Der Soziologe Peter Saunders hat sich dem Buch mit einer anderen Methodik genähert, kam aber zum gleichen Ergebnis wie Snowdon. In „Beware False Prophets“ zeigt er, dass viele der Spirit-Level-Korrelationen durch wenige, manchmal nur durch einen einzigen Ausreißer zustande kommen. Nimmt man diesen heraus, bleibt nichts als eine formlose Punktwolke. Fügt man gar Kontrollvariablen ein, dann erledigt sich das ganze ohnehin.
Was ist also so schlimm an Ungleichheit? Wilkinson und Pickett haben eine Erklärung parat, die die vielen Streudiagramme zu einem in sich stimmigen Gesamtbild verschmelzen sollen. Sie behaupten, in ungleicheren Gesellschaften würde der Statuswettbewerb ausgeprägter, die gesellschaftlichen Hierarchien steiler, und die soziale Schichtung rigider. Ungleichere Gesellschaften seien daher rücksichtsloser, kälter und rauer als gleichere. Vermutlich ist es aber genau diese wenig plausible Gleichsetzung von „Einkommen“ und „Status“, die die Thesen der Spirit Leveller so brüchig machen. Ist etwa Japan, wo die Einkommensungleichheit gering ist, tatsächlich eine weniger stratifizierte Gesellschaft als die USA? War die DDR weniger hierarchisch als die BRD? War das steife Großbritannien der fünfziger Jahre weniger statusbetont als das moderne „Cool Britannia“?
Wohl kaum. Und so erweist sich eine Formel für das staatlich gelenkte Glück beim näheren Hinsehen als Chimäre. Wie schon so oft.
Kristian Niemietz ist derzeit Mphil/PhD Student in Public Policy am King’s College London und arbeitet als Poverty Research Fellow beim Institute of Economic Affairs in London.