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Starke Nationalstaaten für Europa mobilisieren

Der Weg zur Normalität in der EU ist noch weit. Es braucht mindestens eine Dekade, bis die öffentlichen Haushalte und die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften wieder stabil sind. Für den Moment aber hat die Wahl in Italien gezeigt, dass noch jedes politische Fragezeichen die Märkte verunsichern kann. Die EU stößt damit an die Grenzen der möglichen Integration.

Nachdem die Austrittszenarien aus der Diskussion verschwunden sind, kann die wirtschaftliche Genesung in den Defizitstaaten ihren Lauf nehmen. Besonders für die Bankbilanzen müssen noch Heilmittel gefunden werden. Eine europäische Aufsicht für die systemrelevanten Häuser und eine Abwicklungslösung für systemgefährdende Banken sollten unbedingt zur Kur gehören. Ganz ohne den Steuerzahler wird die Lösung nicht umzusetzen sein, auch wenn Anteilseigner und Gläubiger ordnungspolitisch als Erste in Haftung zu nehmen wären. Das ist der Preis für Regulierungsdefizite, Aufsichtsversagen und auch die Teilnahme an der kreditfinanzierten Party, die der Krise vorausgegangen ist.

Die gefundenen Lösungen der die Währungsunion ergänzenden Fiskal- und Bankenunion müssen erst einmal verarbeitet werden. Begleitet wird der Prozess von berechtigten und unberechtigten Sorgen der Ökonomen wie der Bevölkerung. Vermögensbesitzer treiben die bewusst niedrig gehaltenen Zinsen um, über die die Kosten nicht funktionierender Finanzmärkte und hoher Staatsverschuldung an sie weitergereicht werden. Nicht zu erwarten ist dagegen, dass die Angst vor einer Inflation Wirklichkeit werden wird.

Wenn solche Sorgen aber regelmäßig mit einem Bekenntnis zu Europa und der Forderung nach einer Politischen Union verbunden werden, zeigt das, dass die Erfahrungen der Krise ignoriert werden. Denn die Grenzen einer politisch tragfähigen und verfassungsrechtlich möglichen Integration sind in der EU nach der Krise erreicht.

Das Einbinden teilsouveräner Nationalstaaten in ein Gerüst aus Währungs-, Fiskal- und Bankenunion ist der richtige Weg, da er dem kollektiven Lernen aus der Krise entspringt. Die Kraft der Nationalstaaten muss jetzt unter Wahrung ihrer Vielfalt für Europa mobilisiert werden.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung im Handelsblatt erschienen.