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Der neue Homo Oeconomicus

Buchkritik: Peter A. Wuffli: Liberale Ethik – Orientierungsversuch im Zeitalter der Globalisierung, Bern 2010 Auf den ersten Blick scheint es eine Art Rehabilitierungsversuch zu sein, den Peter Wuffli mit seinem Buch „Liberale Ethik“ wagt. Der Ex-Chef der Schweizer UBS gilt als einer der Hauptschuldigen des Debakels um die Großbank. Nur mit eidgenössischer Staatshilfe konnte sie vor dem Niedergang bewahrt werden. Dass man Wuffli dennoch sein ehrliches Bemühen um ein Buch mit dem Thema Ethik abnehmen darf, hat verschiedene Gründe. Erstens: Anders als andere ehemalige Vorzeige-Manager sieht er durchaus Fehler, die gemacht hat. Zweitens: Die Leidenschaft für Ethik reicht weit in seine Studienzeit. Drittens: Die vor der Finanzkrise liegende Gründung seiner Elea Foundation for Ethics in Globalization, die Lebensbedingungen von Menschen in Gebieten mit zwei Dollar und weniger Tageseinkommen nachhaltig verbessern will, zeigt schon länger sein soziales Engagement. In seinem Buch geht es darum, inwieweit sich unternehmerisches Denken und Führen mit Ethik verbinden lassen. Es geht um die ethische Verankerung des Menschen. So steht für Wuffli fest, dass Investoren Gewinnmaximierung nicht immer nur allein zum Ziel haben. Viele strebten aufgrund ethischer Überlegungen auch nach Renditen, die durch soziale und ökologische Rahmenbedingungen eingeschränkt sind. Der Autor plädiert, das traditionelle Bild des „homo oeconomicus“ zu relativieren und ist überzeugt, dass die Menschen neben ihrem Trachten nach ökonomischem Gewinn auch von anderen, nämlich altruistischen Motiven beeinflusst sind.

Wuffli sieht sich in der Tradition von Walter Eucken, einem der Begründer des Neoliberalismus: Ein vollkommen freier, ungeregelter Markt gefährde sich nur selbst. Ohne angemessene Regulierung würden die bestehenden wirtschaftlichen Machtgruppen wie Monopole und Kartelle so stark, dass sie die Wirtschaftsprozesse bestimmten und so die individuelle Freiheit einschränken könnten. Für Wuffli ist eine funktionierende wettbewerbsorientierte Marktwirtschaft letztlich der konkrete Ausdruck und geradezu die Umsetzungsbedingung einer liberalen Ethik. Die Marktwirtschaft muss durch staatliche Rechtsordnungen und Gesetze sowohl vor ungebührlichen staatlichen Eingriffen als auch vor der Konzentration wirtschaftlicher Macht geschützt sein.

Es ist nicht unbedingt neu, was Wuffli vermitteln möchte. Interessant wird das Buch erst dadurch, dass hier einer über Ethik schreibt, den viele zur „Gilde der Abzocker“ zählen. Es ist ein gewissenhafter Versuch – als Lektüre empfehlenswert zumindest für jeden Banker.