Monat: Juni 2010

Dr. Jochen Pimpertz

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Dr. Jochen Pimpertz

ist Leiter des Kompetenzfelds Öffentliche Haushalte und soziale Sicherung beim Institut der deutschen Wirtschaft.

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , 3 Kommentare zu Gesundheitsprämie: Sozial und finanzierbar

Gesundheitsprämie: Sozial und finanzierbar

Mit einer Gesundheitsprämie könnte der Nettozuschuss des Bundes deutlich geringer ausfallen. Eine Gesundheitsprämie wäre finanzierbar und sozial gerecht.

Mit der Einführung einer Gesundheitsprämie von 250 Euro pro Kopf und Monat würde der Bund um rund 4,5 Milliarden Euro gegenüber dem Status quo entlastet! Für die meisten politischen Beobachter und Akteure scheint diese Aussage zu schön, um wahr zu sein, oder man unterstellt sozialen Kahlschlag. Unsere Berechungen beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) zeigen aber, dass man die gesetzliche Krankenversicherung hierüber sowohl effizient wie sozial finanzieren kann:

Eine Gesundheitsprämie von monatlich 250 Euro würde alle derzeitigen Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung decken. Und: Geringverdiener, bei denen die Prämie z. B. mehr als 14,9 Prozent (heutiger GKV Beitragssatz) ihres Einkommens ausmachen würde, hätten Anspruch auf einen steuerfinanzierten Ausgleich. Den Steuerzahler würde dies rund 16,3 Mrd. Euro kosten. Heute zahlt er fast genauso viel, aber als jährlichen Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds. Ohne diesen Bundeszuschuss müsste der Beitragssatz heute bei 16,5 Prozent liegen. Geht man also von diesem realistischen Beitragssatz aus und kompensiert alle Prämienbelastungen, die über 16,5 Prozent hinausgehen, dann reduzieren sich die Kosten für den Bund per Saldo auf 11,2 Milliarden Euro – 4,5 Milliarden weniger als heute.

Eine prämienfinanzierte gesetzliche Krankenversicherung ist möglich! Kein Taschenspielertrick! Wer es nicht glauben mag, kann nachrechnen. Unsere Datenbasis ist öffentlich.

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G20: Wenig Lob, viel Tadel

Der G20 Gipfel in Toronto ist zu Ende. Das Urteil der Ökonomen ist überwiegend enttäuschend. Der G20 Gipfel in Toronto zu Ende. Doch führende Ökonomen sind von den Ergebnissen überwiegend enttäuscht. Vergeblich suche man verbindliche Regulierungsvorschriften für die Banken, um eine weitere Bankenkrise zu verhindern. Positiven Anklang findet hingegen die beschlossene Sparpolitik der Industrienationen.

Im Deutschland-Funk kritisierte Prof. Hans-Werner Sinn die fehlenden Beschlüsse zur Bankenregulierung auf dem G20 Gipfel. Im Deutschlandfunk sagte er,

“Wir hatten natürlich gehofft, dass es zu einer Regulierung der Banken kommt, die ihnen mehr Eigenkapital abverlangt, damit ein größerer Puffer in Krisenzeiten da ist und im vornherein nicht so stark gezockt wird. Aber das ist nicht gekommen. Jetzt hofft jeder auf den Gipfel in Seoul im November.“

Dagegen begrüßt er die Beschlüsse zur Schuldenpolitik,

„Die Zeit ist auch gekommen. Wir haben einen tollen Konjunkturaufschwung. Wann, wenn nicht jetzt, soll man die Neuaufnahme von Schulden reduzieren.“

Der Direktor des makroökonomie und Konjunkturforschung, Prof. Gustav Horn, hätte sich mehr konkrete Beschlüsse zur Bankenregulierung gewünscht. Die Lobby der Finanzwirtschaft habe sich durchgesetzt.

„Damit ist der Keim für die nächste Krise gelegt“

Prof. Klaus Zimmermann , Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht dies ähnlich. Auch er kritisiert die Verschleppung der konkreten Umsetzung der Maßnahmen.

„Bald zwei Jahre nach der Eskalierung der Finanzkrise schwindet so der politische Druck, tatsächlich zu neuen global gültigen Regulierungen zu kommen.“ Dies betreffe einerseits die höheren Eigenkapitalquoten der Banken, andererseits aber auch die Zertifizierung von neuen Finanzprodukten und Finanzstrategien sowie die Einbeziehung von Hedge-Fonds und Ratingagenturen. „Die Ratingagenturen spielen auch in der Euro-Krise eine dubiose Rolle und sollten abgeschafft werden“.

Prof. Zimmermann begrüßt aber, dass die Teilnehmer des G20 Gipfels von einer Einführung einer Transaktionssteuer abgesehen haben und fordert:

„Man sollte die Diskussion darüber nun wirklich beenden.“

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft und ÖkonomenBlog-Autor Prof Michael äußerte Lob dafür, dass wichtige

„Änderungen wie die Eigenkapitalvorschriften für die Banken in ihrem Timing angepasst“ worden seien. „Denn die Genesung des Bankensektors ist zwar vorangeschritten, doch es besteht noch erheblicher Anpassungsbedarf“. Zu früh verschärfte Eigenkapital-Anforderungen hätten die Kreditvergabefähigkeit des Bankensystems geschwächt.“

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Gipfel der Entscheidungen?

Was erwartet und in Toronto? Dr. Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln ist skeptisch.Fast 2  Jahre nach der Lehmann-Pleite sollen die Absichtserklärungen der führenden Industrienationen, die Banken besser zu regulieren und an den Krisenkosten zu beteiligen, auf dem G20 Gipfel in Toronto nun endlich in die Tat umgesetzt werden. Doch die Aussichten dafür sind trübe. Zu unterschiedlich sind die Interessen der einzelnen Staaten. Ein Zankapfel: Wann ist der richitge Zeitpunkt für den Ausstieg aus den Milliardenhilfen gekommen?

Prof. Klaus Zimmermann, Direktor des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung,  glaubt die Forderung der USA an die Europäer den Sparkurs zu verlassen, diene nur der amerikanischen Strategie. Gegenüber der FAZ sagt er,

„Dies sichert die Kapitalzuflüsse in die Vereinigten Staaten und lenkt davon ab, dass sich Amerika längst im gleichen Schuldenstrudel befindet.“

Auch der Konjunkturchef des Instituts für Weltwirtschaft Kiel, Joachim Scheide, ist gegenüber der amerikanische Kritik skeptisch,

„Das Sparpaket der Bundesregierung bedeutet nur eine Defizitreduktion von etwa 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr. Das ist wahrlich kein Overkill“

Der Nobelpreisträger Paul Krugman beurteilt die europäische Sparpolitik kritisch.

In einem Interview mit dem Handelsblatt sagt er,

“Die Frage ist doch, ob man damit beginnen soll, wenn die Wirtschaft sieben oder acht Prozentpunkte unter ihrer normalen Auslastung liegt. Jetzt ist nicht die Zeit, sich über Defizite Sorgen zu machen. (…) Wenn die Deutschen 80 Milliarden weniger ausgeben, spürt man das auch in den Nachbarländern. Der Konsolidierungskurs Deutschlands drückt nicht nur im eigenen Land die Konjunktur, er bremst auch in anderen Ländern das Wachstum.“

Der Vorsitzende des Rats der Wirtschaftsweisen, Prof. Wolfgang Franz,  kontert wenige Tage später im Handelsblatt und stellt folgende Gegenfragen,

“Wo nahm denn die Finanzkrise ihren Anfang? Welche Zentralbank hat denn eine viel zu expansive Geldpolitik betrieben? Welches Land beschritt sozialpolitische Irrwege, indem einkommensschwache Haushalte mit Hypothekendarlehen beglückt wurden, die sie nie und nimmer abbezahlen konnten? Wer hat denn im Jahr 2004 die Regulierungen zur Begrenzung des Schuldenhebels von Investmentbanken stark abgeschwächt und 2008 die Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrechen lassen und damit den Gau auf den internationalen Finanzmärkten eingeleitet?”

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Trübe Aussichten für Toronto

Was erwartet und in Toronto? Dr. Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln ist skeptisch.

Am 26. und 27. Juni trifft sich in Toronto die Gruppe der G-20 zu ihrem halbjährlichen Gipfel. Die Breite an Reformvorschlägen ist dieses Mal enorm und wohl einmalig in der Geschichte. Verhandelt wird über neue Risikovorsorge-Vorschriften für Banken und mehr Transparenz im Derivatehandel, über Reformen der Managervergütung und Rechnungslegungsvorschriften bis hin zu einer verstärkten Einbeziehung von Hedgefonds und Ratingagenturen in Regulierungs- und Aufsichtsstrukturen, sowie einer regelmäßigen Kontrolle der Umsetzung bereits beschlossener Reformen. Doch die Aussichten für entscheidende Reformfortschritte sind trübe.

Der Casus Knaxus dabei ist, alle Staaten unter einen Regulierungshut zu bekommen. Doch dies dürfte schwierig werden. Denn Kanada und andere Schwellenländer mussten im Gegensatz zu Deutschland und den USA keine Banken retten und haben schon angekündigt, verpflichtende Regularien nicht unterzeichnen zu wollen. Doch Bankenabgabe und Regulierungsvorschriften funktionieren nur, wenn alle Länder mitmachen. Andernfalls entstehen neue Schlupflöcher – und das könnte alles noch schlimmer machen.

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Sparpaket schont Subventionen

Bis zum Jahr 2016 will der Bund die strukturelle Neuverschuldung auf 10,1 Milliarden reduzieren. Zwar hat die Regierung ein drastisches Sparpaket beschlossen, Subventionskürzungen wurden aber ausgeklammert.

Kaum hatte die Bundesregierung ihr Sparpaket präsentiert, hagelte es Kritik: „Das Sparpaket sei sozial unausgewogen und belastet die Konjunktur“. Solche reflexartigen Behauptungen sind nichts Neues. Schon Helmut Schmidt sah sich Anfang der 80er Jahre, als er seinen Haushaltssanierungsplan vorgestellt hat, dem gleichen Vorwurf ausgesetzt. Aber anstatt des prophezeiten Konjunktureinbruchs, setzte wenig später ein beständiger Aufschwung ein.

Denn Studien zeigen: Bürger antizipieren, dass Einsparungen in der Gegenwart zu geringeren Zinsverpflichtungen und damit zu geringeren Steuern in der Zukunft führen. Das regt Konsum und Investitionen an. Der Erfolg einer solchen wachstumsorientierten Konsolidierung ist aber an einige Voraussetzungen geknüpft. Der Staat muss seine Bürger davon überzeugen, dass seine Sparbemühungen ernst gemeint sind. Allgemeine Steuererhöhungen sind zu vermeiden und die investiven Ausgaben im öffentlichen Haushalt zu schonen. Wie ist daran gemessen, die Sparliste der Bundesregierung zu bewerten?

Die gute Nachrichten lauten: Allgemeine Steuererhöhungen gibt es nicht. Die Ausgaben für Bildung und Wissenschaft sowie Infrastruktur werden nicht verringert. Der Schwerpunkt des Sparpakets liegt bei den konsumtiven Ausgaben, was den Vorwurf einer sozialen Schieflage nährt. Aber gerade die Veränderungen beim Arbeitslosengeld II verstärken die Anreize zur Arbeitsaufnahme. Das sorgt für mehr Fairness bei der sozialen Grundsicherung und entlastet Arbeitsmarkt und Konjunktur. Gleichwohl hat das Sparpaket auch seine Schattenseiten: Subventionen werden nicht abgebaut. An dieser Stelle hätte man sich mehr Mut gewünscht.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 3 Kommentare zu Der Staat lebt von der Mitte

Der Staat lebt von der Mitte

Der Mittelstand – oder besser die Mittelschicht – ist zum Lastesel unseres Sozialstaats geworden. Rund zwölf Millionen Menschen bilden mit ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Leistungsbereitschaft mehr als nur den Finanzierungskern dieses Staates. Wer als Single mehr als 52.882 Euro Jahreseinkommen hat, bezahlt von jedem zusätzlich verdienten Euro etwa die Hälfte an den Staat. Bei Ehepaaren tritt dieser Effekt ab 105.764 Euro ein. Das oberste Zehntel der Steuerzahler beginnt bereits bei einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen von rund 70.000 Euro. Weniger als 3 (!) Millionen Steuerveranlagungsfälle generieren rund 58% des gesamten Einkommensteueraufkommens.

Berücksichtigt man die Beiträge zur Sozialversicherung, ist die Belastung sogar noch höher. Weil die Beitragsbemessungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung in Westdeutschland mit 66.000 Euro und in Ostdeutschland mit 55.800 Euro über den Nominalbeträgen liegen, ab denen der Spitzensteuersatz fällig ist, bleibt einem Teil der gehobenen Arbeitnehmerschaft in dieser Mittelschicht vom letztverdienten Euro deutlich weniger als 40%.

Und genau an dem Punkt gewinnt für mich die Diskussion um soziale Gerechtigkeit eine andere Dimension. Wie lange lässt sich die leistungsfähige Mittelschicht diese staatliche Ausbeutung noch gefallen? Wir sind eine Gesellschaft, die auf Erwerbstätigkeit beruht. Wir müssen von Kindesbeinen an lernen, dass sich Leistung lohnt. Dazu bedarf es eines Bildungssystems, das diesen Grundgedanken fordert und fördert – unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Dazu bedarf es aber auch einer Steuer- und Sozialpolitik des Staates, deren Leitplanken lauten: Wer arbeitet, muss deutlich mehr an Einkommen generieren als jemand, der von Sozialtransfers lebt! Steuern und Sozialabgaben dürfen in der Summe nicht mehr als die Hälfte des Einkommens auffressen, weil ansonsten die Leistungsbereitschaft systematisch unterminiert wird. Die Mitte würde es unserer Gesellschaft danken!

Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 2 Kommentare zu Kluge Köpfe für den Osten

Kluge Köpfe für den Osten

akademikerersatzquote

Ob die Wirtschaft in Deutschland künftig schrumpft, stagniert oder wächst, hängt stark vom Qualifikationsniveau seiner Bevölkerung ab. Denn eine Volkswirtschaft kann nur prosperieren, wenn schlaue Köpfe neue Produkte erfinden, innovative Dienstleistungen anbieten und beitragen, Güter besser oder billiger anzufertigen. Grundsätzlich speist sich der Fachkräftebedarf einer Volkswirtschaft aus zwei Quellen: Erstens scheiden ältere Erwerbstätige aus dem Arbeitsmarkt aus und müssen ersetzt werden. Zweitens werden in der Wissensgesellschaft immer mehr Hochqualifizierte benötigt.

Bis 2024 wird der demographisch bedingte Bedarf stark ansteigen – vor allem in den neuen Bundesländern. Ostdeutschland leidet unter einem starken Geburtenrückgang und der Abwanderung vieler Menschen. Die Folge: Im Osten werden zwischen 2020 und 2024 voraussichtlich nur etwa 11 Prozent der Hochschulabsolventen für die Besetzung neu geschaffener Stellen zur Verfügung stehen. Der Rest muss die in Rente gehenden Akademiker ersetzen. Im Westen dürfte die Lage etwas entspannter sein. Dort werden im selben Zeitraum voraussichtlich zwischen 35 und 40 Prozent der Hochschulabsolventen für die Besetzung neuer Stellen zur Verfügung stehen.

Um zu verhindern, dass Ostdeutschland die klugen Köpfe ausgehen, sollten auch versucht werden, Jugendliche aus dem Westen für ein Studium in den neuen Bundesländern zu begeistern. Schon heute gibt es gute Argumente für ein Studium im Osten: Viele Hochschulen in den neuen Ländern weisen bessere Studienbedingungen auf als die Unis im Westen. Außerdem sind dort die Lebenshaltungskosten deutlich niedriger. Sinnvoll wäre ein regionales Stipendienmodell, das die Studenten gezielt in die ostdeutschen Regionen lockt.


Die Pressemitteilung und weitere Informationen finden Sie hier.

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Weniger Reiche

Die Steuerquote in Deutschland ist zuletzt wieder angestiegen. Die   Steuerbelastung in Relation zum BIP lag 2009 bei 23,1 Prozent.

Die Zahlen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kann man eigentlich nicht falsch verstehen. Und dennoch vermitteln die dicke Buchstaben am Zeitungsständer den Eindruck: Deutschland wird ärmer. Dabei zeigt die DIW-Studie etwas ganz anderes: Im Krisenjahr 2009 musste vor allem eine Gruppe Federn lassen, nämlich die mit den höchsten Einkommen. In Deutschland gibt es also in der Krise weniger Reiche als davor. Das ist alles andere als eine gute Nachricht. Weniger Spitzenverdiener bedeutet nämlich lange nicht, dass es den ärmeren Menschen besser geht. Gerade deshalb ist es Unsinn, jetzt über die Erhöhung etlicher Steuern nachzudenken. Schon heute schultern die Spitzenverdiener den weitaus dicksten Anteil des Steueraufkommens. Die Steuerquote erreichte im Jahr 2008 ein Zwischenhoch von 23,9 Prozent – nur in den 80er Jahren wurde den Deutschen noch tiefer in die Tasche gegriffen. All das mit dem Ergebnis, dass die Steuerquelle wieder kräftig sprudelt. Was soll daran sozial gerecht sein, die Steuern jetzt weiter zu erhöhen? Nichts. Denn wer den Starken jetzt noch mehr auflastet, wird für die Schwächeren keinen Nutzen erreichen.

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Pfeife für die Bankenaufsicht

Die Reform der Bankenaufsicht ist erst einmal vom Tisch. Scheinbar hat man aus der Vergangenheit nichts gelernt. Schon lange ist klar: Die Finanzaufsicht hat in der Krise eklatant versagt und so zum Ausmaß maßgeblich beigetragen. Die deutsche Finanzaufsicht ist nicht in der Lage, die mit Basel II eröffnete Quasi-Privatisierung der Eigenkapitalregelungen – wonach Banken durch eigene Risikomodelle die Eigenkapitalanforderungen verringern können – zu begleiten. Um dies zu prüfen, braucht die Aufsicht eigene Modelle. Doch weder verfügt die deutsche Bankenaufsicht über ein eigenes Risikomodell noch über eine entsprechende personelle Ausstattung – und es fehlt die Unabhängigkeit, die einem kraftvollen Handeln vorauszusetzen ist.

In diesen Punkten liegt der politische Handlungsbedarf. Der einseitige Blick auf die Regeln verkennt eines: Regeln werden nur wirksam, wenn Sie jemand durchsetzt. Die Bankenaufsicht hat die Aufgabe, Regelverstöße aufzuzeigen und zu unterbinden. In der jetzigen Rechtsform kämpft die BaFin aber mit stumpfen Waffen. Eine Überführung der BaFin in eine GmbH – ähnlich wie vor zehn Jahren mit der Bundesschuldenverwaltung geschehen – wäre ein wichtiger Schritt. Denn eine GmbH kann marktfähige Gehälter zahlen und so kompetentes Personal akquirieren. Darüber hinaus muss die Aufsicht eine größere Unabhängigkeit erhalten. Und drittens sollte sie mit einer unabhängigen Kommission – analog der Monopolkommission – in eine fachliche Debatte treten. So kann eine starke Aufsicht gewährleistet werden. Denn wie auch bei der Fußball WM bringt das beste Regelwerg nichts, wenn der Schiedsrichter keine Pfeife hat.

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Endlich Rationalität in der Opel-Debatte?

Die Krise bei Opel ist älter als die Wirtschaftskrise. Schon seit mehreren Jahren verliert Opel an Marktanteilen. Eine Staatshilfe für Opel lässt sich nicht rechtfertigen.

Der Überlebenskampf von Opel ist älter als die Wirtschafts- und Finanzkrise. Bereits vor Ausbruch der Krise verringerte sich der Marktanteil von Opel kontinuierlich. Die erste staatliche Hilfe war bereits 1992 fällig. Richtig dramatisch wurde die Situation aber im Herbst 2008. Fehlentscheidungen der Konzernmutter General Motors stürzten auch Opel in die Krise. Nach der Abwrackprämie, dem so genannten Überbrückungskredit und der gescheiterten Übernahme durch Magna ging die Debatte um Staatshilfe in eine weitere Runde. Diese scheint langsam beendet zu sein.

So ist nach dem Votum des Bundeswirtschaftsministeriums und dem Einlenken der Kanzlerin eine Hilfe vom Bund nicht mehr zu erwarten. Es ist lobenswert, dass die Bundesregierung hier Einhalt gebietet. Dennoch scheint der Wunsch der Länder nach Hilfen für Opel ungebrochen. Eifrig werden neue Wege diskutiert, Opel ein weiteres Mal unter die Arme zu greifen. Man sieht scheinbar darüber hinweg, wie GM im letzten Sommer mit Insolvenzdrohung versucht hat, staatliche Hilfe zu erpressen. Und dank amerikanischer Staatshilfe und der Insolvenz im letzten Sommer steht GM wirtschaftlich wieder recht solide da. Auf 17 Milliarden werden die flüssigen Mittel geschätzt. Selbst Opel gibt an, ohne Staatshilfe an den Kernpunkten des Sanierungsplanes festhalten zu wollen. Warum also sollte der Staat jetzt helfen – und damit andere Firmen und Anbieter diskriminieren?

Möglicherweise handelt es sich bei den Aussagen zu Landesbeihilfen aber auch um kontrollierte Rückzugsgefechte der Landesregierungen. Immerhin müssen die Länder jetzt eigenes Geld ausgeben und sich vor den Wählern im Land verantworten. Das macht eine Finanzierung schwieriger. Mit dem Hinweis auf diese Restriktion sollte es den Landesregierungen dann doch leicht fallen, die Hilfen für die Opel-Standorte abzulehnen und sich aus der Opel-Falle zu befreien.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , 16 Kommentare zu Minipaket reicht nicht

Minipaket reicht nicht

Rund 22 Milliarden werden in diesem Jahr vorraussichtlich für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgegeben. Will man den Haushalt konolidierung, muss auch dieser Posten analysiert werden.

Die angekündigten Maßnahmen zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes sind das absolute Minimum, um die Vorgaben der Verfassung einzuhalten. Der Staat lebt über seine Verhältnisse. Die Maßnahmen reichen nicht aus, um Deutschland aus der Verschuldungsfalle zu führen. Wenn dies nicht gelingt, droht eine hohe Inflation, die Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose und Rentner besonders trifft. Sie müssen dann mittelfristig die Zeche mit hohen Konsumgüterpreisen bezahlen. Deshalb müssen weitere Maßnahmen auf der Ausgabenseite folgen. Ohne weitere Einschnitte im Bereich des Arbeits- und Sozialministeriums ist dies nicht möglich. Dazu gehört eine ehrliche Diskussion über die aktive Arbeitsmarktpolitik und den Zuschuss des Bundes zur Rentenversicherung. Wer dies nicht will, fährt den Karren bewusst vor die Wand.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , 1 Kommentar zu Bildungsinvestitionen konsolidieren

Bildungsinvestitionen konsolidieren

Investitionen in Bildung könnten ohne Abweichung vom Konsolidierungskurs erfolgen. Sinkende Schülerzahlen setzen rund 5 Milliarden Euro frei.

Auf dem ersten Bildungsgipfel vor zwei Jahren in Dresden hatte die Politik versprochen, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 Prozent des BIP zu erhöhen. Derzeit liegen sie bei 8,6 Prozent. Ernüchtert muss nach dem dritten Bildungsgipfel vor wenigen Tagen festgestellt werden, dass die Politik auch diesmal keinen Fahrplan vorgelegt hat, wie sie ihr Ziel erreichen will. Zugegeben: krisenbedingt ist die Haushaltslage derzeit äußerst prekär. Dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, wichtige Projekte – wie zusätzliche Kitaplätze und Ganztagsgrundschulen – zu finanzieren.

Das Zeitfenster dafür ist günstig, denn demographisch bedingt werden im Bundeshaushalt Gelder frei. Bis 2015 gehen die Ausgaben für das Kindergeld um etwa 1,7 Mrd. Euro zurück. Die rückläufigen Schülerzahlen an allgemein bildenden und beruflichen Schulen setzen rund 4,3 Mrd. Euro frei. Und letztlich würde die Einführung von flächendeckenden Studiengebühren von 500 Euro pro Semester zu zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 1 Mrd. Euro führen – Ausgleichzahlungen für Sozial schwächere schon berücksichtigt. Alles im allem kämen so etwa 7 Milliarden Euro zusammen, die für Bildungsausgaben zur Verfügung stünden, ohne den Haushalt des Bundes mit Mehrausgaben zu belasten.


Neue Bildungsausgaben sind finanzierbar, zeigt der IW-Bildungsexperte Prof. Dr. Axel Plünnecke in einem Beitrag für das iwd (Ausgabe 23/2010).

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , Leave a Comment on Anlass zur Zuversicht

Anlass zur Zuversicht

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in den Ländern mit dualer Ausbildung im OECD Vergleich sehr niedrig.

Abwertung des Euros, Staatsbankrott, Inflation – die Schreckenszenarien dominieren derzeit die öffentlichen Debatten. Die ökonomischen Fakten bleiben aber dabei leider oft auf der Strecke. Die trübe Stimmung der Öffentlichkeit kontrastiert die Lage der Unternehmen. Denn diese sehen der Zukunft weit weniger skeptisch entgegen. Der Maschinenbau berichtet über einen anhaltenden Aufwärtstrend. Die Arbeitslosenquote sinkt und lag im Mai auf dem niedrigsten Stand seit 14 Jahren, und auf dem Arbeitsmarkt gibt es deutlich mehr offene Stellen.

Das hat seine Gründe. Die Innovationskraft und Internationalität der deutschen Unternehmen bleibt ungebrochen und zahlt sich besonders jetzt aus. Doch der Erfolg sitzt tiefer. So wird für die Sicherung der Innovationskraft die Bedeutung der tertiären Bildung betont, und zwar durchaus berechtigt. Die duale Berufsausbildung mit ihren differenzierten Zugängen zur Arbeitswelt ist eine wesentliche Erklärung für den Erfolg unserer Industrie. Den Erfolg des Modells spiegelt die sehr niedrige Jugendarbeitslosigkeit wider, die unter den OECD Staaten nur in Deutschland rückläufig war. Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken müssen wir diese Stärke ausspielen. Durch praxisnahe Ausbildung und eine engere Verzahnung von Studium und Praxis kann der Einstieg in die Bildungsbiografie des lebenslangen Lernen gelingen und so auch die Integration von Problemgruppen in den Arbeitsmarkt erleichtert werden. Es gilt: Wir haben genauso Anlass zur Zuversicht wie zum Zweifel! Ob das böse Ende naht, bleibt unsere Sache.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 4 Kommentare zu Sparpaket kein großer Wurf

Sparpaket kein großer Wurf

80 Milliarden will die Bundesregierung bis 2014 einsparen. Damit soll die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse eingehalten werden können.

Das Sparpaket der Bundesregierung liegt auf dem Tisch. 80 Milliarden sollen in den kommenden vier Jahren eingespart werden. Vom Umfang her ein großer Kraftakt. Und in einigen Bereichen wurden tatsächlich auch Umsteuerungen unternommen, wie z. B. mit der Streitkräftereform. Aber insgesamt ist das Sparpaket nicht sehr innovativ. Statt eine Brennelementesteuer zu kreieren, hätte eine Versteigerung der Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken rund 50 Milliarden Euro einbringen können, die an anderer Stelle nicht gekürzt hätten werden müssen. Scheinbar ist auch nicht drüber nachgedacht worden, aus welchen Bereichen der Wirtschaft sich der Staat zurückziehen könnte. Die Transportsparten der Deutschen Bahn wie z. B. Schenker Logistics hätten an private Investoren verkauft werden können. Es bleibt unverständlich, wieso internationale Logistik Aufgabe des Staates und letztlich die des Steuerzahlers ist.

Auch die Einnahmenseite ist strukturell weitestgehend unangetastet geblieben. Den verringerten Mehrwertsteuersatz abzuschaffen, hätte das Steuersystem vereinfacht. Als Ausgleich könnte man den Sozialetat unangetastet lassen oder die unteren Einkommensgruppen im Gegenzug entlasten. Noch lässt sich nicht prognostizieren, ob das Sparpaket genügend Handlungsspielraum schafft. Ohnehin bleibt abzuwarten, ob alle Vorschläge umgesetzt werden. Auch der Koalitionsvertrag sieht viele Dinge vor, die bisher nicht umgesetzt wurden.


Für eine Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems plädiert auch der Ex-Wirtschaftsweise Prof. Dr. Peffekoven in seinem ÖkonomenBlog-Beitrag vom 15. April 2010. Der Finanzwissenschaftler warnt allerdings vor einer generellen Steuererhöhung und fordert: 16 Prozent auf alles.