EuropaTagged , ,

Griechenland: Staats-Nachhilfe statt Staatshilfe

Mit der Freigabe des zweiten Hilfspaketes erhält Griechenland eine weitere Geldspritze in Höhe von 130 Milliarden Euro. Voraussetzung dafür sind strenge Sparauflagen für das Land. Es ist umstritten, ob der Sparfahrplan überhaupt eingehalten wird. Umstritten ist auch, ob die Hilfspakete dem Land tatsächlich bei der Bewältigung der Krise helfen. Wie könnte man den Griechen wirklich helfen?

Die Hilfspakete für Griechenland können allenfalls die formelle Staatspleite des Landes verhindern. De facto ist Griechenland schon heute pleite.  Mit den Hilfsmaßnahmen wird nur weitere Zeit erkauft. Die langfristigen Prognosen bis 2020, auf deren Basis die Rettungspakete geschnürt werden, sind jedoch nicht nur extrem unsicher, sondern auch methodisch unseriös. Über einen so langen Zeitraum sind schlichtweg keine präzisen Vorhersagen möglich –  insbesondere nicht für den Staatshaushalt Griechenlands. Welche Gewinne schließlich durch Steuern und die Veräußerung von Staatseigentum in die Kasse des griechischen Staates fließen, ist aus heutiger Sicht völlig ungewiss. Deshalb dürfte die Realität dramatisch von den Planzahlen abweichen, was weitere Transferzahlungen erforderlich machen wird.

Hinzu kommt: der Kern des Problems bleibt unbehandelt. Griechenland hat einen funktionsuntüchtigen Staat und eine herrschende Aristokratie, die ihre Privilegien nicht aufgeben will. Der „failed state Griechenland“ braucht Hilfe bei staatsbildenden Maßnahmen, damit der Staat seinen Kernaufgaben wieder nachkommen kann. Die Hilfe für den Aufbau funktionstüchtiger staatlicher Institutionen kann durch die Troika bereitgestellt werden. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass weitreichende Reformschritte große Sensibilität erfordern und von einzelnen Krisenstaaten nicht selber durchgeführt werden können. Griechischen Beamten in wichtigen Positionen sollten deshalb europäische Experten an die Seite gestellt werden, die das nötige Know-how transferieren. In den Bereichen der Verwaltung, des Steuer- und Finanzwesens, aber sogar der Eigentumsrechte gibt es großen Handlungsbedarf. Ein Wissenstransfer, der funktionierende Institutionen hervorbringt, ist nicht in Geld aufzuwiegen. Fest steht aber: die notwendigen Reformen werden auf Widerstand stoßen, da sie die gesellschaftlichen Verhältnisse verändern. Hilfe von außen ist daher unverzichtbar.


Dieser Blog-Beitrag basiert auf einem Interview mit dem Cicero.