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Gesundheitspauschale erschließt Effizienzreserven

Etwa 70 Millionen Menschen oder 87 Prozent der Bevölkerung sind in der gKV versichert, aber nur 8,6 Mio. Personen in der privaten Krankenversicherung. Seit Jahren leidet die gKV unter einem Kostenproblem. Die Ausgaben legten seit 1991 pro Kopf um durchschnittlich 1,1 Prozentpunkte pro Jahr stärker zu als die Beitragsbemessungsgrundlage. Es ist zwar richtig, dass heute niemand ein zweigeteiltes System auf dem ökonomischen Reißbrett konstruieren würde, wenn er den Krankenversicherungsschutz neu organisieren dürfte. Aber angesichts der Fakten scheint es ebenso wenig wahrscheinlich, dass mit der Vereinheitlichung des Systems die Kernprobleme der heutigen GKV gelöst werden können. Schlimmer noch: Die Abschaffung der Kapital gedeckten Alternative würde den Beitrag ihrer Mitglieder zur Reduktion der intergenerativen Lastverschiebung zunichte machen. Denn ausgerechnet die viel gescholtenen Privatversicherten sorgen für ihre altersbedingt steigenden Ausgaben selber vor, statt wie in der umlagefinanzierten GKV die Lasten auf die schwächer besetzten nachfolgenden Jahrgänge zu überwälzen. Das Gebot der Stunde lautet also: Konzentration auf die Probleme der GKV. Neben dem demographischen Wandel ist es vor allem das Zusammenspiel von mangelnder Kostenverantwortung der Versicherten und fehlendem Preiswettbewerb auf Versicherungs- und Leistungsmärkten, die die Ausgabenentwicklung in der GKV erklären. Und hier gilt es anzusetzen.

Alle Experten scheinen sich einig – im Gesundheitswesen liegen Effizienzreserven. Aber wo? In der Regel denkt man da an Praxen, Kliniken, Apotheken oder sonstige Leistungserbringer, aber auch an die Krankenkassen. Um diese Effizienzreserven zu heben, bedarf es eines Preiswettbewerbs, der AOK und Co. dazu zwingt, nach kostengünstigen Versorgungsformen Ausschau zu halten, und der die Leistungsanbieter dazu bringt, gleiche Qualitäten möglichst günstiger als die Konkurrenz anzubieten.

Damit ein solches System nicht auf Kosten der Versicherten geht, bedarf es zweier Voraussetzungen: Zum einen dürfen die Versicherten nur zwischen Versorgungsformen wählen, aber nicht auf gesetzliche Leistungen verzichten. Dann entsteht ein Wettbewerb z. B. zwischen Tarifen mit unbeschränkter Arztwahl und solchen, die eine Beschränkung auf empfohlene Vertragspartner vorsehen. Der Leistungsumfang bleibt aber gesichert. Zum anderen müssen sich die finanziellen Konsequenzen der Tarifwahl in den Portemonnaies der Versicherten niederschlagen.

Und genau hier kommt die Gesundheitsprämie ins Spiel. Im Gegensatz zu einer lohnsteuerähnlichen Prämie besteht bei einer festen Prämie in Euro und Cent für alle Versicherten der Anreiz, einen möglichst günstigen Tarif nachzufragen. Und sobald ausreichend viele Versicherte diesem Anreiz folgen, werden die Krankenkassen a) gezwungen, nach effizienten Versorgungslösungen zu suchen, und b) im Sinne ihrer Mitglieder versuchen, auf den Märkten zwischen günstigen und ineffizienten Angeboten zu differenzieren.

Der Haupteinwand, eine Gesundheitspauschale würde zu erheblichen Ungerechtigkeiten führen, stimmt nicht, wenn man einen aus Steuermitteln finanzierten sozialen Ausgleich hinzunimmt. Eine steuerliche Flankierung der Prämienfinanzierung führt nicht zu Mehrausgaben, weil kein einziges Rezept zusätzlich ausgestellt wird. Zweitens aber werden bereits heute 16 Milliarden Euro aus Steuermitteln zugebuttert. Die senken derzeit aber den Beitragssatz sowohl für Bedürftige als auch für Einkommensstarke – eine wenig sinnvolle Verwendung von Steuergeldern. Würde man diese Summe statt pauschal zu verschwenden sozial adressieren, sprich für die Unterstützung weniger leistungsfähiger und bedürftiger Mitglieder einsetzen, dann könnte schon heute ein bedeutender Anteil der GKV-Ausgaben über Prämien finanziert werden, ohne dass ihre Mitglieder auf den sozialen Ausgleich verzichten müssten.

Mehr noch, über eine sozial adressierte Verwendung des Bundeszuschusses würden auch die Fehlsteuerungen der heutigen Beitragsfinanzierungen zu dem entsprechenden Anteil eliminiert. Denn das Einkommensteuerrecht kennt weder Beitragsbemessungsgrenzen noch die Ausklammerung einzelner Einkommensarten und es bezieht auch die privat Krankenversicherten mit ein, wenn es gilt, die Prämienbelastungen für die weniger Leistungsfähigen aus Steuermitteln zu bezuschussen.