Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , 3 Kommentare zu Familienfreundlichkeit importieren

Familienfreundlichkeit importieren

Die Erwerbsquote von jungen Müttern in Deutschland ist sehr gering.

Deutschland wird älter- das wissen wir alle. Bis zum Jahr 2050 steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung von heute 42,6 auf 51,4 Jahre. Das wird sich extrem auf den Arbeitsmarkt auswirken – immer weniger Menschen stehen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Noch gefragter werden sein: Mobilität und Qualifizierung.

Großes Potential, um die Arbeitsangebotslücke zu schließen, steckt in den deutschen Müttern. Von ihnen sind heute nur rund 36 Prozent erwerbstätig. Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass dort Erwerbsquoten von Müttern bis zu 80 Prozent nicht unüblich sind. Deutschland hinkt also hinterher. Was wir brauchen ist eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf – qualitativ gute, zuverlässige Betreuung von Kindern ist daher eine zentrale Vorraussetzung, um dieses Potential zu erschließen. Aber auch die Unternehmen selbst sind gefordert. Mit flexiblen Arbeitszeiten, Telearbeit und Akzeptanz der besonderen Erfordernisse von Müttern müssen sie ihren Teil dazu beitragen, die Verbindung von Beruf und Familie im Alltag besser zu ermöglichen. Andere Länder machen es uns vor – Beruf und Familie schließen sich nicht gegenseitig aus. Importieren wir einfach mal mehr Familienfreundlichkeit!


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , 8 Kommentare zu Staatsquote: Zu wenig für Bildung

Staatsquote: Zu wenig für Bildung

Trotz hoher Staatsquote in Deutschland kommt die Bildung zu kurz

Zahlen, Statistiken und Schaubilder sind etwas Wunderbares. Sehr angenehm, um komplexe soziale Phänomene anschaulich abbilden zu können. Aber sie bergen auch Gefahren: Teilgrößen werden zu einer Gesamtgröße addiert, deren Zustandekommen anschließend nicht mehr hinterfragt wird. Paradebeispiel dafür ist die Staatsquote. Sie zeigt den Anteil der staatlichen Ausgaben an der gesamten volkswirtschaftlichen Leistung  (BIP) auf. 2006 hatte Deutschland eine Staatsquote von 45,3 Prozent und lag damit etwas unter dem EU Durchschnitt. Eine etwas höhere Staatsquote wiesen anno 2006 Portugal und die Niederlande auf. Überraschenderweise hatte Großbritannien, oftmals als unsozialer Staat apostrophiert, eine nur unwesentlich kleinere Staatsquote.

Gleiche oder ähnliche Quote zeigen allerdings nicht das Selbe auf: vielmehr entpuppen sich im Ländervergleich markante Unterschiede – wo setzen die jeweiligen Staaten ihre Prioritäten? Was die Sozialleistungen angeht, gehört Deutschland nach wie vor zu den Spitzenreitern – 27,9 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung werden dafür aufgebracht. Den größten Teil macht die Altersvorsorge der Rentner und Pensionäre aus. Für den Bereich Bildung werden hingegen lediglich 3,9 Prozent investiert. EU-weit liegt Deutschland damit auf dem vorletzten Platz. Das ist keine gute Bilanz – und das, obwohl eben fast die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung durch die Hände des Staates fließt. Also, entweder die Staatsquote weiter runter, oder die Prioritäten anders setzen. Noch besser: an beiden Schrauben drehen.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , 6 Kommentare zu Sind Fair Values noch Marktwirtschaft?

Sind Fair Values noch Marktwirtschaft?

Wie ist es zur Finanzkrise gekommen? Viele Wissenschaftler halten internationale Bilanzierungsregeln, insbesondere den Fair Value für ursächlich. Selbst der oberste deutsche Bankenaufseher Jochen Sanio bezeichnet ihn als einen „wesentlichen Teil des Problems“. ÖkonomenBlog-Gastautor Gerhard Schroeder erklärt weshalb: der Fair Value sei nichts weiter als eine Prognose auf Grundlage von Wahrscheinlichkeitsverteilungen – mit der Realität habe dies nichts zu tun.

Ausgerechnet aus der Finanzbranche kommt anlässlich der Krise die Kritik, der Markt, zentrales Element der Marktwirtschaft, würde den Wert komplexer Finanzprodukte nicht richtig widerspiegeln. Alternativ wird dazu vorgeschlagen den so genannten Fair Value anzusetzen, der mit komplizierten Formeln berechnet wird, die auf Wahrscheinlichkeitsverteilungen basieren. Fair Values sind Nachfrage-unabhängig – ein Phänomen, das eher aus der Planwirtschaft bekannt ist.

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Zitat

Wirtschaftswissenschaft: das einzige Fach, in dem jedes Jahr auf dieselben Fragen andere Antworten richtig sind.

— Danny Kaye, 1911-1987, amerikanischer Komiker

Steuern und FinanzenTagged , , , , 3 Kommentare zu Reform ohne Entlastung

Reform ohne Entlastung

Die Unternehmen werden trotz der Unternehmenssteuerreform nicht ausreichend entlastet.

Globalisierung heißt auch: harter internationaler Wettbewerb um die attraktivsten Rahmenbedingungen. Nicht zuletzt die steuerliche Belastung für Unternehmen entscheidet darüber, an welchen Standorten sie sich ansiedeln. Mit einer Steuerbelastung bei Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften und GmbHs) von 39,5 Prozent lag Deutschland 2008 an dritter Stelle der Höchststeuerländer. Und auch bei der steuerlichen Belastung für Personengesellschaften – zu ihnen zählen u. a. die offenen Handelsgesellschaften (oHG) sowie die Kommanditgesellschaften (KG) – konnte Deutschland keine bessere Platzierung aufweisen. Insoweit war Deutschland nicht gerade sehr attraktiv.

Im letzten Jahr kam dann die große Unternehmenssteuerreform – die Bilanz ist aber höchstens ambivalent. Die tarifliche Besteuerung von Kapitalgesellschaften ist von 39,5 Prozent auf unter 31 Prozent gesunken. Damit ist das vorgegeben Ziel der Finanzpolitiker von 30 Prozent knapp verfehlt worden. Jetzt müssen deutsche Kapitalgesellschaften „nur“ noch die sechshöchste Steuerbelastung schultern. Nicht besonders gut, aber auf dem richtigen Weg.

Weniger erfreulich ist die Entwicklung bei den Personengesellschaften. Auch hier sollte es zu einer steuerlichen Entlastung auf 30 Prozent kommen. In der Praxis kommt es bei der recht komplizierten „Thesaurierungsbegünstigung“ zu einer steuerlichen Belastung von 37,6 Prozent – inkl. Soli und Gewerbesteuer. Damit sind die Personenunternehmen – das Rückgrad unserer Wirtschaft – eindeutige Verlierer der Unternehmensreform von 2008. Keine gute Nachricht.

Europa, Steuern und FinanzenTagged , , , 4 Kommentare zu Energiepolitik hemmt Wettbewerb

Energiepolitik hemmt Wettbewerb

So setzt sich der Strompreis zusammen.

Fehlender Wettbewerb geht immer zu Lasten der Verbraucher. Nirgends wird diese schlichte Weisheit derzeit eindrucksvoller bestätigt als auf dem Strommarkt. Auch im elften Jahr nach der Liberalisierung kann hier von einem funktionierenden Wettbewerb nicht die Rede sein. EON, RWE, Vattenfall und EnBW erzeugen allein etwa 85 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms und verfügen über eine marktbeherrschende Stellung. Beheben ließe sich dieser Mangel zum einem dadurch, dass der deutsche Energiemarkt gegenüber ausländischen Energienanbietern stärker geöffnet werden würde. Dazu müssten die Grenzkuppelstellen an den Landesgrenzen, also die Verbindungsstellen zwischen den nationalen Stromnetzen, ausgebaut werden. Bisher haben die Stromanbieter den Ausbau dieser Nahtstellen vernachlässigt, und so künstlich Engpässe geschaffen. Ein weiteres Hindernis für einen größeren Wettbewerb stellten die zumeist lokalen Widerstände gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke dar. Aber auch die Energiepolitik der Bundesregierung wirkt hier hemmend. Ankündigungen, Erneuerbare Energien noch stärker zu fördern, beim Emissionshandel das Angebot an Zertifikaten zu verknappen und somit zu verteuern oder den Atomausstieg zu verschieben, regen nicht gerade dazu ein, das nötige Vertrauen für Investitionen in neue Kohlekraftwerke zu fördern. Inkonsistent  sind aber zweifelsohne die beständigen Politikerklagen über die hohen Strompreise. Schließlich entstehen 40 Prozent der Kosten durch Steuern und Abgaben. Hier muss sich die Politik entscheiden, was sie will: eine preisgünstige Energieversorgung oder üppige Steuereinnahmen.

Arbeitsmarkt, Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 2 Kommentare zu Trotz Krise Chancen am Arbeitsmarkt

Trotz Krise Chancen am Arbeitsmarkt

Trotz Krise - hohe Fluktation auf dem Arbeitsmarkt

Wirtschaftskrise, Bankenkrise, Kaufhauskrise – bei diesen Schreckensmeldungen haben Jobsuchende keine Chance, könnte man zumindest meinen. Doch der Arbeitsmarkt ist bisher robuster als vielfach befürchtet. Das liegt neben dem starken Einsatz der Kurzarbeit vor allem an zwei Dingen.

Zum einen steht auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Arbeitsmarkt nicht still. Auch in der Krise werden Unternehmen gegründet, expandieren manche Betriebe, gehen Mitarbeiter in den wohlverdienten Ruhestand oder verlassen aus anderen Gründen das Unternehmen. Diese Faktoren sorgen für reichlich Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind im Jahr 2008 weit über sieben Millionen neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschlossen worden. Selbst im Krisenjahr 2005 konnten immerhin noch 6,3 Millionen Menschen eine neue Stelle antreten. Dabei unterscheidet sich die Fluktuation von Branche zu Branche erheblich. Erwartungsgemäß ist die Fluktuation in Behörden sehr gering, aber überraschenderweise auch bei Banken: Dort bekleidet mehr als die Hälfte der Beschäftigten ihren Posten seit mehr als 10 Jahren. Wahre Job-Hopper findet man hingegen bei den Unternehmensdienstleistern, wie beispielsweise in der Wirtschaftsberatung und bei der Zeitarbeit. Hier ging 2007 jeder fünfte Arbeitnehmer seiner Tätigkeit seit weniger als einem Jahr nach.

Zum anderen gibt es auch in Krisenzeiten noch strukturelle Engpässe bei bestimmten Qualifikationen. So klafft derzeit allein im Bereich der MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik)-Qualifikationen noch eine Fachkräftelücke von etwa 55.000. Auch wenn sich diese Lücke gegenüber dem Höchststand im Herbst letzten Jahres mehr als halbiert hat, werden spätestens nach dem Ende des konjunkturellen Abschwungs die demografischen und strukturellen Effekte wieder die Oberhand gegenüber der derzeit negativen konjunkturellen Entwicklung gewinnen. Allein aus demografischen Gründen besteht ein Ersatzbedarf an altersbedingt ausscheidenden MINT-Akademikern von jährlich 49.000 bis zum Jahr 2014 und jährlich 59.000 zwischen 2015 und 2020. Dazu kommt ein jährlicher Expansionsbedarf von etwa rund 52.000 MINT-Akademikern. Die derzeitige Zahl an Hochschulabsolventen wird diesen Bedarf nicht decken können.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 2 Kommentare zu Kreditvergabe nicht Staatsaufgabe

Kreditvergabe nicht Staatsaufgabe

Die Kredithürde ist nach einer Ifo Umfrage in den vergangenen Monaten angestiegen

Gibt es die Kreditklemme wirklich oder ist sie nur ein Hirngespinst von Politikern, die kurz vor der Bundestagswahl krampfhaft nach einem Wahlkampfthema suchen, mit dem sie das Sommerloch überbrücken können? Einerseits wird darauf verwiesen, dass die Kreditvergabe der Banken zugenommen hat, andererseits werden Aussagen von Unternehmern zitiert, wonach die Banken Kreditlinien kürzen und sich bei der Kreditvergabe zurückhalten.

Ein Großteil der Verwirrung um die Existenz einer Kreditklemme rührt daher, dass nicht klar genug definiert wird, was eigentlich eine Kreditklemme ist. Eine rückläufige Kreditvergabe und steigende Zinsen machen noch keine Kreditklemme aus, niemand käme schließlich auf den Gedanken, von einer Autoklemme zu sprechen, wenn der Fahrzeugabsatz rückläufig ist und die Preise steigen. Von einer Kreditklemme könnte man erst dann sprechen, wenn die Banken trotz einer vorhandenen Nachfrage nach Krediten und trotz ausreichender Bonität der Unternehmen, die einen Kredit suchen, keine oder zu wenige Kredite vergeben. Doch warum sollten die Banken so handeln, schließlich lebt die Bankbranche vom Kreditgeschäft? Oder, bezogen auf die Automobilbranche, müssten wir uns doch fragen, warum produzieren die Hersteller nicht mehr Autos, obwohl die Nachfrage und die nötige Kaufkraft vorhanden sind? Die Frage, ob eine staatliche Intervention notwendig ist und wie sie aussehen soll, kann man erst beantworten, wenn man die Ursache für die vermutete Klemme kennt. Um beim Beispiel der Automobilindustrie zu bleiben: Liegt es an mangelnden Produktionskapazitäten, gibt es zu wenig Rohstoffe oder fehlen qualifizierte Arbeitskräfte? Würde der Staat eingreifen und die Autoproduktion selbst in die Hand nehmen, würde er die knappen Ressourcen von den privaten Herstellern abziehen und dort den Mangel vergrößern. Da der Staat sicherlich nicht der bessere Automobilproduzent ist, würde sich die Autoklemme nur noch verschlimmern – man erinnere sich an die langen Wartezeiten auf ein Auto in der früheren DDR.

Die Situation bei den Banken weist gegenüber der Automobilbranche allerdings Besonderheiten auf: Es gibt Regulierungsvorschriften, die prozyklisch wirken und die Kreditvergabe an das vorhandene Eigenkapital einer Bank binden. In Krisenzeiten kann es hier aufgrund eines abschmelzenden Eigenkapitals und höherer Eigenmittelanforderungen zu Engpässen kommen. Sollte dies wirklich der Fall sein, müsste an dieser Stelle der Hebel angesetzt werden. Eine direkte Kreditvergabe durch den Staat z.B. mittels der KfW würde dazu führen, dass der Staat etwas in die Hand nimmt, wozu ihm die nötige Expertise fehlt. Bei der Kreditvergabe geht es nicht darum, großzügig Gelder zu verteilen, sondern die Kreditvergabe erfüllt auch eine wichtige Allokationsfunktion: Die Finanzmittel sollen in solche Investitionen fließen, die hinreichend erfolgversprechend sind. Dies zu beurteilen, ist eine Kernkompetenz der Banken, der Staat dagegen verteilt Gelder nach politischen, nicht aber nach ökonomischen Kriterien.


Zur Grafik: Das Ifo Institut München hat Unternehmen nach ihrem Urteil über die Kreditbereitschaft der Banken befragt. Danach schätzten 45,1% der befragten Unternehmen die Kreditvergabe durch die Banken als restriktiv ein. Im Vormonat waren es 42,4%. In allen betrachteten Wirtschaftsbereichen haben die Klagen über eine strenge Kreditvergabepraxis der Banken zugenommen – im verarbeitenden Gewerbe, im Bauhauptgewerbe sowie im Handel.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 1 Kommentar zu Mehr Akademiker, mehr Wachstum

Mehr Akademiker, mehr Wachstum

Der Bedarf an Akademikern wird sich in den nächsten Jahren noch weiter erhöhen

Der historisch einmalige Wirtschaftseinbruch schlägt sich allmählich auf dem Arbeitsmarkt nieder. Im Juli 2009 waren rund 252.000  mehr Menschen arbeitslos gemeldet als im Vorjahr. Dabei dürfte die Ausweitung der Kurzarbeit noch das schlimmste verhindert haben. Gleichzeitig klagt die Industrie über einen Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften. Schon jetzt können 60.000 Stellen nicht besetzt werden. Und in Zukunft wird sich der Fachkräfteengpass noch weiter zuspitzen. Denn zum einen wird der Bedarf an Fachkräften aufgrund des Strukturwandels zu einer wissens- und forschungsintensiveren Gesellschaft weiter ansteigen. Zum anderen verknappt sich die Zahl der Arbeitskräfte aufgrund des demographischen Wandels – mit gravierenden Folgen für die Wirtschaft. Denn kann eine Stelle gar nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung besetzt werden, führt dies – insbesondere im Bereich der Hochqualifizierten – zu einer geringeren Wertschöpfung der Volkswirtschaft.

Ein Vergleich der Akademikerersatzraten zeigt, dass Deutschland davon in besonderem Maße betroffen ist. Danach stehen in Deutschland nur 1,2 Akademiker im Alter zwischen 25 und 34  pro Akademiker zwischen 55 und 64 Jahren zur Verfügung. Das ist der geringste Wert innerhalb der OECD. Zum Vergleich: In Spanien ersetzen 4,7 junge Akademiker einen alten. Daher wird es zunehmend wichtiger die nachfolgenden Generationen gut auszubilden, damit sie die aus dem Arbeitsmarkt ausscheidenden Personen adäquat ersetzen können. Gegenwärtig werden jedoch noch nicht alle Bildungspotentiale genutzt. So könnte beispielsweise die frühkindliche Förderung weiter ausgebaut werden und das Angebot an Ganztagsschulen erhöht werden. Nur wenn es gelingt, den Fachkräftemangel auszugleichen kann die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands erhalten werden.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , 3 Kommentare zu Staatsschuld – Generationengerechtigkeit als Verlierer

Staatsschuld – Generationengerechtigkeit als Verlierer

Die implizite Staatsschuld ist im vergangenen Jahr deutlich angestiegen

Bis 2013 wird die deutsche Staatsschuld von derzeit 65.9 Prozent des Bruttoinlandprodukts auf 82 Prozent steigen. Die Konjunkturpakte treiben die Verschuldung. Abzahlen müssen das vor allem die nachfolgenden Generationen. Die 82 Prozent sind aber noch längst nicht alles: Zu den offiziellen Schulden kommen noch die indirekten der Sozialkassen. Kranken- und Pflegeversicherung z. B. geben Versprechen für eine steigende Versorgungsleistung ab, auf die sich besonders die wachsende Zahl der älteren Menschen beruft. Die Summe diese Leistungsversprechen für die Zukunft macht 185 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus, wie das Forschungszentrum Generationenverträge berechnet hat. Addiert man die offene Staatsschuld dazu, ergibt sich eine Gesamtlast von aktuell knapp 250 Prozent des BIP. Dieses Geld muss erst noch verdient weden – vor allem von der jüngeren Generation der Steuer- und Beitragszahler.

Die Finanzkrise zwinge den Staat zum Schuldenmachen, heißt es. Tatsächlich entfällt darauf nur ein geringer Teil.  Allein in der Rentenversicherung hat die Politik mit den jüngsten Entscheidungen zugunsten der heutigen Ruheständler die Nachhaltigkeitslücke deutlich vergrößert. Dabei hatten die Rentenreformen von Rot-Grün mit dem Riesterfaktor und der Anhebung des Rentenalters auf 67 die Nachhaltigkeitslücke in der Rentenkasse stark vermindert.  Jetzt aber geht wieder alles von vorne los. Die Generationengerechtigkeit bleibt auf der Strecke.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , 1 Kommentar zu Ein Fünftel für Zinsen ist zu viel

Ein Fünftel für Zinsen ist zu viel

Entwicklung der Zinsausgaben des Bundes

Täglich neue Hiobsbotschaften. Rastlos verkündet die Bundesregierung seit Monaten, dass Deutschland sich in der größten Wirtschaftskrise seit 1929 befindet. Diese einzigartige wirtschaftliche Herausforderung in der Geschichte der BRD bedürfe außergewöhnlicher Maßnahmen. Und außergewöhnlich – oder besser exorbitant – sind dann auch jene 300 Milliarden Euro Neuverschuldung, die die Bundesregierung bis 2013 aufnehmen wird. Niemand anders als die Steuerzahler werden die Schulden abbauen müssen – samt den zusätzlich anfallenden Zinsen. Erfreulich für die Steuerzahler sind die gegenwärtig niedrigen Zinssätze. Wurden die Zinsen doch von der EZB gesenkt, um die am Boden liegende Wirtschaft wiederzubeleben. Deutschland wird anno 2010 etwa 40 Mrd. Euro für Zinsen für ausstehende Kredite bezahlen. Dies sind immerhin 2,2 Mrd. Euro weniger als 2009.

Aber die Zinsen unterliegen wie alle anderen Güter auch dem Marktprinzip – mit steigender Nachfrage nach Krediten erhöhen sie sich. Die einzigartige Kreditnachfrage des Bundes wird also einen starken Zinsanstieg nach sich ziehen, von denen dann auch der Bund betroffen sein wird. Laut Finanzplanung wird Deutschland im Jahre 2013 infolgedessen nahezu 13 Milliarden Euro mehr Zinsen zahlen müssen. Verstärkt könnte dieser Trend noch dadurch werden, dass die von der EZB zur Stützung der Wirtschaft ins Finanzsystem gepumpten Geldmittel früher oder später inflationär wirken werden. Um dem Inflations-Problem Herr zu werden, wird die EZB die Zinssätze anheben. Auch wenn sich beide Faktoren nur moderat auf die Zinsentwicklung auswirken werden, also die Zinsen pro Jahr beispielsweise lediglich um 0,2 Prozentpunkte höher liegen werden, als von den Finanzplanern berechnet, dann wären 2014 Zinsen in Höhe von gut 60 Milliarden Euro fällig. Das entspräche fast 20 Prozent der gesamten Bundesausgaben.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , 5 Kommentare zu Eigenkapital fördern statt Kreditklemme beklagen

Eigenkapital fördern statt Kreditklemme beklagen

Anträge für KFW-KrediteWie kann in Deutschland eine Kreditklemme verhindert werden? ÖkonomenBlog-Autor Prof. van Suntum sieht in speziellen Konjunkturkrediten mit negativen Kreditzinsen eine mögliche Lösung. Für den Abgeordneten des Bundestags Frank Schäffler  ist dagegen die steuerliche Ungleichbehandlung von Fremd- und Eigenkapital ursächlich für die drohende Kreditklemme.

Derzeit wird viel über die Kreditversorgung der Wirtschaft diskutiert. Die “Kreditklemme” sei das Hauptproblem, heißt es. Zur Lösung des Problems sollen die Notenbanken direkt Kredite vergeben oder die Banken sollen bei mangelndem Eigenkapital “zwangskapitalisiert” werden. Auch die KFW als “Allzweckwaffe” wird wieder ins Spiel gebracht. Die “totschlagende” Hand des Staates ist allgegenwärtig.

Krisenursache ist die extensive Geldpolitik der Notenbanken. Dies hat eine Kredit- und Investitionsblase produziert, weil Kredite vergeben wurden, die nicht aus Erspartem, sondern aus purer Geldschöpfung bestanden haben. Ein auf Pump finanzierter Aufschwung war die Folge. Seit dem Jahr 2008 wird dieser künstliche Boom nun korrigiert. Die sich derzeit ankündigende Kreditklemme ist nur ein Bestandteil dieser Korrektur.

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Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 15 Kommentare zu Mit Negativzinsen aus der Rezession

Mit Negativzinsen aus der Rezession

Verlauf des Konjunkturzinses und des Zinses für Unternehmenskredite.Die Banken horten das Geld, den Unternehmen fehlen Kredite. ÖkonomenBlog-Autor Ulrich van Suntum weist den Weg aus der Kreditklemme: Die Unternehmenskredite werden an das aktuelle BIP-Wachstum und den langfristigen Realzins gekoppelt. In der Krise erhalten Unternehmen sogar einen Negativzins.

Die aktuelle Krise gibt Anlass darüber nachzudenken, ob keynesianische Ausgabenprogramme in großem Stil wirklich die beste Therapie sind. Die tatsächlichen Multiplikatoreffekte sind mit aktuell geschätzten Werten zwischen 0 und 1,8 viel geringer, als die Theorie erwartet. Das bedeutet, dass mit jedem Euro, den der Staat zusätzlich verausgabt, das Bruttoinlandsprodukt um maximal 1,8 Euro steigt, möglicherweise aber eben auch gar nicht. Gleichzeitig entstehen immense Kosten, die uns noch jahrzehntelang belasten werden.

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Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 1 Kommentar zu Steuern: Ein Punkt runter reicht nicht

Steuern: Ein Punkt runter reicht nicht

Eingangs- und Spitzensteuersatz im internationalen Vergleich

Deutschland hat als Exportweltmeister extrem vom Welthandel profitiert: fast neun Millionen Arbeitsplätze hängen davon ab. Mehr als andere bekommt die Exportnation den weltweiten Nachfragerückgang jetzt aber auch zu spüren – wobei erste Anzeichen für eine Besserung erkennbar sind. Umso wichtiger ist es, der Krise mit klugen Reformen zu strotzen. Wichtiger Hebel für die Binnenkonjunktur und die Leistungsbereitschaft der Menschen: die Steuerpolitik. Nicht ohne Grund wurde rückwirkend zum 1. Januar 2009 der Eingangsteuersatz um einen Prozentpunkt gesenkt – als Konjunkturimpuls auf 14 Prozent.

Ein erster guter Schritt – immerhin liegt Deutschland im internationalen Vergleich mit seinen Steuersätzen (Spitzensteuersatz 47,5 Prozent) nur im Mittelfeldplatz. Nehmen wir Steuern und Sozialabgaben zusammen, entpuppt sich Deutschland als eines der teuersten Staaten der Welt. Bei der Einkommensteuer kommt es nicht nur um die Tarifeckpunkte an, sondern allem auf den Verlauf dazwischen. Hier wird der Reformbedarf nochmals offensichtlich: mit steigendem Einkommen steigt der Grenzsteuersatz überproportional an. Die Einkommen bis 12.739 Euro werden von der Progression besonders hart getroffen. Macht es Sinn, die Leistungsbereitschaft der mittleren Einkommensgruppen durch eine hohe Steuerlast zu erdrücken? Eine Reform nach der Bundestagswahl müsste diese Gruppe endlich steuerlich entlasten – denn die Beseitigung der kalten Progression wurde bis heute verhindert. Krise hin oder her: Geld dafür ist genug da.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, SozialesTagged , , , 5 Kommentare zu Lohnkürzung oder Entlassung

Lohnkürzung oder Entlassung

Je höher das Ausmass der Lohnstarrheit ist, um so höher ist die Arbeitslosenwuote

Theoretisch hat ein Unternehmen zwei Möglichkeiten, in der Rezession auf harsche Auftragseinbrüche zu reagieren. Es kann Teile der Belegschaft entlassen oder die Löhne für alle solidarisch kürzen. In der Praxis sind Entlassungen weitaus üblicher als Lohnkürzungen. Warum das so ist, haben jetzt Schweizer Forscher ermittelt: Ausgerechnet dort, wo es starke Gewerkschaften und Mindestlöhne gibt, kommen solidarische Lohnkürzungen nicht vor. Doch auch die Lohnsysteme der Firmen sind so gestaltet, dass die Lohnflexibilität eingeschränkt ist. Ausschlaggebend sind jedoch selbst auferlegten Fainessnormen: Lohnkürzungen verletzen den psychologischen Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Lieber entlässt man und verärgert so einen Teil der Belegschaft – der dann ja aber nicht mehr in der Firma arbeitet – als dass man alle Löhne kürzt und so die gesamte Belegschaft demotiviert.


Zur Grafik: Die Löhne der Belegschaften werden in Krisenzeiten nur in den seltensten Fällen nach unten angepasst. Dabei gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Lohnstarrheit und der Arbeitslosenquote. Je höher die gemessene Lohnstarrheit ausfällt, umso höher ist auch die Arbeitslosenquote.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 2 Kommentare zu Kurzarbeit bremst Strukturwandel

Kurzarbeit bremst Strukturwandel

Laut einer Umfrage wollen 62 Prozent der befragten Unternehmen die Zahl ihrer Angestellten reduzieren.

Zweifelsohne ist Kurzarbeit ein probates Mittel, um einen starken, konjunkturell bedingten Auftragsrückgang in der Wirtschaft zu überbrücken. Dabei liegen die Vorteile für Unternehmer, Arbeiter und den Staat auf der Hand. Die Arbeitnehmer behalten ihren Arbeitsplatz. Somit droht ihnen keine Dequalifizierung infolge von Arbeitslosigkeit. Unternehmer müssen kein qualifizierten Personal entlassen. Geht es mit der Wirtschaft wieder bergauf, sind sie personell gut aufgestellt und werden nicht durch Such- und Einarbeitungskosten für neues Personal belastet. Und auch die Bundesregierung profitiert von der Kurzarbeit, drückt sie doch damit die offizielle Arbeitslosenquote. Vor dem Hintergrund der im Herbst stattfindenden Bundestagswahl kein zu unterschätzendes Argument. Mittlerweile sind bereits 1,4 Millionen Beschäftigte in Deutschland von Kurzarbeit berührt. Ist Kurzarbeit also das ultimative Instrument zur Überwindung von Wirtschaftskrisen, ohne negative Begleiterscheinungen?

Leider nein. Zum einen verliert die deutsche Arbeitslosenstatistik zunehmend an Aussagekraft, da sie den Grad der Unterbeschäftigung nur noch unzureichend abbildet. Die Arbeitsmarktlage wird dadurch in der Öffentlichkeit verzerrt wahrgenommen. Hierdurch droht der Reformeifer der Bundesregierung zu erlahmen, denn aufgrund der umfangreichen Kurzarbeit blieb in Deutschland im internationalen Vergleich ein markanter Anstieg der Arbeitslosenzahlen aus.

Das gravierendste Problem dauerhafter Kurzarbeit besteht aber darin, dass sie – zu erheblichen Kosten – einen notwendigen Strukturwandel bremst. Kurzarbeit kann zwar zur Überbrückung von konjunkturellen Engpässen dienen, aber nicht dauerhaft eingesetzt werden. Bei der gegenwärtigen Krise handelt es sich jedoch mitnichten um eine rein konjunkturelle Krise. Branchen wie beispielsweise die Automobilindustrie stehen aufgrund von strukturellen Überkapazitäten unter einem massiven Anpassungsdruck. Daher wäre es unredlich, wenn der Eindruck vermittelt würde, dass nach Überwindung der Konjunkturkrise alle Beschäftigten der Branche wieder Vollzeit arbeiten könnten. Ehrlicher und hilfreicher wäre es, den drängenden Strukturwandel aktiv anzugehen, Chancen zu entwickeln für Weiterbildung, Umorientierung und alternative Beschäftigungen.