Ausgerechnet im Mutterland des Kapitalismus herrscht nicht nur in der Politik, sondern auch im Finanzmarkt eine Blindheit für die Systemrisiken der gigantischen Staatsschuld und das Schneeballsystem der Pensions- und Sozialsysteme. Es ist geradezu tragisch, dass Amerika heute, da die Lasten der Vergangenheit längst wie ein Mühlstein an seiner Volkswirtschaft hängen, ein Gesundheitssystem europäischer Ausprägung installiert, das noch größere Löcher in die öffentlichen Budgets reißen wird.
Die US-Finanzwelt scheint sich in einem System der wundersamen Geldvermehrung eingerichtet zu haben. Man handelt dort mit fast zinslosem Billiggeld von der US-Notenbank, investiert riesige Summen in den Eigenhandel mit Wertpapieren und manipuliert so die Kurse am Markt. Erfreulicher Nebeneffekt dieser Kurspflege sind satte Gewinne der großen Investmentbanken und phantastisch hohe Boni für die handelnden Akteure. Wenn das Geschäftsmodell schief läuft, wird man vom Steuerzahler gerettet, weil man ja „systemrelevant“ ist. Wer ein solches Geschäftsmodell pflegt, muss sich fragen lassen, ob er je begriffen hat, dass einer funktionierenden marktwirtschaftlichen Ordnung das Prinzip von Verantwortung und Haftung zugrunde liegt: Wer zu viel riskiert, bezahlt mit Totalverlust. Das ist die wirksamste Waffe gegen Spekulation. Die politische Antwort auf die Verschuldungsprobleme lässt sich bei Ludwig Erhard finden: Man kann auf Dauer nur ausgeben, was man vorher erwirtschaftet hat!