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Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 4 Kommentare zu Unternehmen gründen lohnt sich

Unternehmen gründen lohnt sich

70% der geförderten Existenzgründer haben den Sprung aus der Arbeitslosigkeit geschafft

Nach Einführung der Hartz-Gesetze haben deutlich mehr Menschen den Sprung aus der Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit gewagt. Waren es vor dem Jahr 2002 meist unter 100.000 Personen pro Jahr, die eine Förderung ihrer Gründung mit Überbrückungsgeld beantragt hatten, so wurden auf dem Höhepunkt im Jahre 2004 mehr als 350.000 Personen bei ihrer Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit vom Staat unterstützt. In der öffentlichen Meinung gelten Unternehmensgründungen oft als Notlösungen, um der Arbeitslosigkeit zu entkommen. Entsprechend herrscht die Ansicht vor, dass die meisten Existenzgründer scheitern. Dass dies nicht stimmt, zeigt die aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (DIW) und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IAZ).

Nur 12 Prozent der Existenzgründungen erfolgen ausschließlich durch den Wunsch getrieben, der Arbeitslosigkeit zu entkommen. In der überwiegenden Mehrheit kommen weitere so genannte „Pull-Motive“ hinzu. Viele Gründer wollten schon immer ihr eigener Chef sein, hatten erste potentielle Kunden oder eine lukrative Marktlücke entdeckt. Solche von gemischten Motiven getriebene Gründer erwiesen sich als erfolgreicher als reine Notgründungen. Positiv fällt auch die Gesamtbilanz aus. Fünf Jahre nach der Unternehmensgründung waren noch 70 Prozent der mit Überbrückungsgeld geförderten Selbständigen am Markt. Weitere 20 Prozent hatten eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Nur 10 Prozent waren erneut arbeitslos gemeldet. Außerdem schaffen arbeitslose Existenzgründer in bis zu 40 Prozent aller Fälle auch noch weitere Arbeitsplätze. Für den Fiskus ist es darüber hinaus sogar günstiger zu sein, diesen Menschen mit Gründerförderung als Arbeitslosengeld zu unterstützen.

Arbeitsmarkt, SozialesTagged , , , , , 4 Kommentare zu Eigenverantwortung ist selbstverständlich

Eigenverantwortung ist selbstverständlich

Der Hartz-IV-Anspruch eines Alleinstehendes beträgt summa summarum 952 Euro
Das Arbeitslosengeld II dient als Teil der sozialen Sicherung einem klaren Zweck: es sichert arbeitslosen Bürgern einen Mindestlebensstandard. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass jeder Bürger für seinen Lebensunterhalt selbst verantwortlich ist. Falls dies aber aus bestimmten Gründen nicht möglich ist, kann er sich auf die Solidarität der Gesellschaft verlassen. Die Hilfebedürftigen sind aber verpflichtet, alle Anstrengungen zu unternehmen, den Unterstützungsbedarf so gering wie möglich zu halten. Und wer selbst einen Mindestlebensstandard erreichen kann, hat keinen Anspruch auf die Hilfe der Gesellschaft.

Mit Hinzuverdienstregeln wird gegen dieses an der Bedürftigkeit orientierte Mindestsicherungsprinzip verstoßen. Denn damit wird kein bestimmter Lebensstandard angestrebt, sondern der Betrag, bis zu dem Transferzahlungen geleistet werden, wird erhöht. Die gängige Argumentation, es müsse einen Lohnabstand zwischen Beschäftigten und Beschäftigungslosen geben, suggeriert, dass jeder Bürger ohne weiteres einen Anspruch auf die Mindestsicherung hätte und diesen Anspruch auch dann behalte, wenn er arbeite und Geld verdiene. Jeder, der so argumentiert, untergräbt damit die Grundsätze einer solidarischen, subsidiären Grundsicherung. Denn man würde eben nicht mehr davon ausgehen, dass jeder Bürger zunächst selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommt und nur Hilfe anfordert, wenn er den Mindestlebensstandard nicht erreicht.

Wird die Bedürftigkeitsorientierung aufgegeben, dann gibt es keinen sinnvollen Maßstab mehr für die Beurteilung der Höhe öffentlicher Unterstützungszahlungen. Schon jetzt wird ein Alleinstehender auch dann noch unterstützt, wenn er ein eigenes Einkommen von 1.235 Euro monatlich erzielt. Prinzipiell bedarf es keines monetären Anreizes, eine Arbeit aufzunehmen, weil eine Verpflichtung besteht, den Lebensunterhalt so weit wie möglich selbst zu verdienen. Wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, verliert seinen Anspruch auf soziale Hilfen.

Die soziale Sicherung sollte wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Jeder Hilfsbedürftige sollte seinen Lohn vollständig behalten dürfen. Der Staat stockt dieses Einkommen dann bis zur Erreichung des Mindestlebensstandards auf. Nur wenn die Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft sind, besteht ein Anspruch auf ergänzende Leistungen des Staates. Es sollte selbstverständlich sein, dass niemand dafür belohnt werden muss, wenn er für sich selbst sorgt und die Mittel für seinen Lebensunterhalt erwirtschaftet.

Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Weniger Ingenieure, weniger Wohlstand

Weniger Ingenieure, weniger Wohlstand

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Deutschland mangelt es an Tüftlern. Jahrelang hatten Arbeitsmarktexperten darauf hingewiesen, dass Deutschland zukünftig ein Fachkräftemangel drohe. Jetzt ist das bei den Ingenieuren bittere Realität: 2009 fehlten mehr als 34.000 Ingenieure. Das bedeutet Wertschöpfungsverluste von rund 3,4 Mrd. Euro, wie eine jetzt veröffentlichte Studie des Vereins Deutscher Ingenieure e. V. und des Instituts der Deutschen Wirtschaft zu Köln zeigt. Ursache für diese Entwicklung ist vor allem der demographischen Wandel.

In den letzten fünf Jahren hat Deutschland durchschnittlich knapp 37.000 Erstabsolventen eines ingenieurwissenschaftlichen Studiums hervorgebracht –inklusive der ausländischen Studenten, die nach Studienabschluss dem deutschen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung standen. Insgesamt reichte dies noch nicht einmal aus, um die 36.000 Ruheständler zu kompensieren, geschweige denn den zusätzlich vorhandenen Expansionsbedarf zu decken. Und zukünftig wird die Nachfrage nach gut ausgebildeten Fachkräften weiter drastisch steigen. Ab 2013 werden jährlich 33.800, ab 2018 dann 44.100 und schließlich ab 2023 sogar 48.300 neue Ingenieure benötigt, um die ausscheidenden zu ersetzen. Ohne beträchtliche Anstrengungen von Schulen und Universitäten, von Wirtschaft und Staat wird das nicht gelingen. Ein massiver Wohlstandverlust wäre die Folge.


Hier geht es zu weiteren Beiträgen zu diesem Thema:

Industrie verliert jährlich Milliarden – Berliner Morgenpost vom 20.04.2010

Ingenieurmangel wächst mit dem Aufschwung – Hamburger Abendblatt vom 20.04.2010

Ingenieurmangel kostet drei Milliarden Euro pro Jahr – Die Welt vom 20.04.2010

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 1 Kommentar zu Jobwunder oder Subvention?

Jobwunder oder Subvention?

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Der deutsche Arbeitsmarkt hat die Krise bisher wie kaum ein zweites Land umschifft. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland ist nur moderat angestiegen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich: Zum Einen hat Deutschland mit den Hartz-Reformen die Vorraussetzungen für das deutsche Jobwunder geschaffen, zum Anderen hat aber der Staat durch die Ausweitung der Kurzarbeit den Unternehmen Anreize geschaffen, die Belegschaft trotz einer Unterauslastung zu halten. Ungeachtet voller werdender Auftragsbücher wurde von der Bundesregierung die Ausweitung der Kurzarbeitregelung bis 2012 beschlossen.

Mögen einige Argumente für Kurzarbeit sprechen, gilt dennoch: Kurzarbeitergeld ist eine Subvention. Vergangene Wirtschaftkrisen haben immer neue innovative Unternehmen hervorgebracht. Dank Kurzarbeitssubvention können aber auch schlechte Unternehmen im Markt verharren und junge zukunftsträchtige Unternehmen kommen nur schwer an qualifizierte Fachkräfte. Die Schumpetersche „schöpferische Zerstörung“ wird ausgehebelt und alte, ineffizientere Strukturen werden konserviert. Vergeblich sucht man in Deutschland nach erfolgreichen Start Ups wie Google und Facebook. Auch die Chancen dieser Krise scheinen jetzt vertan.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Befristete Jobs – ja und?

Befristete Jobs – ja und?

Vollzeitstellen

„Immer mehr Jobs sind befristet“, schreibt die Berliner Zeitung heute auf ihrer Titelseite. Die Süddeutsche legt noch einen drauf: „Unsichere Arbeitsplätze werden zur Regel“. Mindestens die Münchner sind mit ihrem Aufmacher völlig auf der falschen Spur.

Das Statistische Bundesamt hat gestern lediglich dargestellt, dass 8,9 Prozent von insgesamt 30,7 Millionen abhängig Beschäftigten (Kernerwerbstätige) einen befristeten Arbeitsvertrag haben – nichtmals jeder Zehnte. In diesem Zusammenhang von „der Regel“ zu sprechen, scheint recht weit hergeholt. Vor allem auch deshalb, weil die meisten Berufseinsteiger oft nur vorübergehend befristet eingestellt werden, später dann in eine unbefristete Stelle wechseln. Zwischen 2003 und 2008 sind rund 1,8 Millionen Erwerbstätige aus einer flexiblen Erwerbsform in eine unbefristete, abhängige oder beamtete Vollzeitbeschäftigung gewechselt. Umgekehrt waren es weniger.

Zum Aufmacher der Berliner Zeitung stellt sich mir nur die Frage: Mehr befristete Jobs – ja und? Klar ist: Die Anzahl befristeter Verträge steigt. Aber eben nicht zulasten der unbefristeten Vollzeitbeschäftigung! Feste und sichere Vollzeitjobs wird es also auch in Zukunft geben. Wichtig war in den vergangenen Jahren, dass der steigenden Erwerbsquote ausreichend Jobangebote gegenüberstanden. Die Zahl der flexiblen „Einsteigerjobs“ ist in den Zeiten des Aufschwungs und der Agenda 2010 tatsächlich gestiegen. Das kann man doch nur begrüßen.


Hier geht's zu einem weiteren Beitrag zu diesem Thema.
Vollzeitbeschäftigung: kein Auslaufmodell – ÖB-Beitrag von Dr. Oliver Knipping

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 1 Kommentar zu Arbeit – ein hohes Gut

Arbeit – ein hohes Gut

Der Job ist viel wert. Zur Not würden viele sogar mit Abstrichen vom Lohn leben wollen. Das sagt die IW-Consult-Umfrage.

Die Wirtschaftskrise erscheint erst einmal überstanden. Der deutsche Arbeitsmarkt hat sich – nicht zuletzt dank der Kurzarbeit – bislang außerordentlich gut gehalten. Doch niemand weiß, wie die Entwicklung weitergehen wird. Kommen wir mit einem blauen Auge davon oder kommt die Krise am Arbeitsmarkt erst noch? Für die Arbeitnehmer bedeutet dies: der eigene Arbeitsplatz ist nicht sicher. Offensichtlich sind sich viele deutsche Arbeitnehmer dieser brisanten Lage bewusst. Deshalb sind viele auch bereit, ihren Beitrag zur Arbeitsplatzsicherung zu leisten. Dies geht aus einer aktuellen Arbeitnehmerbefragung hervor.

In einer repräsentativen IW-Consult-Umfrage wurden Arbeitnehmer gefragt: Wozu wären sie im Gegenzug für eine Arbeitsplatzgarantie von mindestens einem Jahr in Ihrem Unternehmen bereit? Über ein Drittel der Befragten würden unter diesen Umständen eher auf einen Einkommenszuwachs verzichten. Kürzere Arbeitszeiten zu entsprechend niedrigerem Einkommen finden 14,3 Prozent in Ordnung. Jeder zehnte ist sogar bereit, auf bis zu10 Prozent seines Einkommens zu verzichten. 18,4 Prozent der Befragten würden aber in keinem Fall Einkommenseinbußen akzeptieren. Für viele gilt aber: Lieber weniger Lohn, als arbeitslos.


Holger Schäfer ist Senior Economist beim Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Seine Schwerpunktthemen sind Arbeitsökonomik, Arbeitsmarktpolitik und Zuwanderung.

Mehr Infos zur Umfrage finden Sie im Deutschlandcheck: www.deutschland-check.de

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 3 Kommentare zu Vollzeitbeschäftigung: kein Auslaufmodell

Vollzeitbeschäftigung: kein Auslaufmodell

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Noch im Jahr 2005 waren zeitweise mehr als 5 Millionen Deutsche arbeitslos. Nicht wenige spekulierten damals, wann die 6-Millionen-Grenze fallen wird. Parallelen zur Lage in den 30er Jahren kursierten in der Medienlandschaft. Nur drei Jahre später hat sich die Lage gründlich geändert. Im Herbst 2008 lag die Zahl der Arbeitslosen erstmals wieder seit 1992 unter 3 Millionen. Dies hat vor allem auch mit den Reformen der Agenda 2010 zu tun. Für viele eine erfreuliche Entwicklung. Andere sprechen von einer Mogelpackung.

Von einer massenhaften Umwandlung sozialversicherungspflichtiger Vollzeitstellen in andere Billigjobs ist die Rede. Doch diese Behauptung ist nicht haltbar, wie jetzt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zu Köln ergeben hat. Es stimmt zwar, dass der Anteil der geringfügig Beschäftigten an allen Erwerbsfähigen von 2003 (4 Prozent) bis 2008 (5 Prozent) leicht gestiegen ist. Dieser Anstieg erfolgte jedoch nicht zur Lasten der Vollzeitbeschäftigten. Ganz im Gegenteil: Auch der Anteil der Vollbeschäftigten ist von 2003 (40 Prozent) bis 2008 (42 Prozent) angestiegen. Das heißt in der Summe: Mehr kleine und mehr Vollzeitjobs. In diesem Punkt, kein schlechtes Ergebnis.


Hier geht’s zu  weiteren Beiträgen zu diesem Thema:
Flexible Jobs: Sprungbrett in den Beruf – Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Hartz IV gefährdet keine Vollzeitstellen Studie – Welt-online vom 09.03.2010
IW-Forscher ziehen positive Hartz-IV-Bilanz – Zeit-online vom 08.03.2010

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Aufstocken und Aufsteigen

Aufstocken und Aufsteigen

100219 Hüther Aufstocken und Aufsteigen

Skandal, Skandal schallt es wieder durch die Republik. Immer wieder überraschend ruft der Hinweis auf Selbstverständliches in der Sozialpolitik Empörung hervor. Aktueller Anlass: Die Äußerungen des Außenministers zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Höhe von Arbeitslosengeld II. Dabei hatte Westerwelle lediglich in klaren Worten auf die Prinzipien unseres Sozialstaates verwiesen: Subsidiarität und Lohnabstand. Warum dann dieser emotionale Aufschrei?

Vielleicht offenbart sich hier das Unwohlsein einer Gesellschaft, die einer Illusion aufgesessen ist: Die großen Versprechen auf Integration und Teilhabe haben die Regierenden so nicht erfüllt. Zu den Gründen gehören vor allem staatliche Fehlanreize. Die Hinzuverdienstregeln für ALG II-Empfänger, die einen hohen Anreiz für Teilzeitarbeit setzen, diskriminieren im Ergebnis den Vollzeiterwerb und führen zu einer geringeren sozialen Bindung. Wichtig ist nun, die leichtfertige Diffamierung der Aufstocker zu unterlassen. Sie verdienen Respekt und vor allem eine faire Aufstiegschance.

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , , 4 Kommentare zu Verteilen hilft nicht

Verteilen hilft nicht

Das Hartz-Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat eine richtige und wichtige Grundsatzdebatte über die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates ausgelöst. Kaum war das Urteil gesprochen, überschlugen sich die Forderungen nach höheren staatlichen Leistungen: die eine Ministerin brachte steuerfinanzierte Füllfederhalter und Wassermalkästen ins Gespräch, die andere plädierte für höhere Regelleistungen für Kinder. Ebenso ziellos die aktuelle DGB-Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Stunde. Wie so oft wird vor allem über das „Verteilen“ und nicht über das „Erwirtschaften“ diskutiert. Keiner bezweifelt den gutmütigen Geist von Politikern, die sich für die so genannte „soziale Gerechtigkeit“ einsetzen. So wie gestern die Abgeordnete Katja Kipping in der Bundestagsdebatte: Wir bräuchten einen „sozialen Fortschritt“. Und der drücke sich in einem Mindestlohn von 10 Euro pro Stunde aus.

Sicher gut gemeint. Aber ordnungspolitisch sinnvoll kann das nicht sein. Und gut für die Menschen auch nicht. Warum sollte man einer Frisöse in Bautzen oder einem Floristen in Erfurt nicht gönnen, acht bis zehn Euro Stundenlohn zu verdienen? Na ja, weil der Stundenlohn wenig mit „gönnen“ oder „sozialer Gerechtigkeit“ zu tun hat. Zunächst muss der Stundenlohn real erwirtschaftet werden. Diktiert der Staat einen höheren gesetzlichen Lohn als das, was in den Betrieben tatsächlich erarbeitet wird, muss es zwangsläufig zu Entlassungen und steigender Arbeitslosigkeit kommen. Gestern stellte das ifo Institut Dresden neue Zahlen vor: Schon bei einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro sind in Deutschland rund 1,2 Millionen Arbeitsplätze gefährdet. Wen trifft es am härtesten? Diejenigen, die sich um einen Einstieg in Arbeit bemühen. Die sich neben Hartz IV mit einem Mini- und Einstiegsjob etwas dazu verdienen. Und diejenigen, die so Anlauf nehmen wollen, wieder in eine reguläre Beschäftigung zu kommen. Ist das der Sozialstaat, den wir uns wünschen?


– Mehr Infos und Materialien zur Mindestlohn-Debatte: Ifo Institut.
– Frankfurter Allgemeine Zeitung:
8,50 Euro je Stunde spalten die Ökonomen.
– Focus online: Laut Bundesverfassungsgericht müssen
Hartz-IV-Sätze neu berechnet werden.

– „Soziale Gerechtigkeit ist keine Gerechtigkeit“: Dr. Michael Prollius über die Unmöglichkeit des „verteilenden Gerechtigkeit“. Gelesen im Newsletter des Instituts für Unternehmerische Freiheit.

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Post ohne Mindestlohn

Ein ordnungspolitischer Sündenfall ist jetzt wieder vom Tisch: Der Post-Mindestlohn in Höhe von 9,80 Euro ist rechtswidrig – das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Grund: Verletzung des Wettbewerbs. Private Postdienstleister wurden bisher in erheblichem Maß behindert – viele Arbeitsplätze gingen bereits verloren. Das Urteil gibt Hoffnung auf einen neuen freien Postdienstmarkt. Vorraussetzung ist aber, die Diskriminierung privater Anbieter auch bei der Mehrwertsteuer aufzuheben. Erst dann heißt es wieder: Ab die Post.

Prof. Dr. Justus Haucap: Briefe außer Konkurrenz
WELT-online vom 28.1.2010: Endlich ist Schluss mit der Mindestlohn-Trickserei

Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 6 Kommentare zu Gesundheitskosten: Ran an den Speck

Gesundheitskosten: Ran an den Speck

So stiegen die Gesundheitsausgaben an.

Die Kosten im Gesundheitswesen laufen seit Jahren davon. Jetzt wollen die meisten Krankenkassen sogar bis Ende 2010 einen Zusatzbeitrag erheben. Zudem wird bereits unverhohlen über einen zusätzlichen Gesundheits-Soli debattiert. Um so besser, dass nun endlich auch über Einsparpotentiale nachdacht wird. “Wir werden uns die Ausgabenseite sehr genau anschauen”, sagte Gesundheitsminister Philipp Rösler dem “Spiegel”. Richtig so: Ran an den Speck!


Hier geht's zu weiteren Beiträgen zum Thema:
Gesundheitsausgaben in Deutschland – Statistisches Bundesamt
Gute Gesundheit ohne Steuern – ein Beitrag von Prof. Dr. Johann Eekhoff
Neue und teure Steuer-Solidarität? – ein Beitrag von Marco Mendorf
Verschleuderbremse beim Arzt – ÖkonomenBlog-Podcast mit Dr. Joachim Pimpertz
Mehr Mut zum Wettbewerb – ein Beitrag von Prof. Dr. Justus Haucap
Gesundheit: massive Defizite – ein Beitrag von Prof. Dr. Stefan Felder

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 1 Kommentar zu Neue und teure Steuer-Solidarität?

Neue und teure Steuer-Solidarität?

Das Finanzministerium erwägt, Bürger und Unternehmen mit einer neuen Steuer tief in die Tasche zu greifen: Der Gesundheits-Soli soll angebliche Mehrkosten bei der Krankenversicherung refinanzieren. Wieso denn das? Die geplante Gesundheitsreform (einheitliche Beitragsprämie mit sozialem Ausgleich für Geringverdiener) soll nach Berechnungen des Finanzministeriums 35 Milliarden Euro teuerer sein als das bisherige System. Wenn das stimmt, sollte man auf diese Reform besser verzichten.

Prof. Dr. Johann Eekhoff kalkuliert allerdings anders – vor zwei Wochen im ÖkonomenBlog: „Eine Umstellung auf eine pauschale Prämie kombiniert mit einem sozialen Ausgleich würde keine zusätzlichen Steuermittel erfordern, denn dafür können die gewährten bzw. geplanten staatlichen Zuschüsse eingesetzt werden.“ Wie auch immer: So lange die Ausgabenexplosion in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht aufgehalten wird, verbietet es sich, über Steuer- und Beitragssteigerungen nachzudenken.

Die Politik funktioniert aber anders: Keiner traut sich bisher, das Leistungsspektrum der GKV in Frage zu stellen – deshalb laufen die Kosten davon. Der Schätzerkreis beim Bundesversicherungsamt erwartet für 2010 allein bei Ärzten, Krankenhäusern und Arzneimitteln eine Ausgabensteigerung von mehr als fünf Milliarden Euro. Keiner tritt auf die Bremse. Stattdessen planen die Kassen, erstmals Zusatzbeiträge einzufordern. Nochmals eine Mehrbelastung für alle!

Warum nicht einfach mal sparen? Eine Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und des Lehrstuhls für Gesundheitsökonomie der Universität Duisburg-Essen zeigt immerhin auf, wo Effizienzreserven im Gesundheitswesen bestehen: Überhöhte Preise und zu hohen Fallzahlen bei Leistungen der Krankenhäuser und Arztpraxen, Überkapazitäten bei Krankenhäusern und überzogene Handelsmargen bei Arzneimitteln. Effizienzreserven von bis zu 10 Milliarden Euro. Sie sind Folge mangelnden Wettbewerbs. Wie man effizienter mit dem Geld umgeht – das wäre der Auftrag an Kassen und Politik. Auf neue und teure Steuer-Solidarität sollten wir besser verzichten.


Hier gehts zum Beitrag von Spiegel-online: Finanzministerium erwägt Gesundheits-Soli.
Hier gehts zur RWI-Studie: Effizienzreserven im Gesundheitswesen
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Drei Ziele auf einmal

Haushaltskonsolidierung: Steuern senken ist möglich. Aber dann müssen die Ausgaben des Staates sinken!

Wie geht es weiter? Steuern senken? Ausgaben kürzen? Staatsverschuldung zurückdrehen? Viele Stimmen sagen: Alles auf einmal ist nicht möglich. Stimmt das? Meine Antwortet lautet: Es wird schwierig, aber es geht. Außerdem haben wir keine Alternative: Der Staat ist heute schon so korpulent wie nie. Gesund und Leistungsfähig ist er deshalb nicht. Im Gegenteil: Er lebt über seine Verhältnisse, macht jährlich immer mehr Schulden und seine Bürger sind mit der hohen Steuer- und Abgabenbelastung unzufrieden. Daraus entsteht ein für die Politik sehr anspruchsvolles Zieldreieck: niedrige Steuern, gesunde Staatsfinanzen, handlungsfähiger Staat.

Wo kann man ansetzen? Erstens muss der Bundeshaushalt im nächsten Jahr beginnen, sein strukturelles Defizit abzubauen. Also: Ausgaben kürzen. Zweitens sollte der Bund eine moderate Senkung der Steuerlast beschließen – das stärkt die Wachstumskräfte und erhöht die Leistungsbereitschaft jedes Einzelnen: In 2011 müsste der Bund beginnen, die kalten Progression abzubauen und über die Unternehmensbesteuerung entlasten. Diese Mindereinnahmen müssen zusätzlich kompensiert werden. Also steigt das Konsolidierungsvolumen – die Ausgaben müssen dann umso konsequenter gekürzt werden.

Aber wie? Jährliche Einsparungen in zweistelliger Milliardenhöhe – das ist eine Mammutaufgabe für die Politik. Da ist Rückgrat gefordert. Die Schuldenbremse gibt den Rahmen vor: Der Staat muss schlanker und gesünder werden. Das könnte er, wenn er auf unsystematische Mehrwertsteuer-Ermäßigungen verzichtet, bei Subventionen kürzt und die Ausgaben bei der Arbeitsmarktförderung reduziert. Beim Streichen staatlicher Ausgaben wird es quietschen – das ist immer so. Gerade bei einer pauschalen Kürzung der Subventionen: das klingt vielleicht radikal – historisch betrachtet ist es aber die einzige Chance. Denn jede Subvention wurde irgendwann einmal durch eine vermeintlich gut begründete Argumentation eingeführt. Die Vertreter der Einzelinteressen werden sich auch heute wieder zu Wort melden. Wenn wir aber etwas erreichen wollen, müssen wir überzeugend und konsequent handeln. Runter mit den Subventionen – überall gleich. Besser es quietschen alle im Chor, als jeder für sich. Das macht nur Lärm, aber es ändert sich nichts.


Die IW-Studie zur Haushaltskonsolidierung, das Statement von Michael Hüther und alle Zahlen finden Sie hier.

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Hartz IV hat sich bewährt

Harzt-IV ist ein Erfolg: Seither sank die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 1,4 Millionen.

Fünf Jahre Hartz IV: heute wissen wir, die Reform hat sich bewährt. Vor vier Jahren waren in Deutschland rund 5 Millionen Menschen arbeitslos. 2009 hatten wir die zweitniedrigste Arbeitslosenzahl seit 1994 – obwohl die deutsche Wirtschaft den schlimmsten Wirtschaftseinbruch seit Bestehen der Bundesrepublik verkraften musste. In Ostdeutschland ist die Arbeitslosigkeit trotz Krise sogar noch einmal gesunken und ist jetzt so niedrig wie nie seit der Wiedervereinigung. Die gute konjunkturelle Lage der Vorjahre hat einen Beitrag dazu beigesteuert. Aber nicht nur. Denn konjunkturelle Erholungen gab es schon immer. Dieses Mal konnte die Arbeitslosenzahl unter das Niveau der jeweils vorangegangenen Rezession gedrückt werden. Das ist einmalig. Profitieren konnten vor allem Langzeitarbeitslose. Denn rund die Hälfte davon hat bis heute nie einen Beruf erlernt. Eine Beschäftigung im Niedriglohnsektor – der stark gewachsen ist – ist für diese Menschen der einzige Ausweg aus der Arbeitslosigkeit – und damit der Einstieg in Arbeit.

Berechtigt ist die Kritik, was die Anrechnung von Schonvermögen betrifft. Derzeit liegt die Grenze bei 250 Euro pro Lebensjahr – das ist zweifelsohne zu wenig. Was wir aber zwingend brauchen, ist eine Obergrenze, um Extremfälle auszuschließen. Sonst könnten zukünftig auch ehemalige Vorstandschefs und Firmeneigentümer bei Hartz IV die Hand aufhalten. Nichts halte ich von der Forderung, die Hinzuverdienstmöglichkeiten auszuweiten. Ob Kombilohn oder Bürgergeld: All diese Ideen haben einen zentralen Schwachpunkt: Entschieden werden muss, an welcher Einkommensschwelle die staatliche Bezuschussung der Niedriglöhne auslaufen soll. Hier kommt es zu Verwerfungen. Warum, fragen sich die Menschen, soll ich Vollzeit arbeiten, wenn der Staat die Lohndifferenz zur Teilzeitarbeit fast vollständig übernimmt? Menschen, die eigentlich nicht hilfsbedürftig sind, sollten aus meiner Sicht auch keine staatlich finanzierten Mittel erhalten! Sonst droht eine Subventionspolitik, die den Staat völlig überfordert.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 1 Kommentar zu Gerechtigkeit durch Tarifvertrag

Gerechtigkeit durch Tarifvertrag

Vorschlag von Wolfgang Franz, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates: Abschaffung der Steuerfreiheit von Wochenend- und Schichtarbeit. Eine stärkere Besteuerung dieser Verdienste könne dabei helfen, das Staatsdefizit abzubauen. „Ich finde es völlig gerechtfertigt, wenn eine Krankenschwester nachts mehr verdient als tagsüber. Aber diese Unterschiede sollten im Tarifvertrag geregelt sein und nicht über die Einkommensteuer“, sagte Franz WELT ONLINE. Arbeitnehmer müssen bisher auf Zuschläge für Wochenend- und Schichtarbeit weder Einkommensteuer noch Sozialabgaben zahlen, solange die Zulagen bestimmte Obergrenzen nicht überschreiten.

Oliver Knipping schrieb dazu bereits am 21. Dezember 2009 im ÖkonomenBlog: „In einem freien und effizienten Arbeitsmarkt müsste nicht der Staat, sondern der Arbeitgeber in die Tasche greifen, wenn er seine Mitarbeiter am Wochenende einsetzen will.“