Finanzmarkt

Europa, Finanzmarkt, OrdnungspolitikTagged , , , , 8 Kommentare zu Euro: Rettung nicht ausgeschlossen

Euro: Rettung nicht ausgeschlossen

Gestern die Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) und heute die Erweiterung des EFSF – es tut sich was im europäischen Rettungskampf. Es ist gut, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt im Grundsatz verschärft wurde. Die EU hat erkannt, dass die Mitglieder einer Währungsunion nur mit Daumenschrauben zur Haushaltsdisziplin gezwungen werden können. Doch auch nach der Vertragsänderung gibt es Schlupflöcher: Der präventive Sanktionsmechanismus wurde nach zeitraubenden Verhandlungen am Ende doch politisiert. Eine einfache Ratsmehrheit kann jetzt ausreichen, um eine Sanktion zu kippen. So können Schieflagen entstehen, die die gerade erlebte Schuldendynamik wieder auslösen können. Beim „korrektiven Arm“ des Paktes war man zum Glück konsequenter. Hier liegt die Hürde höher: nur eine qualifizierte Mehrheit der Ratsmitglieder kann Sanktionen verhindern. Schlichtweg Unsinn ist die vorgesehene Behandlung der makroökonomischen Ungleichgewichte. Statt dirigistisch einzugreifen, sollte man auf die Märkte setzen. Die intertemporale Theorie (und Evidenz) legt dies nahe.

Trotz aller Kritik: Gemeinsam mit dem Bundestagsbeschluss zur Ausweitung des EFSF versetzt der SWP die Europäische Währungsunion jetzt in die Lage, das Hauptproblem der Krise, den mangelnden Haftungsausschluss, zu beseitigen. Wenn die Zeit gut genutzt wird, dauerhafte Transfers im Namen des Schuldendienstes endgültig auszuschließen – was die Deckelung des ESM und das Verbot der Hebelwirkung voraussetzt – könnte die Krise zu einem baldigen Ende kommen. Gelingt dies nicht, wird das nächste Rettungspaket bald auf die Tagesordnung kommen. Ob es dafür politische Mehrheiten gibt, ist zweifelhaft. Dann hätte die Politik den Euro endgültig totgerettet!


Mehr Informationen zum Thema  finden Sie im INSM-Dossier: “Euro-Schuldenbremse”.

Europa, Finanzmarkt, OrdnungspolitikTagged , , , , 4 Kommentare zu Staatsverschuldung: Alle haben gesündigt

Staatsverschuldung: Alle haben gesündigt

Morgen wird im Bundestag über die Ausweitung des europäischen Rettungsschirms (EFSF) abgestimmt. Sollte die Mehrheit der Parlamentarier dem Antrag zustimmen, dann wird Deutschlands Anteil an den Staatsgarantien von derzeit 123 Milliarden Euro auf künftig 211 Milliarden Euro ansteigen. Politiker aber auch die öffentliche Berichtserstattung in Deutschland nutzten in den letzten Tagen den gegebenen Anlass, um Griechenland abermals aufgrund seiner ausufernden Haushaltsverschuldung an den Pranger zu stellen. Zuweilen entsteht dabei der Eindruck, dass die Empörung über Griechenland auch dazu genutzt wurde, um von eigenen Verfehlungen abzulenken. Die Eurozone lässt sich nicht in unsolide und solide wirtschaftende Staaten teilen.

Das entspricht schlicht nicht der Realität. Natürlich ist es richtig, dass die öffentliche Haushaltslage in Deutschland besser ist als in Griechenland. Aber auch Deutschland hat in den letzten Jahrzehnten immense Schulden aufgetürmt. Nach aktuellen Angaben des Statistischen Bundesamtes beliefen sich die Verbindlichkeiten des deutschen Staates Ende 2010 auf insgesamt 2035 Milliarden Euro. Mit 1311 Milliarden Euro entfiel der größte Teil davon auf den Bund. Viel war in den letzten Jahren in Deutschland vom Schuldenabbau die Rede. Aber den wechselnden Regierungen fehlte letztlich der Mut, eine nachhaltige Wende einzuleiten und tatsächlich Schulden abzubauen. Im besten Fall wurde „lediglich“ die Neuverschuldung gesenkt: Es wurden also weniger neue Schulden gemacht, so dass der Schuldenberg zwar langsamer, aber trotzdem weiter angestiegen ist.

Kurz: So berechtigt die Kritik an der noch schlechteren Lage der öffentlichen Haushalte insbesondere in den südlichen Staaten der Eurozone auch ist, zum Eigenlob besteht wahrlich kein Grund. Die vermeintlich starken Eurostaaten wie Deutschland sind am Ende gar nicht so stark: Auch Deutschland muss schon heute eine enorme Schuldenlast tragen. Und eine echte Trendumkehr ist weiterhin nicht erkennbar.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 2 Kommentare zu Nationale Schuldenbremsen stärken den Stabilitätspakt

Nationale Schuldenbremsen stärken den Stabilitätspakt

Zu Recht wird gegenwärtig von fast allen europäischen Politikern eine Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspakts gefordert, um Haushaltssünder früher und härter zu bestrafen. Der ursprüngliche Pakt war nicht völlig falsch konstruiert, er wurde leider nur von den EU-Kernländern Deutschland und Frankreich sehr früh ignoriert und 2004 dann auch noch aufgeweicht. Dies hat die schuldenpolitische Disziplinlosigkeit der Staaten und die Sorglosigkeit sowie Ignoranz der Kapitalmärkte befördert. Insofern ist es völlig richtig, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu schärfen und mit besseren Kontrollmöglichkeiten auszustatten. Ganz zentral ist dabei das Sanktionsregime. Strafen bei unsolider Haushaltsführung sollten zwingender greifen. Ansonsten besteht die große Gefahr, dass die europäischen Finanzminister aus tagespolitischer Opportunität wieder faule Kompromisse schließen.

Darüber hinaus sollte das europäische Ziel und Versprechen einer nachhaltigen Haushaltspolitik unbedingt auch in den nationalen Verfassungen verankert werden muss. Schuldenbremsen erhöhen die Glaubwürdigkeit der Finanzpolitik. Erst dadurch wird im demokratischen Staat mit systematisch großer Umverteilungsneigung das Versprechen für dauerhaft solide Staatsfinanzen realistisch. Die Finanzmärkte verlangen solche institutionellen Regelungen. Die Sanierungsprogramme in Euro-Ländern erfahren damit eine Absicherung und gewinnen Überzeugungskraft.


Dieser Beitrag basiert auf einem Interview mit Prof. Dr. Michael Hüther vom 20. September 2011. Das ganze Interview und mehr zum  diesem Thema finden Sie im INSM-Dossier: Euro-Schuldenbremse.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 11 Kommentare zu Der Untergang des Pumpkapitalismus

Der Untergang des Pumpkapitalismus

Am kommenden Donnerstag entscheidet der Deutsche Bundestag über den Europäischen Rettungsschirm. Nur wenige aufrechte Abgeordnete werden dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (EFSF) ihre Zustimmung verweigern, der die deutsche Volkswirtschaft ökonomisch und politisch auf viele Jahrzehnte belasten wird. Opposition gibt es in dieser Frage praktisch nicht.

Dabei spalten die „Euro-Retter“ Europa derzeit in atemberaubenden Tempo. Die Deutschen werden in den südeuropäischen Ländern verhasst, weil sie massive Sparauflagen durchsetzen.  Die deutsche Bevölkerung lehnt dagegen mit Dreiviertelmehrheit Milliarden Euro schwere Rettungspolitik ab, weil sie nicht in Haftung genommen werden will für die Leichtlebigkeit anderer Euro-Länder.

In der Frühzeit des Kapitalismus gab es ein Wertefundament, das geprägt war von harter Arbeit und Sparsamkeit. Max Weber hat diese Mentalität in seiner brillanten Schrift  „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“ vor gut neunzig Jahren analysiert. Das Leben des Menschen bestand aus Arbeit und Sparen. Die Menschen erwarteten nicht, alle ihre Bedürfnisse unmittelbar befriedigt zu bekommen.

In Deutschland wandelte sich dieser Sparkapitalismus spätestens ab den sechziger Jahren – mit dem Wirtschaftswunder – zum Konsumkapitalismus. Materieller Konsum wurde zum Maßstab der gesellschaftlichen Stellung. Das Sparen, das Aufschieben von Bedürfnissen, der Verzicht gerieten zunehmend aus dem Blickfeld. Statt der persönlichen Vorsorge wurde die staatliche Rundumversorgung – in der Renten- und Krankenversicherung etwa oder in der Sozialhilfe – zum sozialpolitischen Gesellschaftsmodell.

In den Siebziger Jahren begann dann der exorbitante Anstieg der Staatsverschuldung. Weil der Öffentliche Dienst aufgebläht und teure Konjunkturprogramme mit Krediten finanziert wurden, begann der Marsch in den Schuldenstaat. Auch im privaten Konsumverhalten begann sich der Pumpkapitalismus einzunisten. Man leistet sich schicke Möbel genauso auf Pump, wie das neue Auto oder gar die Urlaubsreise.

Ein nachhaltiger Kapitalismus braucht eine Wiederbelebung von Begriffen wie Verantwortung und Haftung, Sparen und Investieren. Denn auf Dauer kann sich weder der Staat noch der einzelne Bürger mehr leisten, als er tatsächlich erwirtschaftet. Der Pumpkapitalismus hat ausgespielt! Auch Rettungsschirme können ihn nicht retten – im Gegenteil.

Buchkritik, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 4 Kommentare zu Der Euro im Leichentuch

Der Euro im Leichentuch

Buchkritik: Philipp Bagus: Die Tragödie des Euro – ein System zerstört sich selbst, München 2011

Der Euro ist ein klarer Misserfolg. So sieht es Philipp Bagus. Die Währung ermögliche eine Umverteilung zugunsten von Ländern, dessen Bankensysteme und Regierungen das Geld schneller inflationierten als andere. In seiner „Tragödie des Euro“ gibt es selbstredend kein Happy End. Im Gegenteil. Der Autor ist sich sicher: „Das Euro-Projekt wird bald scheitern. Der Zusammenbruch ist weit davon entfernt, ein Zufall zu sein.“

Bagus zeigt sich als scharfer Gegner der These, Europa scheitert, wenn der Euro scheitert. Auch ohne eine gemeinsame Zentralbank könne es offene Grenzen, freien Handel und ein integriertes Europa geben. Mit den Rettungsschirmen, den die Regierungen ständig öffneten, mache die Eurozone deutlich, dass sie im Grunde nur eine Transferunion sei, „die direkte Kreditvergabe und Bailout-Garantien für überschuldete Regierungen“ ermögliche – letztlich finanziert „durch Steuerzahler soliderer Länder“.

Bagus, Professor für Volkswirtschaft an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid, geht in seinem Buch zunächst der Geschichte des Euro nach – temperamentvoll, spitz, analytisch, durchweg in einem Sturmlauf: von den Verträgen von Maastricht bis zur aktuellen Griechenlandkrise. Der Euro habe als Gemeinschaftswährung von Anfang an Konflikte institutionalisiert und den Kampf und die Kontrolle der Geldmenge intensiviert. Das Ergebnis sei der Bailout und der Transfer von Geldern in Form subventionierter Kredite von der EWU nach Griechenland. Dieser unfreiwillige Akt habe mehr als alles andere das europäische Gemeinschaftsgefühl strapaziert und auf „Regierungs- und Bürgerebene Verachtung und Hass ausgelöst, besonders zwischen Deutschland und Griechenland“.

Bagus sieht den Euro letztlich als Prestigeobjekt der europäischen Sozialisten, insbesondere der französischen. Sie alle verband einst der Traum vom europäischen Zentralstaat. Zudem sei der Euro für sie das geeignete Instrument gewesen, den nach dem Zweiten Weltkrieg immer größer werdenden Einfluss der Deutschen Bundesbank auf Europa endlich zu schmälern, so Bagus’ gewagte These. Dass auch der Euro-Koloss Helmut Kohl in diesem Prozess eine erhebliche Rolle spielte, erwähnt er kaum.

Das Buch gibt allen Euro-Kritikern recht. Dass Bagus zum Schluss rhetorisch die Frage stellt, ob es überhaupt noch einen Ausweg aus Europas Defizitspirale gibt, ist das stilistische Finale einer im ganzen sehr intelligenten, doch oft zu offensichtlich auf Fehler fokussierten Euro-Leichenrede.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 4 Kommentare zu Schuldenschnitt wird teuer – aber es lohnt sich

Schuldenschnitt wird teuer – aber es lohnt sich

Die öffentliche Debatte über die Verschuldungskrise im Euro-Raum wird rauer – und verliert dabei teilweise auch ihre Seriosität. Zu hoch verschuldete Länder aus der Währungsunion zu werfen, scheint in Deutschland populär zu sein – das würde die Probleme der Überschuldung aber nicht lösen. Nach den Europäischen Verträgen wäre der Ausschluss eines Landes aus dem Euro rechtlich unzulässig. Es sind aber vor allem die politischen und wirtschaftlichen Kosten eines solchen Schrittes, die uns davon verschonen sollten. Denn ein Austritt wäre der teurere Weg. Wenn ein Land die Euro-Zone verlässt, werden sich die Märkte auf den Austritt des nächsten Landes vorbereiten, auf Portugal, Italien oder Spanien. Es wird vermutlich zu Bank-Runs in diesen Staaten kommen, wenn damit gerechnet wird, dass die alten, schwachen Währungen wieder eingeführt werden. Sparer und Investoren werden versuchen, ihr Geld in Sicherheit bringen. Am Ende müssten wir genau das tun, was die Euro-Kritiker verhindern wollen: Weiter Banken und Staaten retten, ohne dass wir die Vorteile einer großen Währungsunion hätten.

Was wir in Europa jetzt brauchen ist ein Schuldenschnitt. Zuerst in Griechenland, dann womöglich in anderen Staaten. Dabei gilt es, das rechte Maß finden: Die Griechen müssen einen Anteil leisten, ebenso die Gläubiger. Aber man muss dem Land auch eine Perspektive bieten. Um eine Kettenreaktion zu verhindern, sollte sich die Politik dabei zunächst auf ein Land konzentrieren – und dabei ganz klar signalisieren: alle anderen Länder und ihre Bankensysteme werden stabilisiert. Tiefgreifende Sparprogramme in Italien und Spanien müssten im gleichen Atemzug durchgesetzt werden. Das alles wird teuer werden, aber immer noch billiger als ein Auseinanderbrechen der Währungsunion. Das sollte es uns wert sein – denn es geht auch um unsere Arbeitsplätze und unseren Wohlstand.


Weitere Informationen:

DIE ZEIT vom 12. September 2011: Die Politik täuscht die Bürger, wenn sie über einen Austritt Griechenlands aus Euroland spekuliert, sagt der Ökonom Clemens Fuest. Er wirbt für einen Schuldenschnitt.

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Das Ende der Europäischen Stabilitätskultur?

Von Dr. Andreas Hoffmann und Prof. Dr. Gunther Schnabl

Nachdem Axel Weber im April seinen Posten als Präsident der Bundesbank aufgab, tritt nun Jürgen Stark ab. Damit verliert die Europäische Zentralbank einen der wichtigsten Protagonisten der geldpolitischen Stabilitätskultur.

Jürgen Stark trat im Juni 2006 die Nachfolge von Otmar Issing als Direktionsmitglied der Europäischen Zentralbank an. Seine klare und konsequente geldpolitische Linie machte ihn schnell als geldpolitischen Falken bekannt. „Wir haben für eine zu lange Zeit global zu niedrige Zinsen gehabt“, sagte Stark 2008 im Spiegel. Er warnte vor rollenden Blasen, gefährliche Übertreibungen, die von einer Vermögenspreisklasse in die nächste wandern. Er forderte eine zeitnahe Abkehr von der Niedrigzinspolitik in den großen Industrieländern und kritisierte implizit die laxe Zinspolitik der USA vor und nach der Krise.

Zu dieser Zeit unterschieden sich die Politiken von EZB und Fed noch merklich. Die EZB, für die auch Stark steht, galt als politisch unabhängig. Sie ordnete dem Ziel der Preisstabilität alle anderen Ziele unter. Doch die erste große Krise leitete den Wechsel ein. Instabilen Banken und schlechten Staatsanleihen wird inzwischen, ähnlich wie in den USA, billiges Geld hinterhergeworfen. Stark wird nachgesagt, dass er gegen die Käufe von Staatsanleihen mit Ramschstatus und für einen baldigen Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik votierte. Er war deshalb unbequem.

Es ist unwahrscheinlich, dass auf Jürgen Stark ein Direktoriumsmitglied in der Europäischen Zentralbank folgen wird, das so klar und konsequent die Stabilitätskultur leben wird, wie sie einst – unter Mitwirkung von Jürgen Stark – in den europäischen Verträgen verankert wurde. Sein Rücktritt lässt deshalb für die deutschen Sparer nichts Gutes erahnen. Auch die Märkte reagierten besorgt. Der Euro wertete ab und die Unsicherheit über die Zukunft der europäischen Geldpolitik und den Umgang mit der Schuldenkrise schickte die Aktienmärkte weltweit auf Tauchkurs. Nicht nur die deutsche Presse zeigt sich betroffen, sogar die New York Times titelt: „A Setback for the Euro Zone“. Sie vermutet, dass die EZB jetzt eine freiere Hand bei der Monetarisierung der europäischen Staatsverschuldung haben könnte. Das und weitere „rollende Blasen“ befürchten wir auch.

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Wieviel Souveränität verträgt Europa?

Das Bundesverfassungsgericht hat in Sachen Euro-Rettung gesprochen. Politik und Medien loben diese Entscheidung fast unisono: als diplomatisch, europafreundlich und klug. Dabei wirkt der Richterspruch reichlich schizophren. Die Euro-Rettungsschirme werden als verfassungsgemäß eingestuft, obwohl sie den Rettern jahrzehntelange und Hunderte von Milliarden schwere Bürden aufhalsen.

Damit werden definitiv Fakten geschaffen, die den Deutschen Bundestag, dessen Rechte die Richter ja ausdrücklich stärken wollen, auf lange Sicht präjudizieren. Denn was nützt die Befristung des bisherigen provisorischen Stabilisierungsmechanismus bis Ende 2012, wenn die garantierten Kreditlinien anschließend dauerhaft in einen Europäischen Stabilisierungsmechanismus überführt werden müssen. Dann hat das Parlament doch genau den Spielraum nicht mehr, den die Verfassungsrichter ihm vermeintlich eingeräumt haben. Der Zug in die europäische Transferunion fährt jetzt ungehindert mit dem Segen des Bundesverfassungsgerichts weiter. Eine merkwürdige Inkonsistenz, hinter der sich aber das Kernproblem der europäischen Währungsunion versteckt:

Wieviel Souveränität verträgt die nationale Budgetpolitik in einem Wirtschaftsraum mit einer gemeinsamen Währung? Wollen wir die politische Union, die notwendigerweise mit dem Verlust nationaler Entscheidungskompetenzen einhergeht? Wieviel supranationale „Vergemeinschaftung“ vertragen die Bürgerinnen und Bürger, die sich schon von der nationalen Politik frustriert abwenden?

Heute rächt sich bitter, dass gerade eine deutsche Regierung – gemeinsam mit Franzosen und Italienern – im Jahr 2003 und 2004 den europäischen Stabilitätspakt aushöhlte. Wie mühsam solides Wirtschaften ist, sehen wir doch in der deutschen Haushaltspolitik. Politiker scheuen das Sparen wie der Teufel das Weihwasser, weil Wähler auf Einschnitte mit Stimmentzug reagieren. Die gleichen Wähler übrigens, die in Umfragen in schöner Regelmäßigkeit für weniger Staatsschulden plädieren. Auch das ist schizophren.

Aus meiner Sicht brauchen wir eine Insolvenzordnung für Staaten in der EU. Griechenland könnte selbst für ein Ende mit Schrecken, statt eines Schreckens ohne Ende sorgen: durch einen möglichst raschen Ausstieg aus der Euro-Zone und eine Staatsinsolvenz. Womöglich sorgte dieses Fanal erst für die Stabilitätskultur in der Euro-Zone, ohne die eine weitere europäische Integration und der sukzessive Verzicht auf nationale Souveränitätsrechte der Bevölkerung in den Mitgliedsstaaten nicht vermittelbar sein wird.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , 1 Kommentar zu Die unfreiwillige Mitgliedschaft der Schweiz in der europäischen Haftungsgemeinschaft

Die unfreiwillige Mitgliedschaft der Schweiz in der europäischen Haftungsgemeinschaft

Die Nachricht kam überraschend. Die Schweizer Nationalbank kommuniziert ein klare Wechselkursobergrenze, die den Schweizer Franken de facto an den Euro bindet.  Sie gibt ihre bisher so hoch geschätzte und leidenschaftlich verteidigte geldpolitische Eigenständigkeit auf. Dies geschieht in einer Zeit, in der die Europäische Zentralbank durch Ankäufe von öffentlichen Anleihen mit Ramschstatus mehr denn je an Glaubwürdigkeit verloren hat. Im Umfeld einer immensen globalen Überschussliquidität gerät das Dogma der Vorteilhaftigkeit flexibler Wechselkurse ins Wanken.

Die Entscheidung der Schweizer Nationalbank basiert auf folgenden fünf Gründen. Erstens werden die negativen Konjunktureffekte vermieden, die sich aus Wettbewerbsverlusten für die Schweizer Exportindustrie, den Tourismussektor und den Einzelhandel ergeben. Zweitens werden spekulative Kapitalzuflüsse, die beflügelt von der globalen Liquiditätsschwemme auf eine Aufwertung des Schweizer Franken wetten, eingedämmt.  Fortan können Spekulanten keine schnellen Gewinne mehr aus der leicht zu prognostizierenden Aufwertung des Frankens generieren. Damit werden, drittens, die Liquiditätsausweitungen vermieden, die aus spekulativen Kapitalzuflüssen resultieren und den Nährboden für Inflation und spekulative Blasen bilden.

Viertens verteidigt die Schweizer Nationalbank mit der Wechselkursbindung ihre Unabhängigkeit. Sie vermeidet weitere Verluste auf ihr Eigenkapital, die bei Aufwertung des Franken aus der Neubewertung der beträchtlichen Devisenreserven entstehen. Wäre bei einer weiteren Aufwertung des Franken das Eigenkapital der Nationalbank aufgezehrt worden, dann wäre die Nationalbank auf eine Rekapitalisierung durch die Regierung angewiesen gewesen. Die Regierung hätte als Gegenleistung im Interesse der wechselkursgeschädigten Wirtschaftszweige die Zentralbank zu Zinssenkungen und/oder Wechselkursstabilisierung drängen können. Fünftens war die hoch geschätzte geldpolitische Eigenständigkeit ohnehin nie sehr groß. Der Schweizer Leitzins folgte – wie die Abbildung zeigt  – (mit einem vorsichtigen Abstand) dem Leitzins des Eurogebietes (wohl aus den oben genannten Gründen).

Trotz dieser klaren Vorteile einer Euro-Bindung dürfte die Entscheidung der Schweizer Nationalbank zur Eurobindung nur kurzfristig eine Verschnaufpause bieten. Denn vertagt die Europäische Zentralbank aufgrund der neuen Spannungen im europäischen Kapitalmarkt ihren geldpolitischen Exit, dann wird die erneute monetäre Expansion durch die Wechselkursbindung direkt auf die Schweiz übertragen. Der resultierende Inflationsdruck erwertet die weiter steigenden Schweizer Euroreserven real. Die Schweiz wird als neues, unfreiwilliges Mitglied in der europäischen Haftungsgemeinschaft zur Beteiligung an den Kosten der europäischen Schuldenkrise gezwungen.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 10 Kommentare zu Kapitalmärkte sorgen für Gerechtigkeit

Kapitalmärkte sorgen für Gerechtigkeit

Die Regelwerke der Europäischen Währungsunion haben nicht gehalten, was wir uns von ihnen versprachen. Nirgendwo wird dies sichtbarer als bei der Staatsverschuldung. Langsam begreifen wir, dass diese Krise der Staatsverschuldung mehr ist als nur die Offenlegung eines Ausrutschers in einzelnen Staaten. Es geht um die Staatstätigkeit und ihre Finanzierung schlechthin. Im Angesicht des gesamten Desasters sind die Finanzmärkte nun gnadenlos schuldenintolerant geworden. Gleichzeitig realisieren sie, dass weder Geld noch Finanzpolitik den Spielraum haben, einer Rezession entgegenzuwirken.

Die Regierungen sind ohnmächtig, sie fühlen sich von den Kapitalmärkten überrollt. Diese sind zwar zugegebenermaßen Spätmerker, doch sie intonieren endlich das richtige Thema: So wie in den 80er-Jahren der Geldpolitik die Inflation als Instrument ausgetrieben wurde, so wird nun der Finanzpolitik die Verschuldung ausgetrieben. Damit sind aber wir alle gemeint. Beide, Inflation und Verschuldung, offerieren im Kern dasselbe: Sie verschaffen den heute Lebenden Entlastung im Streit über die Verteilung der Ressourcen und Güter, in dem sie scheinbar unmerklich diesen Verteilungskonflikt in die Zukunft verlagern. Das wird nicht mehr gehen. Die Kapitalmärkte verlangen solide, also letztlich generationengerechte Haushalte.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung am 29.08.2011 in der Welt erschienen.

Bildung, Buchkritik, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und Finanzen, WachstumTagged , , , , , , 3 Kommentare zu Kontrolle im Country Club

Kontrolle im Country Club

Buchkritik: Gordon Brown: Was folgt – wie wir weltweit neues Wachstum schaffen, Frankfurt am Main 2011

Sein Buch hätte als eine der elegantesten Bewerbungsschreiben der Geschichte für den Chefposten des IWF eingehen können. Schließlich war der Job vor wenigen Wochen kurzfristig frei geworden. Doch bekanntermaßen kam Gordon Brown eine gewisse Französin zuvor. „Was folgt – wie wir weltweit neues Wachstum schaffen“ des britischen Ex-Premiers wagt den Rundumschlag für die Erneuerung der Weltwirtschaft – gut und verständlich geschrieben, anregend, anekdotisch und durchaus selbstkritisch. Schade nur, dass seine Überlegungen zu oft nur als Arbeitsthesen formuliert sind und dadurch recht akademisch wirken.

Brown ist überzeugt, dass es den Volkswirtschaften nur durch globale Kooperation und Koordination gelingen wird, in den nächsten Jahren ein Wachstumsniveau zu erreichen, das die heutigen Annahmen übertrifft. Die Zeit der Alleingänge sei vorbei. Es gelte einen weltweit verbindlichen, neuen Mechanismus zur Krisenprävention zu entwickeln, um die Ungleichgewichte infolge globaler Kapitalströme in Angriff nehmen. Ein solches Instrument müsse eine aktive und transparente Überwachung ermöglichen. So könnten beispielsweise „Country Clubs“, moderne Investorennetze, in denen Gläubiger und Länder in einen offenen Dialog treten, für größere Transparenz und Kontrolle sorgen.

Grundsätzlich sind die Weltwirtschaftsprobleme für Brown struktureller Natur – der Konsum muss angekurbelt werden, die Verbraucherausgaben zurückgehen. Eine Wiederkehr des hohen globalen Nachfrageniveaus ist für ihn ohne globalen Wachstumsplan nicht möglich. Brown listet vor allem den USA und den Bric-Staaten Hausaufgaben auf: Die Amerikaner müssen die Chancengleichheit für ihre Bevölkerung erhöhen und stärker in Aus- und Weiterbildung investieren. China soll soziale Absicherung seiner Arbeiter bezahlbarer und Wohnen für die Menschen billiger machen. Zudem soll das Land die Kreditvergabepraktiken seiner Banken reformieren und der ganzen Welt seinen Markt für Finanzdienstleistungen öffnen.

Indien und die asiatischen Volkswirtschaften müssen mehr in den Ausbau ihrer Infrastruktursysteme investieren, die Qualität von Bildung und Qualifikationen steigern und Schulden und Defizite besser kontrollieren. Russlands Zweiklassengesellschaft mit finanziell starkem staatlichen und schwachen privatem Sektor kann nur durch Diversifizierung weg von Öl und Gas und durch ein Wirtschaftsreformprogramm auf ein nachhaltiges höheres Wachstumsniveau hoffen, das unabhängig von volatilen Rohstoffen ist. Brasilien schließlich gibt der Autor den Rat, mehr im Ausland zu investieren als ständig die Ersparnisse oder den Verbrauch im eigenen Land zu erhöhen.

Ausschlaggebend ist für Brown, Sohn eines schottischen Pastors, letztlich die soziale Komponente. Soziale und wirtschaftliche Fragen seien untrennbar verbunden. „Im 21. Jahrhundert brauchen Markt und Staat die Unterstützung von ethischen Standards“, schreibt er. Brown meint damit den Dritten Weg, mit dem er und Tony Blair Anfang der 90er angetreten waren. Und mit dem sie knapp zwanzig Jahre später auch nicht einen der größten Bankenzusammenbrüche der Geschichte verhindern konnten.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , 7 Kommentare zu Strukturell abspecken!

Strukturell abspecken!

Angesichts der horrenden Staatsverschuldung von  1.973.913.626.707  Euro (Stand: 01.09.2011 um 09:00 Uhr)  kann man schnell den Blick für das Wesentliche verlieren: Den gesunden Staatshaushalt! In der mittel- bis langfristigen Perspektive ist das strukturelle Staatsdefizit von entscheidender Bedeutung. Denn eine nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte kann sich sinnvollerweise nur auf eine Reduzierung des strukturellen Finanzierungsdefizits beziehen, also auf das um konjunkturelle Effekte und Einmalmaßnahmen bereinigte Primärdefizit.

Nachdem strukturell gesehen im Jahr 2007 und 2008 ein ausgeglichener gesamtstaatlicher Haushalt erreicht wurde, stieg das Primärdefizit mit -0,5% in 2009 und -1,3% 2010 deutlich an. Dieser Anstieg ist auf die Reduktion des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung, das In-Kraft-Tretens der Unternehmenssteuerreform, die nicht-nachhaltigen Einnahmeausfälle infolge der Konjunkturprogramme und die sogenannte „Rentengarantie“ zurückzuführen. Bei den von den Koalitionsparteien geplanten Steuersenkungen kommt es also darauf an, dass diese strukturell gegenfinanziert werden und nicht auf konjunkturellem Pump basieren: idealerweise durch Zurückhaltung des Staates, also durch Ausgabensenkung. Ein erster wichtiger und mutiger Schritt wäre beispielsweise das Streichen ordnungspolitisch und ökonomisch fragwürdiger Subventionen. Die so genannte „Koch-Steinbrück-Liste“ liefert hier einige wertvolle Anregungen zu Ausgabenkürzungen und zahlreiche Beispiele, die zu Mitnahmeeffekten geführt haben.

Die Reduzierung des strukturellen gesamtstaatlichen Finanzierungsdefizits zielt auf die Erreichung langfristiger Ziele, insbesondere auf die Vermeidung einer übermäßigen Belastung zukünftiger Generationen. Genau hierauf sollte die Politik bei der Diskussion um die Gegenfinanzierung von Steuersenkungen achten. Diese Debatte ist nicht zuletzt mit Blick auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse notwendig, die für den Bund eine Obergrenze der strukturelle Verschuldung von 0,35% des BIP ab dem Jahr 2016 vorsieht und für die Länder ab dem Jahr 2020 sogar gänzlich ausschließt.


Dieser Blogbeitrag resultiert aus der Studie „Haushaltslöcher und Steuerentlastungen – Was ist zu tun?, von Prof. Dr. Bodo Herzog, erschienen in Position Liberal Nr. 99, Herausgegeben vom Liberalen Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Potsdam 2011

In der Artikelserie ”Steuerentlastung und Haushaltskonsolidierung” von Prof. Dr. Bodo Herzog im ÖkonomenBlog bereits erschienene Beiträge:
11.08.2011
Wachsen mit geringeren Steuern
18.08.2011 Steuern senken! Aber richtig!
25.08.2011 Positive Effekte von Steuersenkungen nicht unter den Tisch kehren!

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , 9 Kommentare zu Schuldenkrise: Der Untergehende rettet den Ertrinkenden

Schuldenkrise: Der Untergehende rettet den Ertrinkenden

Die Lage der Banken scheint ernster zu werden. Nachdem die IWF-Chefin Lagarde die knappe Kapitalaustattung der Banken angeprangert hat, legte gestern die europäische Bankenaufsicht EBA nach. Die Forderung: Der EFSF soll die Möglichkeit haben, direkt Geld an die Banken zu geben, um sie vor Schieflagen zu retten.

Die ganze Situation erinnert an zwei Ertrinkende, die sich gegenseitig aus dem Sumpf ziehen wollen. Erst geraten die Banken in Schwierigkeiten und werden mit Steuergeldern gerettet. Die Folge: Die Verschuldung der Staaten explodiert. Das wiederum bringt deren Kapitalgeber – die Banken –in Schwierigkeiten. Und nun sollen die Banken wieder von den Staaten gerettet werden. Das ist so, als würde ein Schuldner, der von Insolvenz bedroht ist, seine Bank mit Krediten von eben dieser Bank retten.

Die nächste Stufe der Eskalation kann man sich gut vorstellen: Wenn die Banken vom EFSF Geld bekommen, wird der Schutzschirm bald erschöpft sein und mit kreditfinanzierten Staatsmitteln aufgestockt werden müssen. Es ist offensichtlich: Dieses Spiel bringt keine Lösung. Abgesehen davon sind Fehlanreize vorprogrammiert. Die Lehre für Banken und Staaten aus der Krise ist: Gilt man als systemrelevant, kann man tun und lassen was man will. Das kann so nicht weitergehen.

FinanzmarktTagged , , , , , 7 Kommentare zu Euro-Bonds: Die falsche Therapie!

Euro-Bonds: Die falsche Therapie!

Alle Vorgaben aus Maastricht konnten die europäische Schuldenkrise nicht verhindern. Erst mit dem Druck der Finanzmärkte kehrte auch die Haushaltsdisziplin zurück.  Deshalb mögen Finanzpolitiker die Finanzmärkte nicht. Denn deren Bewertungen legen die Finger in eine offene Wunde. Euro-Bonds würden diese disziplinierende Wirkung außer Kraft setzen.

Eine gesamtschuldnerische Haftung führt dazu, dass Defizitländer ihrer Verantwortung enthoben werden. Dagegen wird der Vorteil einer soliden Finanzpolitik vergemeinschaftet, was aber den Anreiz zu einer solchen Politik erodiert. Und über die Kosten, die verlässlichen Schuldenländern wie Deutschland durch die Bonitätsübertragung entstehen würden, kann nur spekuliert werden. Die vom EFSF ausgereichten Euro-Bonds liegen rund 0,8 Prozentpunkte über der Verzinsung der Bundesanleihe. Mit diesem Maßstab entstünden Deutschland Mehrkosten von jährlich 17 Milliarden Euro. Zugleich ist unklar, ob die wenigen AAA-Ratings der Mitgliedsstaaten infolge der gesamtschuldnerischen Haftung überhaupt erhalten blieben. Die Bereitschaft der soliden Euro-Staaten, sich für Europa einzusetzen, dürfte schwinden und der europäische Konsens droht zu zerbrechen.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung am 25. August 2011 in der Zeit erschienen.

Europa, FinanzmarktTagged , 7 Kommentare zu Finanzkrise: Retten mit System!

Finanzkrise: Retten mit System!

Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen war alternativlos – darin sind sich die europäischen Spitzenpolitiker einig. Eine Pleite Griechenlands könnte systemrelevante Finanzinstitute in ganz Europa ins Wanken bringen. Ein Übergreifen der Krise auf andere europäische Staaten wäre dann die Folge.

Allerdings fehlt bis heute eine valide Methode, um systemische Risiken im Bankensektor aufzudecken, sodass eine Rettungsaktion unter Umständen auch dort greift, wo es eigentlich nicht dringend notwendig gewesen wäre.

Erste Ansätze, wie beispielsweise der ESS Indikator, beobachten unter anderem CDS-Spreads und Aktienkurse von börsennotierten Banken, was schließlich zu Rückschlüssen darauf führt, inwiefern der Markt eine Pleite des jeweiligen Instituts erwartet. Politisch finden solche Konzepte aber noch so gut wie keine Berücksichtigung.

Vergleicht man anhand des ESS Indikators die Euroländer miteinander, so wird schnell klar, dass französische Banken mit Abstand den größten Risikofaktor darstellen. Vor diesem Hintergrund sollten  auch die französischen Vorschläge zur Euro-Stabilisierung betrachtet werden. Grundsätzlich besteht aber Handlungsbedarf, das zeigen die Börsen mehr als deutlich. Zu einer Stabilisierung Europas gehören aber valide Datengrundlagen für  Entscheidungen. Sonst besteht weiterhin die Gefahr einer Geiselhaft seitens der Finanzmärkte.