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Arm oder reich?

Sind wir Deutschen nun eine arme oder reiche Gesellschaft? Ist die Kluft zwischen Arm und Reich in den vergangenen Jahren wirklich größer geworden? Müssen aus Gründen des sozialen Ausgleichs nicht ganz hohe Einkommen radikal begrenzt werden: durch Festlegung von gesetzlichen Einkommensobergrenzen?

Der „Armuts- und Reichtumsbericht“ der Bundesregierung, den das Bundeskabinett in dieser Woche beschlossen hat, bietet politischen Zündstoff – vor allem in einem Bundestagswahljahr. „Verschleierung, Vernebelung, Schönfärberei“ tönt es unisono aus der vereinigten Opposition, den Sozialverbänden und den Gewerkschaften. Der massive Abbau der Arbeitslosigkeit habe das weitere Auseinanderdriften der Einkommen in der deutschen Gesellschaft gestoppt, verteidigen dagegen Regierungsparteien und Wirtschaftsverbände die Bestandsaufnahme zur sozialen Lage.

Hinter der aufgeregten Debatte verbirgt sich der Grundkonflikt: Verteilungsgerechtigkeit oder Chancen- und Leistungsgerechtigkeit? Ist eine Gesellschaft nur dann fair, wenn sie allen Bürgerinnen und Bürgern ähnlichen Wohlstand sichert? Oder ist es nicht gerechter, über einen fairen Zugang zu Bildungschancen – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern – möglichst vielen Menschen den Start zum eigenverantwortlichen Aufstieg in unserer Gesellschaft zu ermöglichen? Denn wo sich persönliche Leistung nicht lohnt, weil die Umverteilung über Steuern und Abgaben den Leistungswillen vieler Arbeitnehmer erdrosselt sowie die Innovations- und Schaffensfreude der Unternehmer einschränkt, da verliert eine Gesellschaft, da verliert eine ganze Volkswirtschaft ihre Wachstums- und damit ihre Wohlstandsdynamik!

Natürlich regen auch mich maßlose Einkommen von Investmentbankern auf. Auch ich halte zweistellige Millionengehälter von Vorstandschefs für obszön – auch unter der Flagge der Leistungsgerechtigkeit. Doch wenn Aktionäre darüber beschließen, ob sie ihr Spitzenpersonal so sündhaft teuer bezahlen wollen – und genau das fordern die Schweizer Stimmbürger als gesetzliche Regelung -, dann ist das durch ihren Eigentümerstatus abgedeckt. Die Politik sollte weder gesetzliche Höchst-, noch gesetzliche Mindestlöhne vorschreiben. Das ist Sache der Tarifpartner und der Eigentümer. Die Politik sollte dagegen endlich auch auf den Finanzmärkten das marktwirtschaftliche Credo von Haftung und Verantwortung durchsetzen! Denn wo die Fehlspekulation der teuer bezahlten Mitarbeiter zum alleinigen unternehmerischen Risiko der Eigentümer gehört, mithin die Aktionäre bis zum Totalverlust ihres Engagements haften müssen, da bildet sich schnell ein leistungsgerechteres Gehaltsgefüge heraus.

Und die soziale Lage der Menschen in Deutschland? Natürlich hat der massive Abbau der Arbeitslosigkeit – von 5,2 Millionen im Februar 2005 auf heute 3,2 Millionen – zu einer Verbesserung der sozialen Lage vieler Menschen geführt. Wer das bestreitet, leugnet die Realität. Der weit überwiegende Teil der zusätzlich Erwerbstätigen arbeitet in regulären und sozialversicherungspflichtigen Vollzeittätigkeiten. Es ist eben gerade nicht der Boom der Niedriglöhner, der zum Beschäftigungswunder geführt hat. Die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 haben segensreich gewirkt, auch wenn das viele nicht wahrhaben wollen. Deshalb sank auch die Zahl der Hartz IV-Empfänger deutlich, deshalb wachsen heute auch wesentlich weniger Kinder in Sozialhilfefamilien auf als noch vor sieben Jahren.