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Wirtschaft soll wieder wachsen

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In der Nacht auf Dienstag haben die Koalitionsparteien das größte Konjunkturpaket in der Nachkriegsgeschichte auf den Weg gebracht. Beabsichtigtes Ziel: Raus aus der Krise und Schwung nehmen für neues Wachstum. Deutschland solle „aus der Krise stärker herauskommen, als es hineingeht.“ Hierzu sollen in den nächsten zwei Jahren 50 Milliarden Euro aufgebracht werden – maßgeblich finanziert durch neue Schulden. Die führenden Wirtschaftswissenschaftler kommentieren die Koalitions-Beschlüsse differenziert: Der Steuerexperte Wolfgang Wiegard bezweifelt, dass durch die Erhöhung des Grundfreibetrags ein Impuls für Investitionen und Konsum ausgeht. Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer kritisiert die Abwrackprämie: sie bringe nichts und fördere nur die Industrie im Ausland. Zum Kinderbonus von 100 Euro meint der Direktor des IW Köln, Michael Hüther. „Das ist verbranntes Geld“. Kritik hagelt auch gegen den geplanten „Deutschlandsfonds“ und die Beteiligung des Staates bei der Commerzbank. Mathias Döpfner schreibt in der „Welt am Sonntag“: „Die Teilverstaatlichung der Commerzbank ist ein ordnungspolitischer Sündenfall einer Regierung ohne ordnungspolitischen Kompass.“

Der Chef der Wirtschaftsweisen, Prof. Dr. Bert Rürup, kritisiert am 13. Januar 2009 gegenüber der online Ausgabe der Bildzeitung die diskutierte Staatsbeteiligung an Unternehmen:

– „Durch dieses Paket wird die Rezession nicht verhindert, wohl aber abgeschwächt.“
– „Ich bin froh darüber, dass es keine Beteiligungen an Industrie-Unternehmen geben wird. Diese ordnungspolitisch verfehlte Idee ist vom Tisch und das ist auch gut so.“

Der Direktor des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts Prof. Dr. Thomas Straubhaar hält zwar grundsätzlich ein Konjunkturpaket für sinnvoll. Dennoch kritisiert er die vorgeschlagenen Maßnahmen gegenüber Welt Online am 11. Januar 2009:

– „Einen Impuls für die Konjunktur wird man, wenn überhaupt, frühestens im Sommer, wahrscheinlich aber erst zum Jahresende feststellen können.“
– „Gut möglich, dass am Ende ausländische Bautrupps die neuen Aufträge abarbeiten.”

Der Steuerexperte im Sachverständigenrat der Bundesregierung, Prof. Dr. Wolfgang Wiegard, sagt am 13. Januar 2009 gegenüber der Rheinischen Post:

– „Die Tarifkorrekturen und die Erhöhung des Grundfreibetrags (Anmerkung: bei der Einkommensteuer) haben in Bezug auf Investitionen und Konsum keinerlei Wirkung.“
– „(…) und bringt dem einzelnen Steuerzahler nur wenige Euro im Monat.“

Im Handelsblatt bewertet Prof. Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln, das jetzt geschnürte Konjunkturpaket immerhin besser als das erste. Es würde sich stärker an der Gesamtwirtschaft orientieren.

– “Der Umfang ist angemessen, da in diesem Jahr allein ein wirtschaftlicher Impuls von knapp einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts gesetzt wird. Im nächsten Jahr dürfte der Impuls noch größer sein.”

Hüther meint allerdings, mit dem zweiten Paket seien auch Chancen vertan worden. So brächten die 100 Euro Kinderbonus nichts:

– “Das ist verbranntes Geld. Ich hätte es lieber gesehen, wenn diese Mittel in die Minderung der Steuer- und Abgabenlast geflossen wären.”

Prof. Dr. Wilfried Fuest vom Institut der deutschen Wirtschaft bewertet in einem Audiokommentar vom 13. Januar die Vielzahl der kleinen Einzelmaßnahmen kritisch:

– „Man hätte vielleicht das Konjunkturpaket, das aus einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen besteht, stärker konzentrieren können, auf eine Senkung der Steuer und Abgabenbelastung und auf einen Ausbau der notleidenden Infrastruktur.“
– „Jetzt treten andere Maßnahmen hinzu wie beispielsweise die Aufstockung des Kindergeldes, also sozialpolitisch Bedingte Maßnahmen, die vielleicht ihren Sinn machen, aber konjunkturpolitisch weitgehend wirkungslos bleiben dürften.“

Gegenüber der DPA bezweifelt der Autobranchenexperte der Universität Duisburg-Essen, Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer, am 13. Januar 2009, dass die Abwrackprämie Arbeitsplätze in Deutschland sichert.

– „Die Abwrackprämie bringt für die Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie im Prinzip gar nichts. Vielmehr ist die Abwrackprämie ein Konjunkturprogramm für die Autowerke in Rumänien, Tschechien oder Italien, finanziert aus deutschen Steuergeldern.“
– „Im Firmengeschäft wird mit der Abwrackprämie kein einziges Auto verkauft. Also Fehlanzeige für Audi, BMW, Mercedes, Porsche. Und genau die könnten zusätzliche Nachfrage gebrauchen.“
– „Viel wichtiger wäre gewesen, die CO2-Steuer jetzt endlich zu bringen. Viel besser wäre, eine Abschreibungserleichterung gewesen, denn davon würden direkt die Firmenwagenbestellungen profitieren und damit die Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie.“

Olaf Gersemann kritisiert in der „Welt“ am 13. Januar 2009 die Welle des Staatsinterventionismus und den sogenannten „Deutschlandfonds“, mit dem ein riesiger Schutzschirm über Industriekonzerne gespannt werden soll:

– „Der Staat wird schwache Unternehmen mit Bürgschaften aufpäppeln – zulasten von stärkeren, weil solider wirtschaftenden Wettbewerbern.“
– „Das Ziel der Haushaltskonsolidierung gerät mit jeder neuen Interventionskaskade weiter aus dem Blickfeld. Nennenswerte Steuersenkungen und eine Vereinfachung des Steuersystems wurden in guten Zeiten unterlassen und werden nun wieder auf sich warten lassen.“

In der „Welt am Sonntag“ vom 11. Januar 2009 kommentiert Mathias Döpfner:

– „Die Teilverstaatlichung der Commerzbank ist ein ordnungspolitischer Sündenfall einer Regierung ohne ordnungspolitischen Kompass.“
– „Die Bundeskanzlerin hat es vor Jahren selbst formuliert: Wohlstand braucht Wachstum, und Wachstum braucht Freiheit. Zur Not auch Freiheit zur Pleite.“

Der Wirtschaftsprofessor Dr. Stefan Homburg, sagt in einem Interview mit der FAZ am 12. Januar 2009 zur Commerzbankrettung:

– „(…), der Staat hat lediglich der Commerzbank die Übernahme der Dresdner Bank mitfinanziert.“
– „Ich habe in meinem Studium noch gelernt, dass man in einer Wettbewerbsgesellschaft eher eine staatliche Fusionskontrolle benötig. Insofern ist es seltsam, dass hier mit Steuergeldern eine Großbank gezimmert wird.“