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Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 1 Kommentar zu Live-Blog zur Renten-Debatte bei Anne Will

Live-Blog zur Renten-Debatte bei Anne Will

Live-Blog am Sonntag ab 21.45 Uhr.Seit 21.45 Uhr: Anne Will diskutiert mit Fachleuten aus Wissenschaft und Politik über die am Freitag vom Bundestag beschlossene Rentengarantie. Mit dabei ist ÖkonomenBlog-Autor Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen. Der Rentenexperte hatte in dieser Woche vor einer enormen Kostenlawine gewarnt. “Die Tricksereien an der Rentenformel kosten 46 Milliarden Euro und belasten die Steuer- und Beitragszahler. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.” Raffelhüschen rechnet mit steigenden Rentenbeiträgen: “Im Jahr 2011  wird eine Erhöhung auf 21,1 Prozent notwendig sein.”

Im ÖkonomenBlog berichten wir jetzt live über markante Statements und Positionen.

22.43 Uhr: Anne Will schließt die Diskussion und gibt weiter an Tom Buhrow von den Tagesthemen. Na dann, tschüss und auf Wiedersehen.

22.40 Uhr: Stegner: Jeder, der 40 Jahre gearbeitet hat, muss auch im Alter eine ausreichende Rentenleistung bekommen. Hier ist immer auch der Sozialstaat gefordert.

22.34 Uhr: Raffelhüschen: Ich habe ein Problem mit dem Konzept des bedingungslosen Grundeinkommens. Beispiele aus anderen Ländern zeigen: Hier fehlen dann die Anreize, selbst Vorsorge zu treffen.

22.31 Uhr: Spahn: Es ist richtig, dass das bisherige System nicht mehr genau den veränderten Arbeitsbedingungen entspricht. Mehr Steuerfinanzierung ist sicher richtig. Was wir aber auch brauchen, ist eine Mindest-Pflichtversicherung für jeden.

22.28 Uhr: Lobo: Eine Steuerfinanzierung des Systems finde ich sinnvoller.

22.25 Uhr: Auf dem “Betroffenheits-Sofa” sitzt Sascha Lobo, Buchautor und Blogger. Und sagt: Ich habe bisher sechs Monate in die Rentenkasse eingezahlt. Seit dem nichts mehr. Jetzt bin ich Selbstständig und sorge überhaupt nicht vor. Meine Hauptinvestition ist meine Frisur.

22.21 Uhr: Spahn: Das Gesetz sagt, dass die Kosten der verschobenen Rentenkürzung in den nächsten Jahren nachfinanziert werden müssen. Wir sitzen alle im gleichen Boot: Wenn es gut geht, sollen alle profitieren. Wenn es uns schlechter geht, sollten wir auch alle beteligt werden. Das ist doch ein gutes Prinzip.

22.19 Uhr: Stegner wird gefragt, ob der Preis der Rentengarantie zukünftige Nullrunden sind. Antwort: Es hat auch in der Vergangenheit schon Nullrunden gegeben.

22.16 Uhr: Engelen-Kefer: Die Ansprüche aus der Deutschen Einheit hätten aus Steuern finanziert werden müssen.

22. 15 Uhr: Raffelhüschen: Die Rentenversicherung ist ein Umlagesystem. Und in der Kasse ist nichts drin. Erklären Sie mir mal, wie wir daraus was nehmen können?

22.14 Uhr: Lisette Milde, Rentnerin: Der Staat hat so viel Geld aus der Rentenversicherung herausgenommen. Schon Adenauer hat die Bundeswehr damit finanziert.

22.09 Uhr: Engelen-Kefer kritisiert, dass in der Rentenversicherung zu viele versicherungsfremde Leistungen mitfinanziert werden. Hiervon muss man runter. Das System ist schief finanziert und soll höhere Steuerzuschüsse erhalten.

22.06 Uhr: Jens Spahn, CDU: Der Rentenbeitrag wird nicht so sinken, wie wir das mal geplant haben.

22.01 Uhr: Ursula Engelen-Kefer, DGB: Den Rentnern wurden in den letzten Jahren Real-Verluste zugemutet. Die höheren Renten in diesem Jahr sind ein angemessener Ausgleich dafür.

21.58 Uhr: Raffelhüschen: Die neue Rentengarantie hebt das Solidarprinzip auf. Wenn die Bruttolöhne sinken, müssen auch die Renten sinken. Wenn man darauf jetzt verzichtet, dann verursacht das Kosten. Diese müssen getragen werden – vom Beitragszahler oder vom Steuerzahler.

21.54 Uhr: Ralf Stegner, Präsidiumsmitgled der SPD: Wir sollten nicht die Generationen gegeneinander ausspielen. Wir sollten den Rentnern jetzt sagen, dass ihre Renten nicht sinken. Gerade in Zeiten, in denen den Banken mit Milliarden geholfen wird.

21.48 Uhr: Im Maz-Beitrag werden die Ergebnisse des Renten-Gutachtens im Auftrag der INSM skizziert: Die Rentengarantie führe zu Beitragssteigerungen auf bis zu 21,1 Prozent.

21.46 Uhr: Anne Will zitiert den Bundesarbeitsminister Olaf Scholz. Erst vor Wochen sagte er: “Der Rentenbeitragssatz wird in den nächsten 10 Jahren nicht über den bisherigen Satz von 19,9 Prozent steigen.”

Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!

Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!

Vergleich Ausgaben für BildungÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: RCDS

Obwohl der Bildungsstreik 2009 bestehende Missstände im Bildungssystem aufzeigt, fehlt es an konkreten Konzepten, die Studienbedingungen zu verbessern. Die Schülerproteste im November letzten Jahres haben gezeigt, dass ein Bildungsstreik dieser Art nicht friedlich abläuft, sondern in Gewalt und Randale enden kann. Auch am Mittwoch kam es – erwartungsgemäß – in mehreren Städten zu Zwischenfällen. An der Universität Magdeburg beispielsweise wurde die Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften von früh morgens bis 13.00 Uhr verbarrikadiert. In Mainz wurden sogar das Abgeordnetenhaus des Landtags Rheinland-Pfalz gestürmt und erhebliche Schäden an einer Ausstellung zur Friedlichen Revolution in der DDR angerichtet. Damit verliert der Bildungsstreik seine Glaubwürdigkeit.

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Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Die Hochschulfinanzierung setzt falsche PrioritätenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: Juso-Hochschulgruppe

Die Juso-Hochschulgruppen beteiligen sich aktiv am Bildungsstreik um auf bildungspolitische Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Wir freuen uns über die breite Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und über die große Unterstützung vieler Akteure. Vielerorts haben sich tausende von Menschen auf die Straßen begeben um auf Fehlentwicklungen in der Bildung hinzuweisen. Wir setzen uns auf allen Ebenen für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem ein und erteilen der vielfach existenten neoliberalen Konzentration auf Elitenförderung eine klare Absage.

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Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Prioritäten statt Sozialismus

Prioritäten statt Sozialismus

Durchschnittsalter der HochschulabsolventenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: LHG

Mal wieder eine Ausstellung – nicht wundern darf man sich, dass die bundesweiten Proteste, die sich vorgeblich um oder für oder gegen irgendwelche Formen der Bildung drehen, im Abgeordnetenhaus des Mainzer Landtags zur Verwüstung einer Ausstellung zu „20 Jahren friedliche Revolution“ geführt haben. Das Bildungsstreikbündnis findet schließlich nicht nur seine Inspiration in den Schülerprotesten des letzten Spätjahres, bei welchem eine jüdische Ausstellung in Berlin zerstört wurde, sondern vereint auch antidemokratische Gruppen, für die die friedliche Revolution in Deutschland wohl kein Höhepunkt war: Der Sozialismus wurde überwunden, dazu auch noch friedlich.

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Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 4 Kommentare zu Von oben nach unten

Von oben nach unten

Umverteilung von oben nach unten

In Deutschland hält sich hartnäckig das Vorurteil, dass es zu keiner Umverteilung von oben nach unten käme, sondern vielmehr die Mittelschicht die Hauptlast an der Finanzierung des Staates zu tragen habe. In Wahrheit ist jedoch das Gegenteil der Fall. Denn tatsächlich werden in Deutschland die oberen Einkommen weitaus stärker belastet als die unteren. Dafür sorgt nicht zuletzt das progressive Steuersystem. Im Jahr 2007 trugen die oberen 5 Prozent der Steuerpflichtigen 40 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens. Die oberen 50 Prozent sorgten fast für das gesamte Einkommensteueraufkommen. Geringverdiener und Mittelschicht sind also nicht die Zahlmeister der Nation. Das Hauptproblem des deutschen Sozial- und Umverteilungssystems sind aber die hohen Kosten, die es verursacht. Insbesondere der Faktor Arbeit ist hierzulande hoch belastet. So machen die Einkommensteuer und die gemeinsam von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanzierten Sozialversicherungsbeiträge bei einem Alleinstehenden mit Durchschnittsverdienst mehr als die Hälfte der Arbeitskosten aus – die Abzüge sind also höher als das frei verfügbare Nettoeinkommen.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Arbeitsmarkt, Bildung, Europa, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , , , , 2 Kommentare zu Ist Deutschland unsozial?

Ist Deutschland unsozial?

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„Die soziale Gerechtigkeit in Deutschland ist nur mäßig entwickelt.“ Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter dem Titel „Wie sozial ist Europa?“. Unter den 27 europäischen Ländern nimmt Deutschland danach lediglich den Rang 19 ein. Diese Platzierung ist scheinbar Wasser auf die Mühlen derjenigen, die einen Sozialabbau beklagen und mehr Umverteilung vom Staat fordern.

Blickt man näher in die Studie, zeigen sich jedoch interessante Details: So landet Deutschland bei der sozialen Absicherung auf Platz sechs unter 19 europäischen Ländern (wobei die soziale Unterstützung in Europa generell als hoch einstuft wird). Die gleiche gute Platzierung – diesmal sogar unter allen 27 Ländern der EU – erreicht Deutschland bei den Gesamtausgaben für den Sozialschutz. In der Dimension „Einkommensverteilung und soziale Absicherung“ insgesamt kommt die Bundesrepublik so immerhin auf einen Platz im vorderen Mittelfeld. All dies sind nicht gerade Belege für einen unterfinanzierten Sozialstaat.

Die Schwachpunkte liegen dagegen beim Generationenverhältnis – dies wird auch durch den sehr schlechten Wert des vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln errechneten Demografieindex bestätigt –, in Teilbereichen des Arbeitsmarkts und bei den Bildungschancen. So ist hierzulande die Schulleistung sehr stark vom Status sowie vom sozioökonomischen Hintergrund der Eltern abhängig, wobei es Schüler mit Migrationshintergrund hierzulande besonders schwer haben. Die Langzeitarbeitslosenquote ist trotz deutlichen Rückgangs noch immer sehr hoch und gerade Niedrigqualifizierte sind in Deutschland besonders häufig auf Jobsuche.

Das Hauptproblem des deutschen Sozialstaats besteht also darin, die Teilnahmechancen für alle im Bildungswesen und am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Hier wäre beispielsweise der Ausbau einer qualifizierten frühkindlichen Bildung ein wichtiger Ansatzpunkt. Den gerade von Sozialpolitikern oftmals verteufelten Hartz-Gesetzen stellen die Autoren der berlinpolis-Studie dagegen ein gutes Zeugnis aus, indem sie die-se als einen Grund für die Verbesserung Deutschlands im Sozialranking sehen.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 5 Kommentare zu 340.000 Euro – für jeden Opel-Kumpel

340.000 Euro – für jeden Opel-Kumpel

Während General Motors in die Pleite rast, denkt die Bundesregierung ernsthaft über Staatsbürgschaften für Opel nach. Sieben Milliarden Staatsbürgschaft fordert der Fiat-Konzern- zuzüglich eines Überbrückungskredits von 1,5 Milliarden. Im Gegenzug streicht man europaweit 18.000 Arbeitsplätze und bezahlt die Konzernmutter GM mit eigenen Aktien. Auch die Alternativen erscheinen kaum attraktiver. Magna braucht „nur” 5 Milliarden Staatsbürgschaften und weil das Angebot des Staates so attraktiv ist, meldet sich auch noch ein chinesischer Hersteller zu Wort, allerdings ohne bisher eine Garantieforderung nennen.

Aber hat eigentlich schon mal jemand nachgerechnet, was 7 Milliarden Euro Staatsbürgschaft plus 1,5 Milliarden Kredit bedeuten? Hier das Ergebnis: 340.000 Euro könnte der Staat damit jedem Opelaner auf sein Gehaltskonto überweisen. Steuerfrei! Bezieht man die 25.000 Arbeitsplätze der Zuliefererbetriebe mit ein, sind es immerhin noch 170.000 Euro für jeden.

Die Staatmittel sollen langfristig die Arbeitsplätze sichern. Ob dies gelingt ist fraglich. Der Fiat-Konzern kämpft seit Jahren mit eigenen Problemen. Fiat-Anleihen gelten mit der Bonitätnote BB+ als „Junk Bonds”. Magna hat bisher nur Autoteile verkauft. Und mit welchem Erfolg Finanzinvestoren einen Autokonzern führen, wurde zuletzt am Fall Chrysler ersichtlich, denn die stehen erneut vor der Pleite. Ob Opel überlebensfähig ist oder nicht, das sollte vom Markt entschieden werden. Die Steuermilliarden tragen jedenfalls nicht zur Lösung dieser Frage bei.

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Ostdeutsche weniger arm als Wessis

Ostdeutsche weniger arm als Wessis

Durchschnittliche Jahresbruttolöhne: Das Einkommensgefälle Ost-West ist nach der Wiedervereinigung deutlich zurückgegangen.

„Die soziale Schere wird immer größer“ steht in der Onlineausgabe der FAZ*). Was soll uns diese Überschrift sagen? Sie suggeriert, alles werde schlimmer. Zu dem Zeitverlauf von Armut in Deutschland steht aber gar nichts im Artikel. Die Fakten sind auch ganz anders: Tatsächlich ist das Einkommensgefälle Ost-West nach der Wiedervereinigung zurückgegangen. Es besteht zwar weiter ein Einkommensunterschied, eine weitere Angleichung zwischen Ost und West ist jedoch nicht mit Transferleistungen zu erreichen, sondern nur mir echter wirtschaftlicher Konvergenz.

Außerdem: ein regionaler Armutsvergleich ist unsinnig, wenn nicht gleichzeitig die unterschiedliche Kaufkraft berücksichtigt wird. Die Einkommen alleine sagen zu wenig aus. 800 Euro in München sind eben nicht dasselbe wie 800 Euro in Greifswald. Allein schon die Unterschiede der Mietpreise sind zwischen Ost und West, Süd und Nord, Stadt und Land dramatisch. Auch andere „lokale Güter“ sind in den wirtschaftlich starken Regionen teurer als anderswo, das reicht vom Brot in der Bäckerei bis zum Bier in der Kneipe. Eine einfache Lösung besteht in der Berechnung von regionalen Armutsschwellen: Dann liegt die Armutsschwelle im Osten 120 Euro niedriger als im Westen, und die Armut ist dann in Ostdeutschland geringer als im Westen.


Zur Grafik: Der Osten holt auf – Brottolöhne stiegen schneller als im Westen. Die Lohnunterschiede haben sich dadurch verringert. Der durchschnittliche Bruttolohn lag im Jahr 1991 lag im Osten bei 11.097 Euro – heute bei 21.763 Euro. Im Westen damals bei 22.370 – heute bei 28.727. Das Einkommensgefälle ist nach 17 Jahren deutlich verringert. Quelle: Ifo Dresden, 2009.
*) Mittlerweile hat die FAZ die Überschrift in der Onlineausgabe geändert. Gestern lautete sie “Die soziale Schere wird immer größer”.

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Freizeit – eine tödliche Gefahr?

Zahl der Unfälle ist in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen
Eine Spazierfahrt mit dem VW-Käfer war vor knapp 40 Jahren noch ein Risiko für Leib und Leben. 1970 starben auf den Straßen Westdeutschlands etwa 19.000 Menschen – trauriger Spitzenwert. Autofahren war damals die häufigste Ursache für tödliche Unfälle. Dies hat sich jedoch geändert. Heute verlieren im Straßenverkehr noch rund 5.000 Menschen ihr Leben, mit abnehmender Tendenz. Das tatsächliche Unfallrisiko bemisst sich allerdings nach der Zahl der Toten pro gefahrenem Kilometer. Auch hier ergibt sich ein drastischer Rückgang. Pro Milliarde zurückgelegter Kilometer starben 1960 noch 131 Menschen, 2007 gab es nur noch sieben Todesopfer. Die Wahrscheinlichkeit tödlich zu verunglücken ist um 95 Prozent gesunken.
Dies hat mehrere Gründe. Zum einen hat sich die Sicherheitstechnik der heutigen Pkws deutlich verbessert. Zum anderen hat auch die medizinische Erstversorgung einen enormen Qualitätssprung gemacht, so dass die Überlebenswahrscheinlichkeit selbst bei schweren Verletzungen spürbar höher ist als in den fünfziger und sechziger Jahren. Wesentlich mehr tödliche Unfälle als im Straßenverkehr ereignen sich heute in der Freizeit und im Haushalt. Hier ist zuletzt die Zahl verunglückten Menschen sogar leicht angestiegen, liegt jedoch immer noch deutlich unter dem Niveau von vor 50 Jahren. Offensichtlich wird in diesen Bereichen deutlich weniger Wert auf Risikoprävention gelegt.

Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Arbeitsmarkt, Europa, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 5 Kommentare zu Noch immer Spitzenreiter

Noch immer Spitzenreiter

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Deutschland gehört noch immer zu der Spitzengruppe der teuersten Staaten, zumindest was die Steuer- und Abgabenbelastung angeht. Das hat die neue OECD-Studie wiederholt eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht. Das ist seit Jahren so: Selbst einem Durchschnittsverdiener knöpft der Staat über die Hälfte seines erwirtschafteten Einkommens ab. Das halten viele Bürger für nicht fair – zu Recht wie ich meine.

Apropos fair: Die Studie vermittelt den Eindruck, Spitzen- und Alleinverdiener würden im deutschen Steuer- und Sozialsystem ungerechtfertigt übervorteilt. Das stimmt aber nicht. Wer kritisiert, dass Doppelverdiener im Vergleich zum Alleinverdienerhaushalt zweimal Sozialabgaben entrichten müssen, verschweigt, dass dem zum Beispiel bei der Rente auch zwei Zahlungen gegenüberstehen. Wenn man will, kann man das Gutachten so verstehen, dass Menschen mit hohem Einkommen weniger Abgaben zahlen als Geringverdiener. Das stimmt ebenfalls nicht. Die Beitragsbemessungsgrenze führt lediglich dazu, dass der Anteil der Abgaben am Einkommen wieder sinkt. Absolut zahlen die Einkommensstärksten auch die höchsten Beiträge. Unberücksichtigt bleibt zudem die Leistungsseite. Denn mit den Beitragsbemessungsgrenzen werden ja auch die sozialen Leistungen nach oben gedeckelt. Jemand, der über 64.800 Euro im Jahr verdient, zahlt nur bis zu diesem Betrag seine Arbeitslosen- und Rentenbeiträge. Was soll daran unfair sein? Immerhin erhält diese Person auch nur für diesen Betrag Unterstützung, wenn sie arbeitslos wird oder in Rente geht.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , Leave a Comment on Es gibt kein Geschäftsmodell Deutschland

Es gibt kein Geschäftsmodell Deutschland

Entwicklung der Auftragseingänge der deutschen Industrie

Die globale Krise trifft die beiden Exportnationen Deutschland und Japan besonders hart. Für das Jahr 2009 erwarten wir für Deutschland einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um viereinhalb Prozent, für Japan von sechs Prozent. Diese für hoch entwickelte Ökonomien ungewöhnlich schlechten Zahlen sind in erster Linie darauf zurückzuführen, dass in beiden Ländern der industriellen Bruttowertschöpfung eine hohe Bedeutung besitzt. Vor diesem Hintergrund wird von Beobachtern und Analysten lauthals das Ende der starken industriebasierten Exportorientierung propagiert. Das Geschäftsmodell unserer Volkswirtschaft stehe zur Disposition, heißt es. Dahinter verbirgt sich die These, dass die Krise weniger durch die Finanzmärkte und vielmehr durch eine globale, aus Kreditexpansion zu erklärende Überinvestition verursacht wurde. Doch überzeugende Belege dafür gibt es nicht. Wer nach einem neuen Geschäftsmodell verlangt, erweckt den Eindruck, der volkswirtschaftliche Strukturwandel folge planender Absicht und gezielter zentraler Entscheidungen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Veränderungen resultieren aus millionenfachen dezentraler Entscheidungen nach Maßgabe unternehmerischer Ziele und Konsumwünschen. Die Flexibilität der Unternehmen wird unterschätzt und oft werden sie mit dem Vorwurf konfrontiert, den Strukturwandel verschlafen zu haben. Diejenigen, bei denen dies zutrifft, werden von der Bildfläche verschwinden. Und doch wird sich zeigen: Die deutsche Wirtschaft insgesamt war immer sehr erfolgreich. Ich erkenne keinen plausiblen Grund, warum dies in Zukunft nicht auch der Fall sein soll.


Zur Grafik: Die deutsche Industrie hat in den vergangenen 15 Monaten einen schweren Einbruch erlitten. Die Zahl der Auftragseingänge liegt im Vergleich zum Jahr 2007 um etwa 45 Prozentpunkte niedriger. Zuletzt konnten aber wieder etwas mehr neue Aufträge verzeichnet werden.

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , , 4 Kommentare zu Beitragssenkung nicht in Sicht

Beitragssenkung nicht in Sicht

Die Armut bei Familien mit Kindern ist deutlich höher als die Armut bei Rentnern.
Nach bisherigem Recht wären Rentenkürzungen im kommenden Jahr nicht zu vermeiden. Entwickelt sich die Wirtschaft in diesem Jahr so katastrophal, wie befürchtet, müssen die Erwerbstätigen in Deutschland mit massiven Gehaltseinbußen rechnen. Und weil die Renten an das Niveau der Löhne gekoppelt sind, müssen auch die Rentner mit Kürzungen zurechtkommen. Eine solche Situation hat es in der Geschichte der Bundesrepublik zwar noch nie gegeben, doch befinden wir uns auch in der mit Abstand schärfsten Rezession seit Kriegsende.

Am vergangenen Mittwoch hat das Bundeskabinett nun aber beschlossen, dass Rentenkürzungen gesetzlich verhindert werden sollen und damit die Büchse der Pandora geöffnet. Durch diesen Schritt wird erstmals der Lohnbezug der Rentenanpassung außer Kraft gesetzt. Zwar ist offiziell geplant, dass zum Ausgleich die Renten in Zukunft langsamer steigen sollen, doch ist diese Ankündigung völlig unglaubwürdig. Ein Blick in die Rentenpolitik der jüngeren Vergangenheit belegt, warum.

Schon in den Jahren 2005 und 2006 wurde ein Sinken der Renten durch eine Schutzklausel verhindert. Allein hieraus ergibt sich eine nachzuholende Rentenkürzung von 1,75%. Bis diese Kürzung nachgeholt wird, ergeben sich jährliche Mehrausgaben von 4 Mrd. Euro. Anstatt bei guter wirtschaftlicher Lage die Kürzung einzuleiten, hat dann die große Koalition im Mai 2008 noch eins draufgelegt und den wahlstrategisch wichtigen Ruheständlern außerplanmäßige Rentenerhöhung für 2008 und 2009 von insgesamt 1,3% gewährt.

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Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , , , , 2 Kommentare zu Neues Wachstum in Sicht

Neues Wachstum in Sicht

Die Zahl der Menschen, die in Städten leben, wird sich bis 2050 auf rund 6,4 Milliarden verdoppeln und entsprechende Ansprüche an die urbane Infrastruktur stellen – ein riesiges Marktpotential für ausländische Unternehmen.Die deutsche Wirtschaft hat auch in Zukunft riesige Wachstumschancen und Beschäftigungspotentiale. ÖkonomenBlog-Autor Oliver Knipping sieht diese unter anderem bei der Entwicklung klima- und umweltfreundlicher Technologien und in den sog. Life Sciences.

Die schwerwiegendste Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte trifft den Exportweltmeister durch den Rückgang der Weltnachfrage besonders hart. Andererseits haben Unternehmen und Beschäftigte in den letzten Jahren enorm vom Welthandel profitiert. Und auch heute steckt die deutsche Industrie nicht nur in der Krise, sondern steht auch vor neuen Chancen. Dies setzt allerdings voraus, dass Signale erkannt und genutzt werden, die Politik verschleppte und halbherzige Reformen im Rahmen einer konsequenten Reformpolitik umsetzt und den Markt verzerrende Standortpolitik Unternehmensentscheidungen weicht.

In allen Industriestaaten hat das verarbeitende Gewerbe an Bedeutung verloren – auch in Deutschland. Und dennoch nimmt die Bundesrepublik eine Sonderstellung ein. In den Jahren des Aufschwungs 2006 und 2007 sind über 80.000 neue Industriearbeitsplätze entstanden. Wenn wir in Zeiten der Krise diese Jobs sichern und die Chancen der Zukunft ergreifen wollen, darf die deutsche Politik nicht in die Unbeweglichkeit vergangener Jahre zurückfallen. Im Gegenteil: Jetzt geht es darum, das Land fit zu machen für die weltweiten Megatrends.

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Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 7 Kommentare zu Zeche zu Lasten unserer Kinder

Zeche zu Lasten unserer Kinder

Seit Bestehen der dynamischen Rente hat es noch nie Rentenkürzungen gegeben. Im Gegenteil: Gerade in diesem Jahr sind die Renten höher als planmäßig gestiegen.

Kurzarbeit wird in diesem Jahr wohl zu Gehaltseinbußen bei den Erwerbstätigen führen. Das Rentenrecht sagt: sinken die Löhne, dann sinken auch die Renten. Das will die Bundesregierung nun verhindern. ÖkonomenBlog-Autor Bernd Raffelhüschen sieht darin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Wie hoch sollen die Renten steigen, welches Ausmaß wäre gerecht – eine Frage, die auf ein Neues die Gemüter der Republik bewegt. Die Antwort hierauf fiel im Laufe des Bestehens unserer Demokratie recht unterschiedlich aus. In den 70er und 80er Jahren galt es der Altersarmut Herr zu werden – die passende Antwort war dann auch, dass das verfügbare Einkommen der Rentner stärker steigen sollte, als das der wohlhabenderen Erwerbstätigen. Nach Erreichen dieses Ziels – und kein Mensch kann ernsthaft bestreiten, dass heutzutage Kindheit oder Jugend ein deutlich höheres Armutsrisiko darstellt als das Alter – wurde nach langem Ringen im Jahr 2001 eine neue Rentenformel entwickelt. Deren Grundsatz ist unter Fachleuten unumstritten: Gerecht ist, wenn Rentner und Erwerbstätige gleichgestellt werden.

Im Grundsatz steigen die Renten mit dem Prozentsatz, mit dem die modifizierten Bruttolöhne im Vorjahr gestiegen sind. Dabei besteht die Modifikation darin, dass es sich eigentlich um die Pro-Kopf-Löhne abzüglich der gesetzlichen und privat-ersetzenden Altersvorsorge handelt. Die Idee dahinter ist einfach und auch dem Laien verständlich zu machen: Wenn dem Durchschnittsbeschäftigten nach Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und der ersetzenden Altersvorsorge, die notwendig wäre um auf das Rentenniveau der heutigen Rentner zu kommen, z.B. x Prozent mehr in der Tasche verbleiben, dann soll der Durchschnittsrentner eben auch genau x Prozent mehr bekommen. Schließlich finanziert ja im Umlageverfahren der heutige Erwerbstätige durch seine Beiträge den heutigen Rentner, genauso wie der heutige Rentner es in seiner Zeit auch gemacht hat. Dieser Generationenvertrag und sein immanenter Gleichbehandlungsgrundsatz hat in diesem Jahr zu deutlichen Rentenzuwächsen geführt, weil im Vorjahr starke Lohnzuwächse zu verzeichnen waren.

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Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , , , , , , Leave a Comment on Arbeit an sieben Baustellen

Arbeit an sieben Baustellen

Der Einstieg in Arbeit ist einfacherer geworden. Aufschwung und Arbeitsmarkreformen der vergangenen Jahre haben die Jobchancen für die meisten Menschen verbessert – aber nicht für alle. Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte haben es besonders schwer – gerade jetzt in der Krise. Was muss geschehen? WZB-Präsidentin Prof. Jutta Allmendinger nennt sieben Baustellen – harte Arbeit für die Politik.

1. Erwerbsarbeit zu haben ist besser als auf Arbeit zu warten. Es ist eindeutig empirisch belegt, dass der Mensch besser sozial integriert ist, wenn er arbeitet, selbst wenn er damit genau so wenig verdient wie er als Erwerbsloser erhielte. Das zeigt, wie wichtig es ist, Menschen so lange wie möglich in Beschäftigung zu halten; die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist deshalb richtig.

2. Wir dürfen Arbeitslose und Kurzarbeiter nicht allein lassen, wir müssen sie für die Zukunft rüsten. Der im Moment gängige Slogan, dass wir gestärkt aus der Krise herauskommen, ist meines Erachtens überhöht. Achten müssen wir aber darauf, dass die Krise nicht zu einer Schwächung der Wiedereinstiegschancen führt, weil Arbeitnehmer Qualifikationen verlieren und die Chance zur Weiterentwicklung nicht genutzt wird.

3. Wir müssen Erreichtes sichern. Hierzu gehört eine Betriebskultur, die Ältere und Eltern akzeptiert. Folglich sollte der Arbeitslosengeld-I-Bezug für Ältere nicht verlängert werden, und Altersteilzeitmodelle sollten nicht neu aufgelegt werden. Das gilt zumindest für Altersteilzeitmodelle im traditionellen Sinn, in dem über 90 Prozent das sogenannte Blockmodell wählten und über mehrere Brücken oft schon als 53-jährige den Arbeitsmarkt verlassen konnten. Altersteilzeit im Sinne reduzierter Arbeitszeiten wäre eine gangbare Alternative. Das gilt für die Erwerbstätigkeit insgesamt: Ich plädiere für eine (freiwillige) Umverteilung von Arbeitszeit. Neben den Älteren sollten wir auch Frauen mit Kindern stärker auf dem Arbeitsmarkt halten und dafür Instrumente entwickeln. Erwerbsunterbrechungen schaden Frauen, und zwar noch verstärkt seit der Neuregelung des Unterhaltsrechts.

4. Die negative Konnotation von Aufstockung und der Kombination von Erwerbseinkommen und sozialen Transfers halte ich für ungerechtfertigt. Eine Umverteilung von Arbeitszeit wird die Zahl der „Aufstocker“ erhöhen, gleichermaßen aber eine Verbundenheit von mehr Menschen mit dem Arbeitsmarkt unterstützen.

5. Dequalifikation zu vermeiden ist das eine, Qualifikationen aktiv aufzubauen ist das andere. Schon heute wird diskutiert, das Kurzarbeitergeld nicht mehr mit Weiterbildungsprogrammen zu kombinieren. Dies ist der falsche Weg. Stattdessen müssen Strukturen der Weiterbildung aufgebaut werden, und Arbeitslose bzw. von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen die ersten sein, die an diesen Bildungsformen teilhaben dürfen. Das Denken an Morgen umfasst natürlich auch den hohen Anteil bildungsarmer Personen, die immer mehr zu „Altbewerbern“ werden und kurz-, mittel- und langfristig keine Möglichkeiten zur Integration in den Arbeitsmarkt haben.

6. Angesichts der zunehmenden Arbeitslosigkeit und der Zunahme von Hartz IV-Beziehern ist das politische Gerangel um die Betreuung von Langzeitarbeitslosen ein Skandal. Gerade Langzeitarbeitslose brauchen institutionelle Strukturen und persönliche Unterstützung, um Wege in den Arbeitsmarkt finden zu können. Die Frage des Umbaus von Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen darf meines Erachtens nicht auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben werden.

7. Als hohen Wert sollten wir auch in den nächsten Monaten eine solide, transparente und ehrliche Arbeitslosenstatistik ansehen. Bestimmte Personengruppen aus der Zählung auszuschließen hilft weder diesen Menschen noch dem Aufbau entsprechender Programme noch dem öffentlichen Diskurs.


Die Autorin ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Hier kommen Sie zur aktuellen WZB-Studie „Einstiegswege in den Arbeitsmarkt“.