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Irland-Krise: Konsolidierung statt Bail-Out der Banken

Irland hat in den vergangenen Jahren kontinuierlich seinen Haushalt konsolidiert. Nicht der Staat muss gerettet werden, sondern die irischen Banken

Nun ist es raus: Irland nimmt internationale Hilfen an. Rund 100 Milliarden werden beim IWF und dem europäischen Rettungsfonds EFSF beantragt. Nach der Griechenland-Rettung, also der zweite Bail-Out eines Mitgliedstaates der EU, und gleichzeitig der zweite Verstoß gegen den Vertrag von Lissabon.

Dabei ist fraglich, ob die Iren überhaupt Hilfe brauchen. Das irische BIP pro Kopf liegt 20 Prozent über dem deutschen. Die Schuldenquote liegt nach der Bankenrettung bei rund 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist zwar viel, aber beherrschbar. Zum Vergleich: Italien sitzt auf einem Schuldenberg von 118 Prozent, Griechenland hat 125 Prozent in Relation zum BIP und Japan sogar 226 Prozent. Im Gegensatz zu Griechenland haben die Iren schon einmal bewiesen, dass sie erfolgreich ihren Haushalt konsolidieren können. Sicherlich, die Renditen für irische Staatsanleihen laufen aus dem Ruder, doch bezahlen müssen sie diese Zinssätze erst, wenn neues Geld benötigt wird. Und das wird nach irischen Angaben erst im Sommer der Fall sein. Gelingt es bis dahin einen glaubhaften Konsolidierungskurs einzuschlagen, beruhigen sich auch die Märkte.

Wer die Hilfe gut gebrauchen kann, sind vermutlich die Banken. Sie haben es noch immer geschafft, die Steuerzahler über die Politik in Geiselhaft zu nehmen. Warum nicht auch dieses Mal. Der in der FAS am 21. November veröffentlichte Tip vom Kollegen Homburg, Aktien der Deutschen Bank zu kaufen, um wenigstens teilweise für das unfreiwillige Engagement zugunsten dieses Sektors kompensiert zu werden, ist sicherlich bedenkenswert, denn nun warten ja noch die Gläubiger Spaniens, Portugals und anderer darauf, ihre Engagement risikofrei zu gestalten. Frage an die Bundesregierung: Ist das wirklich alternativlos?

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Mehr Staat ist kein Allheilmittel

Heiner Flassbeck: Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts, München 2010.

Rezension: Heiner Flassbeck: Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts, München 2010

Eine Marktwirtschaft fürs 21. Jahrhundert zu entwerfen, damit hat Flassbeck sich wahrlich ein großes Ziel gesteckt. Man kann dem Autor nur Recht geben, die Weltwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Und Flassbeck ist gewillt, zu allen drängenden ökonomischen, sozialen und ökologischen Fragen unserer Zeit kritisch Stellung zu nehmen. Soweit so gut. Leider entpuppt sich die dann dargebotene vermeintlich neue Idee als ein Rückgriff in die keynesianischen Werkzeugkiste der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts: Permanente staatliche Einwirkung auf den wirtschaftlichen Verlauf – kurz Globalsteuerung. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ohne staatliche Hilfsmaßnahmen wäre die größte Finanz- und Wirtschaftskrise seit der Großen Depression mit größter anzunehmender Wahrscheinlichkeit weitaus weniger „glimpflich“ abgelaufen.

Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass der Staat vorher tatkräftig an dem Zustandekommen dieser Krise mitgewirkt hat. Erst durch die unsolide Haushaltsführung konnten Staaten zum Objekt von Spekulanten werden. Auch ist die „Schuldenkrise“ nicht das primäre Ergebnis von Spekulation oder mit den Worten des Autors: „Weil der Staat glaubte, für die Zocker an den Finanzmärkten einstehen zu müssen, …“. Der überwiegende Teil dieser Schulden stammt aus der Vorkrisenzeit. In Deutschland immerhin rund 1,5 Billionen Euro. Vor diesem Hintergrund erscheint der den Autor so irritierende Beschluss der Großen Koalition, gerade inmitten dieser großen Krise eine Schuldenbremse einzuführen, nicht abwegig, sondern konsequent. Geht es hier doch nicht darum, dem Staat den nötigen Handlungsspielraum für Notsituationen zu nehmen. Ganz im Gegenteil durch die Verpflichtung zu einer soliden Haushaltsführung in „Normalzeiten“ soll dieser eben erst geschaffen werden. Denn gegenwärtig ist Deutschland mit einer sich in diesem Jahr auf 60 Milliarden Euro belaufenden Belastung für Zinszahlungen für die nächste Krise denkbar schlecht vorbereitet.

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Die neue Ordnung

Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, Klärung europäischer Währungsfragen, Gestaltung der Finanzmarktordnung – so lauten die anstehenden Herausforderungen nach der Wirtschafts- und Finanzkrise. Kurz: Es geht um nichts weniger als die Erneuerung unserer Wirtschaftsordnung.

Die Notwendigkeit der Konsolidierung wird von kaum jemand bestritten. Doch allgemein wird der Eindruck erweckt, es gehe dabei um Aufräumarbeiten nach der Krise. Das ist zwar nicht falsch, verdeckt aber die eigentliche Bedeutung des Konsolidierungskurses. Der Schuldenberg ist das Ergebnis jahrelanger aktiver staatlichen Konjunktursteuerung al là Keynes. Der Beschluss der Schuldenbremse war, die gebotene Ergänzung zur Krisenpolitik. Der nun eingeschlagene Konsolidierungskurs ist kein temporäres Ziel, um dafür wieder Handlungsspielraum zu schaffen, sondern läutet eine neue Periode ein, die frei von staatlicher Nachfragepolitik ist. Das haben auch andere europäische Staaten erkannt. Der Griechenland-Schock hat gesessen.

Dennoch bleibt die Währungsunion durch finanzpolitische Leichtfertigkeit gefährdet. Die Anreize dafür müssen auf europäischer Ebene geschwächt werden. Dahingehend sind die Beschlüsse des Europäischen Rates ein Fortschritt. Die Einbindung der Gläubiger und des IWF sollte die Staaten disziplinieren.

Dies gilt auch für die Re-Regulierung der Finanzmärkte. Die Liste der Neuerungen kann sich sehen lassen: vom Selbstbehalt bei Verbriefungen über Beaufsichtigung der Ratingagenturen bis hin zu neuen Eigenkapitalforderungen (Basel III). Doch das alles hilft wenig, wenn man vergisst, den Schiedsrichter auszubilden. Die Fusion der Bundesbank mit der BaFin ist der falsche Weg und schadet am Ende der Bundesbank. Ein unabhängiger Schiedsrichter nach dem Vorbild des Kartellamts wäre die Lösung.


Die Langfassung dieses Beitrags ist am 15.11.2010 in der WELT erschienen

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Aus Zwei mach Null

Rund zwei Drittel der Gesamtkosten entfallen auf die Rettung von Landesbanken. Nimmt man die IKB hinzu, sind 80 Prozent dieser Kosten den staatlich kontrollierten zuzuordnen.

Der Fusionsversuch zwischen West LB und Bayern LB ist erneut gescheitert. Mit einer Fusion können die Probleme zweier Banken, die bis heute über kein tragfähiges Geschäftsmodell verfügen, nicht gelöst werden. Zwei schlechte Banken ergeben nicht automatisch eine gute.

Dabei ist eine Fusion von Landesbanken grundsätzlich kein falscher Ansatz zur Lösung der Probleme im hiesigen Landesbankensektor. Allerdings nur unter zwei Bedingungen: Erstens muss die Fusion wirtschaftlich und nicht politisch motiviert sein. Dazu gehört, dass es beide Seiten ein Verständnis darüber haben, wie die neue – also fusionierte – Bank aussehen soll. Und zweitens darf die Fusion nicht das Ende des Konsolidierungsdrucks im Landesbankensektor sein, sondern lediglich der Anfang. Es darf kein Weg daran vorbei führen, dass sich die Landesbanken dem Wettbewerb um die besten Konsolidierungsmodelle am hiesigen Bankensektor stellen. Die Politik muss daher darauf achten, dass auch nach einer Fusion ein diskriminierungsfreier Wettbewerb um die besten Konsolidierungsmodelle stattfinden kann. Vermutlich war der fehlende politische Wille, dies durchzusetzen, auch ein Grund für das Scheitern der Gespräche.

Man darf nicht vergessen, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer – und schon gar nicht der bessere Banker – ist. 80 Prozent der direkten Kosten in Deutschland sind bei den schon vor der Krise verstaatlichten Banken entstanden – also den Landesbanken und der IKB. Eine Lösung muss her. Bis Ende 2011 muss die West LB ohnehin den Eigentümer wechseln, so will es die EU Kommission. Möglich ist das. Die Landesbanken müssten sich in einem ersten Schritt lediglich wieder auf ihre Kernkompetenzen besinnen – ob mit oder ohne Fusion. Danach wäre der Weg frei für eine echte, d. h. diskriminierungsfreie Privatisierung. In wie weit sich die Geschäftsmodelle noch als tragfähig erweisen, entscheidet dann der Markt und nicht mehr die Politik.


Die Studie “Staatliche Hilfen für Banken und Ihre Kosten” können Sie hier downloaden.

Arbeitsmarkt, Buchkritik, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Der Unbiegsame

Der Unbiegsame

Steinbrück Unterm Strich 1

Buchkritik: Peer Steinbrück: Unterm Strich, Hamburg 2010

Steinbrückfans sollten es lesen; diejenigen, die mehr über die Geschehnisse der Finanzkrise wissen wollen, auch; Anhänger zum Beispiel der amerikanischen Tea-Party-Bewegung lieber nicht.

Die gute Nachricht vorweg: Peer Steinbrück hat das Buch tatsächlich selbst geschrieben. Wort für Wort – und nicht wie Menschen seines Genres üblicherweise von einem Ghostwriter schreiben lassen. Steinbrück schreibt klar, gestochen, so scharf wie er denkt und manchmal so spitz wie das „s“, dass ihm beizeiten über seinen norddeutschen Lippen springt. Insofern – Kompliment an diesen Autor. Sein „Unterm Strich“ soll weder ein Erinnerungsbuch mit autobiographischen Zügen sein, noch den Anspruch auf Wahrheit erfüllen. „Nur ein Idiot glaubt, dass er über sich die Wahrheit schreiben kann“, zitiert Steinbrück den Schriftsteller Eric Ambler.

Nun ja, was ist schon Wahrheit? Bringt es den Leser auf die Spur der Wahrheit, wenn ihm subjektiv gefärbte An- und Einsichten eines ehemaligen Finanzministers präsentiert werden, der es sich durchaus nicht nehmen lässt, den ehemaligen Kollegen rechts wie links in gedruckter Form kleine, unauffällige Tritte zu verpassen?

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Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , Leave a Comment on Stabilitätspakt: Automatismus statt Willkür

Stabilitätspakt: Automatismus statt Willkür

Nach dem verfassungswidrigen Bail-Out Griechenlands wurden auf dem EU Gipfel erstmals Vorschläge zur Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts auf den Tisch gelegt. Ein zentraler Punkt: Eine Insolvenzordnung für Staaten soll private Anleger in Mithaftung nehmen. Dieses Vorhaben ist zunächst einmal begrüßenswert. Denn die politische Koordinierung hat es nicht geschafft, Staaten zu einer vernünftigen Haushaltspolitik zu drängen. Erst als die Finanzmärkte deutliche Risikoaufschläge für die Staatsanleihen hochverschuldeter Länder verlangten und der Euro nur noch mit dem Bruch der Bail Out Klausel stabilisiert werden konnte, wurden Sparanstrengungen auf den Weg gebracht. Ohne Insolvenzordnung können die Märkte ihre Disziplinierungsfunktion aber nicht wahrnehmen.

Doch die Umsetzung bleibt zweifelhaft. Käufer von Staatsanleihen sind vorwiegend Banken und Versicherungen. Kommt es zur Insolvenz, tragen sie die Verluste. In einer Krise drohen den Banken hohe Abschreibungen und im Extremfall die Pleite. “Too Big to Fail“ wäre dann wieder angesagt. Ob Staaten soweit gehen, ist auch dieses Mal fraglich. Wahrscheinlicher ist es, dass es zum Schutz der heimischen Finanzindustrie wieder zum Bail Out der fiskalisch unsoliden Staaten kommt. Es muss also verhindert werden, dass eine solche ausweglose Situation überhaupt entsteht. Mit einem glaubwürdigen Sanktionsverfahren könnte das gelingen. „Glaubwürdig“ heißt aber, dass das Verfahren frei von politischen Ermessungsspielräumen ist und Haushaltssünder mit automatisch greifenden, strikten Vorgaben belegt werden. Alles andere funktioniert nicht. Denn eines scheint immer klarer: Auch ein Bail-out wäre vermutlich keine dauerhafte Lösung, weil es nur die nationalen Befindlichkeiten weckt und zur Desintegration beiträgt. Um den Euro und seine Stabilität zu retten und dauerhaft zu sichern, gibt es zur fiskalischen Disziplin seiner Mitgliedsländer keine Alternative. Auch die Beteiligung Privater am Risiko kann nur – wenn auch zielführend – unterstützend eingesetzt werden.


Weitere Beiträge zum Thema:
*Die Staatsverschuldung nährt sich selbst – Ein Beitrag von Oswald Metzger
*Aufschwung für Einsparungen nutzen – Ein Beitrag von Frank Schäffler, MdB
*Nie ist die Zeit des Sparens – Ein Beitrag von Oswald Metzger

Arbeitsmarkt, Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 11 Kommentare zu Es geht auch ohne Staat

Es geht auch ohne Staat

Die Rufe nach der schützenden Hand des Staates reißen auch im Aufschwung nicht ab: Erst wollte der Dauerbittsteller Opel seine maroden Finanzen mit Staatsknete sanieren, dann druckte Quelle auf Kosten der Bayerischen Landesregierung einen Katalog, den niemand mehr haben wollte und nun bittet mit Hochtief wieder ein Baukonzern um staatliche Sonderhilfe.  Im Fall Opel hat sich zum Glück der Wirtschaftsminister durchgesetzt und siehe da: Es geht auch ohne.

Schon einmal hat die Regierung versucht ein Bauunternehmen vor dem Wettbewerb zu schützen –im Fall Holzmann. Das ging bekanntlich schief und das Geld des Steuerzahlers war futsch. Und auch das Management von Hochtief muss nicht beschützt werden. Für die Arbeitnehmer ist es ohnehin unwichtig, ob der Eigentümer in Deutschland oder im Ausland sitzt.

Politiker sind schlecht darin Marktchancen und Wettbewerbsprozesse zu beurteilen. Die Fälle Holzmann, Opel und Quelle, sowie auch das fortwährende Desaster bei den Landesbanken sollten doch eigentlich Beweis genug sein.

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 2 Kommentare zu Ohne automatische Sanktionen keine europäische Haushaltsdisziplin

Ohne automatische Sanktionen keine europäische Haushaltsdisziplin

Zu Beginn der letzten Wochen hat sich Angela Merkel mit Nicolas Sarkozy verbündet und „par ordre de mufti“ in die laufende Verhandlungsrunde der EU-Finanzminister verkünden lassen, dass Deutschland und Frankreich keine automatischen Sanktionen in Form von Strafzahlungen mehr wünschten, um Mitgliedsstaaten bei mangelnder Haushaltsdisziplin präventiv zu disziplinieren. Noch im Frühjahr, als Griechenland faktisch insolvent war, pochte die Bundesregierung auf ein strenges, sanktionsbewehrtes Regiment der EU-Kommission zum Schutz der Stabilität der Gemeinschaftswährung. Schließlich haften die deutschen Steuerzahler auch mit der sagenhaften Summe von 148 Milliarden Euro, fast einem halben Jahresetat des Bundes, für die Aktion Euro-Rettung.

Der Widerspruch, der jetzt formuliert wird, ist mehr als berechtigt. Die Stabilität des Euro und letztlich das Wohl Deutschlands als stärkster europäischer Volkswirtschaft hängt von diesem Streit ab. Wenn Deutschland nicht aufpasst, dann gerät es in eine dauerhafte Zahlmeisterrolle einer europäischen Transferunion, in der wir für die unsolide Finanzpolitik anderer europäischer Haushaltssünder haften müssen.

Nach dem faktischen Staatsbankrott Griechenlands und den Finanznöten in Irland, Portugal und Spanien musste jedem Politiker klar sein, dass künftig viel stärker auf finanzpolitische Prävention in Europa gesetzt werden muss. Ein Regelwerk ohne automatischen Sanktionsmechanismus fällt der politischen Opportunität zum Opfer – dies haben wir im Frühjahr 2002 bereits erlebt. Und was nutzt ein Euro- Stabilitätspakt mit hehren Zielen, die auf dem Papier stehen, aber nicht zu spürbaren Strafzahlungen führen, wenn ein Land sie reißt?

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , Leave a Comment on Gleiche Regeln für alle

Gleiche Regeln für alle

Bereits vor der Übernahme durch den spanischen Baukonzern ACS ist Hochtief in ausländischer Hand. Nur gut ein Drittel des Aktienanteils ist in Deutscher Hand.

Hochtief kämpft um seine Unabhängigkeit. Das spanische Bauunternehmen ACS besitzt momentan knapp 30 Prozent der Hochtief-Aktien und will die Mehrheit erreichen. Der Traditionskonzern aus Essen ginge in spanischen Besitz über. Damit haben jedoch nicht wenige deutsche Politiker so ihre Mühe.

Noch frisch ist die Erinnerung an die deutschen Proteste, nachdem durch staatliche Intervention in Spanien die Endessa-Übernahme durch Eon gescheitert ist. Sobald aber ausländische Unternehmen ihr Interesse für deutsche Firmen bekunden, sind die ordnungspolitischen Grundsätze auch in Deutschland erst einmal vergessen. Ansonsten zur Besonnenheit mahnende Politiker greifen reflexartig zum Kriegsvokabular: Von feindlicher Übernahme, der Notwenigkeit eines Abwehrkampfes ist dann die Rede. Interessant ist auch der Verlauf der „Schlacht“. Zunächst ist keiner interessiert, dann greift ein Politiker die Angelegenheit medienwirksam auf, schließlich folgen immer mehr. Das hat es vor gut einem Jahr bereits gegeben. Waren vor kurzem alle „Opelaner“, sind nun alle Bauarbeiter.

Im gegenwärtigen Fall hat die Regierung aber offensichtlich noch rechtzeitig die Notbremse gezogen und nach einer eingehenden Prüfung festgestellt, dass die Gesetzeslage ausreicht. Zurecht! Denn das Problem sind nicht die Firmenübernahmen – auch nicht die feindlichen und die durch ausländische Firmen. Sie sind normal in einer Marktwirtschaft und heben in der Regel Effizienzreserven. Es gibt ständig Übernahmen, die dem aktuellen Vorstand des übernommenen Unternehmens nicht gefallen mögen. Problematisch ist die Einzelfallbezogenheit: Dieses Unternehmen ist politisch wichtig, also greift die Regierung ein, jenes erscheint politisch unbedeutend, also bleibt die Politik weg. Das muss verhindert werden. Vielmehr wäre es wichtig, dass bei (grenzüberschreitenden) Übernahmen für alle die gleichen Regeln gelten. Es darf nicht sein, dass Staaten willkürlich in einen marktwirtschaftlichen Prozess eingreifen, um diskretionäre Interessen durchzusetzen. Sonst droht ein Protektionismuswettlauf – und der schadet am Ende allen.


Eine aktuelle Studie des DIW stellt fest: Die Angst vor ausländischen Unternehmen ist unbegründet. Die Studie zeigt, dass Betriebe in Auslandseigentum überdurchschnittlich produktiv und exportorientiert seien.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 3 Kommentare zu „Währungskrieg“ bedroht Weltwirtschaft

„Währungskrieg“ bedroht Weltwirtschaft

Der Euro steigt wieder. Doch der Kursanstieg ist wesentlich auf die Abwertung des US-Dollars zurückzuführen.

Auf der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank stehen die Sorgen um einen Abwertungswettlauf wichtiger Währungen im Fokus. Von „Währungskrieg“ ist die Rede. Vor allem China steht am Pranger, das seinen Renminbi seit gut 15 Jahren an den US-Dollar koppelt. Der Außenwert der chinesischen Währung gilt als deutlich unterbewertet und begünstigt den Export chinesischer Konsumprodukte. Nicht ohne Gegenreaktion: So erhöhten die USA Ende September die Importzölle für die Einfuhr chinesischer Reifen von 5% auf 35%. Doch wenn sich daraus ein handfester Handelskrieg hochschaukelt, verlieren am Ende alle.

Dieses Beispiel zeigt, wie schnell sich in Krisenzeiten eine Politik etabliert, die in Währungs- und Handelskriege münden kann. „Beggar-my-neighbour-Policy“ heißt das im Ökonomen-Englisch. Die Welt ist auf dem besten Weg dazu, die alten Fehler zu wiederholen. It’s our currency, but it’s your problem“ formulierte es 1971 der amerikanische Finanzminister John Connally. Denn auch die USA sehen durchaus – trotz aller gegenteiligen Beteuerungen – die praktischen Vorteile eines schwächeren Dollar: der Import von ausländischen Waren wird erschwert, der Export amerikanischer Produktion wird erleichtert.

Die politische Diskussion in Deutschland macht um dieses Thema bisher einen riesigen Bogen. Dass der Euro seit seinem Februar-Tiefstand um rund 15% aufgewertet hat, wird verdrängt. Und das obwohl der Euro angesichts der maroden Finanzen der Mitgliedsstaate unter Abwertungsdruck steht. Dabei sollte jeder wissen, dass für die deutsche Exportwirtschaft die Luft bei weiter steigendem Eurokurs schnell dünner wird – und letztlich der ganze Aufschwung gefährdet wird.

Arbeitsmarkt, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , 12 Kommentare zu Arbeit bleibt teuer

Arbeit bleibt teuer

Trotz der geringen Lohnsteigerungen in den letzten Jahren gehört Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Arbeitskosten im produzierenden Gewerbe.

Kaum setzte der Aufschwung in Deutschland ein, da wurden im In- aber auch Ausland Forderungen nach Lohnsteigerungen in Deutschland laut. Zu den prominentesten ausländischen Befürwortern dürfte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde gehören. Wiederholt hatte sie den Deutschen gegenüber den Vorwurf erhoben, sie würden sich durch Lohnzurückhaltung auf den internationalen Märkten einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Zwar stimmt es, dass die Löhne in Deutschland so langsam gestiegen sind wie nirgendwo sonst in Europa. Unerwähnt bleibt aber: Westdeutschland hat selbst nach den geringen Lohnsteigerungen in den letzten Jahren unter den großen Volkswirtschaften in der Industrie das weltweit höchste Kostenniveau.

Werden auch die kleinen Volkswirtschaften berücksichtigt, liegt die westdeutsche Industrie mit 36,05 Euro je Stunde für Löhne und Personalzusatzkosten im internationalen Vergleich immer noch auf dem vierten Platz. Auch im Heimatland von Frau Lagarde liegen die Arbeitskosten um acht Prozent unter den Westdeutschen. Andere westliche Staaten wie die USA, Japan und das Vereinigte Königreich haben sogar Kostenvorteile von nahezu 40 Prozent. Ganz zu schweigen von China. Mit Arbeitskosten von 2,25 Euro pro Stunde produziert der Exportweltmeister um fast 94 Prozent günstiger als Deutschland. Fakt ist: Durch den Tritt auf die Lohnbremse hat Deutschland noch nicht einmal die Sünden der Vergangenheit, die vor allem in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre begangen wurden, wettgemacht. Aber auch wer nur auf die jüngere Vergangenheit schaut, sollte einen Wechsel von der Bremse auf das Gaspedal noch einmal überdenken. Denn in der Wirtschaftskrise haben die Unternehmen versucht, ihre Belegschaft soweit wie möglich zu halten. Trotz Arbeitszeitverkürzung brach daher die Produktivität kräftig ein. Folge: Noch immer sind die Lohnstückkosten 10 Prozent höher als Anfang 2008.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 1 Kommentar zu Wer soll das bezahlen?

Wer soll das bezahlen?

Die Wirtschaftsindikatoren zeigen nach oben, der Arbeitsmarkt entwickelt sich prächtig. Doch der Schein trügt. Nahezu alle großen Industrienationen stecken im Schuldensumpf. Die Verschuldung in Deutschland beträgt 1,7 Billionen Euro – das entspricht 20.920 Euro pro Kopf. Zinszahlungen sind inzwischen der zweitgrößte Posten im Bundeshaushalt. Die Autoren des ÖkonomenBlogs sind sich einig: Ohne sparen geht es nicht.

*Ausgaben runter – Überall! Ein Beitrag von Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen (1. September 2010)

*Die Staatsverschuldung nährt sich selbst Ein Beitrag von Oswald Metzger (31. August 2010)

*Mehr Subventionen? Nein Danke! Ein Beitrag von Prof. Dr. Justus Haucap (27. August 2010)

*Aufschwung für Einsparungen nutzen Ein Beitrag von Frank Schäffler, MdB (17. August 2010)

*Absturz der Staatsfinanzen Eine Buchrezension von Robert Koisar (12. August 2010)

*Sparen nicht vergessen! Ein Vodcast von Marc Beise, Wirtschaftschef der Süddeutschen Zeitung (3. August 2010)

*Nie ist die Zeit des Sparens – Ein Beitrag von Oswald Metzger (31. Juli 2010)

*Willkürliche Subventionen Ein Beitrag von Marco Mendorf (21. Juli 2010)

*Sparen schafft Wohlstand Ein Beitrag von Prof. Dr. Andreas Freytag (9. Juli 2010)

*Das Land ruft nach der Agenda 2020 – Ein Beitrag von Oswald Metzger (3. Juli 2010)

*Minipaket reicht nicht Ein Beitrag von Frank Schäffler, MdB (15. Juni 2010)

*Pleite der Zockerstaaten Ein Vodcast der INSM (10. Juni 2010)

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 4 Kommentare zu Kurs auf den Schuldenberg

Kurs auf den Schuldenberg

Die Schulden der deutschen Bundesländer sind hoch. Doch damit der Stabilitätsrat eine Entschuldungsphase erzwingen kann, müsste der Schuldenberg noch höher wachsen.

Die jüngste Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle zeigt deutlich die Schwächen des neu eingerichteten Stabilitätsrates. Insbesondere durch die großzügige Festlegung der Schwellenwerte für die Länder, deren Überschreiten den Stabilitätsrat zum Handeln veranlassen soll, verhindern die Mitglieder des Rates weitgehend, dass überhaupt jemand an den Schulden-Pranger gestellt wird.

Und falls die Verschuldung dann doch irgendwann so exzessiv sein sollte, dass der Stabilitätsrat zum Aufstellen eines sanktionslosen Sanierungsplanes gezwungen ist, dann lehrt die europäische Erfahrung, dass nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird. Man erinnere sich nur an die politische Intervention Frankreichs und Deutschlands 2002/2003, als beide Länder eklatant und offensichtlich den Stabilitäts- und Wachstumspakt missachteten und auf dem politischen Wege im Rat der EU den Sanktionsmechanismus außer Kraft setzten.

Es sind Struktur und Zusammensetzung der Institution „Stabilitätsrat“, die das Grundproblem seiner Schwäche ausmachen. Mit den Finanzministern des Bundes und der Länder, ergänzt um den Bundeswirtschaftsminister, finden sich die öffentlichen Schuldenmacher zu einer Art Selbstevaluation – man könnte auch sagen Selbsthilfegruppe – zusammen. Es bestehen keine Anreize sich gegenseitig anzuschwärzen, da alle Beteiligten im gleichen Boot sitzen und nur zwei bis drei Musterschüler (Bayern, Sachsen und eventuell noch Baden-Württemberg) auf etwas besser gepolsterten Plätzen sitzen – aber nicht den Kurs ändern können. Hierfür bedarf es nämlich der 2/3 Mehrheit. Solange nicht externe, unabhängige Institutionen wie beispielsweise der Bundesrechnungshof auf die Brücke geholt werden, steuert das Boot der öffentlichen Haushalte weiter voll auf den Schuldenberg zu und droht abzusaufen.


* Hier geht es zur Studie „Schuldenbremse: Bisherige Beschlüsse stellen Gelingen auf Länderebene infrage“ des IW Halle.

* Hier geht es zur Pressemitteilung der Studie „Schuldenbremse: Bisherige Beschlüsse stellen Gelingen auf Länderebene infrage“ des IW Halle.

 

Bereits in einem früheren Beitrag im ÖkonomenBlog hatte der Autor auf dieses Problem aufmerksam gemacht.

Stabilitätsrat oder Sünderkartell? – Fabian Disselbeck (28. April 2010)

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Mehr Aufsicht, weniger Souveränität

Eine europaweit harmonisierte Finanzaufsicht soll zukünftige Finanzkrisen vermeiden. Doch die neue Aufsicht schränkt die Souveränität der Staaten ein.

Die Finanzkrise hat gezeigt: Die Bankenaufsicht in Europa hat nicht funktioniert. Durch uneinheitliche Regulierungsvorschriften konnten Banken problemlos ungeliebte Vorschriften unterwandern. So wurden systematische Risiken verschleiert. Diese Praxis hat das ganze System an den Rand des Abgrunds gebracht. Ohne harmonisierte Regulierungsvorschriften haben die Staaten Anreize, sich hinsichtlich der Strenge der Bankenaufsicht gegenseitig zu unterbieten und die Finanzbranche ins eigene Land zu locken. Das schafft Arbeitsplätze und steigert die Steuereinahmen. Und gerät der Sektor in Schwierigkeiten, muss ohnehin die Staatengemeinschaft die Rettungspakete schnüren. Deswegen ist eine Harmonisierung der Regulierungsvorschriften notwendig.

Doch eine zentrale Bankenaufsicht bedeutet auch, dass nationale Hoheitsrechte aufgegeben werden. Zudem befürchten die Finanzminister nicht zu Unrecht, dass eine europäische Bankenaufsicht Entscheidungen trifft, die erhebliche Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte haben. Inwieweit der gefundene Kompromiss tragen wird, ist heute schwer abzuschätzen. Die Verteilung der Kompetenzen wird aber auch in Zukunft ein Reibungspunkt sein.

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 3 Kommentare zu Wann kommt der geldpolitische Exit?

Wann kommt der geldpolitische Exit?

Reis, Mais, Soja: Die Preise für Lebensmittel steigen wieder. Der Preis für Mais legte im August zeitweise um über 50 Prozent zu. Das weckt Erinnerungen an die Hungerkrise der Jahre 2007 und 2008. Damals wurde die Entwicklung durch den Zusammenbruch von Lehmann gestoppt. Auch die Schuldigen sind scheinbar schnell gefunden. Die Spekulanten sollen mit ihren Zockereien die Preisexzesse ausgelöst haben.

Doch ganz so einfach ist es nicht. Richtig ist: Spekulanten entfachen den Flächenbrand an den Rohstoffbörsen. Doch die Streichhölzer dazu liefern andere. Denn erst die Flutung der Märkte mit Zentralbankgeld macht die Preisexzesse möglich. Was wir an den Rohstoffbörsen beobachten können, sind die Vorboten der Inflation, die durch die expansive Geldpolitik der Zentralbanken verursacht wird. Und die fluten trotz anziehender Wirtschaft weiter die Märkte mit Liquidität. Die EZB ist zur Preisstabilität verpflichtet. Also wann kommt der geldpolitische Exit?