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Freiheit in Verantwortung

Buchkritik: Michael Hüther: Die disziplinierte Freiheit – eine neue Balance von Markt und Staat, Hamburg 2011 Nach der Krise ist vor der Krise. Die wirkliche Herausforderung für die Finanz- und Wirtschaftspolitik ist für Michael Hüther die Normalität. In seinem nun erschienenen Buch „Die disziplinierte Freiheit“ tritt er vehement dafür ein, dass sich individuelle Freiheit und Verantwortung gegenseitig bedingen. Die durch die Verantwortung disziplinierte Freiheit trage Veränderungen ins Positive und ermögliche Wachstum. Der Ökonom Hüther zeigt sich in seinem gedankenreichen und ordnungspolitisch relevanten Buch weit mehr als nur als Krisendoktor. Vor allem für die politische Klasse dürften seine Überlegungen ein wichtiger Kompass im Diskurs über das Miteinander von Markt und Staat sein. „Was ist eigentlich als wirtschaftliches Wachstum zu verstehen und was kann zu seiner Stärkung getan werden?“, fragt Hüther. „Was können wir vom Arbeitsmarkt erfahren, wie trägt er künftig die wirtschaftliche Dynamik?“ Hüther trägt die Antworten fundiert vor, nicht als „Traktat der schlechten oder guten Laune“, sondern eher in der Rolle eines Mediators in der allzu oft aufgeheizten Arena der politischen und gesellschaftlichen Widersacher: realitätsbezogen, angenehm unaufgeregt und lösungsfreudig.

Hüther fordert Reformen im Bildungswesen, Maßnahmen zur Regulierung der Finanzmärkte und ein Schuldenlimit für Europa. Wachstum auf Befehl gebe es nicht. Ein für die marktwirtschaftliche Ordnung zentrales Haftungsprinzip liegt für ihn nicht allein in der Forderung nach Selbstverantwortung, sondern vor allem in der Forderung nach Mitverantwortung eines jeden. „Freiheit, die im täglichen Tun und Unterlassen nicht durch die unmissverständliche Forderung nach Selbstverantwortung und Mitverantwortung gesteuert wird, verliert sich am Ende selbst“, erklärt der Autor.

Wichtig wird zukünftig das bürgerschaftliche Engagement. Die Bürger werden als Teil der Neubalancierung von Staat und Markt eine größere Bedeutung erlangen – allerdings nicht als reine Protestbewegung, sondern als konstruktive, verantwortungsvolle Mitgestalter gesellschaftlicher und ökonomischer Entwicklungen.

Dem Staat spricht Hüther Krisenkompetenz zu. Der Staat könne „Vertrauen neu begründen, indem er schnell und spürbar fiskalisch handelt.“ Die Krisenkompetenz sei aber nur dann glaubhaft, wenn der Staat sein Finanzgebaren auf eine mittelfristig stabile Basis stelle. „Die verfassungsrechtliche Schuldenbremse ist deshalb bedeutsam“, ist Hüther überzeugt. Sie stärke vor allem auch die Währungsintegration in Europa.

Hüther nimmt nicht für sich in Anspruch, der Weisheit letzter Schluss gefunden zu haben. Im Gegenteil. „Ist das hier angebotene Prinzip aus Selbstverantwortung und Mitverantwortung tragfähig?“ fragt er. „Darüber müssen wir streiten“, fordert Hüther und regt damit hoffentlich gerade bei den Funktionseliten eine nachhaltige Debatte an, die fern von Routine und Ignoranz zu neuen Ergebnisse führt.