Soziales

Arbeitsmarkt, Bildung, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 2 Kommentare zu Verschenktes Wachstumspotenzial

Verschenktes Wachstumspotenzial

Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft: Zuwanderung und qualifizierte Mitarbeiter.

Trotz des krisenbedingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit steuert Deutschland langfristig auf einen Fachkräfteengpass zu. Eine qualifizierte Zuwanderung kann dazu beitragen, die Lücke langfristig zu schließen und sowohl das gesamtwirtschaftliche Wachstum als auch das Wachstum pro Kopf deutlich zu erhöhen. Denn Zuwanderer steigern mit ihrem Wissen und Fertigkeiten die Produktivität der Unternehmen. Umso höher die Qualifikation der Zuwanderer, umso größer der volkswirtschaftlich Nutzen. Doch in diesem Punkt hat Deutschland ein Problem. Das Qualifikationsniveau unter den Kindern von Einwandererfamilien ist im Vergleich zu einheimischen besonders niedrig. Jeder zweite 15-Jährige aus der zweiten Einwanderergeneration gilt in Deutschland als bildungsarm. Deutschland verschenkt dadurch zukünftige Wachstumsimpulse. Außerdem drohen soziale Probleme, wenn es nicht gelingt, das Bildungsniveau der Einwandererkinder zu steigern. Deswegen ist es notwendig, die frühkindliche Förderung und das Angebot an Ganztagsschulen auszubauen. Denn Studien zeigen: die Wahrscheinlichkeit eines Gymnasiumsbesuchs bei Migranten steigt durch den Besuch einer Betreuungseinrichtung für unter Dreijährige um knapp 56 Prozent. Diese Chancen sollten wir nutzen.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Neue gerechte Mindestlöhne?

Neue gerechte Mindestlöhne?

20080313-FORM3-001_dl.psBisher gab es lediglich in sechs Branchen staatlich fixierte Lohnuntergrenzen. Seit gestern sind es drei Branchen mehr. Was aber soll das bringen? Mehr Gerechtigkeit? Weniger Armut? Oder doch eine neue Hürde beim Einstieg in Arbeit? Dr. Hagen Lesch sagt dazu: Nicht ein Mindestlohn, sondern aufstockende Transfers sorgen für mehr Lohngerechtigkeit und -zufriedenheit.

Die Mindestlohndiskussion bezog sich bisher vor allem auf die beschäftigungspolitischen Risiken. Die Frage der Lohngerechtigkeit wurde zwar auch aufgeworfen, aber auf zwei einfache Formeln reduziert: Mindestlohnbefürworter erhoffen sich von einem Mindestlohn mehr Gerechtigkeit, weil er das Problem “arm trotz Arbeit” lindert. Mindestlohngegner verweisen darauf, dass Mindestlöhne für Geringqualifizierte den Zugang zum Arbeitsmarkt erschweren und deshalb ungerecht seien. Sie plädieren dafür, niedrige Markteinkommen durch staatliche Transfers, also über das Arbeitslosengeld II, aufzustocken.

Diese enge Sichtweise ist erstaunlich, weil doch gerade die Mindestlohndiskussion Anlass geben sollte, tiefer darüber nachzudenken, was die Wahrnehmung von Lohngerechtigkeit beeinflusst. In der ökonomischen Theorie wird abseits der Neoklassik längst anerkannt, dass Lohn und Arbeitsleistung in einer Wechselbeziehung zueinander stehen. Einerseits bestimmt die Produktivität den Lohn, andererseits wirkt der Lohn auf die Arbeitsleistung und damit auf die Produktivität zurück. Vor diesem Hintergrund mag es geradezu zwingend erscheinen, durch einen gesetzlichen Mindestlohn für mehr Lohngerechtigkeit zu sorgen. Ein gerechterer Lohn finanziert sich über eine höhere Arbeitsmotivation fast von selbst.

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Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , 7 Kommentare zu Solidarität ist möglich

Solidarität ist möglich

Solidaritätszuschlag: Einnahmen und Ausgaben

Wenn wir in diesen Tagen, 20 Jahre nach dem Mauerfall, auf die Aufbauleistungen in den neuen Bundesländern schauen, drängt sich zwangsläufig die Frage auf: wie geht’s weiter mit dem Soli? Nicht, dass es im Osten nichts mehr zu tun gäbe. Aber der Aufbau von Infrastruktur und die Angleichung der Lebensverhältnisse sind weitgehend abgeschlossen. „Wenn man dies alles zusammennimmt, haben wir zwischen Rostock und Suhl jeden Anlass, stolz zu sein“, sagt Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck dazu.

Der abrupte Schwenk von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft war für viele nicht immer leicht – in der Gesamtschau aber sehr erfolgreich. Stück für Stück kann sich der Staat jetzt aus der Finanzierung des Angleichungsprozesses zurückziehen. Das schrittweise Auslaufen der Solidarpakt II-Transfers ist bereits beschlossene Sache. Warum aber soll der Solidaritätszuschlag dann noch in voller Höhe den Steuerzahlern auf der Tasche liegen? Übrigens in West und Ost gleichermaßen. Bereits heute werden nicht einmal mehr 80 Prozent aus dem Soli-Aufkommen (Steuereinnahmen 2009 etwa 12 Mrd. Euro) in den Aufbau Ost investiert (Solidarpakt 2009 etwa 9,5 Mrd. Euro). Mit dem Rest werden längst andere Staatsausgaben finanziert. Und auf frei verfügbare Steuereinnahmen will kein Finanzminister wehrlos verzichten. Im Gegenteil: Viele behaupten, der Staat sei pleite und Steuersenkungen seien nicht möglich. Die Zahlen belegen aber das Gegenteil: noch nie hatte der Staat so viel Geld wie in diesen Jahren. Er müsste einfach mal etwas weniger ausgeben. Sparen könnte er bei den Subventionen (momentan 58 Mrd. Euro), beim Umsatzsteuerprivileg der Deutschen Post (0,5 Mrd. Euro) oder bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Einsparpotential 36 Mrd. Euro). Wenn der Staat weniger ausgibt, könnte er dann auch endlich einmal Solidarität mit seinen Steuerzahlern üben.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, SozialesTagged , , , , , 1 Kommentar zu Die Krise nutzen

Die Krise nutzen

Die Zahl der Kurzarbeiter ist aktuellen Schätzungen zu Folge auf 1,3 Millionen angestiegen

Die anhaltende Wirtschaftskrise hat sich bisher kaum auf die Arbeitslosigkeit niedergeschlagen. Im Kampf gegen Entlassungen erweist sich die Kurzarbeit zumindest vorläufig als Wunderwaffe. Unternehmen können bei konjunktureller Talfahrt Kosten durch Verkürzung der Arbeitszeit einsparen, ohne dabei Leute entlassen zu müssen. Neuesten Schätzungen zufolge arbeiten derzeit 1,2 bis 1,4 Millionen Mitarbeiter kurz.

Gleichwohl regt sich Kritik an dem Instrument. Kurzarbeit kann notwendige strukturelle Anpassungen der Unternehmen verzögern. Außerdem häufen sich Berichte über eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Instruments. Erstaunlicherweise gibt es jedoch bis heute keine einzige ernstzunehmende Untersuchung, in der Ertrag und Nutzen der Kurzarbeit valide überprüft worden wäre, obwohl das Instrument inzwischen schon seit über 50 Jahren existiert.

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Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 1 Kommentar zu Studieren on the Job

Studieren on the Job

Der Anteil der Akademiker ist nach wie vor gering

Schon seit Jahren bildet Deutschland im OECD-Vergleich zu wenig Akademiker aus. Im Jahr 2006 hatten rund 35 Prozent der 25- bis 64-Jährigen in den OECD-Ländern einen Hochschulabschluss. Deutschland hinkt mit lediglich 15 Prozent hinterher. Die Aussagekraft dieses Wertes ist allerdings begrenzt. Denn der deutsche Sonderweg des dualen Systems wird nicht richtig erfasst – entscheidend für das Wirtschaftswachstum sind ja nicht die akademischen Abschlüsse, sondern die tatsächlichen erworbenen Kompetenzen. Diverse Untersuchungen (PISA etc.) zeigen, dass die deutschen Jugendlichen im Durchschnitt sogar etwas cleverer als die US-Youngsters sind. Alles in allem müssen sich die Deutschen also in punkto Bildungsniveau nicht verstecken.

Dennoch: es gibt noch viel Luft nach oben. Denn viele Deutsche, die eine gute Berufsausbildung absolviert haben, hätten auch das Zeug zu studieren. Reichlich ist die Nachfrage der Unternehmen nach akademischen Fachkräften. Sogar mitten in der aktuellen Wirtschaftskrise wurden allein im Juni 2009 mehr als 61.000 Fachkräfte in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (so genannte MINT-Fächer) gesucht. Bis zum Jahr 2020 könnte die Lücke sich versiebenfachen, wenn es Deutschland nicht gelingt, einen größeren Anteil der Jugendlichen für die MINT-Fächer zu begeistern. Schließlich wird insbesondere die weitere Spezialisierung und Technisierung in der Wirtschaft in Zukunft zu einer noch höheren Akademikernachfrage führen.

Wichtig ist, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern, die im Job hervorragende Leistungen erbringen, ein Studium schmackhaft machen und ihnen dieses ermöglichen. Bislang hat lediglich weniger als 1 Prozent der Erwerbstätigen mit Berufsabschluss sich dazu überwinden können, noch einen akademischen Abschluss nachzuholen. Denn nach wie vor sind in Deutschland Beruf und Studium nur schwer bis gar nicht miteinander vereinbar. Hier müssen der Staat, sprich die Hochschulen, dringend die Rahmenbedingungen für diese neue „Klientel“ schaffen.

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , 3 Kommentare zu Familienfreundlichkeit importieren

Familienfreundlichkeit importieren

Die Erwerbsquote von jungen Müttern in Deutschland ist sehr gering.

Deutschland wird älter- das wissen wir alle. Bis zum Jahr 2050 steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung von heute 42,6 auf 51,4 Jahre. Das wird sich extrem auf den Arbeitsmarkt auswirken – immer weniger Menschen stehen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Noch gefragter werden sein: Mobilität und Qualifizierung.

Großes Potential, um die Arbeitsangebotslücke zu schließen, steckt in den deutschen Müttern. Von ihnen sind heute nur rund 36 Prozent erwerbstätig. Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass dort Erwerbsquoten von Müttern bis zu 80 Prozent nicht unüblich sind. Deutschland hinkt also hinterher. Was wir brauchen ist eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf – qualitativ gute, zuverlässige Betreuung von Kindern ist daher eine zentrale Vorraussetzung, um dieses Potential zu erschließen. Aber auch die Unternehmen selbst sind gefordert. Mit flexiblen Arbeitszeiten, Telearbeit und Akzeptanz der besonderen Erfordernisse von Müttern müssen sie ihren Teil dazu beitragen, die Verbindung von Beruf und Familie im Alltag besser zu ermöglichen. Andere Länder machen es uns vor – Beruf und Familie schließen sich nicht gegenseitig aus. Importieren wir einfach mal mehr Familienfreundlichkeit!


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Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , 8 Kommentare zu Staatsquote: Zu wenig für Bildung

Staatsquote: Zu wenig für Bildung

Trotz hoher Staatsquote in Deutschland kommt die Bildung zu kurz

Zahlen, Statistiken und Schaubilder sind etwas Wunderbares. Sehr angenehm, um komplexe soziale Phänomene anschaulich abbilden zu können. Aber sie bergen auch Gefahren: Teilgrößen werden zu einer Gesamtgröße addiert, deren Zustandekommen anschließend nicht mehr hinterfragt wird. Paradebeispiel dafür ist die Staatsquote. Sie zeigt den Anteil der staatlichen Ausgaben an der gesamten volkswirtschaftlichen Leistung  (BIP) auf. 2006 hatte Deutschland eine Staatsquote von 45,3 Prozent und lag damit etwas unter dem EU Durchschnitt. Eine etwas höhere Staatsquote wiesen anno 2006 Portugal und die Niederlande auf. Überraschenderweise hatte Großbritannien, oftmals als unsozialer Staat apostrophiert, eine nur unwesentlich kleinere Staatsquote.

Gleiche oder ähnliche Quote zeigen allerdings nicht das Selbe auf: vielmehr entpuppen sich im Ländervergleich markante Unterschiede – wo setzen die jeweiligen Staaten ihre Prioritäten? Was die Sozialleistungen angeht, gehört Deutschland nach wie vor zu den Spitzenreitern – 27,9 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung werden dafür aufgebracht. Den größten Teil macht die Altersvorsorge der Rentner und Pensionäre aus. Für den Bereich Bildung werden hingegen lediglich 3,9 Prozent investiert. EU-weit liegt Deutschland damit auf dem vorletzten Platz. Das ist keine gute Bilanz – und das, obwohl eben fast die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung durch die Hände des Staates fließt. Also, entweder die Staatsquote weiter runter, oder die Prioritäten anders setzen. Noch besser: an beiden Schrauben drehen.

Arbeitsmarkt, Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 2 Kommentare zu Trotz Krise Chancen am Arbeitsmarkt

Trotz Krise Chancen am Arbeitsmarkt

Trotz Krise - hohe Fluktation auf dem Arbeitsmarkt

Wirtschaftskrise, Bankenkrise, Kaufhauskrise – bei diesen Schreckensmeldungen haben Jobsuchende keine Chance, könnte man zumindest meinen. Doch der Arbeitsmarkt ist bisher robuster als vielfach befürchtet. Das liegt neben dem starken Einsatz der Kurzarbeit vor allem an zwei Dingen.

Zum einen steht auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Arbeitsmarkt nicht still. Auch in der Krise werden Unternehmen gegründet, expandieren manche Betriebe, gehen Mitarbeiter in den wohlverdienten Ruhestand oder verlassen aus anderen Gründen das Unternehmen. Diese Faktoren sorgen für reichlich Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind im Jahr 2008 weit über sieben Millionen neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschlossen worden. Selbst im Krisenjahr 2005 konnten immerhin noch 6,3 Millionen Menschen eine neue Stelle antreten. Dabei unterscheidet sich die Fluktuation von Branche zu Branche erheblich. Erwartungsgemäß ist die Fluktuation in Behörden sehr gering, aber überraschenderweise auch bei Banken: Dort bekleidet mehr als die Hälfte der Beschäftigten ihren Posten seit mehr als 10 Jahren. Wahre Job-Hopper findet man hingegen bei den Unternehmensdienstleistern, wie beispielsweise in der Wirtschaftsberatung und bei der Zeitarbeit. Hier ging 2007 jeder fünfte Arbeitnehmer seiner Tätigkeit seit weniger als einem Jahr nach.

Zum anderen gibt es auch in Krisenzeiten noch strukturelle Engpässe bei bestimmten Qualifikationen. So klafft derzeit allein im Bereich der MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik)-Qualifikationen noch eine Fachkräftelücke von etwa 55.000. Auch wenn sich diese Lücke gegenüber dem Höchststand im Herbst letzten Jahres mehr als halbiert hat, werden spätestens nach dem Ende des konjunkturellen Abschwungs die demografischen und strukturellen Effekte wieder die Oberhand gegenüber der derzeit negativen konjunkturellen Entwicklung gewinnen. Allein aus demografischen Gründen besteht ein Ersatzbedarf an altersbedingt ausscheidenden MINT-Akademikern von jährlich 49.000 bis zum Jahr 2014 und jährlich 59.000 zwischen 2015 und 2020. Dazu kommt ein jährlicher Expansionsbedarf von etwa rund 52.000 MINT-Akademikern. Die derzeitige Zahl an Hochschulabsolventen wird diesen Bedarf nicht decken können.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 1 Kommentar zu Mehr Akademiker, mehr Wachstum

Mehr Akademiker, mehr Wachstum

Der Bedarf an Akademikern wird sich in den nächsten Jahren noch weiter erhöhen

Der historisch einmalige Wirtschaftseinbruch schlägt sich allmählich auf dem Arbeitsmarkt nieder. Im Juli 2009 waren rund 252.000  mehr Menschen arbeitslos gemeldet als im Vorjahr. Dabei dürfte die Ausweitung der Kurzarbeit noch das schlimmste verhindert haben. Gleichzeitig klagt die Industrie über einen Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften. Schon jetzt können 60.000 Stellen nicht besetzt werden. Und in Zukunft wird sich der Fachkräfteengpass noch weiter zuspitzen. Denn zum einen wird der Bedarf an Fachkräften aufgrund des Strukturwandels zu einer wissens- und forschungsintensiveren Gesellschaft weiter ansteigen. Zum anderen verknappt sich die Zahl der Arbeitskräfte aufgrund des demographischen Wandels – mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft. Denn kann eine Stelle gar nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung besetzt werden, führt dies – insbesondere im Bereich der Hochqualifizierten – zu einer geringeren Wertschöpfung der Volkswirtschaft.

Ein Vergleich der Akademikerersatzraten zeigt, dass Deutschland davon in besonderem Maße betroffen ist. Danach stehen in Deutschland nur 1,2 Akademiker im Alter zwischen 25 und 34  pro Akademiker zwischen 55 und 64 Jahren zur Verfügung. Das ist der geringste Wert innerhalb der OECD. Zum Vergleich: In Spanien ersetzen 4,7 junge Akademiker einen alten. Daher wird es zunehmend wichtiger die nachfolgenden Generationen gut auszubilden, damit sie die aus dem Arbeitsmarkt ausscheidenden Personen adäquat ersetzen können. Gegenwärtig werden jedoch noch nicht alle Bildungspotentiale genutzt. So könnte beispielsweise die frühkindliche Förderung weiter ausgebaut werden und das Angebot an Ganztagsschulen erhöht werden. Nur wenn es gelingt, den Fachkräftemangel auszugleichen kann die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhalten werden.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

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Staatsschuld – Generationengerechtigkeit als Verlierer

Die implizite Staatsschuld ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen

Bis 2013 wird die deutsche Staatsschuld von derzeit 65.9 Prozent des Bruttoinlandprodukts auf 82 Prozent steigen. Die Konjunkturpakte treiben die Verschuldung. Abzahlen müssen das vor allem die nachfolgenden Generationen. Die 82 Prozent sind aber noch längst nicht alles: Zu den offiziellen Schulden kommen noch die indirekten der Sozialkassen. Kranken- und Pflegeversicherung z. B. geben Versprechen für eine steigende Versorgungsleistung ab, auf die sich besonders die wachsende Zahl der älteren Menschen beruft. Die Summe diese Leistungsversprechen für die Zukunft macht 185 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, wie das Forschungszentrum Generationenverträge berechnet hat. Addiert man die offene Staatsschuld dazu, ergibt sich eine Gesamtlast von aktuell knapp 250 Prozent des BIP. Dieses Geld muss erst noch verdient weden – vor allem von der jüngeren Generation der Steuer- und Beitragszahler.

Die Finanzkrise zwinge den Staat zum Schuldenmachen, heißt es. Tatsächlich entfällt darauf nur ein geringer Teil.  Allein in der Rentenversicherung hat die Politik mit den jüngsten Entscheidungen zugunsten der heutigen Ruheständler die Nachhaltigkeitslücke deutlich vergrößert. Dabei hatten die Rentenreformen von Rot-Grün mit dem Riesterfaktor und der Anhebung des Rentenalters auf 67 die Nachhaltigkeitslücke in der Rentenkasse stark vermindert.  Jetzt aber geht wieder alles von vorne los. Die Generationengerechtigkeit bleibt auf der Strecke.

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Lohnkürzung oder Entlassung

Je höher das Ausmass der Lohnstarrheit ist, um so höher ist die Arbeitslosenwuote

Theoretisch hat ein Unternehmen zwei Möglichkeiten, in der Rezession auf harsche Auftragseinbrüche zu reagieren. Es kann Teile der Belegschaft entlassen oder die Löhne für alle solidarisch kürzen. In der Praxis sind Entlassungen weitaus üblicher als Lohnkürzungen. Warum das so ist, haben jetzt Schweizer Forscher ermittelt: Ausgerechnet dort, wo es starke Gewerkschaften und Mindestlöhne gibt, kommen solidarische Lohnkürzungen nicht vor. Doch auch die Lohnsysteme der Firmen sind so gestaltet, dass die Lohnflexibilität eingeschränkt ist. Ausschlaggebend sind jedoch selbst auferlegten Fainessnormen: Lohnkürzungen verletzen den psychologischen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Lieber entlässt man und verärgert so einen Teil der Belegschaft – der dann ja aber nicht mehr in der Firma arbeitet – als dass man alle Löhne kürzt und so die gesamte Belegschaft demotiviert.


Zur Grafik: Die Löhne der Belegschaften werden in Krisenzeiten nur in den seltensten Fällen nach unten angepasst. Dabei gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Lohnstarrheit und der Arbeitslosenquote. Je höher die gemessene Lohnstarrheit ausfällt, umso höher ist auch die Arbeitslosenquote.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged 2 Kommentare zu Klimaschutz: zu hohe Last?

Klimaschutz: zu hohe Last?

Energiekosten eines Haushalts

Zweifelsohne ist der Klimaschutz eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Seit Jahren spielt Deutschland eine Vorreiterrolle. Gleichwohl muss die Bundesregierung gerade in der Krise darauf achten, dass sie die Bürger durch die Klimaschutzpolitik nicht überlastet. Zentrale Elemente der Umweltpolitik sind Umweltsteuern und Zertifikate für den Kohlendioxidausstoß. Letztere müssen von den Unternehmen gekauft werden, um CO2 in die Luft pusten zu dürfen. Durch die gegenwärtigen Pläne der Bundesregierung, bis 2020 die Menge der angebotenen Zertifikate um 21 Prozent zu verkleinern, wird sich entsprechend ihr Preis erhöhen. Die Unternehmen müssen dann entweder mehr für die Emissionsrechte bezahlen oder in aufwendige Technologie investieren, um den CO2-Ausstoß zu senken. Auf jeden Fall werden sie versuchen, die Mehrbelastung an die Verbraucher weiterzugeben. Betrachtet man einen typischen 3-Personen-Haushalt mit einem Stromverbrauch von 3.500 Kilowattstunden, dann zeigt sich, dass sich die Ausgaben aufgrund von Klimaschutz mittels Emissionszertifikate dramatisch entwickelt haben. 1998 kostete der Klimaschutz einen Haushalt gerade einmal drei Euro. Heute sind es knapp 700.

Die Privathaushalte werden aber schon durch den stetigen Anstieg der so genannten Umweltsteuern- und abgaben (Mineralölsteuer, Stromsteuer, Erdgassteuer, EEG-Förderung) immer stärker zur Kasse gebeten. Ein 3-Personen-Pendlerhaushalt musste 2008 für Gas, Diesel, Benzin und Strom über 5.000 Euro ausgeben. Zehn Jahre zuvor waren es gerade einmal 3.000 Euro gewesen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage mehr als berechtigt, ob die Bundesregierung mit ihrem Vorhaben, die Zertifikate für den Emissionshandel zu verringern und damit Energie zu verteuern, den Privathaushalten nicht eine zu hohe Last aufbürdet.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 1 Kommentar zu Freischießen nicht kostenlos

Freischießen nicht kostenlos

Zum Online-Spiel

Ob Konjunkturpakete, Bankenrettung oder Rentengarantie: Das farbenfrohe Feuerwerk staatlicher Wohltaten gibt es nicht zum Nulltarif. Die Staatsverschuldung wird die gigantische Rekordmarke von 2 Billionen Euro überschreiten – das sind pro Kopf fast 23.000 Euro. Außerdem: hochrangige Ökonomen halten Steuererhöhungen für unausweichlich – kein überzeugender Wachstumsimpuls für die Konjunktur.

 “Verballer die Staatsknete” – was sagen ÖkonomenBlog-Autoren und Twitter-User dazu?

Dr. Oliver Knipping: „Ihr Umverteilungs-Spiel veranschaulicht, wie viele Interessengruppen sich auf Kosten der Steuerzahler bereichern. Es ist ein Weckruf für diejenigen, die Umverteilung im Namen der sozialen Gerechtigkeit predigen. Das Spiel sollte im Sinne von Hayek den Sozialisten in allen Parteien gewidmet werden.”

Prof. Dr. Justus Haucap: „Der vergoldete Braunkohlebagger gefällt mir am besten.”

Tim Bremmer, Büroleiter von ÖkonomenBlog-Autor Frank Schäffler MdB: “Es geht ganz leicht, man muss mit der Staatsknete einfach auf alles zielen, was sich bewegt. Nach kurzer Zeit tritt ein Gewöhnungsfaktor ein, man findet das Verballern normal. Noch etwas später wird es dann zur Sucht, man will immer mehr verballern und wirklich alle mit der Staatsknete beglücken. Das Spiel sollte auf den Index, es ist zu realistisch.”

Twitter-User alterfinne: “Lustiges Onlinegame – traurige Wahrheit”

Twitter-User die_rote_frau: “ein schönes Spiel für Rote und Schwarze”

Twitter-User RafaelRahn: “Schönes Spiel, auch für Nichtpolitiker”

Twitter-User fgro: “Verballer die Staatsknete!! INSM macht mit Browser-Spiel auf dramatischen Schuldenanstieg aufmerksam”

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 7 Kommentare zu Schere schließt sich

Schere schließt sich

Die Schere zwischen arm und reich schließt sich

Angeblich “kippt” die Gesellschaft und die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Die Armut ist aber in der aktuellen Wirtschaftskrise dramatisch zurückgegangen. Zumindest wenn man sie in der hirnrissigen Art und Weise misst wie das auch in Deutschland üblich ist, nämlich als Anteil derjenigen, die weniger haben als die Hälfte des Durchschnitts. Wenn aber die Reichen auf einmal ärmer werden, sinken der Durchschnitt und der Anteil derjenigen, die weniger haben, ebenfalls. Mit wahrer Armut und Sorge um das nackte Überleben hat das, was heutzutage in Deutschland als Armut kolportiert wird, nicht das Mindeste zu tun. Über diese DGB-Armut können die wirklich Armen dieser Welt nur lachen. Anders als die wahre Armut lässt sich auch die vom DGB und seinen Claqueuren in den Medien beklagte Wohlstandsarmut spielend leicht beheben – wir nehmen den Reichen ihre Mehrverdienste weg, dann haben alle das Gleiche, und die Armut ist verschwunden.

Prof. Dr. Walter Krämer, Institut für Wirtschafts- und Sozialstatistik Technische Universität Dortmund.


Ein gängiges Klischees auf der Titelseite, aber falsch: Die Finanzkrise vergrößert die Kluft zwischen Arm und Reich nicht, sondern verkleinert sie, da besonders die Besserverdiener unter dem Absturz der Aktien- und Immobilienkurse leiden.

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International wettbewerbsfähig (bleiben)

Arbeitskosten der Industrie je Arbeitnehmer

Seit 2003 ist Deutschland Exportweltmeister. So sehr man sich über den Titel auch freuen kann, überbewerten darf man ihn nicht. Denn als große, offene Volkswirtschaft mit hohem Industrieanteil inmitten des Euroraums verfügt Deutschland auch über beste Vorraussetzungen dazu. Verhängnisvoll wäre es, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Gerade jetzt sehen wir, dass eine Exportwirtschaft extremen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt ist.

Zu den wichtigsten Standortfaktoren gehören nach wie vor die Arbeitskosten pro Stunde: Deutschland ist und bleibt aber nicht gerade ein billiger Standort. Nur Belgien, Schweden, Dänemark und die Schweiz sind teurer. Im Standortwettbewerb ist das ein gehöriger Nachteil, insbesondere bei Neuansiedlungen.

Entscheidender Kostentreiber in Deutschland ist allerdings nicht das hohe Lohnniveau. Das zeigt ein Blick auf die große Kluft zwischen Netto- und Bruttoeinkommen, also auf die international viel zu hohen Lohnzusatz- und Nebenkosten. Wenn die Einkommen auch in Zukunft steigen sollen, muss es zunächst einmal gelingen, die Arbeitnehmer von zu hohen Steuern und Abgaben zu befreien. Zum anderen müssen die Wachstums- und Fortschrittspotentiale gestärkt werden. Nur so kann der Produktivitätsvorsprung gegenüber der Konkurrenz langfristig gesichert werden – mit Qualität und Innovation lassen sich höhere Preise auch im Ausland rechtfertigen. Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Entwicklung von Humankapital – dies sind die Wachstumstreiber der Zukunft. So können wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken und den Wohlstand jedes Einzelnen erhalten und ausbauen.


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