Einkommen

Bildung, OrdnungspolitikTagged , , 8 Kommentare zu Studiengebühren sind sozial gerecht

Studiengebühren sind sozial gerecht

Der Anteil der öffentlichen Finanzierung an der vorschulischen Bildung ist in Deutschland deutlich kleiner als in Frankreich oder Großbritannien.

Fast hat es den Eindruck, dass Deutschlands Politiker nur noch im Namen der „sozialen Gerechtigkeit“ agieren. Jüngstes Beispiel: Die Abschaffung der Studiengebühren. Nach Hessen und dem Saarland will auch die neue rot-grüne Regierung in NRW künftig darauf verzichten, Studierende an ihrer Ausbildung finanziell zu beteiligen. Natürlich geschieht dies im Namen der sozialen Gerechtigkeit. Es ist jedoch höchst fraglich, ob ein gebührenfreies Studium wirklich gerecht ist. Die überwiegende Mehrheit der Studierenden stammt aus der Mittel- und Oberschicht. Finanziert wird ihre Hochschulausbildung über Steuern, auch von Bürgern der Unterschicht, deren Kinder selten studieren.

Hier liegt doch das eigentliche Problem: Kinder aus bildungsfernen Schichten finden zu selten den Weg zur Hochschule. Was nicht zuletzt daran liegt, dass in Deutschland im internationalen Vergleich das staatliche Engagement bei der vorschulischen Bildung deutlich geringer ausgeprägt ist. So werden in Frankreich 96 Prozent und in Großbritannien 93 Prozent der vorschulischen Bildung öffentlich finanziert. Hingegen in Deutschland nur 72 Prozent. Wem es also wirklich um mehr soziale Gerechtigkeit geht, der sollte mehr in die frühkindliche Bildung investieren, damit mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten den Zugang zum Gymnasium und zur Hochschule finden. Wer es zur Hochschule geschafft hat, sollte dann an seiner akademischen Ausbildung finanziell beteiligt werden. Schließlich wird er als Akademiker später im Allgemeinen ein höheres Einkommen haben als Erwerbstätige ohne Hochschulabschluss. Und auch die sozialen Bildungsbarrieren erhöhen sich durch Studiengebühren nicht, solange sie sozial verträglich gestaltet werden.


Professor Dr. rer. pol. Markus Fredebeul-Krein lehrt Volkswirtschaftslehre, insbesondere  Struktur- und Wettbewerbspolitik, an der Fachhochschule Aachen.

 

Der BlogBeitrag ist eine kurze Zusammenfassung seines Plädoyers gegen die Abschaffung der Studiengebühren im Ordnungspolitischen Kommentar 08/2010 des Instituts für Wirtschaftspolitik und des Otto-Wolff-Instituts für Wirtschaftsordnung mit dem Titel „Die Abschaffung der Studiengebühren ist der falsche Weg“. Den ganzen Beitrag finden Sie hier.

Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 18 Kommentare zu Mindestlohn mit Risiken und Nebenwirkungen

Mindestlohn mit Risiken und Nebenwirkungen

Am 01. August hat das Kabinett für rund 600.000 Beschäftigte in der Pflegebranche einen gesetzlichen Mindestlohn beschlossen. Doch nach wie vor gilt: Mindestlöhne sind langfristig Gift fürs Wachstum. Denn ein Arbeitgeber, der vom Staat vorgeschrieben bekommt, höhere Löhne zu zahlen, steht vor Mehrkosten, die meistens durch weniger Neueinstellungen oder Entlassungen gelöst werden. Die Folge: Die Arbeitslosigkeit steigt. Da der Mindestlohn im vorliegenden Fall mit 8,50 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten vergleichsweise gering ausfällt, hält sich zum Glück auch der Schaden in Grenzen.

Es gibt aber noch weitere Gegenargumente: Die Monopolkommission weist in ihrem Hauptgutachten auf die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen von branchenspezifischen Mindestlöhnen hin. Große Unternehmen sind in der Regel produktiver als kleine und können deswegen oft mehr als einen gesetzlichen vorgeschriebenen Lohn zahlen. Für weniger produktive stellt ein Mindestlohn aber eine erhebliche Mehrbelastung dar und sind so im Wettbewerb benachteiligt. Hinzu kommt: Ein Mindestlohn erschwert Marktzutritte potentieller Wettbewerber. Und darunter leiden am Ende vor allem die Verbraucher.

Arbeitsmarkt, Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 18 Kommentare zu Das Land ruft nach der Agenda 2020

Das Land ruft nach der Agenda 2020

Eine heiße Woche liegt hinter uns. Nach der denkwürdigen Bundespräsidentenwahl hat die bürgerliche Koalition nur noch eine Chance: Sie muss einen programmatischen Neustart wagen. Die Regierung muss mit einer Agenda 2020 klare Antworten auf die Probleme dieses Jahrzehnts geben.

Deutschland lebt von wirtschaftlicher Wertschöpfung durch qualifizierte Erwerbsarbeit. Wir verfügen über keine Rohstoffe. Unsere Ressourcen stecken in den Köpfen. Weil die Gesellschaft altert, sinkt das Erwerbspersonenpotential. Deshalb muss alles getan werden, damit alle Kinder und Jugendlichen über qualifizierte Ausbildungen verfügen. Zum Grundkonsens unserer Gesellschaft muss gehören, dass Menschen, die arbeiten könnten, vom Staat nicht dauerhaft alimentiert werden. Sozialtransfers müssen einen deutlichen Abstand zum Lohnniveau haben.

Die Mittelschicht macht Deutschland stark und bildet den Kern des wirtschaftlichen Wohlstands. Doch der Mittelstand bröckelt massiv, weil der Staat ihn auspresst wie eine Zitrone. Ohne eine Steuerreform, die den Zugriff des Staates auf die leistungsbereite Mittelschicht nicht massiv begrenzt, wird diese tragende Säule unserer Gesellschaft kollabieren.

Um aber keine Illusionen zu nähren: Die gigantische Staatsverschuldung lässt keine Nettoentlastung der Steuerpflichtigen in Summe zu. Eine intelligente Steuerreform hat die Kriterien einfach, gerecht und transparent zu erfüllen. Das strategische Ziel einer solchen Steuerreform: Leistung muss sich lohnen!

Die Alterung der Gesellschaft belastet die Sozialkassen und lässt die Beiträge steigen. Das erhöht die Arbeitskosten und senkt die Reallöhne. Auch hier besteht Reformbedarf. Um konkret zu werden: Ohne pauschale Gesundheitsprämie und ohne Abschaffung der Rentenbestandsgarantie kann eine nachhaltige Finanzierung nicht gewährleistet werden.

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 4 Kommentare zu Weniger Reiche

Weniger Reiche

Die Steuerquote in Deutschland ist zuletzt wieder angestiegen. Die   Steuerbelastung in Relation zum BIP lag 2009 bei 23,1 Prozent.

Die Zahlen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kann man eigentlich nicht falsch verstehen. Und dennoch vermitteln die dicke Buchstaben am Zeitungsständer den Eindruck: Deutschland wird ärmer. Dabei zeigt die DIW-Studie etwas ganz anderes: Im Krisenjahr 2009 musste vor allem eine Gruppe Federn lassen, nämlich die mit den höchsten Einkommen. In Deutschland gibt es also in der Krise weniger Reiche als davor. Das ist alles andere als eine gute Nachricht. Weniger Spitzenverdiener bedeutet nämlich lange nicht, dass es den ärmeren Menschen besser geht. Gerade deshalb ist es Unsinn, jetzt über die Erhöhung etlicher Steuern nachzudenken. Schon heute schultern die Spitzenverdiener den weitaus dicksten Anteil des Steueraufkommens. Die Steuerquote erreichte im Jahr 2008 ein Zwischenhoch von 23,9 Prozent – nur in den 80er Jahren wurde den Deutschen noch tiefer in die Tasche gegriffen. All das mit dem Ergebnis, dass die Steuerquelle wieder kräftig sprudelt. Was soll daran sozial gerecht sein, die Steuern jetzt weiter zu erhöhen? Nichts. Denn wer den Starken jetzt noch mehr auflastet, wird für die Schwächeren keinen Nutzen erreichen.

Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 2 Kommentare zu Migrantenförderung zahlt sich aus

Migrantenförderung zahlt sich aus

Die Förderung der Integration von Migrantenkindern kann sich für die deutsche Volkswirtschaft auszahlen und eine positive Rendite erwirtschaften.

Manche Branchen in Deutschland haben bereits jetzt große Probleme ihren Bedarf an Fachkräften zu decken. Eine einfache und schnelle Möglichkeit, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wäre die Ausbildung von Migranten. Doch Integration wird in Deutschland noch immer nur halbherzig vorangetrieben. Nach wie vor haben Migranten ein deutlich geringeres Bildungsniveau als Nichtmigranten und sind infolgedessen viel häufiger arbeitslos. Hierunter leiden nicht nur die Eingewanderten selbst, sondern die gesamte Volkswirtschaft. Würden die Unterschiede zwischen Migranten und Nichtmigranten bei formalen Bildungsabschlüssen und Kompetenzen der Schüler in den kommenden Jahrzehnten zumindest halbiert, so hätte dies erhebliche positive Effekte auf das Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen.

Dazu müsste der Staat aber zunächst einmal in Vorleistung gehen. Denn häufig sind es die Kinder von Einwanderern, die Probleme in der Schule haben. Oft ist das Problem hausgemacht, denn auch Zuhause erfahren diese Kinder selten Hilfe, da auch die Eltern selbst keine gute Schulbildung haben. Hier muss die Politik ansetzten. Die Betreuung für die Kleinsten muss ausgebaut und mehr Ganztagsschulen geschaffen werden. Ferner sollten Lehrer gezielt fortgebildet werden, damit sie diese Kinder effektiver fördern können. Eine stärkere zielorientierte Vergütung würde ihren Teil dazu beitragen. Greifen diese Maßnahmen, müssten künftig auch mehr Plätze in der Oberstufe, in der beruflichen Ausbildung und an den Hochschulen geschaffen werden, um die Begabtesten unter den Migranten weiterqualifizieren zu können. Dies alles würde zunächst einmal Kosten verursachen. Doch die Rechnung ginge auf: Stellt man den Investitionskosten die Zusatzeinnahmen in Form von Steuereinahmen und Sozialbeiträgen gegenüber, dann ergibt sich im zeitlichen Verlauf ein steil ansteigender positiver Saldo in Milliardenhöhe. Bereits 2020 wären die zusätzlichen Einnahmen von 5,9 Milliarden Euro höher als die Reformkosten von 4,6 Milliarden Euro. Im Jahre 2040 würden dann die zusätzlichen Einnahmen auf 26,1 Milliarden Euro ansteigen, während gleichzeitig die Kosten bei 4,6 Milliarden Euro stagnieren würden. Eine Förderung der Kinder von Migranten zahlt sich also aus.


Die ausführliche Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft finden Sie hier

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 2 Kommentare zu Nur Konsolidierung beruhigt die Märkte

Nur Konsolidierung beruhigt die Märkte

Um den Euro zu stabilisieren helfen keine Verbote von Leerverkäufen sondern nur eines: die Konsolidierung der Staatsfinanzen.

Regierung und Opposition gehen in die Vollen. Voller Tatkraft wird signalisiert, dass die Zeit der Zurückhaltung vorbei ist. Die Finanzmärkte müssen unter Kontrolle gebracht werden. Dafür stehen die geplante Einführung einer Finanzmarktsteuer und das im nationalen Alleingang beschlossenen Verbot von Leerverkäufen. Welches Problem durch diese Maßnahmen aber genau gelöst werden soll, bleibt im Dunkeln. Vielmehr wird den Märkten damit signalisiert, dass die Regierung selbst nicht glaubt, der 750 Milliarden Euro Rettungsschirm könne den Markt stabilisieren. Das sorgt für zusätzliche Unsicherheit.

Am Kern der Probleme zielt dies alles vorbei. Die Fehlsteuerung der Märkte haben damit zu tun, dass dem Haftungsprinzip nur unzureichend Geltung verschafft ist. Dies gilt für die Verbriefung von Krediten ebenso wie für jede Finanzinnovation. Abhilfe könnte hier ein genereller Selbstbehalt leisten, der die Konstrukteure und Urheber der Papiere immer in Haftung lässt. Welchen Beitrag soll dazu eine Finanzmarktsteuer leisten? Keinen!

Und was kann durch das Verbot von ungedeckten Leerverkäufen erreicht werden? Leerverkäufe, das zeigen Studien, erhöhen die Liquidität des Marktes und dämpfen die Preisausschläge. Die Pessimisten auf den Märkten, die ansonsten durch ihren jeweiligen Bestand an Wertpapieren in ihren Verkaufsabsichten begrenzt werden, erhalten durch Leerverkäufe zusätzliche Optionen. Der Markt wird dann nicht durch die Optimisten – die Käufer – dominiert, was die Volatilität der Preise reduziert und die Gefahr von Preisblasen mindert. Warum dann aber das Verbot? Offensichtlich sollte hier dem allgemeinen Unwohlsein der Bevölkerung hinsichtlich der Spekulation Rechnung getragen werden, anstatt aus besserem Wissen für Aufklärung zu sorgen. Augenscheinlich will die Politik mit diesem Aktionismus von dem eigentlichen Problem ablenken – der horrenden Staatsverschuldung. Um die Märkte zu beruhigen und den Euro zu stabilisieren hilft vor allem eines: eine glaubwürdige Konsolidierungsstrategie.

Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 4 Kommentare zu Unternehmen gründen lohnt sich

Unternehmen gründen lohnt sich

70% der geförderten Existenzgründer haben den Sprung aus der Arbeitslosigkeit geschafft

Nach Einführung der Hartz-Gesetze haben deutlich mehr Menschen den Sprung aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit gewagt. Waren es vor dem Jahr 2002 meist unter 100.000 Personen pro Jahr, die eine Förderung ihrer Gründung mit Überbrückungsgeld beantragt hatten, so wurden auf dem Höhepunkt im Jahre 2004 mehr als 350.000 Personen bei ihrer Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit vom Staat unterstützt. In der öffentlichen Meinung gelten Unternehmensgründungen oft als Notlösungen, um der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Entsprechend herrscht die Ansicht vor, dass die meisten Existenzgründer scheitern. Dass dies nicht stimmt, zeigt die aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (DIW) und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IAZ).

Nur 12 Prozent der Existenzgründungen erfolgen ausschließlich durch den Wunsch getrieben, der Arbeitslosigkeit zu entkommen. In der überwiegenden Mehrheit kommen weitere so genannte „Pull-Motive“ hinzu. Viele Gründer wollten schon immer ihr eigener Chef sein, hatten erste potentielle Kunden oder eine lukrative Marktlücke entdeckt. Solche von gemischten Motiven getriebene Gründer erwiesen sich als erfolgreicher als reine Notgründungen. Positiv fällt auch die Gesamtbilanz aus. Fünf Jahre nach der Unternehmensgründung waren noch 70 Prozent der mit Überbrückungsgeld geförderten Selbständigen am Markt. Weitere 20 Prozent hatten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Nur 10 Prozent waren erneut arbeitslos gemeldet. Außerdem schaffen arbeitslose Existenzgründer in bis zu 40 Prozent aller Fälle auch noch weitere Arbeitsplätze. Für den Fiskus ist es darüber hinaus sogar günstiger zu sein, diesen Menschen mit Gründerförderung als Arbeitslosengeld zu unterstützen.

Arbeitsmarkt, SozialesTagged , , , , , 4 Kommentare zu Eigenverantwortung ist selbstverständlich

Eigenverantwortung ist selbstverständlich

Der Hartz-IV-Anspruch eines Alleinstehendes beträgt summa summarum 952 Euro
Das Arbeitslosengeld II dient als Teil der sozialen Sicherung einem klaren Zweck: es sichert arbeitslosen Bürgern einen Mindestlebensstandard. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass jeder Bürger für seinen Lebensunterhalt selbst verantwortlich ist. Falls dies aber aus bestimmten Gründen nicht möglich ist, kann er sich auf die Solidarität der Gesellschaft verlassen. Die Hilfebedürftigen sind aber verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, den Unterstützungsbedarf so gering wie möglich zu halten. Und wer selbst einen Mindestlebensstandard erreichen kann, hat keinen Anspruch auf die Hilfe der Gesellschaft.

Mit Hinzuverdienstregeln wird gegen dieses an der Bedürftigkeit orientierte Mindestsicherungsprinzip verstoßen. Denn damit wird kein bestimmter Lebensstandard angestrebt, sondern der Betrag, bis zu dem Transferzahlungen geleistet werden, wird erhöht. Die gängige Argumentation, es müsse einen Lohnabstand zwischen Beschäftigten und Beschäftigungslosen geben, suggeriert, dass jeder Bürger ohne weiteres einen Anspruch auf die Mindestsicherung hätte und diesen Anspruch auch dann behalte, wenn er arbeite und Geld verdiene. Jeder, der so argumentiert, untergräbt damit die Grundsätze einer solidarischen, subsidiären Grundsicherung. Denn man würde eben nicht mehr davon ausgehen, dass jeder Bürger zunächst selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommt und nur Hilfe anfordert, wenn er den Mindestlebensstandard nicht erreicht.

Wird die Bedürftigkeitsorientierung aufgegeben, dann gibt es keinen sinnvollen Maßstab mehr für die Beurteilung der Höhe öffentlicher Unterstützungszahlungen. Schon jetzt wird ein Alleinstehender auch dann noch unterstützt, wenn er ein eigenes Einkommen von 1.235 Euro monatlich erzielt. Prinzipiell bedarf es keines monetären Anreizes, eine Arbeit aufzunehmen, weil eine Verpflichtung besteht, den Lebensunterhalt so weit wie möglich selbst zu verdienen. Wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, verliert seinen Anspruch auf soziale Hilfen.

Die soziale Sicherung sollte wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Jeder Hilfsbedürftige sollte seinen Lohn vollständig behalten dürfen. Der Staat stockt dieses Einkommen dann bis zur Erreichung des Mindestlebensstandards auf. Nur wenn die Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft sind, besteht ein Anspruch auf ergänzende Leistungen des Staates. Es sollte selbstverständlich sein, dass niemand dafür belohnt werden muss, wenn er für sich selbst sorgt und die Mittel für seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet.

Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 2 Kommentare zu Schöne Rente – hohe Beiträge

Schöne Rente – hohe Beiträge

Die Rentner müssen aufgrund der Rentengarantie in den kommenden Jahren mit mehreren Nullrunden rechnen.

Erstmalig wirkt in diesem Jahr die Rentengarantie. Obwohl Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer krisenbedingt gesunken sind, müssen Rentner ihrerseits nicht mit Einbußen rechnen. Schon im vergangenen Jahr konnten die Ruheständler auf dem Höhepunkt der schwersten Wirtschaftskrise seit 80 Jahren den größten Rentenzuwachs – Manipulationen an der Rentenformel sei Dank – seit 10 Jahren verzeichnen. Des einen Freud, des anderen Leid – denkt man. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Denn die ausgesetzte Rentenkürzung muss nachgeholt werden. Den Rentnern stehen somit etliche Nullrunden bevor. Der Beitragssatz für die Arbeitnehmer wird mehrere Jahre um 0,2 Prozent höher liegen als ohne Garantie und die Zahler mit rund 10 Milliarden bis zum Jahr 2015 belasten.

Dass eine größere Destabilisierung des ganzen Rentensystems bis jetzt ausgeblieben ist, ist alleinig der Tatsache geschuldet, dass die Ausweitung der Kurzarbeit massive Einbrüche auf der Einnahmeseite verhindert hat. Und dennoch: werden die Manipulationen an der Rentenformel nicht zurückgenommen, wird die Tragfähigkeit des ganzen Systems gefährdet. Der Generationenvertrag wird nach und nach untergraben und die Bereitschaft der Jüngeren ihn aufrecht zu erhalten sinkt.


Das Mannheimer Forschungsinstitut für Ökonomie und Demographischer Wandel unter der Leitung von Prof. Dr. Axel Börsch-Supan hat in einer aktuellen Studie berechnet, dass der Beitragssatz für die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund der Rentengarantie in den kommenden Jahren um 0,2 Prozentpunkte steigen wird. Die Garantie sichert eine nicht sinkende Rente zu, auch wenn die Lohnzahlungen im Vorjahr zurückgehen sollten.

Bereits am 17. Juni hatte der ÖkonomenBlog Autor und Rentenexperte Prof. Raffelhüschen die Kosten der Rententricks berechnet. Schon damals warnte er vor steigenden Beiträgen. Auch der Sachverständigenrat bezeichnete in seinem Jahresgutachten die Eingriffe an der Rentenformel als „schweren Fehler“

Arbeitsmarkt, Europa, FinanzmarktTagged , , , , , 6 Kommentare zu Billiglohnland Deutschland?

Billiglohnland Deutschland?

Arbeitskosten in Deutschland und Frankreich je Arbeitsstunde

Die deutsche Lohnzurückhaltung sei der Grund dafür, weshalb der Euro unter Druck gerät, hieß es jüngst von Seiten unserer französischen Nachbarn. Denn das deutsche Lohndumping sei die Ursache für die hohen Leistungsbilanzdefizite vor allem der südeuropäischen Staaten. Gefordert wurde: Deutschland solle durch Anhebung des Lohniveaus seine Inlandsnachfrage stärken, um damit die exportschwachen Länder – darunter die Schuldensünder Griechenland, Spanien und Portugal – wieder wettbewerbsfähig zu machen.

Eine absurde Forderung. Denn trotz der moderaten Zuwächse der vergangenen 13 Jahre hat Deutschland immer noch die dritthöchsten Lohnkosten in Europa. Fakt ist: Die Arbeitskosten je geleisteter Stunde in der Industrie waren im Jahre 2008 in Deutschland (33,58 Euro) und Frankreich (33,23 Euro) fast identisch. Während Deutschland schmerzhafte Reformen durchgeführt hat, haben vor allem die südeuropäischen Länder über ihren Verhältnissen gelebt. Mit dem Lohn zu argumentieren, ist also wenig überzeugend. Der deutsche Wettbewerbsvorsprung kam nicht mit der Währungsunion über Nacht, sondern ist vielmehr das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung der internationalen Arbeitsteilung und Spezialisierung. Deutsche Produkte sind weltweit gefragt, weil sie mit ihrer Qualität überzeugen. Zudem ist es der deutschen Industrie gelungen Nischen zu besetzen. Kurz: Nicht Lohndumping, sondern Spitzenleistung und Innovation sind die Grundlage des erfolgeichen deutschen Exportmodells.


Mehr zur Krise des Euro finden Sie im INSM Griechenland-Dossier

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 1 Kommentar zu Genug Arbeit für jung und alt

Genug Arbeit für jung und alt

Die Erwerbstätigenquote ist in den letzten Jahren konstant gestiegen.

Lange Zeit wurde die geringere Erwerbstätigenquote der 55 bis 64-Jährigen mit ihrer angeblich nachlassenden Leistungsfähigkeit erklärt. Heute wissen wir es besser – falsche politische Anreize waren maßgeblich für den massenhaften Rückzug aus dem Arbeitsmarkt verantwortlich. Solange wie der Sozialstaat großzügige Frühverrentungsoptionen offerierte, haben Unternehmer wie Arbeitnehmer gerne von der Möglichkeit eines vorzeitigen Ruhestands Gebrauch gemacht. Bezahlt wurde er schließlich von anderen – den gegenwärtigen Beitragszahlern. Vor dem Hintergrund steigender Lebenserwartungen musste dieses Modell über kurz oder lang an Grenzen der Finanzierbarkeit stoßen.

Mit der Agenda 2010 nahm die Politik Abschied von dieser Praxis. Mit Erfolg: Die Erwerbstätigenquote der 55 bis 64-Jährigen ist zwischen 2003 und 2008 um fast 15 Prozentpunkte gestiegen. Lange Zeit galt auch: Die Älteren würden den Jüngeren den Zugang zum Arbeitsmarkt verstellen. Nun zeigt sich aber, dass im Zeitraum von 2003 bis 2008 auch die Erwerbstätigenquote der 15-24-Jährigen von 42,4 Prozent auf 47,2 Prozent gestiegen ist. Fakt ist: Die Zahl der Arbeitsplätze in einer Volkswirtschaft ist eben keine Naturkonstante. Gleichzeitig mehr Arbeit für jung und alt schließt sich nicht aus.


Hier geht es zu der Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 1 Kommentar zu Arbeit – ein hohes Gut

Arbeit – ein hohes Gut

Der Job ist viel wert. Zur Not würden viele sogar mit Abstrichen vom Lohn leben wollen. Das sagt die IW-Consult-Umfrage.

Die Wirtschaftskrise erscheint erst einmal überstanden. Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich – nicht zuletzt dank der Kurzarbeit – bislang außerordentlich gut gehalten. Doch niemand weiß, wie die Entwicklung weitergehen wird. Kommen wir mit einem blauen Auge davon oder kommt die Krise am Arbeitsmarkt erst noch? Für die Arbeitnehmer bedeutet dies: der eigene Arbeitsplatz ist nicht sicher. Offensichtlich sind sich viele deutsche Arbeitnehmer dieser brisanten Lage bewusst. Deshalb sind viele auch bereit, ihren Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung zu leisten. Dies geht aus einer aktuellen Arbeitnehmerbefragung hervor.

In einer repräsentativen IW-Consult-Umfrage wurden Arbeitnehmer gefragt: Wozu wären sie im Gegenzug für eine Arbeitsplatzgarantie von mindestens einem Jahr in Ihrem Unternehmen bereit? Über ein Drittel der Befragten würden unter diesen Umständen eher auf einen Einkommenszuwachs verzichten. Kürzere Arbeitszeiten zu entsprechend niedrigerem Einkommen finden 14,3 Prozent in Ordnung. Jeder zehnte ist sogar bereit, auf bis zu10 Prozent seines Einkommens zu verzichten. 18,4 Prozent der Befragten würden aber in keinem Fall Einkommenseinbußen akzeptieren. Für viele gilt aber: Lieber weniger Lohn, als arbeitslos.


Holger Schäfer ist Senior Economist beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Seine Schwerpunktthemen sind Arbeitsökonomik, Arbeitsmarktpolitik und Zuwanderung.

Mehr Infos zur Umfrage finden Sie im Deutschlandcheck: www.deutschland-check.de

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 4 Kommentare zu Verteilen hilft nicht

Verteilen hilft nicht

Das Hartz-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat eine richtige und wichtige Grundsatzdebatte über die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates ausgelöst. Kaum war das Urteil gesprochen, überschlugen sich die Forderungen nach höheren staatlichen Leistungen: die eine Ministerin brachte steuerfinanzierte Füllfederhalter und Wassermalkästen ins Gespräch, die andere plädierte für höhere Regelleistungen für Kinder. Ebenso ziellos die aktuelle DGB-Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde. Wie so oft wird vor allem über das „Verteilen“ und nicht über das „Erwirtschaften“ diskutiert. Keiner bezweifelt den gutmütigen Geist von Politikern, die sich für die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ einsetzen. So wie gestern die Abgeordnete Katja Kipping in der Bundestagsdebatte: Wir bräuchten einen „sozialen Fortschritt“. Und der drücke sich in einem Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde aus.

Sicher gut gemeint. Aber ordnungspolitisch sinnvoll kann das nicht sein. Und gut für die Menschen auch nicht. Warum sollte man einer Frisöse in Bautzen oder einem Floristen in Erfurt nicht gönnen, acht bis zehn Euro Stundenlohn zu verdienen? Na ja, weil der Stundenlohn wenig mit „gönnen“ oder „sozialer Gerechtigkeit“ zu tun hat. Zunächst muss der Stundenlohn real erwirtschaftet werden. Diktiert der Staat einen höheren gesetzlichen Lohn als das, was in den Betrieben tatsächlich erarbeitet wird, muss es zwangsläufig zu Entlassungen und steigender Arbeitslosigkeit kommen. Gestern stellte das ifo Institut Dresden neue Zahlen vor: Schon bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro sind in Deutschland rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Wen trifft es am härtesten? Diejenigen, die sich um einen Einstieg in Arbeit bemühen. Die sich neben Hartz IV mit einem Mini- und Einstiegsjob etwas dazu verdienen. Und diejenigen, die so Anlauf nehmen wollen, wieder in eine reguläre Beschäftigung zu kommen. Ist das der Sozialstaat, den wir uns wünschen?


– Mehr Infos und Materialien zur Mindestlohn-Debatte: Ifo Institut.
– Frankfurter Allgemeine Zeitung:
8,50 Euro je Stunde spalten die Ökonomen.
– Focus online: Laut Bundesverfassungsgericht müssen
Hartz-IV-Sätze neu berechnet werden.

– „Soziale Gerechtigkeit ist keine Gerechtigkeit“: Dr. Michael Prollius über die Unmöglichkeit des „verteilenden Gerechtigkeit“. Gelesen im Newsletter des Instituts für Unternehmerische Freiheit.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 13 Kommentare zu Armut ???

Armut ???

armutsschwelle 2

„Zahl der Armut wächst rasant“, lautete am Mittwoch eine Meldung der Online-Ausgabe des Spiegels. In Deutschland soll es laut einer DIW-Studie 11 Millionen arme Menschen geben. Unweigerlich erscheinen im inneren Auge Bilder von Massenelend und Verwahrlosung – und das mitten in unserer (Wohlstands-) Gesellschaft. Wie kann das sein, fragt sich der betroffene Bürger. Immerhin leben wir in einem der reichsten Länder der Welt.

Ein Blick auf die Studie relativiert die reißerische Aussage deutlich. Auch eine Zwischenüberschrift bringt die Wahrheit auf den Punkt: „Weiterhin hohes Armutsrisiko in Deutschland“. Aus dem „Risiko“ lassen die Medien am Ende nur die „Armut“ stehen. Ein kleiner, aber erheblicher Unterschied. Denn: Armutsgefährdet in Deutschland ist, laut OECD-Definition, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. In Zahlen ausgedrückt entspricht das einem Betrag von 925 Euro für einen Single. Bei einem Ehepaar mit zwei Kindern sind es 1.943 Euro. Das ist nicht üppig, aber ein Leben fernab von Elend und Verwahrlosung ist damit möglich.

Das Armutsrisiko und die damit verbundene Abstiegsangst in der Mittelschicht sind wichtige Themen. Hieran muss die Politik arbeiten. Reißerische und fehlleitende Überschriften lenken von den echten Herausforderungen unserer Gesellschaft nur ab.

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 12 Kommentare zu Leben in der Sozialstaatsfalle

Leben in der Sozialstaatsfalle

Hartz IV Sätze im Vergleich

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Regelsätzen der Kinder im Hartz IV-Bezug hat eine Diskussion befeuert, die in Deutschland immer nach dem gleichen Muster läuft: Wer bietet mehr! So war das übrigens auch bei der Hartz IV-Reform im Jahr 2004. Um knapp 10 Milliarden Euro jährlich explodierten gesamtstaatlich die Kosten nach der Reform. Ein Gesetzespaket, das in diesem Land noch heute als Synonym für sozialen Kahlschlag empfunden wird, entpuppte sich als massive Ausgabensteigerung für den Staat.

Weil wir bei Hartz IV-Leistungen immer nur den Regelsatz beleuchten, „von dem doch niemand leben kann“, verkennen wir ein Kernproblem unseres Gemeinwesens. Wer arbeitet, muss von seinem Einkommen neben Krankenversicherungsbeiträgen und Steuern, seine Miete und seine Heizkosten erwirtschaften – und seine Kinder finanzieren. Vergleicht man die Einkommensverhältnisse bei diesen Familien mit einer vergleichbaren Familiengröße im Hartz IV-Bezug, stellen sich viele Arbeitnehmer mit geringer Qualifikation, die jeden Tag zur Arbeit gehen, kaum besser – mit steigender Kinderzahl sogar schlechter – als die Bezieher von Sozialleistungen. Die Warmmiete trägt der Staat und die Krankenversicherung natürlich auch.

Unsere Gesellschaft beruht auf Erwerbsarbeit. Wir müssen alles tun, damit möglichst alle Menschen lernen, dass gute Bildung, persönliche Einsatzbereitschaft, aber auch soziale Kompetenz, die Mixtur bilden, aus der sich ein erfülltes Leben speist. Deshalb ist die Finanzierung von sozialer Infrastruktur – qualifizierte Kinderbetreuungseinrichtungen und Bildungsstätten – viel wichtiger als höhere Geldleistungen, die häufig genug nicht bei den Kindern der Unterschicht ankommen. Sozialstaat heißt Hilfe zur Selbsthilfe, heißt Subsidiarität. Nur wer sich selbst engagiert, wird materiell über mehr verfügen können als über das absolute Existenzminimum. Ansonsten gehen wir in der Sozialstaatsfalle unter, weil immer mehr Menschen systematisch zur Passivität erzogen werden.


Wolfgang Franz, Vorsitzender des Sachverständigenrates, präsentierte diese Woche in der Wirtschaftswoche ein neues Sozialhilfemodell: Wer selbst arbeitet, bekommt netto mehr heraus. Ohne Arbeit sinkt dafür der Regelsatz um 30 Prozent.