan ist also ein Programm mit dem richtigen und auch erreichbaren Ziel, nämlich Vollbeschäftigung. Aber nicht alles, was möglich ist, ist auch durch Politik mach- und planbar.