Arbeitsmarkt

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Unbezahlbare Rente

Durchschnittliches Rentenzugangsalter in der Bundesrepublik

Der Ex-Arbeitsminister Franz Müntefering war es, der gegen den Widerstand seiner eigenen Parteimitglieder die Rente mit 67 im Jahr 2006 durchsetzte. Ein Jahr darauf trat das Gesetz in Kraft. Die Begründung damals: Die Rentenbezugsdauer steige immer weiter an, denn die Deutschen werden immer älter. Eine nachhaltige Finanzierung der Rentenkasse sei nicht mehr gewährleistet. Doch durch die Anpassung des Renteneintrittsalters auf 67, kombiniert mit der Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors aus dem Jahr 2005 schienen die Verheißungen des ehemaligen Arbeitsministers Blüm „die Rente ist sicher“ das erste Mal seit langer Zeit der Realität wenigstens etwas näher.

Heute, zu Zeiten der Finanzkrise, scheint dies jedoch alles vergessen. Die Rentner erfahren durch Manipulationen an der Rentenformel ungerechtfertigt die größte Rentensteigerung seit 15 Jahren, während die Beitragszahler mit Kurzarbeit und Reallohnverlusten kämpfen. Durch das Aussetzen der Riester-Treppe aus dem vergangenen Jahr steigt der Renten-Beitragssatz auf die schwindelerregende Höhe von 21,1 Prozent im Jahr 2011. Darüber hinaus wird jetzt noch die Rente mit 67 ins Visier genommen. Das Argument: infolge der Rezession drohe die Arbeitslosigkeit zu steigen – um dem entgegenzuwirken sollen alte Arbeitnehmer Platz für junge machen.

Die Argumente von 2006 scheinen im Wahlkampf 2009 vergessen worden zu sein. Dabei lehrt die Erfahrung, dass die frühere Ausmusterung älterer Arbeitnehmer die Beschäftigungschancen der jüngeren nicht verbessert. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Höhere Sozialabgaben erhöhen die Arbeitskosten und veranlassen Unternehmen stärker als bisher, Jobs abzubauen. Die zukünftigen Beitrags- und Steuerzahler werden durch den demografischen Wandel ohnehin schon so stark belastet, wie keine Generation vor ihnen. Die frühzeitige „Ausmusterung“ älterer Arbeitnehmer war ökonomisch noch nie sinnvoll. Zukünftig wird es unbezahlbar sein.

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Bildungsstreik nicht unumstritten

Die Bildungsausgaben sind kontinuierlich gestiegenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik

RCDS: Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!
Juso-Hoschulgruppe: Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem
LHG: Prioritäten statt Sozialismus

Deutschland diskutiert über Bildungspolitik. Ausgelöst durch den Protest tausender Schüler und Studenten, durch Demos und Streiks an Schulen und Universitäten. Statt pauken und büffeln standen in dieser Woche debattieren und demonstrieren auf dem Stundenplan.

Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis aus verschiedenen Hochschulgruppen und Arbeitskreisen. Ziel: Eine breite Diskussion über die Zukunft des Bildungssystems, mehr Geld, bessere Ausstattung und mehr Freiraum fürs Studium und für Auslandssemester.

Konkrete Forderungen finden sich auf der zentralen Website www.bildungsstreik2009.de. Dazu gehören:

• Die Bologna-Reformen sollen umgestaltet und die Mobilität zwischen den einzelnen Hochschulen verbessert werden. 
• Eine Abkehr von Bachelor- und Regelabschlüssen. Das verschulte Studium nehme den Studierenden die Freiheit, sich in eine bestimmte Richtung zu spezialisieren.
• Die Abschaffung von Studiengebühren und eine gesetzlich verankerte Gebührenfreiheit von Bildung.
• Der Abbau von „wirtschaftlichen Zwängen“ soll ein Studium auch für alle Gesellschaftsschichten möglich machen.
• Mehr Investitionen in die deutsche Bildungslandschaft und dadurch eine Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen, sowie ein deutlicher Ausbau der Studienplätze.

Klare Positionen – aber nicht unumstritten. Selbst unter den Studierenden tobt ein inhaltlicher Streit über den Sinn und Zweck bisheriger Hochschulreformen. Einige Hochschulgruppen lehnen die Abschaffung der Studiengebühren sogar dezidiert ab.

Umstritten sind auch die Methoden, mit denen sich die Studierenden in dieser Woche zu Wort melden. Während die einen zum umfassenden Generalstreik an Schulen und Hochschulen aufrufen, lehnen die anderen einen Streik rigoros ab und wollen ihre Forderungen am Verhandlungstisch debattieren.

Der ÖkonomenBlog fragen nach: Wie positionieren sich die einzelnen Hochschulgruppen? Zu Wort melden sich Vorstandsmitglieder von RCDSJuso– und Liberaler Hochschulgruppen. Die Autoren sind jeweils Studierende wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge.

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Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!

Vergleich Ausgaben für BildungÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: RCDS

Obwohl der Bildungsstreik 2009 bestehende Missstände im Bildungssystem aufzeigt, fehlt es an konkreten Konzepten, die Studienbedingungen zu verbessern. Die Schülerproteste im November letzten Jahres haben gezeigt, dass ein Bildungsstreik dieser Art nicht friedlich abläuft, sondern in Gewalt und Randale enden kann. Auch am Mittwoch kam es – erwartungsgemäß – in mehreren Städten zu Zwischenfällen. An der Universität Magdeburg beispielsweise wurde die Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften von früh morgens bis 13.00 Uhr verbarrikadiert. In Mainz wurden sogar das Abgeordnetenhaus des Landtags Rheinland-Pfalz gestürmt und erhebliche Schäden an einer Ausstellung zur Friedlichen Revolution in der DDR angerichtet. Damit verliert der Bildungsstreik seine Glaubwürdigkeit.

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Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem

Die Hochschulfinanzierung setzt falsche PrioritätenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik: Juso-Hochschulgruppe

Die Juso-Hochschulgruppen beteiligen sich aktiv am Bildungsstreik um auf bildungspolitische Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Wir freuen uns über die breite Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und über die große Unterstützung vieler Akteure. Vielerorts haben sich tausende von Menschen auf die Straßen begeben um auf Fehlentwicklungen in der Bildung hinzuweisen. Wir setzen uns auf allen Ebenen für mehr Chancengleichheit im Bildungssystem ein und erteilen der vielfach existenten neoliberalen Konzentration auf Elitenförderung eine klare Absage.

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Aufstieg durch Bildung

Anteil der Schulabgänger mit Hochschulreife

„Damit die Menschen die Soziale Marktwirtschaft akzeptieren, muss Aufstieg durch Bildung möglich sein, müssen alle die gleichen Startchancen haben“, sagt der Münchener Bildungsökonom Ludger Wößmann. Denn das Wohlstandsniveau jedes Einzelnen ist maßgeblich durch die Partizipation an Ausbildung und Weitebildung determiniert. In Deutschland hinken vor allem die Kinder und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Elternhäusern hinterher. Viele Bundesländer versuchen durch engagierte Sprachförderung im Vorschulalter darauf zu reagieren und die Elementarbildung in den Kitas zu stärken.

Diese Anstrengung ist unterstützenswert. Denn in Deutschland erhalten noch immer zu wenige Jugendliche die Chance, auch an Universitäten und Fachhochschulen zu studieren. Die Abiturienten-Quote ist in den vergangenen Jahren zwar auf über 40 Prozent gestiegen, im Vergleich zu anderen Staaten Europas reicht das aber noch lange nicht aus. Gut entwickelt hat sich der Frauenanteil bei den Abiturienten: Waren es 1970 gerade einmal 39 Prozent, liegt er jetzt über der Hälfte.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Arbeitsmarkt, Bildung, Europa, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , , , , 2 Kommentare zu Ist Deutschland unsozial?

Ist Deutschland unsozial?

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„Die soziale Gerechtigkeit in Deutschland ist nur mäßig entwickelt.“ Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie unter dem Titel „Wie sozial ist Europa?“. Unter den 27 europäischen Ländern nimmt Deutschland danach lediglich den Rang 19 ein. Diese Platzierung ist scheinbar Wasser auf die Mühlen derjenigen, die einen Sozialabbau beklagen und mehr Umverteilung vom Staat fordern.

Blickt man näher in die Studie, zeigen sich jedoch interessante Details: So landet Deutschland bei der sozialen Absicherung auf Platz sechs unter 19 europäischen Ländern (wobei die soziale Unterstützung in Europa generell als hoch einstuft wird). Die gleiche gute Platzierung – diesmal sogar unter allen 27 Ländern der EU – erreicht Deutschland bei den Gesamtausgaben für den Sozialschutz. In der Dimension „Einkommensverteilung und soziale Absicherung“ insgesamt kommt die Bundesrepublik so immerhin auf einen Platz im vorderen Mittelfeld. All dies sind nicht gerade Belege für einen unterfinanzierten Sozialstaat.

Die Schwachpunkte liegen dagegen beim Generationenverhältnis – dies wird auch durch den sehr schlechten Wert des vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln errechneten Demografieindex bestätigt –, in Teilbereichen des Arbeitsmarkts und bei den Bildungschancen. So ist hierzulande die Schulleistung sehr stark vom Status sowie vom sozioökonomischen Hintergrund der Eltern abhängig, wobei es Schüler mit Migrationshintergrund hierzulande besonders schwer haben. Die Langzeitarbeitslosenquote ist trotz deutlichen Rückgangs noch immer sehr hoch und gerade Niedrigqualifizierte sind in Deutschland besonders häufig auf Jobsuche.

Das Hauptproblem des deutschen Sozialstaats besteht also darin, die Teilnahmechancen für alle im Bildungswesen und am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Hier wäre beispielsweise der Ausbau einer qualifizierten frühkindlichen Bildung ein wichtiger Ansatzpunkt. Den gerade von Sozialpolitikern oftmals verteufelten Hartz-Gesetzen stellen die Autoren der berlinpolis-Studie dagegen ein gutes Zeugnis aus, indem sie die-se als einen Grund für die Verbesserung Deutschlands im Sozialranking sehen.

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Ostdeutsche weniger arm als Wessis

Durchschnittliche Jahresbruttolöhne: Das Einkommensgefälle Ost-West ist nach der Wiedervereinigung deutlich zurückgegangen.

„Die soziale Schere wird immer größer“ steht in der Onlineausgabe der FAZ*). Was soll uns diese Überschrift sagen? Sie suggeriert, alles werde schlimmer. Zu dem Zeitverlauf von Armut in Deutschland steht aber gar nichts im Artikel. Die Fakten sind auch ganz anders: Tatsächlich ist das Einkommensgefälle Ost-West nach der Wiedervereinigung zurückgegangen. Es besteht zwar weiter ein Einkommensunterschied, eine weitere Angleichung zwischen Ost und West ist jedoch nicht mit Transferleistungen zu erreichen, sondern nur mir echter wirtschaftlicher Konvergenz.

Außerdem: ein regionaler Armutsvergleich ist unsinnig, wenn nicht gleichzeitig die unterschiedliche Kaufkraft berücksichtigt wird. Die Einkommen alleine sagen zu wenig aus. 800 Euro in München sind eben nicht dasselbe wie 800 Euro in Greifswald. Allein schon die Unterschiede der Mietpreise sind zwischen Ost und West, Süd und Nord, Stadt und Land dramatisch. Auch andere „lokale Güter“ sind in den wirtschaftlich starken Regionen teurer als anderswo, das reicht vom Brot in der Bäckerei bis zum Bier in der Kneipe. Eine einfache Lösung besteht in der Berechnung von regionalen Armutsschwellen: Dann liegt die Armutsschwelle im Osten 120 Euro niedriger als im Westen, und die Armut ist dann in Ostdeutschland geringer als im Westen.


Zur Grafik: Der Osten holt auf – Brottolöhne stiegen schneller als im Westen. Die Lohnunterschiede haben sich dadurch verringert. Der durchschnittliche Bruttolohn lag im Jahr 1991 lag im Osten bei 11.097 Euro – heute bei 21.763 Euro. Im Westen damals bei 22.370 – heute bei 28.727. Das Einkommensgefälle ist nach 17 Jahren deutlich verringert. Quelle: Ifo Dresden, 2009.
*) Mittlerweile hat die FAZ die Überschrift in der Onlineausgabe geändert. Gestern lautete sie “Die soziale Schere wird immer größer”.

Arbeitsmarkt, Europa, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 5 Kommentare zu Noch immer Spitzenreiter

Noch immer Spitzenreiter

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Deutschland gehört noch immer zu der Spitzengruppe der teuersten Staaten, zumindest was die Steuer- und Abgabenbelastung angeht. Das hat die neue OECD-Studie wiederholt eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht. Das ist seit Jahren so: Selbst einem Durchschnittsverdiener knöpft der Staat über die Hälfte seines erwirtschafteten Einkommens ab. Das halten viele Bürger für nicht fair – zu Recht wie ich meine.

Apropos fair: Die Studie vermittelt den Eindruck, Spitzen- und Alleinverdiener würden im deutschen Steuer- und Sozialsystem ungerechtfertigt übervorteilt. Das stimmt aber nicht. Wer kritisiert, dass Doppelverdiener im Vergleich zum Alleinverdienerhaushalt zweimal Sozialabgaben entrichten müssen, verschweigt, dass dem zum Beispiel bei der Rente auch zwei Zahlungen gegenüberstehen. Wenn man will, kann man das Gutachten so verstehen, dass Menschen mit hohem Einkommen weniger Abgaben zahlen als Geringverdiener. Das stimmt ebenfalls nicht. Die Beitragsbemessungsgrenze führt lediglich dazu, dass der Anteil der Abgaben am Einkommen wieder sinkt. Absolut zahlen die Einkommensstärksten auch die höchsten Beiträge. Unberücksichtigt bleibt zudem die Leistungsseite. Denn mit den Beitragsbemessungsgrenzen werden ja auch die sozialen Leistungen nach oben gedeckelt. Jemand, der über 64.800 Euro im Jahr verdient, zahlt nur bis zu diesem Betrag seine Arbeitslosen- und Rentenbeiträge. Was soll daran unfair sein? Immerhin erhält diese Person auch nur für diesen Betrag Unterstützung, wenn sie arbeitslos wird oder in Rente geht.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , , , , , 2 Kommentare zu Neues Wachstum in Sicht

Neues Wachstum in Sicht

Die Zahl der Menschen, die in Städten leben, wird sich bis 2050 auf rund 6,4 Milliarden verdoppeln und entsprechende Ansprüche an die urbane Infrastruktur stellen – ein riesiges Marktpotential für ausländische Unternehmen.Die deutsche Wirtschaft hat auch in Zukunft riesige Wachstumschancen und Beschäftigungspotentiale. ÖkonomenBlog-Autor Oliver Knipping sieht diese unter anderem bei der Entwicklung klima- und umweltfreundlicher Technologien und in den sog. Life Sciences.

Die schwerwiegendste Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte trifft den Exportweltmeister durch den Rückgang der Weltnachfrage besonders hart. Andererseits haben Unternehmen und Beschäftigte in den letzten Jahren enorm vom Welthandel profitiert. Und auch heute steckt die deutsche Industrie nicht nur in der Krise, sondern steht auch vor neuen Chancen. Dies setzt allerdings voraus, dass Signale erkannt und genutzt werden, die Politik verschleppte und halbherzige Reformen im Rahmen einer konsequenten Reformpolitik umsetzt und den Markt verzerrende Standortpolitik Unternehmensentscheidungen weicht.

In allen Industriestaaten hat das verarbeitende Gewerbe an Bedeutung verloren – auch in Deutschland. Und dennoch nimmt die Bundesrepublik eine Sonderstellung ein. In den Jahren des Aufschwungs 2006 und 2007 sind über 80.000 neue Industriearbeitsplätze entstanden. Wenn wir in Zeiten der Krise diese Jobs sichern und die Chancen der Zukunft ergreifen wollen, darf die deutsche Politik nicht in die Unbeweglichkeit vergangener Jahre zurückfallen. Im Gegenteil: Jetzt geht es darum, das Land fit zu machen für die weltweiten Megatrends.

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Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 7 Kommentare zu Zeche zu Lasten unserer Kinder

Zeche zu Lasten unserer Kinder

Seit Bestehen der dynamischen Rente hat es noch nie Rentenkürzungen gegeben. Im Gegenteil: Gerade in diesem Jahr sind die Renten höher als planmäßig gestiegen.

Kurzarbeit wird in diesem Jahr wohl zu Gehaltseinbußen bei den Erwerbstätigen führen. Das Rentenrecht sagt: sinken die Löhne, dann sinken auch die Renten. Das will die Bundesregierung nun verhindern. ÖkonomenBlog-Autor Bernd Raffelhüschen sieht darin einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Wie hoch sollen die Renten steigen, welches Ausmaß wäre gerecht – eine Frage, die auf ein Neues die Gemüter der Republik bewegt. Die Antwort hierauf fiel im Laufe des Bestehens unserer Demokratie recht unterschiedlich aus. In den 70er und 80er Jahren galt es der Altersarmut Herr zu werden – die passende Antwort war dann auch, dass das verfügbare Einkommen der Rentner stärker steigen sollte, als das der wohlhabenderen Erwerbstätigen. Nach Erreichen dieses Ziels – und kein Mensch kann ernsthaft bestreiten, dass heutzutage Kindheit oder Jugend ein deutlich höheres Armutsrisiko darstellt als das Alter – wurde nach langem Ringen im Jahr 2001 eine neue Rentenformel entwickelt. Deren Grundsatz ist unter Fachleuten unumstritten: Gerecht ist, wenn Rentner und Erwerbstätige gleichgestellt werden.

Im Grundsatz steigen die Renten mit dem Prozentsatz, mit dem die modifizierten Bruttolöhne im Vorjahr gestiegen sind. Dabei besteht die Modifikation darin, dass es sich eigentlich um die Pro-Kopf-Löhne abzüglich der gesetzlichen und privat-ersetzenden Altersvorsorge handelt. Die Idee dahinter ist einfach und auch dem Laien verständlich zu machen: Wenn dem Durchschnittsbeschäftigten nach Abzug der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und der ersetzenden Altersvorsorge, die notwendig wäre um auf das Rentenniveau der heutigen Rentner zu kommen, z.B. x Prozent mehr in der Tasche verbleiben, dann soll der Durchschnittsrentner eben auch genau x Prozent mehr bekommen. Schließlich finanziert ja im Umlageverfahren der heutige Erwerbstätige durch seine Beiträge den heutigen Rentner, genauso wie der heutige Rentner es in seiner Zeit auch gemacht hat. Dieser Generationenvertrag und sein immanenter Gleichbehandlungsgrundsatz hat in diesem Jahr zu deutlichen Rentenzuwächsen geführt, weil im Vorjahr starke Lohnzuwächse zu verzeichnen waren.

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Arbeit an sieben Baustellen

Der Einstieg in Arbeit ist einfacherer geworden. Aufschwung und Arbeitsmarkreformen der vergangenen Jahre haben die Jobchancen für die meisten Menschen verbessert – aber nicht für alle. Langzeitarbeitslose und gering Qualifizierte haben es besonders schwer – gerade jetzt in der Krise. Was muss geschehen? WZB-Präsidentin Prof. Jutta Allmendinger nennt sieben Baustellen – harte Arbeit für die Politik.

1. Erwerbsarbeit zu haben ist besser als auf Arbeit zu warten. Es ist eindeutig empirisch belegt, dass der Mensch besser sozial integriert ist, wenn er arbeitet, selbst wenn er damit genau so wenig verdient wie er als Erwerbsloser erhielte. Das zeigt, wie wichtig es ist, Menschen so lange wie möglich in Beschäftigung zu halten; die Verlängerung des Kurzarbeitergeldes ist deshalb richtig.

2. Wir dürfen Arbeitslose und Kurzarbeiter nicht allein lassen, wir müssen sie für die Zukunft rüsten. Der im Moment gängige Slogan, dass wir gestärkt aus der Krise herauskommen, ist meines Erachtens überhöht. Achten müssen wir aber darauf, dass die Krise nicht zu einer Schwächung der Wiedereinstiegschancen führt, weil Arbeitnehmer Qualifikationen verlieren und die Chance zur Weiterentwicklung nicht genutzt wird.

3. Wir müssen Erreichtes sichern. Hierzu gehört eine Betriebskultur, die Ältere und Eltern akzeptiert. Folglich sollte der Arbeitslosengeld-I-Bezug für Ältere nicht verlängert werden, und Altersteilzeitmodelle sollten nicht neu aufgelegt werden. Das gilt zumindest für Altersteilzeitmodelle im traditionellen Sinn, in dem über 90 Prozent das sogenannte Blockmodell wählten und über mehrere Brücken oft schon als 53-jährige den Arbeitsmarkt verlassen konnten. Altersteilzeit im Sinne reduzierter Arbeitszeiten wäre eine gangbare Alternative. Das gilt für die Erwerbstätigkeit insgesamt: Ich plädiere für eine (freiwillige) Umverteilung von Arbeitszeit. Neben den Älteren sollten wir auch Frauen mit Kindern stärker auf dem Arbeitsmarkt halten und dafür Instrumente entwickeln. Erwerbsunterbrechungen schaden Frauen, und zwar noch verstärkt seit der Neuregelung des Unterhaltsrechts.

4. Die negative Konnotation von Aufstockung und der Kombination von Erwerbseinkommen und sozialen Transfers halte ich für ungerechtfertigt. Eine Umverteilung von Arbeitszeit wird die Zahl der „Aufstocker“ erhöhen, gleichermaßen aber eine Verbundenheit von mehr Menschen mit dem Arbeitsmarkt unterstützen.

5. Dequalifikation zu vermeiden ist das eine, Qualifikationen aktiv aufzubauen ist das andere. Schon heute wird diskutiert, das Kurzarbeitergeld nicht mehr mit Weiterbildungsprogrammen zu kombinieren. Dies ist der falsche Weg. Stattdessen müssen Strukturen der Weiterbildung aufgebaut werden, und Arbeitslose bzw. von Arbeitslosigkeit bedrohte Personen die ersten sein, die an diesen Bildungsformen teilhaben dürfen. Das Denken an Morgen umfasst natürlich auch den hohen Anteil bildungsarmer Personen, die immer mehr zu „Altbewerbern“ werden und kurz-, mittel- und langfristig keine Möglichkeiten zur Integration in den Arbeitsmarkt haben.

6. Angesichts der zunehmenden Arbeitslosigkeit und der Zunahme von Hartz IV-Beziehern ist das politische Gerangel um die Betreuung von Langzeitarbeitslosen ein Skandal. Gerade Langzeitarbeitslose brauchen institutionelle Strukturen und persönliche Unterstützung, um Wege in den Arbeitsmarkt finden zu können. Die Frage des Umbaus von Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen darf meines Erachtens nicht auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben werden.

7. Als hohen Wert sollten wir auch in den nächsten Monaten eine solide, transparente und ehrliche Arbeitslosenstatistik ansehen. Bestimmte Personengruppen aus der Zählung auszuschließen hilft weder diesen Menschen noch dem Aufbau entsprechender Programme noch dem öffentlichen Diskurs.


Die Autorin ist Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Hier kommen Sie zur aktuellen WZB-Studie „Einstiegswege in den Arbeitsmarkt“.

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Hartz noch nicht fertig

Noch nicht fit genug: In den Aufschwungjahren 2006 und 2007 ist es nicht gelungen, Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bessere Chancen hatten hoch qualifizierte Fachkräfte.

Die Einstiegschancen von ostdeutschen und älteren Erwerbslosen haben sich innerhalb des letzten Konjunkturzyklus absolut und auch relativ zu den jeweils relevanten Vergleichsgruppen verbessert. Es spricht einiges dafür, dass die Reformen am Arbeitsmarkt dabei halfen, die Einstiegschancen dieser beiden bisherigen Problemgruppen insbesondere während des konjunkturellen Aufschwungs 2006 und 2007 zu erhöhen. Eine wichtige Frage wird sein, ob diese positiven Entwicklungen auch in der gegenwärtigen Krise und darüber hinaus Bestand haben. Während also ostdeutsche und ältere Erwerbslose eher zu den Gewinnern des letzten Aufschwungs zu zählen sind, konnten Langzeiterwerbslose und Geringqualifizierte im vergangenen Konjunkturaufschwung nicht von der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt profitieren: Die Chancen auf einen Wiedereintritt in den Arbeitsmarkt haben sich für diese Gruppen nicht erhöht bzw. sind sogar gesunken. Im Vergleich zu anderen Gruppen haben Langzeiterwerbslose und Geringqualifizierte damit an Boden verloren. Für diese beiden Gruppen, deren “Aktivierung” erklärtes Ziel der Hartz-Reformen war, besteht daher weiterhin eindeutiger Handlungsbedarf, auch und gerade angesichts der derzeitigen Krise, die deutliche Spuren am deutschen Arbeitsmarkt hinterlassen wird.


Zur Grafik:  Der Arbeitsmarkt ist noch nicht fit genug. In den Aufschwungjahren 2006 und 2007 ist es nicht gelungen, Langzeitarbeitslose ins Berufsleben zu integrieren. Bessere Chancen hatten hoch qualifizierte Fachkräfte. Das zeigt eine aktuelle Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB).

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 3 Kommentare zu Self-fulfilling prophecy

Self-fulfilling prophecy

Die Wirtschaftsforschungsinstitute erwarten einen Einbruch der Wirtschaftsleistung von sechs Prozent.

Steht Deutschland vor „sozialen Unruhen“? DGB-Chef Michael Sommer meint ja, und verweist damit auf die gesellschaftlichen Verwerfungen im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1929. Ob er Recht hat oder nicht: Die Debatte ist im vollen Gange. Dagegen hält unter anderem Dr. Hagen Lesch vom IW-Köln: „Es ist unsinnig, Bilder aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts heraufzubeschwören, weil das wirtschaftliche und politische System Deutschlands heute viel stabiler ist als vor 80 Jahren.“ Die Dimensionen der heutigen Finanz- und Wirtschaftskrise seien durchaus vergleichbar mit den Verhältnissen zwischen den beiden Weltkriegen. Allerdings: Heute würde die Welt wesentlich anders auf die Krise reagieren. Weltweit  werden Konjunkturprogramme aufgelegt, die Zinsen gesenkt und die Verantwortlichen tun alles, um das Bankensystem zu stabilisieren. Grafik-Quelle: Handelsblatt vom 23. April 2009.

Hören Sie hier das ganze Statement von Dr. Hagen Lesch.

Arbeitsmarkt, Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Fachkräftemangel vermeiden

Fachkräftemangel vermeiden

Überdurchschnittliche Nachfrage nach naturwissenschaftlichen-technischen (MINT) Fachkräften.

Auftragsverluste, Insolvenz, Kurzarbeit – die aktuelle Talfahrt der Wirtschaft schlägt allmählich auf den Arbeitsmarkt durch und macht auch vor hochqualifizierten Fachkräften nicht halt. Doch gerade MINT-Fachkräfte – Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker – bleiben trotz Krisenstimmung weiter begehrt. Im März dieses Jahres waren lediglich 83.000 Fachkräfte aus dem MINT-Bereich arbeitslos gemeldet- das entspricht einem Anteil von 2,5 Prozent an allen Arbeitslosen. Für Ingenieure und Naturwissenschaftler, von denen 23.000 bzw. 8.400 auf Stellensuche waren, bedeutet dies den niedrigsten Märzwert seit der Wiedervereinigung. Die Botschaft daraus ist eindeutig: nach wie vor herrscht ein akuter Fachkräftemangel. Allein 2008 klaffte zwischen den Absolventen der entsprechenden Studienrichtungen und dem Bedarf am Arbeitsmarkt eine Lücke von 14.400 Personen. Angesichts alternder Belegschaften und immer komplexer werdenden Produktionsabläufen, wird sich die Lücke zukünftig noch vergrößern. Dies zu vermeiden ist eine große Herausforderung für die Politik. Sie muss alles unternehmen, um die Zahl der MINT-Akademiker in Zukunft zu steigern. Gegenwärtig bricht jeder Vierte, der sich für ein MINT-Fach an einer Hochschule eingeschrieben hat, sein Studium ab. Als Hauptgrund nennen die Studienabbrecher die unbefriedigenden Studienbedingungen. Abhilfe schaffen könnten Zielvereinbarungen zwischen einer Hochschule und dem jeweiligen Bundesland, die auf die Verringerung der Studienabbrecherquote hinwirken. Darüber hinaus sollte die frühkindliche Bildung stärker gefördert werden, um die Zahl der Studienberechtigten insbesondere aus bildungsfernen Schichten zu steigern. Als dritte Maßnahme sollte der Staat versuchen den Beliebtheitsgrad der MINT Fächer zu steigern, in dem er technischen Fächern in der Schule mehr Raum einräumt.  Gut ausgebildete Ingenieure sind entscheidend für die Zukunft Deutschlands. Zum einen um den Bedarf auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu decken. Zum anderen aber auch, damit der Standort Deutschland für ausländische Unternehmen attraktiv bleibt. Deutschland ist das Land der Ingenieure. Sollte sich das ändern, könnten Industrien in andere Länder auswandern. Und das würde letztlich in Deutschland dauerhaft zu steigender Arbeitslosigkeit führen.


Zur Grafik: Trotz der Finanzkrise und steigenden Arbeitslosenzahlen ist die Nachfrage nach hochqualifizierten Fachkräften ungebrochen. Vor allem begehrt sind die so genannten MINT-Spezialisten – Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Techniker. Im März dieses Jahres waren lediglich 2,5 Prozent aller Arbeitslosen aus dem MINT-Bereich. Dies geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln hervor.

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Beschäftigungsbremse Kündigungsschutz

Durchschnittliche Abfindungshöhe einer Kündigung

Die Regeln des deutschen Kündigungsschutzes schützt Arbeitnehmer davor, kurzfristig ihren Job zu verlieren. Gut, sagen die Einen. Denn Arbeitnehmer erhalten Einkommenssicherheit und können nicht von heute auf morgen auf der Straße landen. Schlecht, sagen die Anderen. Denn wie aus Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft hervorgeht kostet der Kündigungsschutz die deutschen Unternehmen bares Geld und Arbeitsplätze. Die Gesamtkosten auf Seiten der Arbeitgeber belaufen sich auf insgesamt 7,5 Milliarden Euro. Mit 2,6 Milliarden jährlich schlägt allein schon die Summe der jährlichen Abfindungen zu Buche. Rund 975 Millionen Aufwendungen entstehen durch Prozesskosten. Auch gesamtwirtschaftlich entsteht ein erheblicher Schaden. Viele Unternehmen verzichten in konjunkturellen Hoch-Zeiten darauf, neue Arbeitsplätze zu schaffen, obwohl sie es könnten. Denn wer erstmal im Betrieb ist, kann im Ernstfall nur wieder schwer entlassen werden. Auf diese Weise werden jährlich mehr als 41.000 neue Stellen nicht geschaffen. Kosten entstehen aber auch oft schon im Vorfeld einer Kündigung. Denn die Regelungen verlangen, dass betriebsbedingte Kündigungen im Rahmen einer Sozialauswahl ausgesprochen werden müssen. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass leistungsstarke Mitarbeiter gehen müssen, und die Unternehmen Produktivitätseinbußen hinnehmen müssen. Um den Kündigungsschutz zu umgehen, gehen viele Unternehmer vermehrt dazu über, nur noch befristete Arbeitsverträge auszustellen. Letztlich bewirken die Regelungen des Kündigungsschutzes also nur eine Verzögerung der Dynamik auf dem Arbeitsmarkt.