Soziale Marktwirtschaft

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , 8 Kommentare zu Umschuldung wäre das richtige Signal

Umschuldung wäre das richtige Signal

Nun also doch: Nach den milliardenschweren Rettungspaketen wird nun doch eine Umschuldung der griechischen Staatsschuld in Erwägung gezogen. Denn es gibt berechtigte Zweifel daran, dass Griechenland wie erhofft sich im nächsten Jahr wieder selbst am Anleihenmarkt finanzieren könne. In diesem Fall wäre das Land auf weitere Hilfen der Mitgliedsstaaten angewiesen. Das würde dann zu weiteren Belastungen der Steuerzahler führen, die in ihren politischen Wirkungen nicht mehr überschaubar wären.

Eine Umschuldung – ob in Form von längeren Laufzeiten der Anleihen, deren Abwertung oder Aussetzung der Zinszahlungen – ginge zu Lasten derjenigen, die sich von der Investition eine angemessene Rendite versprochen haben. Der Grundsatz der Haftung oder die Idee, nicht nur die Gewinne, sondern auch die Verluste zu privatisieren, wäre zumindest teilweise wieder erfüllt. Die Signalwirkung an die übrigen GIPS-Staaten wäre eindeutig. Wer seinen Haushalt nicht in Ordnung bringt, wird unter Umständen vom Finanzmarkt fallen gelassen. Und eine Landung im faktischen Staatsbankrott ist härter als eine Landung im EU Rettungsnetz.

Die Regierungsauflösung in Portugal hat die negativen Anreize des Rettungsfonds verdeutlicht. Der portugiesische Ministerpräsident Sócrates musste seinen Amtssessel räumen, nachdem seine Sparmaßnahmen im Parlament gescheitert waren. Ob die Entscheidung mit einer drohenden Umschuldung genauso gefallen wäre, lässt sich leider nicht mehr ermitteln. Fest steht aber: Die garantierte sanfte Landung im EU Fangnetz zerstört Anreize, selbst Sparmaßnahmen zu ergreifen. Eine harte Landung in einer Umschuldung setzt Anreize, selbst auf die Schuldenbremse zu treten. Und dies aus Selbstinteresse und nicht als empfundenes deutsches Diktat. Das sollte auch im Interesse der Bundesregierung liegen.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 15 Kommentare zu Finanzaufsicht: Jetzt nicht übertreiben!

Finanzaufsicht: Jetzt nicht übertreiben!

Die letzte Finanzkrise ist Anlass über die Notwendigkeit, über die Art und über das Ausmaß einer Regulierung der Finanzmärkte und der Finanzinstitutionen nachzudenken. Dass dies zurzeit getan wird, belegen zahlreiche Anstrengungen mit  dem Ziel das Finanzsystem widerstandsfähiger zu machen. Auf die Ankündigung kein Finanzmarktteilnehmer und kein Produkt solle unreguliert bleiben, folgte ein Feuerwerk an neuen Vorschriften. Die Liste reicht von Managervergütungen über höhere Eigenkapitalvorschriften, international abgestimmten Liquiditätsvorschriften, Sondervorschriften für systemrelevante Institute und vieles mehr. Die Spuren der letzten Finanzmarktkrise sind unverkennbar. Verständlich, aber auch problematisch.

Regulierung und die unsichtbare Hand des Marktes stehen immer in einem Spannungsverhältnis. Da man die  Frage: „Wie viel Regulierung ist notwendig, wie viel freie Marktwirtschaft ist möglich“ niemals eindeutig beantworten kann, ist jetzt die Gefahr groß sich von den jüngsten Erfahrungen vereinnahmen zu lassen. Jede Wettbewerbsbeschränkung führt zu Wohlfahrtsverlusten. Ein Verbot bestimmter Geschäfte führt dazu, dass auch volkswirtschaftlich sinnvolle Transaktionen nicht zustande kommen. Vor der letzten Krise war man geneigt die negativen Folgen einer Bankenkrise zu unterschätzen, die Kosten der Regulierung dagegen wurden überschätzt. Nun droht das umgedrehte Szenario.

So verständlich die Forderungen nach sehr strengen Vorschriften auch sein mögen, überzogene Vorschriften wird man nicht dauerhaft durchhalten können. Und die Erfahrung zeigt: Nichts ist gefährlicher, als strenge Regeln aufzuheben oder zu lockern. Daher gilt es jetzt, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht von den kurzfristigen Ereignissen leiten zu lassen. Denn die nächste Krise wird ohnehin andere Ursachen haben.


Prof. Dr. Hartmann-Wendels war Teilnehmer der diesjährigen Liberalismuskonferenz. Die Präsentation seines Vortags “Freiheit und Ordnung – Neue Regeln nach der Finanzkrise” können Sie hier downloaden.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , 6 Kommentare zu Der neue Homo Oeconomicus

Der neue Homo Oeconomicus

Buchkritik: Peter A. Wuffli: Liberale Ethik – Orientierungsversuch im Zeitalter der Globalisierung, Bern 2010

Auf den ersten Blick scheint es eine Art Rehabilitierungsversuch zu sein, den Peter Wuffli mit seinem Buch „Liberale Ethik“ wagt. Der Ex-Chef der Schweizer UBS gilt als einer der Hauptschuldigen des Debakels um die Großbank. Nur mit eidgenössischer Staatshilfe konnte sie vor dem Niedergang bewahrt werden. Dass man Wuffli dennoch sein ehrliches Bemühen um ein Buch mit dem Thema Ethik abnehmen darf, hat verschiedene Gründe.

Erstens: Anders als andere ehemalige Vorzeige-Manager sieht er durchaus Fehler, die gemacht hat. Zweitens: Die Leidenschaft für Ethik reicht weit in seine Studienzeit. Drittens: Die vor der Finanzkrise liegende Gründung seiner Elea Foundation for Ethics in Globalization, die Lebensbedingungen von Menschen in Gebieten mit zwei Dollar und weniger Tageseinkommen nachhaltig verbessern will, zeigt schon länger sein soziales Engagement.

In seinem Buch geht es darum, inwieweit sich unternehmerisches Denken und Führen mit Ethik verbinden lassen. Es geht um die ethische Verankerung des Menschen. So steht für Wuffli fest, dass Investoren Gewinnmaximierung nicht immer nur allein zum Ziel haben. Viele strebten aufgrund ethischer Überlegungen auch nach Renditen, die durch soziale und ökologische Rahmenbedingungen eingeschränkt sind. Der Autor plädiert, das traditionelle Bild des „homo oeconomicus“ zu relativieren und ist überzeugt, dass die Menschen neben ihrem Trachten nach ökonomischem Gewinn auch von anderen, nämlich altruistischen Motiven beeinflusst sind.

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Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 4 Kommentare zu Europa – eine Schuldenunion

Europa – eine Schuldenunion

Aus dem Provisorium wächst eine Dauerinstitution. Der Rechtsbruch wird legalisiert. Mit diesen kritischen Tönen könnte man die Zwischenergebnisse der europäischen Finanzminister in Vorbereitung auf den EU-Gipfel Ende dieser Woche kommentieren. Aus meiner Sicht ist die Kritik gerechtfertigt.

Die European Financial Stability Facility (EFSF) war als übergangsweises Provisorium in einer historisch einmaligen Krisensituation gedacht (Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am 24.7.2010: „Die Rettungsschirme laufen aus. Das haben wir klar vereinbart.“). Heute redet man noch nicht einmal über „Verlängerung“, sondern über die dauerhafte Institutionalisierung eines Schulden-Fonds für Schulden-Sünder. Die Zeit der Krisenbewältigung wurde offenbar nicht konsequent genutzt, um zur Normalität (solide Staatsfinanzen und Einhaltung der Maastricht-Kriterien) zurück zu kehren. Vielmehr soll Europa nun als Schuldenunion zementiert werden.

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Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 11 Kommentare zu Alternativen zur monetären Planwirtschaft

Alternativen zur monetären Planwirtschaft

Flankiert von dem Unwort des Jahres 2010 „alternativlos“ schlittert die Europäische Union in eine monetäre Planwirtschaft. Die angebliche Alternativlosigkeit verbietet es genauso über Alternativen zum 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm nachzudenken, wie über die Rechtsstaatlichkeit in Europa, über den Schutz der individuellen Freiheit und über eine freiheitliche Wirtschaftsverfassung. Und natürlich dürfen auch die Hauptursachen der Verschuldungskrise nicht benannt werden: die Geld- und Kreditschöpfung aus dem Nichts und die Möglichkeit, staatliches ungedecktes Zwangspapiergeld unbegrenzt vermehren zu können. Denn scheitert der Euro, scheitert Europa.

Klaglos wird hingenommen, dass zwei Drittel des Steueraufkommens des Bundes für die Staatsschulden anderer Länder verpfändet wurden. Das Ganze geschah ohne einen Parlamentsvorbehalt und ohne eine rechtliche Grundlage in den europäischen Verträgen. Dabei hatte noch 2009 das Bundesverfassungsgericht in seinem Lissabon-Urteil das Budgetrecht des Parlaments zum Kernbereich des demokratischen Lebens gezählt. Mit der nun geplanten „Verstetigung“ des Euro-Rettungsschirms verliert der Deutsche Bundestag sein Königsrecht der freien Haushaltsplanung und -verabschiedung.

Tatsache ist: Europa und der Euro befinden sich in einer großen Vertrauenskrise. Aber die Antwort darauf kann nur ein Europa des Rechts, des Wettbewerbs und der Marktwirtschaft sein. Regeln, die gemeinsam vereinbart wurden, müssen eingehalten und von der EU-Kommission, als Hüterin des Rechts, durchgesetzt werden. Nicht planwirtschaftliche Gleichmacherei durch Bürokraten einer Wirtschaftsregierung oder einen „Pakt für den Euro“, sondern mehr Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, als Entmachtungsinstrument und faktische Schuldenbremse müssen zugelassen werden. Und schließlich ist eine marktwirtschaftliche Geldordnung vonnöten, die der EZB nicht erlaubt, den Zins und damit die marktwirtschaftliche Ordnung zu manipulieren. Dieser Dreiklang ist die Alternative zur Alternativlosigkeit!


Die Langfassung dieses BlogBeitrags ist in der WirtschaftsWoche Ausgabe 11/2011 als Namensbeitrag erschienen.

Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 3 Kommentare zu Freiheit in Verantwortung

Freiheit in Verantwortung

Buchkritik: Michael Hüther: Die disziplinierte Freiheit – eine neue Balance von Markt und Staat, Hamburg 2011

Nach der Krise ist vor der Krise. Die wirkliche Herausforderung für die Finanz- und Wirtschaftspolitik ist für Michael Hüther die Normalität. In seinem nun erschienenen Buch „Die disziplinierte Freiheit“ tritt er vehement dafür ein, dass sich individuelle Freiheit und Verantwortung gegenseitig bedingen. Die durch die Verantwortung disziplinierte Freiheit trage Veränderungen ins Positive und ermögliche Wachstum.

Der Ökonom Hüther zeigt sich in seinem gedankenreichen und ordnungspolitisch relevanten Buch weit mehr als nur als Krisendoktor. Vor allem für die politische Klasse dürften seine Überlegungen ein wichtiger Kompass im Diskurs über das Miteinander von Markt und Staat sein. „Was ist eigentlich als wirtschaftliches Wachstum zu verstehen und was kann zu seiner Stärkung getan werden?“, fragt Hüther. „Was können wir vom Arbeitsmarkt erfahren, wie trägt er künftig die wirtschaftliche Dynamik?“ Hüther trägt die Antworten fundiert vor, nicht als „Traktat der schlechten oder guten Laune“, sondern eher in der Rolle eines Mediators in der allzu oft aufgeheizten Arena der politischen und gesellschaftlichen Widersacher: realitätsbezogen, angenehm unaufgeregt und lösungsfreudig.

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Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 11 Kommentare zu Jede Krise ist eine Chance!

Jede Krise ist eine Chance!

164 Milliarden Euro Subventionen hat Deutschland im vergangenen Jahr ausbezahlt.

Den dritten Monat in Folge hat die Inflationsrate im Februar die Zielvorgabe der EZB von zwei Prozent überschritten. Die Schuldenuhr in Deutschland zeigt 1,9 Billionen Euro. Viele Menschen sorgen sich um ihr Erspartes. Dabei gilt: Öffentliche Schulden an sich sind nicht grundsätzlich ein Problem, wenn sie für Investitionen verwendet werden. Doch der Staat nimmt immer mehr Geld auf, investiert es aber nicht effektiv. Was wir hier sehen ist ein Versagen des Staates.

Die Soziale Marktwirtschaft basiert auf neoliberalen Grundsätzen, wie sie Walter-Eucken formuliert hat. Er forderte einen starken Staat und keinen fetten. Der Staat soll eine Ordnungspolitik verfolgen, die den Wettbewerb als Instrument fördert und gleichzeitig Monopole verhindert. Er soll die Regeln machen, sich aber nicht in die Wirtschaftsprozesse einmischen.

Heute ist der Staat fett und mischt gewaltig im Wirtschaftsprozess mit. Im Jahr 2010 wurden Subventionen von 164 Milliarden Euro vornehmlich in strukturschwache Branchen gepumpt. Einzeln betrachtet mag die eine oder andere Subvention sogar auf den ersten Blick plausibel klingen. Tatsache ist aber, dass Subventionen in der Summe die Investitionsdynamik im Land lähmen. Wenn man hier nur jährlich 10 Prozent kürzen würde, hätte man in drei Jahren 45 Milliarden Euro für den Schuldenabbau zur Verfügung. Das würde die Inflationsgefahren dämpfen und mittelfristig sogar noch Arbeitsplätze schaffen. Die Krise bietet die einmalige Chance zu strukturellen Reformen. Eine solche darf man nicht verstreichen lassen.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 17 Kommentare zu Glück durch Umverteilung?

Glück durch Umverteilung?

In Großbritannien hat das Buch eingeschlagen wie eine Bombe. Auf der Linken erreichte es innerhalb kürzester Zeit Kultstatus, doch auch viele Konservative – allen voran Premierminister David Cameron –  wollten nicht außen vor bleiben und sparten nicht mit Lob. Nun schwappt die Woge der Begeisterung für Richard Wilkinsons und Kate Picketts „The Spirit Level“ (deutscher Titel: „Gleichheit ist Glück“) auch nach Deutschland hinüber.

Die These des Buches ist schnell zusammengefasst: Ungleichheit macht Gesellschaften krank. Psychisch wie physisch. Ganze vierzig Streudiagramme sollen illustrieren: Je weiter der Abstand zwischen Arm und Reich in einem Land, desto schlechter seien so gut wie alle sozialen Indikatoren. Die Regierungen der entwickelten Länder sollten daher vom Ziel des Wirtschaftswachstums abrücken, und den vorhandenen Wohlstand möglichst gleichmäßig verteilen. Eine Botschaft, die in Deutschland natürlich auf besonders fruchtbaren Boden fällt.

Dabei kann „The Spirit Level“ inzwischen als weitgehend widerlegt gelten. Der Publizist Christopher Snowdon etwa zeigt in „The Spirit Level Delusion“, dass Wilkinson und Pickett in mehrerlei Hinsicht Rosinenpickerei betrieben haben. So haben sie beispielsweise einige Länder, die nicht ins gewünschte Bild passen, einfach unter den Teppich gekehrt. Snowdon demonstriert, dass unter Verwendung eines etwas größeren Datensatzes die meisten der sorgfältig zurechtgebastelten Korrelationen in sich zusammenfallen. Auch kommt es stark darauf an, welche sozialen Indikatoren man auswählt. Wilkinson und Pickett haben nur diejenigen einfließen lassen, die ihre These zu bestätigen scheinen, ohne zu erwähnen, dass viele andere einen völlig anderen Eindruck vermitteln.

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Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , , , 14 Kommentare zu Superreiche helfen zielgerichtet

Superreiche helfen zielgerichtet

Buchkritik: Ueli Mäder, Ganga Jey Aratnam, Sarah Schilliger: «Wie Reiche denken und lenken – Reichtum in der Schweiz: Geschichte, Fakten, Gespräche», Zürich 2010

Das jährliche Erscheinen der Forbes-Liste der Superreichen trägt in sich Züge des Hollywoodtesken. Von den Medien werden die Milliardäre spektakulär in Szene gesetzt, vom armen Publikum mit Staunen beklatscht, mit Respekt verehrt oder mit Neid niedergemacht. Wie Filmstars faszinieren reiche Menschen – ihr Einfluss, ihre Machtfülle, ihr Leben voller scheinbar unbegrenzter Möglichkeiten. Die Wissenschaftler Ueli Mäder, Ganga Jey Aratnam und Sarah Schilliger haben sich in ihrer detailreichen Studie „Wie Reiche denken und lenken“ die Mühe gemacht, mehr als nur die Einkommensverhältnisse von Millionären und Milliardären offen zulegen. Es geht darum, was Reiche motiviert, wie sie sich selbst sehen, welche Verantwortung sie empfinden und was sie mit ihrem Geld machen.

Zwar befragten die Autoren in ihrem Buch ausschließlich Schweizer Superreiche, doch da auch bei den Eidgenossen die oberen Zehntausend keine homogene Gruppe sind, lassen die Ergebnisse der Studie problemlos Schlüsse auf die Mentalität der Reichen weltweit zu. Aus Hunderten von Interviews haben die Autoren viele und sehr persönliche Statements zusammengetragen, die das Lesen des Buches zu einem anekdotischen Vergnügen machen. Doch es geht vor allem um Ergebnisse: Viele Reiche verfügen zwar über ein Selbstvertrauen, das auf eine gut ausgestattete Grundsicherheit deutet. Aber der Schein trügt. Die Sonderstellung birgt viele Schwierigkeiten – mit Geld muss man umgehen können; die Gefahr, ausgenutzt zu werden ist groß. Erbschaften erhöhen das Konfliktpotenzial.

Über allem steht bei Reichen das Primat der Wirtschaft. Auch wenn die Finanzkrise das Vertrauen in die Marktkräfte relativiert hat, setzen Reiche auf die ökonomische Selbstorganisation und auf neue Eliten. Dem Staat billigen sie primär eine ergänzende korrektive Ordnungsfunktion zu. Sozialpolitisch tendieren Reiche eher zu wertkonservativen Haltungen, selbst wenn sie sich global orientieren und in die neuen Technologien investieren. Reichtum verpflichtet, aber nur beschränkt und auf freiwilliger Basis. Reiche wollen selbst darüber bestimmen, wen und was sie unterstützen.

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 5 Kommentare zu Zäsur bei der Bundesbank

Zäsur bei der Bundesbank

Der mögliche Abgang von Bundesbank-Chef Axel Weber ist eine Zäsur. Er ist deshalb eine Zäsur, weil er eine Richtungsentscheidung für die zukünftige Entwicklung ist. Weber war der einzige Mahner im EZB-Rat. Er hat sich dort als Einziger gegen den Einstieg in die Sozialisierung der Schulden der Euro-Staaten durch die Zentralbank gestellt.

Schon der Einstieg in die qualitative Lockerung der Offenmarktpolitik der EZB war ein Fehler, weil dies die “Zombie-Banken” in den Schuldenstaaten dauerhaft am Tropf der EZB hält und damit die Finanzierung der Staatsschulden in den Schuldenstaaten über die dortigen Banken dauerhaft sichert. Das Grundproblem – deren Überschuldung – wurde jedoch nicht gelöst. Zwar stellte sich Weber nicht gegen diese Politik, er mahnte jedoch frühzeitig, zur Normalität zurückzukehren.

Der Ankauf von “Schrottanleihen”, und nicht nur die Inpfandnahme durch die EZB, war “die Überschreitung des Rubikon”,  wie es der ehemalige Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger bezeichnete. Gegen diesen Dammbruch hat sich Weber gestellt. Damit hat er sich nicht beliebt gemacht – weder in Frankreich noch im Kanzleramt. Er verkörperte damit im besten Sinne die Stabilitätskultur der Deutschen Bundesbank. Dieses – vom einen oder anderen als sperrig empfundene – Verhalten hat jedoch Tradition in der Bundesbank. Das hat ihr Vertrauen in den vergangenen Jahrzehnten gestärkt.

Jetzt ist zu befürchten, dass das Rennen um die Trichet-Nachfolge gelaufen ist. Für die Stabilität des Euro ist diese Personalentscheidung jedoch von fundamentaler Bedeutung. Der EZB-Präsident ist das Sprachrohr, das Gesicht des Euro. Er bestimmt durch seine öffentlichen Erklärungen den Kurs. Schon heute ist der EZB-Rat geprägt durch die Politik der “Tauben”. Weber war und ist ein “Falke”. Man muss nicht so weit gehen wie Lord Dahrendorf, der 1995 zur Währungsunion gesagt hat: “Die Währungsunion ist ein großer Irrtum, ein abenteuerliches, waghalsiges und verfehltes Ziel, das Europa nicht eint, sondern spaltet.”

Dennoch ist das, was bei Euro-Einführung als die tragenden Säulen vereinbart wurde, nur noch Makulatur. Die Unabhängigkeit und Stabilitätsorientierung der Zentralbank, die Begrenzung der Schuldenpolitik der Teilnehmerstaaten durch die Konvergenzkriterien und das Nichteintreten für die Schulden eines anderen Landes gibt es nicht mehr oder gab es nie. Ein EZB-Präsident Weber hätte diesen Prozess korrigieren können. Jetzt übernehmen die “Tauben” endgültig die Macht.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 26 Kommentare zu Plädoyer für den Neoliberalismus

Plädoyer für den Neoliberalismus

Für große Teile der deutschen Bevölkerung steht fest: Der Neoliberalismus hat maßgeblich zur größten Wirtschafts- und Finanzkrise seit 1929 beigetragen. Diese anti-neoliberalen Welle wurde getragen von zahlreichen marktkritischen Veröffentlichungen. Viel war dort von Gier, grenzenloser Profitmaximierung und Marktversagen die Rede. Aber liegt die Ursache für die Krise wirklich darin, dass sich die Akteure an den Prinzipien des Neoliberalismus orientiert haben?

Ganz im Gegenteil, sagt Dr. Karen Horn, Leiterin des Hauptstadtbüros des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, im VideoBlog von Marc Beise, Wirtschaftschef der Süddeutschen Zeitung: Es war die Missachtung neoliberaler Prinzipien, die diese Krise erst möglich gemacht hat.

Arbeitsmarkt, OrdnungspolitikTagged , , , , , 12 Kommentare zu Das missbrauchte Gerechtigkeitspostulat

Das missbrauchte Gerechtigkeitspostulat

Mit der Vokabel „Gerechtigkeit“ wird seit Jahrzehnten eine immer aufwendigere staatliche Umverteilung organisiert, die zunehmend mit Krediten bezahlt wird. Im laufenden Vermittlungsverfahren zur Hartz IV-Neuregelung wird dieses Gerechtigkeitspostulat wieder einmal an verschiedenen Stellen von der Bundesratsmehrheit bedient: Ist es gerecht, den Regelsatz für Erwachsene um gerade mal 5 Euro monatlich zu erhöhen? Sollen die zusätzlichen Bildungsangebote auf Kinder im Hartz IV-Bezug beschränkt bleiben? Das wäre ja soziale Stigmatisierung, lautet der Vorwurf. Oder doch auf Familien ausgedehnt werden, die nicht allein von Sozialtransfers leben, sondern nur zusätzlich  Wohngeld vom Staat beziehen?

Was vordergründig als sozial gerecht gilt, birgt aber gewaltige Risiken. Eine starke Erhöhung des Regelsatzes weitet sofort den Kreis der Empfänger aus und verringert den Lohnabstand zu den Menschen, die nur ein niedriges Einkommen erzielen, aber trotzdem arbeiten gehen. Ist es nicht gerecht, wenn der Arbeitende mehr verdient als jemand, der ausschließlich vom Staat lebt, obwohl er arbeitsfähig ist?

Das gleiche Spiel beim Mindestlohn. Natürlich regen auch mich Dumpinglöhne auf. Doch warum soll die Politik Lohnuntergrenzen festlegen? Wozu haben wir eine Tarifautonomie? Die Lohnfindung gehört in die Betriebe, nicht in die Parlamente. Was haben wir von politisch festgesetzten Mindestlöhnen, die zwar dem Gerechtigkeitspostulat „Fairer Lohn für anständige Arbeit!“ genügen, eine Reihe von Menschen aber aus dem Arbeitsmarkt drängen, weil sie mit ihrer Produktivität die von der Politik verordneten Arbeitskosten gar nicht verdienen können?

Gerecht ist, was Arbeit schafft! Gerecht ist, was die Leistungs- und Einsatzbereitschaft möglichst vieler fördert! Und gerecht ist, wenn Menschen aus allen Schichten die Chance erhalten, ihre individuellen Talente zu entfalten, damit sie selbstbewusst und in Würde ihr Leben eigenständig meistern können.

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , 6 Kommentare zu Länderfinanzausgleich zerstört Leistungsanreiz

Länderfinanzausgleich zerstört Leistungsanreiz

Die reichen Bundesländer unterstützen die armen, damit sich die Lebensverhältnisse in Deutschland nicht zu weit auseinander entwickeln. Dies ist der Grundgedanke des Länderfinanzausgleichs. So weit, so gut. Problematisch ist jedoch: Sehr selten wird aus Nehmerland ein Geberland. Aus ökonomischer Sicht ist dies nicht weiter verwunderlich, denn es gibt dafür keinen Anreiz. Warum sollte sich ein finanzschwaches Bundesland Anstrengungen unternehmen, um seine Steueraufkommen zu erhöhen? Schließlich führt ein Anstieg des eigenen Steueraufkommens dazu, dass entsprechend die Zuweisungen der Geberländer sinken.

Aber auch für die finanzstarken Bundesländer werden in dem bestehenden System falsche Anreize gesetzt. Denn von 1 Euro zusätzlichen Steuererträgen bleiben lediglich rund 10 Cent übrig. Wahrlich kein Grund sich noch mehr anzustrengen. Fakt ist: Das gegenwärtige System des Länderfinanzausgleichs ist wettbewerbsfeindlich und vermindert so insgesamt den Wohlstand. Insofern liegt es in aller Interesse, den Ausgleichsmechanismus zu reformieren: Sowohl Geber- als auch Nehmerländer müssen monetäre Anreize haben, ihr Steueraufkommen zu erhöhen.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, SozialesTagged , , 13 Kommentare zu Mittelschicht schrumpft nicht

Mittelschicht schrumpft nicht

„Statuspanik“ und die Angst vor dem sozialen Abstieg sitzen den Deutschen tief in den Knochen. Düstere Szenarien einer zerfallenden Mittelschicht erregen die Gemüter. Mit der Wirklichkeit hat dies jedoch wenig zu tun, wie eine kürzlich im Auftrag des Roman Herzog Instituts erschienene Studie zeigt. Demnach ist der Anteil der Mittelschicht an der Gesamtgesellschaft in Deutschland seit 1993 relativ konstant: Er pendelte zwischen 60 und 67 Prozent. Im internationalen Vergleich ein beachtlicher Wert.

Und im Krisenjahr 2009 kam es sogar zu einer gegensätzlichen Entwicklung: Während der Anteil der Haushalte mit hohen Einkommen abnahm, schütze der gut ausgebaute deutsche Sozialstaat die unteren Einkommensschichten weitgehend vor den negativen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise. Insgesamt führte dies zu einer Zunahme der Mittelschicht um 0,6 Prozent. Eine Zukunftsprognose, nach der die Mittelschicht langsam erodiert, lässt sich mit diesen Fakten kaum belegen.

Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , 10 Kommentare zu Sozialleistungen: Deutschland vorn

Sozialleistungen: Deutschland vorn

Sozialabbau, soziale Kälte, Abkehr von der Sozialen Marktwirtschaft – derartige Einschätzungen zum deutschen Sozialstaat dominierten in den letzten Jahren die Schlagzeilen. Dabei zeigt der internationale Vergleich: Deutschland gehört zu den fürsorglichsten Ländern. Und werden nicht die Brutto- sondern die Nettosozialleistungen berücksichtigt, dann landet Deutschland mit einer Quote von 25 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sogar vor den oftmals als Vorbild gepriesenen skandinavischen Wohlfahrtsstaaten Dänemark oder Schweden.

Während bei den Bruttosozialleistungen nur auf die Summe aller Ausgaben geschaut wird – von der Rente bis zum Familienleistungsausgleich, von Hartz IV bis zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall –, wird bei den Nettosozialleistungen auch berücksichtigt, welche Abgaben der Staat auf die gewährten Sozialleistungen erhebt, wieviel er von den Empfängern über indirekte Steuern an der Supermarktkasse zurückholt, aber auch wie sehr er freiwillige Vorsorge über steuerliche Anreize fördert, statt jedes Mal die Sozialkassen zu bemühen. So sind unsere skandinavischen Nachbarn zwar überaus spendabel bei den Sozialausgaben, holen sich aber einen Großteil des Geldes über Steuern und andere Abgaben auf die Sozialeinkommen wieder zurück. Diese Belastungen fallen hierzulande eher gering aus. Fakt ist: Der deutsche Sozialstaat steht im internationalen Vergleich sehr gut da, von Sozialabbau kann pauschal nicht die Rede sein.