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Ohne Vertrauen geht nichts

Acht Thesen zur Zukunft der Marktwirtschaft. Wir Deutschen könnten uns viel mehr auf die Tragfähigkeit unserer Wirtschaft verlassen. Was der Stabilität des Wirtschaftssystems dient – und was ihm schadet.

1. Das wachsende Misstrauen der Bürger in die gesamte Wirtschaftsordnung wiegt wesentlich schwerer als das geschwundene Vertrauen der Individuen in das Bankensystem. Das Vertrauen in wirtschaftliche, aber auch politische und rechtliche Institutionen hat es nämlich erst möglich gemacht, dass arbeitsteilige Gesellschaften entstanden. Ein Vertrauensverlust in solche komplexen Systeme kann zu einem zivilisatorisch-ökonomischen Rückschritt führen.
2. Der Unterschied zwischen Vertrauen in Menschen und Vertrauen in Systeme besteht vor allem darin, dass sich Vertrauen in Individuen langsam aufbaut und auch nicht durch einzelne Erlebnisse komplett zusammenbricht, sich also allmählich abbaut. Das Vertrauen in Systeme hingegen ist schnell zerstört.
3. Damit die Menschen Institutionen vertrauen, muss es Regeln geben, an die sich mehr oder weniger alle halten.
4. Das System Marktwirtschaft ist ohne die Ressource Vertrauen kaum denkbar. Wenn der Einzelne nicht erkennen kann, woher ein Produkt stammt oder wie es sich zusammensetzt, dann muss er sich auf das Fachwissen und die Ehrlichkeit der Experten – hier: der Hersteller und Händler – verlassen. Andernfalls bricht der Markt zusammen.
5. Der Staat muss für ein gewisses Maß an Verlässlichkeit, Fairness und Transparenz Sorge tragen. Doch übertreibt er seine Kontrollfunktion, wird genau jene Fähigkeit zur Selbststeuerung, die für marktwirtschaftliche Systeme konstituierend ist, immer mehr geschwächt.
6. Die Selbstkritik bestehender Institutionen muss verbessert werden. Die wirksamste Methode zur Steigerung des Vertrauens ist eine Erhöhung der Transparenz. Das gilt nicht nur für das Bankensystem, sondern für zahlreiche andere Bereiche der Wirtschaft.
7. Zunehmend wird gerade auch in der Wissenschaft das „Sozialkapital“ – gemeint ist damit das Vertrauen in Menschen und Institutionen – als sehr wichtig für die Marktwirtschaft angesehen. Netzwerken und wechselseitiges Vertrauen fördern das wirtschaftliche Wachstum: Informations- und Transaktionskosten sinken, wenn Menschen sich in Vertragsbeziehungen ein hohes Maß an Vertrauen entgegenbringen.
8. Empirische Studien zeigen, dass Regierungen, denen von den Wählern ein hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht wird, viel eher in der Lage sind, ihr Volk durch eine aufklärende Informationspolitik über die Reformfolgen positiv zu stimmen. Für Deutschland unterscheiden sich alte und neue Bundesländer deutlich. Während die neuen Länder beim zwischenmenschlichen Vertrauen vor den alten liegen, ist das Verhältnis beim Vertrauen in das Rechtssystem genau umgekehrt.


Tasso Enzweiler ist Managing Director der Hering Schuppener Consulting und veröffentlichte den Namenartikel in der Welt.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , Leave a Comment on Bürokratie erfasst sich selbst

Bürokratie erfasst sich selbst

Im Auftrag der INSM und WirtschaftsWoche analysieren Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) seit der Bundestagswahl 2005 die politischen Entscheidungen der Bundesregierung - das Merkelmeter.Drei große Ziele hatte sich die Regierungskoalition zum Antritt im Herbst 2005 gesetzt: Runter mit den Lohnnebenkosten! Runter mit der Staatsverschuldung! Und runter mit den belastenden Bürokratielasten! Gute Ziele: Aber viel passiert ist leider nicht. Die Abgabenlast wird in den nächsten Jahren eher steigen als sinken. Ein ausgeglichener Haushalt des Bundes ist immer noch mehr Theorie als realistisch greifbar, die Verschuldung des Bundes nimmt weiter zu. Und das obwohl der Staat heute jährlich fast 100 Milliarden Euro Mehreinnahmen verbuchen kann, als noch vor vier Jahren. Vorangekommen ist die Regierung immerhin beim Bürokratieabbau: Da wissen wir zumindest jetzt, dass die Vorschriften aller Bundesministerien der deutschen Wirtschaft etwa 34 Milliarden Euro kosten – wobei das auch wieder umstritten ist. Und deshalb wird der Normenkontrollrat, ein Gremium der Bundesregierung, sich nochmals hinsetzen und weiterrechnen. Schade, denn eigentlich wollte die Regierung das Land von bürokratischen Fesseln befreien – doch auch gut zwei Jahre danach gibt es nicht einmal ein verbindliches Ziele, geschweige denn einen verbindlichen Plan zum Abbau der gemessenen Bürokratie. Aber immerhin eine Behörde, die die Bürokratie ordnungsgemäß erfasst.

Im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) und WirtschaftsWoche analysieren Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) seit der Bundestagswahl 2005 die politischen Entscheidungen der Bundesregierung. Bringen sie mehr Wachstum und Beschäftigung – oder weniger? Diese Fragen will die Dauerstudie unter dem Titel „Merkelmeter“ beantworten.