Allerdings fällt es dem weniger phantasiebegabten Betrachter doch schwer, das langjährige Fälschen von Statistiken unter aktiver Zuhilfenahme des fachkundigen Rates der Banken als Naturkatastrophe zu sehen. Auch muss der Fälscher selber aktiv werden, d.h. er hat die Kontrolle. Drittens ist die Reaktion der Finanzmärkte wohl auch endogen, sofern man unterstellt, dass die Fälschungen den Anlegern bei der Vergabe der Kredite oder dem Erwerb der Anleihen nicht bekannt waren. Viertens bleibt den Griechen ja noch die Möglichkeit, Kontrolle auszuüben, indem sie jetzt sparen und länger arbeiten, eventuell auch für weniger Gehalt als vorher.
Wird diese Situation jetzt als Schicksalsschlag für Griechenland betrachtet und von der EU zum Anlass genommen, die Steuergelder der Mitgliedsstaaten zugunsten Griechenlands umzuverteilen, wäre dies nicht nur ein Rechtsbruch, denn der Artikel 125 AEUV, der das “Bail-out“ untersagt, sollte hier doch wohl schlagend sein. Es zeigte auch ein sehr eigentümliches Rechtsverständnis in Europa, das die Bürger von der europäischen Integration zu entfremden droht. Warum sollten Steuerzahler noch bereit sein, ihren Verpflichtungen nachzukommen? Warum sollten Arbeitnehmer hierzulande bereit sein, bis 67 zu arbeiten, wenn den Griechen eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit durch unsere Zahlungen erspart bliebe? Warum sollten Transferempfänger bereit sein, Einbußen in Kauf zu nehmen? Irgendeiner wird schon zahlen! Es kommt nur darauf an, schneller mit dem Geldausgeben zu sein als die anderen Europäer! Im Ernst: Sollte diese absurde Interpretation der europäischen Integration Schule machen und andere Länder mit selbstverschuldeten Problemen, z.B. Italien, Spanien, Irland oder die baltischen Staaten sich ebenfalls darauf berufen, droht ein schnelles ende nicht nur des Euros, sondern der gesamten europäischen Integration! Das ist die echte Katastrophe, sie wäre aber nicht eine natürliche!