Jenseits dieser grundsätzlichen Überlegungen geht Paqué aber insbesondere der Frage von potentiellen Wachstumsgrenzen und -gefahren nach. Seit der Finanzkrise ist die Ansicht weit verbreitet, dass ein von grenzenlosem Wachstum beseeltes Spekulantentum eine unvorstellbare Kapitalvernichtung zu verantworten habe. Stimmt nicht, entgegnet der Autor: „Der Konkurs sorgt allein für eine Abwertung des Kapitalbestands und im Regelfall für einen Wechsel des Eigentümers“. Und die Geschichte gibt ihm Recht: Nachdem der Boom beim Eisenbahnbau ab Mitte des 19. Jahrhunderts im Gründerkrach einen harschen Absturz erlitt, führte dies keineswegs zu einer Vernichtung der Eisenbahnnetze. Gleiches gilt für die Dotcom-Krise an der Wende zum 21. Jahrhundert: Schließlich blieb das Internet auch nach dem Crash bestehen.
Als Geburtsstunde des „modernen“ Wachstumsskeptizismus gilt allgemein die Veröffentlichung der Studie „Die Grenzen des Wachstum“ vom Club of Rome. Letztlich hat sich die zentrale These vom nahenden Ende des globalen Wachstums infolge von Ressourcenknappheit als falsch erwiesen. Völlig unterschätzt wurde von den Autoren der Studie das Potential des technischen Fortschritts: „Das Ausmaß beziehungsweise die Geschwindigkeit dieser Innovationen wurde stets so niedrig angenommen, dass sie die Wirkung des Verbrauchs auf die Ressourcenknappheit nicht auffangen konnte“.
Die Befürchtung, der Menschheit könnten die Energieressourcen ausgehen, hat sich nun umgekehrt in die Befürchtung, der stetig wachsende Energieverbrauch müsste zwangsläufig in einer klimatischen Katastrophe münden. Wie schon bei der These von der Ressourcenknappheit wird aber auch hier sehr statisch argumentiert. Fast unberücksichtigt bleibt beispielsweise, dass mit zunehmender Problemlage die Forschung in diesem Bereich intensiviert wird oder die Möglichkeit eines Wertewandels in den Entwicklungs- und Schwellenländern in Richtung mehr ökologischen Bewusstseins. Ein Wandel der in Europa auch erst nach Erreichen eines gewissen Wohlstandsniveaus eingesetzt hat. Am Ende seines Buches mahnt Paqué die Wachstumskritiker sich auch die sozialen Konsequenzen ihrer Forderung bewusst zu machen: „…ohne Wachstum reduziert sich die Politik auf ein Nullsummenspiel, in dem jemand nur gewinnen kann, wenn er jemand anderem etwas wegnimmt.“
Prof. Dr. Karl-Heinz Paqué leitet den Lehrstuhl für internationale Wirtschaft an der der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.