Darüber hinaus haben immer neue Spielzüge ganz wesentlich zum Ruin der öffentlichen Finanzen beigetragen. Auch deshalb hat sich die Regierungskoalition aus Union und FDP für eine Rückbesinnung auf das Festlegen von Spielregeln verständigt. Im Koalitionsvertrag sind 9 Goldene Regeln vereinbart worden, die das Regierungshandeln nicht nur auf der Einnahmeseite, sondern auch auf der Ausgabenseite bestimmen. Darin ist in der wichtigsten Goldenen Regel formuliert, dass der Ausgabenanstieg des Bundes niedriger als der Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes sein soll. Gelingt dies, dann wäre dies ein Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik des Bundes.
Zum Vergleich: der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück musste in der zurückliegenden Legislaturperiode den Anstieg der Ausgaben um 43,5 Mrd. Euro verantworten. Dieser entsprach im Jahresdurchschnitt einem Anstieg um 4 Prozent und lag damit deutlich über dem realen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 0,9 Prozent. Dieses Auseinanderklaffen zwischen der Entwicklung der eigenen Volkswirtschaft und der Ausgabenentwicklung des Bundes ist die eigentliche Ursache für die nicht gelungene Konsolidierung des Bundeshaushaltes. Es wurde über die eigenen Verhältnisse gelebt.
Was bedeutet dies für den kommenden Bundeshaushalt? Die Deutsche Bundesbank hat für das kommende Jahr ein Wachstum des realen BIP in Deutschland von 1,6 Prozent prognostiziert. Wenn diese Zahl als Grundlage für den maximalen Ausgabenanstieg des Bundes herangezogen wird, dann darf der Etat des Bundes für 2010 maximal 308 Milliarden Euro (2009: 303 Milliarden Euro + 1,6 Prozent) umfassen. Laut Entwurf, den Wolfgang Schäuble in der nächsten Woche im Kabinett einbringen will, soll der Etat 2010 jedoch mit einem Ausgabenvolumen von 325,5 Milliarden Euro festgesetzt werden. Im Klartext: Wolfgang Schäuble plant seinen Etat 2010 mit einem Ausgabenanstieg von 7,3 Prozent. Gegenüber der Goldene Regel im Koalitionsvertrag klafft somit eine Differenz von 17,5 Milliarden Euro. Das Ausgabenvolumen muss gegenüber dem Etatentwurf um diesen Betrag sinken, um den Koalitionsvertrag zu erfüllen.
Keine leichte Aufgabe. Dabei hilft eine weitere goldene Regel des Koalitionsvertrages. Dort heißt es: „Zukünftig werden wichtige Eckwerte des Haushaltes vorab verbindlich durch das Bundeskabinett vorgegeben und damit zur Grundlage für das regierungsinterne Aufstellungsverfahren in den Einzelplänen gemacht.” Der Haushalt wird nicht mehr vom Ausgabenanstieg der Einzeletats bestimmt, sondern im Zuge eines Top-Down-Verfahrens aufgestellt. Somit ist das ganze Kabinett in der Etat-Verantwortung. Für Union und FDP kommt es jetzt darauf an, in der Ausgabenpolitik Flagge zu zeigen. Sie ist bereits zu Beginn des gemeinsamen Regierungshandelns die notwendige Bedingung, um die vereinbarte Steuersenkungspolitik glaubhaft vertreten zu können.
In der ÖkonomenBlog-Podcast Folge 4 (Umsteuern, aber wie?) stellt Frank Schäffler dar, wo der Staat seine Ausgaben kürzen könnte.