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Sind wir alle ökonomische Analphabeten?

Von der FAZ bis zur taz, von der Linkspartei bis zur CSU wird am Beispiel der Gesundheitsreform, die jetzt vom Bundeskabinett auf den Gesetzgebungsweg gebracht wurde, der Abschied von der paritätischen Finanzierung beklagt. Die solidarische Finanzierung der Krankenversicherung sei mit der endgültigen Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags auf 7,3% eingeläutet, weil künftig allein die Versicherten über Zusatzprämien die steigenden Gesundheitsausgaben zu bezahlen hätten. Sind wir eigentlich alle ökonomische Analphabeten, wenn wir uns diese herrschende Meinung unreflektiert zu Eigen machen? Tatsächlich bezahlen die Arbeitnehmer seit ewigen Zeiten natürlich die vollständigen Sozialversicherungsbeiträge selbst. Denn der so genannte „Arbeitgeberanteil“ zur Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung gehört zum kompletten Arbeitsentgelt, das jeder Mitarbeiter verdienen muss.

Viele von uns beklagen die Stagnation der verfügbaren Lohneinkommen, die wir in Deutschland über die vergangenen 15 Jahre statistisch belegen können. Kaum jemand berücksichtigt aber, dass die gesamten Arbeitskosten – also auch die fälschlichen „Arbeitgeberbeiträge“ – aufgrund des deutlichen Anstiegs der Sozialabgaben und wegen der kalten Progression bei der Einkommensbesteuerung deutlich gestiegen sind. Im Klartext heißt das: Wir Mitarbeiter sind für die Unternehmen deutlich teurer geworden, obwohl unsere Nettoeinkommen stagnierten.

Die Chancen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können, hängen vor allem für Geringqualifizierte ganz wesentlich davon ab, ob sie mit ihrer niedrigen Produktivität ihr komplettes Arbeitseinkommen tatsächlich erwirtschaften können. Je teurer der Staat die Arbeitskosten macht, indem er den Faktor Arbeit überdurchschnittlich zur Finanzierung des Sozialstaats heranzieht, umso weniger Chancen haben Ungelernte auf dem Arbeitsmarkt. Wer Arbeit hat, wird über steigende Sozialabgaben und Steuern die Zeche bezahlen: Weniger Netto trotz steigendem Brutto!