Arbeit

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 1 Kommentar zu Jobwunder oder Subvention?

Jobwunder oder Subvention?

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Der deutsche Arbeitsmarkt hat die Krise bisher wie kaum ein zweites Land umschifft. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist nur moderat angestiegen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Zum Einen hat Deutschland mit den Hartz-Reformen die Vorraussetzungen für das deutsche Jobwunder geschaffen, zum Anderen hat aber der Staat durch die Ausweitung der Kurzarbeit den Unternehmen Anreize geschaffen, die Belegschaft trotz einer Unterauslastung zu halten. Ungeachtet voller werdender Auftragsbücher wurde von der Bundesregierung die Ausweitung der Kurzarbeitregelung bis 2012 beschlossen.

Mögen einige Argumente für Kurzarbeit sprechen, gilt dennoch: Kurzarbeitergeld ist eine Subvention. Vergangene Wirtschaftkrisen haben immer neue innovative Unternehmen hervorgebracht. Dank Kurzarbeitssubvention können aber auch schlechte Unternehmen im Markt verharren und junge zukunftsträchtige Unternehmen kommen nur schwer an qualifizierte Fachkräfte. Die Schumpetersche „schöpferische Zerstörung“ wird ausgehebelt und alte, ineffizientere Strukturen werden konserviert. Vergeblich sucht man in Deutschland nach erfolgreichen Start Ups wie Google und Facebook. Auch die Chancen dieser Krise scheinen jetzt vertan.

Arbeitsmarkt, Europa, FinanzmarktTagged , , , , , 6 Kommentare zu Billiglohnland Deutschland?

Billiglohnland Deutschland?

Arbeitskosten in Deutschland und Frankreich je Arbeitsstunde

Die deutsche Lohnzurückhaltung sei der Grund dafür, weshalb der Euro unter Druck gerät, hieß es jüngst von Seiten unserer französischen Nachbarn. Denn das deutsche Lohndumping sei die Ursache für die hohen Leistungsbilanzdefizite vor allem der südeuropäischen Staaten. Gefordert wurde: Deutschland solle durch Anhebung des Lohniveaus seine Inlandsnachfrage stärken, um damit die exportschwachen Länder – darunter die Schuldensünder Griechenland, Spanien und Portugal – wieder wettbewerbsfähig zu machen.

Eine absurde Forderung. Denn trotz der moderaten Zuwächse der vergangenen 13 Jahre hat Deutschland immer noch die dritthöchsten Lohnkosten in Europa. Fakt ist: Die Arbeitskosten je geleisteter Stunde in der Industrie waren im Jahre 2008 in Deutschland (33,58 Euro) und Frankreich (33,23 Euro) fast identisch. Während Deutschland schmerzhafte Reformen durchgeführt hat, haben vor allem die südeuropäischen Länder über ihren Verhältnissen gelebt. Mit dem Lohn zu argumentieren, ist also wenig überzeugend. Der deutsche Wettbewerbsvorsprung kam nicht mit der Währungsunion über Nacht, sondern ist vielmehr das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Deutsche Produkte sind weltweit gefragt, weil sie mit ihrer Qualität überzeugen. Zudem ist es der deutschen Industrie gelungen Nischen zu besetzen. Kurz: Nicht Lohndumping, sondern Spitzenleistung und Innovation sind die Grundlage des erfolgeichen deutschen Exportmodells.


Mehr zur Krise des Euro finden Sie im INSM Griechenland-Dossier

Arbeitsmarkt, SozialesTagged , , , , , 5 Kommentare zu Weniger Grundversorgung, mehr Arbeit

Weniger Grundversorgung, mehr Arbeit

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Hartz-IV-Sätze wird die Ausgestaltung des Sozialstaats kontrovers diskutiert. Während die einen die Gunst der Stunde nutzen wollen, eine Erhöhung der Regelsätze durchzusetzen, wollen andere sie senken oder die Laufzeit beschränken. Fest steht: die Solidargemeinschaft muss seinen Bürgern ein Sicherheitsnetz bieten, was auch zeitlich unbegrenzt gezahlt werden muss. Aber es müssen Anreize geschaffen werden, selbst aktiv zu werden. Denn jeder Mensch kann etwas und das was er kann, soll er machen.

Anreize schafft man, in dem sich die finanzielle Situation der Bedürftigen durch die Aufnahme einer Arbeit verbessert. Halbiert man die Grundversorgung und belohnt man jeden selbstverdienten Euro mit einem weiteren Euro vom Staat, ist der Anreiz Arbeit aufzunehmen stark genug. Mit steigendem Einkommen wird der staatliche Zuschuss allmählich abgeschmolzen, bis ein gewisses Niveau erreicht ist. Für willentlich Untätige gibt es nur die Grundversorgung in Sachleistung. Somit wird auch ein genügend großer Lohnabstand der Nicht-Erwerbstätigen zu den unteren Einkommensgruppen gewährleistet. Arbeit würde sich wieder lohnen.


Hier finden Sie eine ausführliche Version der Freiburger Blaupause.

Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 1 Kommentar zu Arbeitslosenversicherung – aber richtig

Arbeitslosenversicherung – aber richtig

Fairness auf dem Arbeitsmarkt – niemand der sich dies nicht wünscht. Was aber wirklich fair ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Ist es wirklich fair, wenn künftig auf die Vermögensprüfung bei Leistungsempfängern völlig verzichtet wird, wie von der SPD gefordert? Dem mag man entgegenhalten, dass die Mittel für die Transferleistungen von den Beschäftigten erwirtschaftet werden und der Staat daher nur den wirklich Bedürftigen unter die Arme greifen dürfe.

Beide Seiten übersehen in ihrer Argumentation zwei Grundprobleme. Das, was gemeinhin als „Markt“ bezeichnet wird, ist bestenfalls ein überregulierter Arbeitsmarkt. Auch gibt es keine Arbeitslosenversicherung, sondern eher eine Arbeitslosensteuer. Die Diskussion um eine Vermögensprüfung muss da schon absurd anmuten – unsere Krankenversicherung bittet bei Eintreten des Versicherungsfalles schließlich auch nicht um eine Vermögensprüfung vor Behandlungsbeginn. Da erscheint die Überlegungen der SPD durchaus plausibel, auf eine Vermögensprüfung zu verzichten, um die „Lebensleistung jedes Einzelnen“ zu honorieren. Ansonsten wäre derjenige, der über Jahrzehnte Arbeitslosenbeiträge entrichtet und kleine Ersparnisse angesammelt hat, im Falle einer plötzlichen Erwerbslosigkeit doppelt gestraft – obgleich er doch „versichert“ ist. Das kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ansinnen der Sozialdemokraten auf eine vermehrte staatliche Umverteilung zielt.

Hilfe für Bedürftige, eine Erhöhung der Anreize zur Arbeitsaufnahme sowie ein Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit kann hingegen erreicht werden, indem wir dem Markt wieder mehr Raum einräumen und Arbeitslosenversicherungen zulassen, in denen das für den Einzelnen nicht abschätzbare Risiko kollektiv von den Beschäftigten getragen wird. Das Versicherungsprinzip macht die Debatte um eine Vermögensprüfung redundant, erhöht die Anreize zur Arbeitsaufnahme und die Unterstützung des Arbeitssuchenden durch Arbeitsvermittler und nicht zuletzt auch durch seine Versicherung. Tritt der Versicherungsfall ein, ist der Erhalt der Leistungen vertraglich zugesichertes Recht des Versicherten. Ein Mensch, der seine Arbeit verloren hat, ist dann Kunde – und kein Almosenempfänger staatlicher Transferleistungen.

Es versteht sich von selbst, dass die Leistungen der Arbeitslosenversicherungen von privaten Unternehmen in einem wettbewerblichen Arbeitsmarkt erbracht würden.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Befristete Jobs – ja und?

Befristete Jobs – ja und?

Vollzeitstellen

„Immer mehr Jobs sind befristet“, schreibt die Berliner Zeitung heute auf ihrer Titelseite. Die Süddeutsche legt noch einen drauf: „Unsichere Arbeitsplätze werden zur Regel“. Mindestens die Münchner sind mit ihrem Aufmacher völlig auf der falschen Spur.

Das Statistische Bundesamt hat gestern lediglich dargestellt, dass 8,9 Prozent von insgesamt 30,7 Millionen abhängig Beschäftigten (Kernerwerbstätige) einen befristeten Arbeitsvertrag haben – nichtmals jeder Zehnte. In diesem Zusammenhang von „der Regel“ zu sprechen, scheint recht weit hergeholt. Vor allem auch deshalb, weil die meisten Berufseinsteiger oft nur vorübergehend befristet eingestellt werden, später dann in eine unbefristete Stelle wechseln. Zwischen 2003 und 2008 sind rund 1,8 Millionen Erwerbstätige aus einer flexiblen Erwerbsform in eine unbefristete, abhängige oder beamtete Vollzeitbeschäftigung gewechselt. Umgekehrt waren es weniger.

Zum Aufmacher der Berliner Zeitung stellt sich mir nur die Frage: Mehr befristete Jobs – ja und? Klar ist: Die Anzahl befristeter Verträge steigt. Aber eben nicht zulasten der unbefristeten Vollzeitbeschäftigung! Feste und sichere Vollzeitjobs wird es also auch in Zukunft geben. Wichtig war in den vergangenen Jahren, dass der steigenden Erwerbsquote ausreichend Jobangebote gegenüberstanden. Die Zahl der flexiblen „Einsteigerjobs“ ist in den Zeiten des Aufschwungs und der Agenda 2010 tatsächlich gestiegen. Das kann man doch nur begrüßen.


Hier geht's zu einem weiteren Beitrag zu diesem Thema.
Vollzeitbeschäftigung: kein Auslaufmodell – ÖB-Beitrag von Dr. Oliver Knipping

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 1 Kommentar zu Genug Arbeit für jung und alt

Genug Arbeit für jung und alt

Die Erwerbstätigenquote ist in den letzten Jahren konstant gestiegen.

Lange Zeit wurde die geringere Erwerbstätigenquote der 55 bis 64-Jährigen mit ihrer angeblich nachlassenden Leistungsfähigkeit erklärt. Heute wissen wir es besser – falsche politische Anreize waren maßgeblich für den massenhaften Rückzug aus dem Arbeitsmarkt verantwortlich. Solange wie der Sozialstaat großzügige Frühverrentungsoptionen offerierte, haben Unternehmer wie Arbeitnehmer gerne von der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands Gebrauch gemacht. Bezahlt wurde er schließlich von anderen – den gegenwärtigen Beitragszahlern. Vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartungen musste dieses Modell über kurz oder lang an Grenzen der Finanzierbarkeit stoßen.

Mit der Agenda 2010 nahm die Politik Abschied von dieser Praxis. Mit Erfolg: Die Erwerbstätigenquote der 55 bis 64-Jährigen ist zwischen 2003 und 2008 um fast 15 Prozentpunkte gestiegen. Lange Zeit galt auch: Die Älteren würden den Jüngeren den Zugang zum Arbeitsmarkt verstellen. Nun zeigt sich aber, dass im Zeitraum von 2003 bis 2008 auch die Erwerbstätigenquote der 15-24-Jährigen von 42,4 Prozent auf 47,2 Prozent gestiegen ist. Fakt ist: Die Zahl der Arbeitsplätze in einer Volkswirtschaft ist eben keine Naturkonstante. Gleichzeitig mehr Arbeit für jung und alt schließt sich nicht aus.


Hier geht es zu der Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 1 Kommentar zu Arbeit – ein hohes Gut

Arbeit – ein hohes Gut

Der Job ist viel wert. Zur Not würden viele sogar mit Abstrichen vom Lohn leben wollen. Das sagt die IW-Consult-Umfrage.

Die Wirtschaftskrise erscheint erst einmal überstanden. Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich – nicht zuletzt dank der Kurzarbeit – bislang außerordentlich gut gehalten. Doch niemand weiß, wie die Entwicklung weitergehen wird. Kommen wir mit einem blauen Auge davon oder kommt die Krise am Arbeitsmarkt erst noch? Für die Arbeitnehmer bedeutet dies: der eigene Arbeitsplatz ist nicht sicher. Offensichtlich sind sich viele deutsche Arbeitnehmer dieser brisanten Lage bewusst. Deshalb sind viele auch bereit, ihren Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung zu leisten. Dies geht aus einer aktuellen Arbeitnehmerbefragung hervor.

In einer repräsentativen IW-Consult-Umfrage wurden Arbeitnehmer gefragt: Wozu wären sie im Gegenzug für eine Arbeitsplatzgarantie von mindestens einem Jahr in Ihrem Unternehmen bereit? Über ein Drittel der Befragten würden unter diesen Umständen eher auf einen Einkommenszuwachs verzichten. Kürzere Arbeitszeiten zu entsprechend niedrigerem Einkommen finden 14,3 Prozent in Ordnung. Jeder zehnte ist sogar bereit, auf bis zu10 Prozent seines Einkommens zu verzichten. 18,4 Prozent der Befragten würden aber in keinem Fall Einkommenseinbußen akzeptieren. Für viele gilt aber: Lieber weniger Lohn, als arbeitslos.


Holger Schäfer ist Senior Economist beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Seine Schwerpunktthemen sind Arbeitsökonomik, Arbeitsmarktpolitik und Zuwanderung.

Mehr Infos zur Umfrage finden Sie im Deutschlandcheck: www.deutschland-check.de

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 3 Kommentare zu Vollzeitbeschäftigung: kein Auslaufmodell

Vollzeitbeschäftigung: kein Auslaufmodell

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Noch im Jahr 2005 waren zeitweise mehr als 5 Millionen Deutsche arbeitslos. Nicht wenige spekulierten damals, wann die 6-Millionen-Grenze fallen wird. Parallelen zur Lage in den 30er Jahren kursierten in der Medienlandschaft. Nur drei Jahre später hat sich die Lage gründlich geändert. Im Herbst 2008 lag die Zahl der Arbeitslosen erstmals wieder seit 1992 unter 3 Millionen. Dies hat vor allem auch mit den Reformen der Agenda 2010 zu tun. Für viele eine erfreuliche Entwicklung. Andere sprechen von einer Mogelpackung.

Von einer massenhaften Umwandlung sozialversicherungspflichtiger Vollzeitstellen in andere Billigjobs ist die Rede. Doch diese Behauptung ist nicht haltbar, wie jetzt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zu Köln ergeben hat. Es stimmt zwar, dass der Anteil der geringfügig Beschäftigten an allen Erwerbsfähigen von 2003 (4 Prozent) bis 2008 (5 Prozent) leicht gestiegen ist. Dieser Anstieg erfolgte jedoch nicht zur Lasten der Vollzeitbeschäftigten. Ganz im Gegenteil: Auch der Anteil der Vollbeschäftigten ist von 2003 (40 Prozent) bis 2008 (42 Prozent) angestiegen. Das heißt in der Summe: Mehr kleine und mehr Vollzeitjobs. In diesem Punkt, kein schlechtes Ergebnis.


Hier geht’s zu  weiteren Beiträgen zu diesem Thema:
Flexible Jobs: Sprungbrett in den Beruf – Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Hartz IV gefährdet keine Vollzeitstellen Studie – Welt-online vom 09.03.2010
IW-Forscher ziehen positive Hartz-IV-Bilanz – Zeit-online vom 08.03.2010

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Aufstocken und Aufsteigen

Aufstocken und Aufsteigen

100219 Hüther Aufstocken und Aufsteigen

Skandal, Skandal schallt es wieder durch die Republik. Immer wieder überraschend ruft der Hinweis auf Selbstverständliches in der Sozialpolitik Empörung hervor. Aktueller Anlass: Die Äußerungen des Außenministers zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Höhe von Arbeitslosengeld II. Dabei hatte Westerwelle lediglich in klaren Worten auf die Prinzipien unseres Sozialstaates verwiesen: Subsidiarität und Lohnabstand. Warum dann dieser emotionale Aufschrei?

Vielleicht offenbart sich hier das Unwohlsein einer Gesellschaft, die einer Illusion aufgesessen ist: Die großen Versprechen auf Integration und Teilhabe haben die Regierenden so nicht erfüllt. Zu den Gründen gehören vor allem staatliche Fehlanreize. Die Hinzuverdienstregeln für ALG II-Empfänger, die einen hohen Anreiz für Teilzeitarbeit setzen, diskriminieren im Ergebnis den Vollzeiterwerb und führen zu einer geringeren sozialen Bindung. Wichtig ist nun, die leichtfertige Diffamierung der Aufstocker zu unterlassen. Sie verdienen Respekt und vor allem eine faire Aufstiegschance.

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 4 Kommentare zu Verteilen hilft nicht

Verteilen hilft nicht

Das Hartz-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat eine richtige und wichtige Grundsatzdebatte über die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates ausgelöst. Kaum war das Urteil gesprochen, überschlugen sich die Forderungen nach höheren staatlichen Leistungen: die eine Ministerin brachte steuerfinanzierte Füllfederhalter und Wassermalkästen ins Gespräch, die andere plädierte für höhere Regelleistungen für Kinder. Ebenso ziellos die aktuelle DGB-Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde. Wie so oft wird vor allem über das „Verteilen“ und nicht über das „Erwirtschaften“ diskutiert. Keiner bezweifelt den gutmütigen Geist von Politikern, die sich für die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ einsetzen. So wie gestern die Abgeordnete Katja Kipping in der Bundestagsdebatte: Wir bräuchten einen „sozialen Fortschritt“. Und der drücke sich in einem Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde aus.

Sicher gut gemeint. Aber ordnungspolitisch sinnvoll kann das nicht sein. Und gut für die Menschen auch nicht. Warum sollte man einer Frisöse in Bautzen oder einem Floristen in Erfurt nicht gönnen, acht bis zehn Euro Stundenlohn zu verdienen? Na ja, weil der Stundenlohn wenig mit „gönnen“ oder „sozialer Gerechtigkeit“ zu tun hat. Zunächst muss der Stundenlohn real erwirtschaftet werden. Diktiert der Staat einen höheren gesetzlichen Lohn als das, was in den Betrieben tatsächlich erarbeitet wird, muss es zwangsläufig zu Entlassungen und steigender Arbeitslosigkeit kommen. Gestern stellte das ifo Institut Dresden neue Zahlen vor: Schon bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro sind in Deutschland rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Wen trifft es am härtesten? Diejenigen, die sich um einen Einstieg in Arbeit bemühen. Die sich neben Hartz IV mit einem Mini- und Einstiegsjob etwas dazu verdienen. Und diejenigen, die so Anlauf nehmen wollen, wieder in eine reguläre Beschäftigung zu kommen. Ist das der Sozialstaat, den wir uns wünschen?


– Mehr Infos und Materialien zur Mindestlohn-Debatte: Ifo Institut.
– Frankfurter Allgemeine Zeitung:
8,50 Euro je Stunde spalten die Ökonomen.
– Focus online: Laut Bundesverfassungsgericht müssen
Hartz-IV-Sätze neu berechnet werden.

– „Soziale Gerechtigkeit ist keine Gerechtigkeit“: Dr. Michael Prollius über die Unmöglichkeit des „verteilenden Gerechtigkeit“. Gelesen im Newsletter des Instituts für Unternehmerische Freiheit.

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 12 Kommentare zu Leben in der Sozialstaatsfalle

Leben in der Sozialstaatsfalle

Hartz IV Sätze im Vergleich

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen der Kinder im Hartz IV-Bezug hat eine Diskussion befeuert, die in Deutschland immer nach dem gleichen Muster läuft: Wer bietet mehr! So war das übrigens auch bei der Hartz IV-Reform im Jahr 2004. Um knapp 10 Milliarden Euro jährlich explodierten gesamtstaatlich die Kosten nach der Reform. Ein Gesetzespaket, das in diesem Land noch heute als Synonym für sozialen Kahlschlag empfunden wird, entpuppte sich als massive Ausgabensteigerung für den Staat.

Weil wir bei Hartz IV-Leistungen immer nur den Regelsatz beleuchten, „von dem doch niemand leben kann“, verkennen wir ein Kernproblem unseres Gemeinwesens. Wer arbeitet, muss von seinem Einkommen neben Krankenversicherungsbeiträgen und Steuern, seine Miete und seine Heizkosten erwirtschaften – und seine Kinder finanzieren. Vergleicht man die Einkommensverhältnisse bei diesen Familien mit einer vergleichbaren Familiengröße im Hartz IV-Bezug, stellen sich viele Arbeitnehmer mit geringer Qualifikation, die jeden Tag zur Arbeit gehen, kaum besser – mit steigender Kinderzahl sogar schlechter – als die Bezieher von Sozialleistungen. Die Warmmiete trägt der Staat und die Krankenversicherung natürlich auch.

Unsere Gesellschaft beruht auf Erwerbsarbeit. Wir müssen alles tun, damit möglichst alle Menschen lernen, dass gute Bildung, persönliche Einsatzbereitschaft, aber auch soziale Kompetenz, die Mixtur bilden, aus der sich ein erfülltes Leben speist. Deshalb ist die Finanzierung von sozialer Infrastruktur – qualifizierte Kinderbetreuungseinrichtungen und Bildungsstätten – viel wichtiger als höhere Geldleistungen, die häufig genug nicht bei den Kindern der Unterschicht ankommen. Sozialstaat heißt Hilfe zur Selbsthilfe, heißt Subsidiarität. Nur wer sich selbst engagiert, wird materiell über mehr verfügen können als über das absolute Existenzminimum. Ansonsten gehen wir in der Sozialstaatsfalle unter, weil immer mehr Menschen systematisch zur Passivität erzogen werden.


Wolfgang Franz, Vorsitzender des Sachverständigenrates, präsentierte diese Woche in der Wirtschaftswoche ein neues Sozialhilfemodell: Wer selbst arbeitet, bekommt netto mehr heraus. Ohne Arbeit sinkt dafür der Regelsatz um 30 Prozent.

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged 6 Kommentare zu Schwarz ist wieder Trend

Schwarz ist wieder Trend

Der Anteil der Schattenwirtschaft gemessen am BIP hat sich seit Ausbruch der Krise wieder vergrößert.

Keine Frage – Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt. Jährlich werden Milliarden am Fiskus vorbeigeschleust. Aber wie kann Schwarzarbeit nachhaltig bekämpft werden? Bisher galt die Gleichung: Höhere Geldbußen, mehr Kontrollpersonal gleich weniger Schwarzarbeit. Auch für Finanzminister Schäuble scheint dies der Königsweg zu sein: 200 neue Stellen sollen bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit geschaffen werden. Doch diese Strategie bekämpft nur die Symptome. Die Ursachen liegen wo anders und das Rezept dagegen ist einfach.

Wo Steuern erhoben werden, entsteht eine Schattenwirtschaft. Denn wer will schon sein hart verdientes Geld teilweise wieder abgeben? Im Jahre 2003 ereichte der Anteil der Schattenwirtschaft am BIP mit etwa 17 Prozent seinen bisherigen Höhepunkt. Als die rot-grüne Regierung unter dem Druck von zeitweise über 5 Millionen Arbeitslosen die Steuerlast senkte und den Arbeitsmarkt deregulierte, kam es zur Trendwende: Die Schwarzarbeit ging zurück, und die Zahl der Erwerbstätigen stieg. Erst mit dem Konjunktureinbruch kehrte sich dieser Trend erneut um. Sofern die Bundesregierung also nicht hinter jede Putzfrau einen Polizisten stellen möchte, sollte sie dafür sorgen, dass sich reguläre Arbeit wieder mehr lohnt. Und das bedeutet – Steuern runter.

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , 4 Kommentare zu Auf Staatsdiener verzichten

Auf Staatsdiener verzichten

Nach wie vor sind die meisten Beschäftigten im öffentlichen Dienst beamte. Zu viele, meint Oswald Metzger

Nach wie vor ist es das Tabuthema der Politik: Das Berufsbeamtentum. Fast 1,7 Millionen Beamtinnen und Beamte dienen Staat und Gesellschaft. Verfassung und Beamtengesetze weisen ihnen vielfältige Privilegien zu: schön für die Betroffenen, teuer für die Steuerzahler.

Privileg 1: Die lebenslange Beschäftigungsgarantie. Außer Beamten gibt es keinen in unserer Marktwirtschaft mit so viel Sicherheit. Privileg 2: Die Versorgungszusage im Ruhestand. Im Vergleich zu Millionen Rentnern sind die Pensionen teilweise obszön hoch. Privileg 3: Beihilfe im Krankheitsfall. Der Beamte muss über eine private Krankenversicherung nur die Hälfte, im Ruhestand gar oft nur 30% des Risikos selbst versichern. Der Vergleich macht deutlich: Mit dem gleichen Bruttogehalt kommen Beamte durch fehlende Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu einem um 11% höheren Nettoeinkommen. Natürlich weiß ich: viele Menschen im einfachen und mittleren Dienst sind in eine sehr niedrige Besoldung eingestuft. Doch die Beamtenschaft wird inzwischen ganz überwiegend von Mitarbeitern im gehobenen und höheren Dienst geprägt. Und die verfügen über Nettoeinkommen, die höher als in vergleichbaren Funktionen in der Privatwirtschaft sind – zuzüglich der absoluten Arbeitsplatzgarantie. Und im Ruhestand hängen sie alle anderen Berufsgruppen deutlich ab. Die Beamtenpension verschlingt immer mehr Geld. Das fehlt der Politik dann oft für Bildungs- und Verkehrsinfrastruktur. Wer hier investieren will, muss auf den Beamtenstatus in Zukunft verzichten.

Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 7 Kommentare zu Post ohne Mindestlohn

Post ohne Mindestlohn

Ein ordnungspolitischer Sündenfall ist jetzt wieder vom Tisch: Der Post-Mindestlohn in Höhe von 9,80 Euro ist rechtswidrig – das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Grund: Verletzung des Wettbewerbs. Private Postdienstleister wurden bisher in erheblichem Maß behindert – viele Arbeitsplätze gingen bereits verloren. Das Urteil gibt Hoffnung auf einen neuen freien Postdienstmarkt. Vorraussetzung ist aber, die Diskriminierung privater Anbieter auch bei der Mehrwertsteuer aufzuheben. Erst dann heißt es wieder: Ab die Post.

Prof. Dr. Justus Haucap: Briefe außer Konkurrenz
WELT-online vom 28.1.2010: Endlich ist Schluss mit der Mindestlohn-Trickserei

Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 6 Kommentare zu Gesundheitskosten: Ran an den Speck

Gesundheitskosten: Ran an den Speck

So stiegen die Gesundheitsausgaben an.

Die Kosten im Gesundheitswesen laufen seit Jahren davon. Jetzt wollen die meisten Krankenkassen sogar bis Ende 2010 einen Zusatzbeitrag erheben. Zudem wird bereits unverhohlen über einen zusätzlichen Gesundheits-Soli debattiert. Um so besser, dass nun endlich auch über Einsparpotentiale nachdacht wird. “Wir werden uns die Ausgabenseite sehr genau anschauen”, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler dem “Spiegel”. Richtig so: Ran an den Speck!


Hier geht's zu weiteren Beiträgen zum Thema:
Gesundheitsausgaben in Deutschland – Statistisches Bundesamt
Gute Gesundheit ohne Steuern – ein Beitrag von Prof. Dr. Johann Eekhoff
Neue und teure Steuer-Solidarität? – ein Beitrag von Marco Mendorf
Verschleuderbremse beim Arzt – ÖkonomenBlog-Podcast mit Dr. Joachim Pimpertz
Mehr Mut zum Wettbewerb – ein Beitrag von Prof. Dr. Justus Haucap
Gesundheit: massive Defizite – ein Beitrag von Prof. Dr. Stefan Felder