Wachstum

Ordnungspolitik, Steuern und Finanzen, UmweltTagged , , 19 Kommentare zu Kein kostenloser Kernenergie-Ausstieg

Kein kostenloser Kernenergie-Ausstieg

Nichts ist alternativlos, auch die Atomenergie nicht. Doch jede Alternative hat ihren Preis. Und der entscheidet über die Zukunft von Beschäftigung und Einkommen am Standort Deutschland. Angst und Emotionen sind trotz der Katastrophe in Japan kein guter Ratgeber. Verantwortliche Politik ist zur Vernunft verpflichtet, auch vor Landtagswahlen. Mit der Rückkehr zu dem rot-grünen Ausstiegsbeschluss aus der Atomkraft müssen ab 2015 die von den deutschen AKW erzeugten 23 Prozent des Stroms sukzessive anders bereitgestellt werden.

Erneuerbare Energie kann nur einen Beitrag zur Deckung dieser Lücke leisten, wenn sie in Großanlagen produziert wird, dies gilt vor allem für die Wind-Offshore-Anlagen. Die derzeit größte bestehende Anlage dieser Art bringt 300 Megawatt. Nach Beschluss der Bundesregierung sollen im Jahr 2030 rund 25.000 Megawatt auf diese Weise produziert werden. Zweifelsohne noch ein weiter und kostenintensiver Weg. Zudem sind wegen der großen Distanz zwischen den Windparks und dem Ort des Verbrauchs qualitativ andere Netze notwendig. Ihr Ausbau kostet laut Deutscher Energie-Agentur zwischen zehn und 25 Milliarden Euro, je nach gewünschter Übertragungsleistung.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Verzicht auf Kernenergie ohne neue Kohlekraftwerke nicht zur realisieren sein wird. Um die Leistung der nach dem rot-grünen Ausstiegspfad entfallenden Kernkraftwerke auszugleichen, müssten laut Deutscher Energie-Agentur bis 2020 Anlagen mit etwa 15.000 Megawatt, bis 2030 rund 28.000 Megawatt zugebaut werden. Zu beachten ist hier aber auch: In den letzten Jahren sind zahlreiche geplante Kohlekraftwerke aufgrund massiver öffentlicher Proteste eingestellt worden. Wie man sich auch entscheiden wird – alles hat seinen Preis.


Die Langfassung dieses Beitrags ist am 16. März 2011 im Handelsblatt erschienen.

Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 11 Kommentare zu Alternativen zur monetären Planwirtschaft

Alternativen zur monetären Planwirtschaft

Flankiert von dem Unwort des Jahres 2010 „alternativlos“ schlittert die Europäische Union in eine monetäre Planwirtschaft. Die angebliche Alternativlosigkeit verbietet es genauso über Alternativen zum 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm nachzudenken, wie über die Rechtsstaatlichkeit in Europa, über den Schutz der individuellen Freiheit und über eine freiheitliche Wirtschaftsverfassung. Und natürlich dürfen auch die Hauptursachen der Verschuldungskrise nicht benannt werden: die Geld- und Kreditschöpfung aus dem Nichts und die Möglichkeit, staatliches ungedecktes Zwangspapiergeld unbegrenzt vermehren zu können. Denn scheitert der Euro, scheitert Europa.

Klaglos wird hingenommen, dass zwei Drittel des Steueraufkommens des Bundes für die Staatsschulden anderer Länder verpfändet wurden. Das Ganze geschah ohne einen Parlamentsvorbehalt und ohne eine rechtliche Grundlage in den europäischen Verträgen. Dabei hatte noch 2009 das Bundesverfassungsgericht in seinem Lissabon-Urteil das Budgetrecht des Parlaments zum Kernbereich des demokratischen Lebens gezählt. Mit der nun geplanten „Verstetigung“ des Euro-Rettungsschirms verliert der Deutsche Bundestag sein Königsrecht der freien Haushaltsplanung und -verabschiedung.

Tatsache ist: Europa und der Euro befinden sich in einer großen Vertrauenskrise. Aber die Antwort darauf kann nur ein Europa des Rechts, des Wettbewerbs und der Marktwirtschaft sein. Regeln, die gemeinsam vereinbart wurden, müssen eingehalten und von der EU-Kommission, als Hüterin des Rechts, durchgesetzt werden. Nicht planwirtschaftliche Gleichmacherei durch Bürokraten einer Wirtschaftsregierung oder einen „Pakt für den Euro“, sondern mehr Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, als Entmachtungsinstrument und faktische Schuldenbremse müssen zugelassen werden. Und schließlich ist eine marktwirtschaftliche Geldordnung vonnöten, die der EZB nicht erlaubt, den Zins und damit die marktwirtschaftliche Ordnung zu manipulieren. Dieser Dreiklang ist die Alternative zur Alternativlosigkeit!


Die Langfassung dieses BlogBeitrags ist in der WirtschaftsWoche Ausgabe 11/2011 als Namensbeitrag erschienen.

Europa, Ordnungspolitik, Steuern und Finanzen, UmweltTagged , , , , 7 Kommentare zu Ambitionierte Klimapolitik steigert CO2-Ausstoß

Ambitionierte Klimapolitik steigert CO2-Ausstoß

Allen Konferenzen, Verpflichtungen, Regelungen und Anstrengungen zum Trotz sind  die CO2-Emissionen seit 1990 weltweit um mehr als ein Fünftel gestiegen. Zudem geht beim Klimaschutz ein tiefer Riss durch die Industrienationen. Auf der einen Seite stehen Länder wie China und die USA – Die beiden größten Treibhausgas-Emittenten haben seit 1990 nicht nur deutlich mehr Klimagase ausgestoßen, sondern bleiben auch bezüglich künftiger Reduktionszusagen sehr vage.

Auf der anderen Seite stehen die 27 EU-Mitglied-Länder, die sich dazu verpflichtet haben, ihre Emissionen bis 2020 im Vergleich zu 1990 um 20 Prozent zu senken. Als besonders ambitioniert zeigt sich hier Deutschland mit seinem freiwilligen Reduktionsziel von 40 Prozent. Damit Lastet der größte Teil der europäischen Minderungsverpflichtungen auf den Schultern Deutschlands.

Continue reading “Ambitionierte Klimapolitik steigert CO2-Ausstoß”

Bildung, Buchkritik, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 3 Kommentare zu Freiheit in Verantwortung

Freiheit in Verantwortung

Buchkritik: Michael Hüther: Die disziplinierte Freiheit – eine neue Balance von Markt und Staat, Hamburg 2011

Nach der Krise ist vor der Krise. Die wirkliche Herausforderung für die Finanz- und Wirtschaftspolitik ist für Michael Hüther die Normalität. In seinem nun erschienenen Buch „Die disziplinierte Freiheit“ tritt er vehement dafür ein, dass sich individuelle Freiheit und Verantwortung gegenseitig bedingen. Die durch die Verantwortung disziplinierte Freiheit trage Veränderungen ins Positive und ermögliche Wachstum.

Der Ökonom Hüther zeigt sich in seinem gedankenreichen und ordnungspolitisch relevanten Buch weit mehr als nur als Krisendoktor. Vor allem für die politische Klasse dürften seine Überlegungen ein wichtiger Kompass im Diskurs über das Miteinander von Markt und Staat sein. „Was ist eigentlich als wirtschaftliches Wachstum zu verstehen und was kann zu seiner Stärkung getan werden?“, fragt Hüther. „Was können wir vom Arbeitsmarkt erfahren, wie trägt er künftig die wirtschaftliche Dynamik?“ Hüther trägt die Antworten fundiert vor, nicht als „Traktat der schlechten oder guten Laune“, sondern eher in der Rolle eines Mediators in der allzu oft aufgeheizten Arena der politischen und gesellschaftlichen Widersacher: realitätsbezogen, angenehm unaufgeregt und lösungsfreudig.

Continue reading “Freiheit in Verantwortung”

Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 11 Kommentare zu Jede Krise ist eine Chance!

Jede Krise ist eine Chance!

164 Milliarden Euro Subventionen hat Deutschland im vergangenen Jahr ausbezahlt.

Den dritten Monat in Folge hat die Inflationsrate im Februar die Zielvorgabe der EZB von zwei Prozent überschritten. Die Schuldenuhr in Deutschland zeigt 1,9 Billionen Euro. Viele Menschen sorgen sich um ihr Erspartes. Dabei gilt: Öffentliche Schulden an sich sind nicht grundsätzlich ein Problem, wenn sie für Investitionen verwendet werden. Doch der Staat nimmt immer mehr Geld auf, investiert es aber nicht effektiv. Was wir hier sehen ist ein Versagen des Staates.

Die Soziale Marktwirtschaft basiert auf neoliberalen Grundsätzen, wie sie Walter-Eucken formuliert hat. Er forderte einen starken Staat und keinen fetten. Der Staat soll eine Ordnungspolitik verfolgen, die den Wettbewerb als Instrument fördert und gleichzeitig Monopole verhindert. Er soll die Regeln machen, sich aber nicht in die Wirtschaftsprozesse einmischen.

Heute ist der Staat fett und mischt gewaltig im Wirtschaftsprozess mit. Im Jahr 2010 wurden Subventionen von 164 Milliarden Euro vornehmlich in strukturschwache Branchen gepumpt. Einzeln betrachtet mag die eine oder andere Subvention sogar auf den ersten Blick plausibel klingen. Tatsache ist aber, dass Subventionen in der Summe die Investitionsdynamik im Land lähmen. Wenn man hier nur jährlich 10 Prozent kürzen würde, hätte man in drei Jahren 45 Milliarden Euro für den Schuldenabbau zur Verfügung. Das würde die Inflationsgefahren dämpfen und mittelfristig sogar noch Arbeitsplätze schaffen. Die Krise bietet die einmalige Chance zu strukturellen Reformen. Eine solche darf man nicht verstreichen lassen.

Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 6 Kommentare zu Demographie + Bildung = Vollbeschäftigung

Demographie + Bildung = Vollbeschäftigung

Von vielen noch nicht wahrgenommen, vollzieht sich auf dem Arbeitsmarkt eine historische Zäsur. Vor allem durch den demographischen Wandel getrieben, verändert sich das Verhältnis von angebotenen Stellen zu Stellensuchenden zugunsten letzterer. Trotz Wirtschaftskrise stieg laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung die Zahl der Stellenangebote am ersten Arbeitsmarkt 2010 von 656.500 im ersten Quartal auf 996.200 im vierten Quartal an. Zahlreiche Branchen leiden schon heute unter einem Fachkräftemangel. Für die einzelnen Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sich ihre Verhandlungsposition auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessert. Denn wird ein Gut knapp, dann steigt sein Preis.

Für die Gesellschaft insgesamt bedeutet dies, dass die von der Mehrheit längst nicht mehr für möglich gehaltene Vollbeschäftigung wieder in greifbare Nähe rückt. Aber ohne Anstrengung wird sich dieses Ziel nicht realisieren lassen. Denn was nützt eine steigende Zahl offener Stellen, wenn die gegenwärtig Arbeitslosen nicht über das passende Qualifikationsprofil verfügen? Schon heute gibt es viele offene Stellen, die aus diesem Grunde nicht besetzt werden können. Nachfrage und Angebot zusammenzubringen ist eine große Aufgabe für Politik und Wirtschaft. Und für den einzelnen Arbeitnehmer eröffnen sich Perspektiven wie lange nicht mehr. Denn wer sich richtig qualifiziert und anbietet, wird dringend gebraucht!

Buchkritik, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 17 Kommentare zu Glück durch Umverteilung?

Glück durch Umverteilung?

In Großbritannien hat das Buch eingeschlagen wie eine Bombe. Auf der Linken erreichte es innerhalb kürzester Zeit Kultstatus, doch auch viele Konservative – allen voran Premierminister David Cameron –  wollten nicht außen vor bleiben und sparten nicht mit Lob. Nun schwappt die Woge der Begeisterung für Richard Wilkinsons und Kate Picketts „The Spirit Level“ (deutscher Titel: „Gleichheit ist Glück“) auch nach Deutschland hinüber.

Die These des Buches ist schnell zusammengefasst: Ungleichheit macht Gesellschaften krank. Psychisch wie physisch. Ganze vierzig Streudiagramme sollen illustrieren: Je weiter der Abstand zwischen Arm und Reich in einem Land, desto schlechter seien so gut wie alle sozialen Indikatoren. Die Regierungen der entwickelten Länder sollten daher vom Ziel des Wirtschaftswachstums abrücken, und den vorhandenen Wohlstand möglichst gleichmäßig verteilen. Eine Botschaft, die in Deutschland natürlich auf besonders fruchtbaren Boden fällt.

Dabei kann „The Spirit Level“ inzwischen als weitgehend widerlegt gelten. Der Publizist Christopher Snowdon etwa zeigt in „The Spirit Level Delusion“, dass Wilkinson und Pickett in mehrerlei Hinsicht Rosinenpickerei betrieben haben. So haben sie beispielsweise einige Länder, die nicht ins gewünschte Bild passen, einfach unter den Teppich gekehrt. Snowdon demonstriert, dass unter Verwendung eines etwas größeren Datensatzes die meisten der sorgfältig zurechtgebastelten Korrelationen in sich zusammenfallen. Auch kommt es stark darauf an, welche sozialen Indikatoren man auswählt. Wilkinson und Pickett haben nur diejenigen einfließen lassen, die ihre These zu bestätigen scheinen, ohne zu erwähnen, dass viele andere einen völlig anderen Eindruck vermitteln.

Continue reading “Glück durch Umverteilung?”

Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 7 Kommentare zu Sparpotential gibt’s genug!

Sparpotential gibt’s genug!

Die Wirtschaft wächst, und das Steueraufkommen steigt. Gleichzeitig hat der Bund die Notwendigkeit zur Haushaltskonsolidierung erkannt und mit dem „Sparpaket“ den ersten Schritt gemacht, den Haushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Und dennoch: Deutschland ist noch immer nicht über dem Schuldenberg.

Die öffentlichen Schulden haben Ende 2010 die 80 Prozent Marke im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt überschritten. Die impliziten Schulden sind dabei noch nicht einmal eingerechnet. Zwar steigt das Steueraufkommen, aber das Niveau von 2008 wird wohl erst im Jahr 2012 erreicht werden. Die staatlichen Ausgaben dürften dann aber um 114 Milliarden höher als im Jahr 2008 sein. Trotz der günstigen Konjunktur wird es die Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode wohl nicht schaffen, das Budgetdefizit unter 2 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt zu drücken. Und was passiert, wenn mit der weiter anziehenden Konjunktur die Zinsen steigen? Ein Zinsanstieg um einen Prozentpunkt bedeutet mittelfristig Mehrausgaben des Staates in Höhe von 20 Milliarden Euro.

Man sieht, der Handlungsbedarf ist erheblich. Bei der Konsolidierung kommt es darauf an, Ausgaben zu kürzen. Kürzungen von konsumtiven Ausgaben fördern Wachstum und Beschäftigung. Ein Ansatzpunkt sind die Personalkosten. Ein Prozentpunkt weniger Lohn entspricht rund 2 Milliarden. Ein noch dickerer Batzen sind die Subventionen. Im Jahr 2010 erreichten die Förderungen einen Rekordwert von 164 Milliarden. Kürzungen sind hier politisch zwar heikel, dennoch wäre eine schrittweise Kürzung mit dem Rasenmäher um 58,5 Milliarden pro Jahr ohne weiteres realisierbar. Weiteres Sparpotential gibt’s genug!


Dem Beitrag liegt die  Rede von Dr. Boss auf dem Marktwirtschaftlichen Dialog der INSM vom Januar 2011 zugrunde.

Arbeitsmarkt, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 14 Kommentare zu Viel mehr Arbeitsplätze statt viel mehr Lohn

Viel mehr Arbeitsplätze statt viel mehr Lohn

Es weht ein warmer Konjunkturwind durch Deutschland: Die Wirtschaft wächst wie lange nicht mehr. Doch man muss sich vor Augen halten: 2010 haben wir es erst einmal geschafft, den dramatischen Einbruch von 2009 wieder einigermaßen wettzumachen. Insofern befinden wir uns erst wieder in Normallage.

Lohnsteigerungen sollten sich nach der Steigerung der Produktivität und der Teuerungsrate richten. Und die signalisiert uns für das laufende Jahr einen Verteilungsspielraum in der Industrie, der um die 3% betragen dürfte. Nur wenn man sich an diese Richtlinien hält, wird es gelingen weitere Arbeitsplätze zu schaffen. Bei vollständiger Ausnutzung des Potenzials, ist es kaum möglich die Arbeitslosigkeit langfristig weiter zu verringern. Bleiben wir darunter, können wir die Arbeitslosenmarke von 3 Millionen nach unten durchbrechen und haben angesichts der Demografie und der gut laufenden Konjunktur in den kommenden zwei Jahren somit durchaus die Chance, auch die Zwei Millionen Grenze zu erreichen. Der Wind weht also, jetzt müssen noch die Segel richtig gesetzt werden.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 5 Kommentare zu Arbeit für alle

Arbeit für alle

Am deutschen Arbeitsmarkt ereignet sich Historisches. Erstmals seit Jahrzehnten ist die Zahl der Arbeitslosen zwischen 2005 und 2010 um gut zwei Millionen zurückgegangen. Auch Problemgruppen haben von dieser Entwicklung erheblich profitiert, allen voran Ältere und Langzeitarbeitslose. Dabei ist die derzeitige Erholung noch lange nicht abgeschlossen, denn das gesamtwirtschaftliche Produktionsniveau hat den Stand vor der Weltfinanzkrise noch nicht erreicht. Sicherlich haben auch die moderaten Lohnabschlüsse und die betriebliche Flexibilität diese positive Entwicklung befördert. Und auch die Hartz-IV-Reformen haben endlich ihre Wirkung entfaltet.

Im Kern sind aber zwei zentrale Gründe für diesen Trend verantwortlich: die Entwicklung der Demographie und die Renaissance der Industrie. Diese gilt es zu nutzen. Wer als Arbeitgeber weiß, dass die Anzahl der jungen Lehrlinge drastisch sinken wird, der klebt an den Älteren und stellt sogar Arbeitslose ein, die bisher als „nicht integrierbar“ galten. Vielleicht lassen sie sich doch motivieren und qualifizieren, wenn es denn sein muss auf Kosten der Unternehmen selbst. Genau dies muss im Zentrum einer neuen Arbeitsmarktpolitik stehen: Mobilisierung und Motivation der menschlichen Arbeitskraft.

Deutschland hat eine historische Chance auf eine Phase nachhaltigen Wachstums in der die Massenarbeitslosigkeit dauerhaft überwunden werden könnte. Um dieses Ziel zu erreichen, muss aber eine neue Arbeitsmarktpolitik verfolgen. Das heißt: Verlängerung der Lebensarbeitszeit, bessere Bildung, wirtschaftlich sinnvolle Zuwanderung und Tarifstrukturen, die den neuen Knappheiten Rechnung tragen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, zumindest auf längere Sicht.


Ursprung dieses Blogbeitrages ist ein Namensartikel im Handelsblatt.

Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , 2 Kommentare zu Bürokratie gefährdet Exporterfolge

Bürokratie gefährdet Exporterfolge

Nach ersten Erfolgen beim Bürokratieabbau ist der Politik in letzter Zeit der Mut und Wille abhanden gekommen, dieses Projekt weiterhin mit dem nötigen Elan voranzutreiben. Mehr und mehr ist der Bürokratieabbau ins Stocken geraten. Nun mehren sich gar die Zeichen für eine diametrale Trendwende. Mehr Bürokratie ist wieder en vogue: Zuerst die ins Spiel gebrachte Frauenquote und nun die Forderung nach einem ausführlichen Sozialbericht für deutsche Kapitalgesellschaften. Darin sollen diese Unternehmen detailliert auflisten, wie viele Zeitarbeiter und Praktikanten sie beschäftigen, welche Tarifverträge sie anwenden und welche betrieblichen Sozialleistungen ihre Mitarbeiter enthalten.

De Facto bedeutet dies nichts anderes, als dass diese Unternehmen mit zusätzlicher Bürokratie belastet werden. Dabei müssen deutsche Unternehmen schon heute mehr als 9.000 Informationspflichten nachkommen. Insofern ist es das Letzte, was die deutsche Wirtschaft noch braucht, hier noch weitere Informationspflichten draufzusatteln. Die dadurch verursachten Kosten mindern die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen. Für eine Exportnation wie Deutschland eine gefährliche Entwicklung.


Zur Grafik: Der INSM-WiWo-Deutschland-Check befragt Entscheider in deutschen Unternehmen zu aktuellen politischen Vorgängen. Thema der im Januar/Februar 2011 durchgeführten Befragungsrunde war das Regierungsprogramm „Bürokratieabbau und bessere Rechtsetzung“. Die kompletten Ergebnisse der Umfrage finden Sie hier.

Arbeitsmarkt, Bildung, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , 2 Kommentare zu Vorsicht vor europäischer Planwirtschaft!

Vorsicht vor europäischer Planwirtschaft!

Unabweislich hat die Schuldenkrise in einigen Euroländern das eigentliche Dilemma des Währungsraums offenbart: Anders als erhofft, konnten seit der Einführung der Gemeinschaftswährung die schwachen Staaten in punkto Wettbewerbsfähigkeit nicht zu den starken Staaten aufschließen. Vielmehr hat sich die Kluft vergrößert. Dies ist mit hohen Kosten für die EU und einem großen Risiko für die Stabilität des Euros verbunden. Es ist unumgänglich, dass die schwachen Staaten ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Genau dieses soll der deutsch-französische Vorstoß seinem Namen nach erreichen.

Um sein Ziel zu erreichen, sieht der so genannte „Pakt für Wettbewerbsfähigkeit“ sechs Maßnahmen vor:

  1. Die verfassungsrechtliche Verankerung einer Schuldenbremse
  2. Die Einführung nationaler Krisenbewältigungsregime für Banken
  3. Die Anpassung des Rentensystems an die demographische Entwicklung
  4. Die gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlu?ssen zur Förderung der Arbeitsmobilität in Europa
  5. Den Verzicht auf inflationsbedingte Lohnindexierungen
  6. Die Schaffung einer einheitlichen Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer

Der konkrete Maßnahmenkatalog des „6-Punkte-Programms“ ist geeignet, sein Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Die Abschaffung von Lohnindexierungssystemen wirkt einer unheilvollen Lohn-Preis-Spirale entgegen und erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Produktivitätsorientierung in der Lohnpolitik. Die gegenseitige Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen fördert die Mobilität von Arbeitskräften innerhalb der EU.

Continue reading “Vorsicht vor europäischer Planwirtschaft!”

Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 8 Kommentare zu Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit

Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit

Fast alle Gesetze, die der Deutsche Bundestag beschließt, haben finanzielle Auswirkungen auf alle Gebietskörperschaften im föderalen Deutschland: die Kommunen, die Länder und den Bund. Meistens sind die Kommunen die Verlierer im Kuhhandel zwischen Bundestag und Bundesrat, wenn im Vermittlungsausschuss mehr oder weniger faule Kompromisse ausgehandelt werden. Das „Konnexitätsprinzip“, das die Aufgabenwahrnehmung und die Ausgabenverantwortung auf derselben Staatsebene sicherstellen soll, wird deshalb häufig zu Lasten der kommunalen Gebietskörperschaften außer Kraft gesetzt. Anschaulicher formuliert steht Konnexität für den Grundsatz: „Wer bestellt, bezahlt!“ Weil aber die Gemeinden, Städte und Landkreise im Vermittlungsverfahren immer am Katzentisch sitzen, also überhaupt nicht beteiligt sind, handeln Länder und Bund gerne Kompromisse zu ihren Lasten aus.

Würden die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden transparenter organisiert, wäre viel für das Prinzip Verantwortung und Haftung getan. Aus meiner Sicht gehört dazu zuerst und vor allem die vollständige Abschaffung der Kameralistik. Denn sie bildet nur die Zahlungsströme im laufenden Jahr ab und stellt keine saubere Bilanz mit Rückstellungen für Pensionen und Abschreibungen auf das Anlagevermögen (Straßen, öffentliche Gebäude etc.) dar. Von exakter Kostenzuordnung keine Spur!

Continue reading “Föderale Finanzbeziehungen oder das Prinzip der organisierten Verantwortungslosigkeit”

Europa, Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 5 Kommentare zu Zäsur bei der Bundesbank

Zäsur bei der Bundesbank

Der mögliche Abgang von Bundesbank-Chef Axel Weber ist eine Zäsur. Er ist deshalb eine Zäsur, weil er eine Richtungsentscheidung für die zukünftige Entwicklung ist. Weber war der einzige Mahner im EZB-Rat. Er hat sich dort als Einziger gegen den Einstieg in die Sozialisierung der Schulden der Euro-Staaten durch die Zentralbank gestellt.

Schon der Einstieg in die qualitative Lockerung der Offenmarktpolitik der EZB war ein Fehler, weil dies die “Zombie-Banken” in den Schuldenstaaten dauerhaft am Tropf der EZB hält und damit die Finanzierung der Staatsschulden in den Schuldenstaaten über die dortigen Banken dauerhaft sichert. Das Grundproblem – deren Überschuldung – wurde jedoch nicht gelöst. Zwar stellte sich Weber nicht gegen diese Politik, er mahnte jedoch frühzeitig, zur Normalität zurückzukehren.

Der Ankauf von “Schrottanleihen”, und nicht nur die Inpfandnahme durch die EZB, war “die Überschreitung des Rubikon”,  wie es der ehemalige Bundesbank-Präsident Helmut Schlesinger bezeichnete. Gegen diesen Dammbruch hat sich Weber gestellt. Damit hat er sich nicht beliebt gemacht – weder in Frankreich noch im Kanzleramt. Er verkörperte damit im besten Sinne die Stabilitätskultur der Deutschen Bundesbank. Dieses – vom einen oder anderen als sperrig empfundene – Verhalten hat jedoch Tradition in der Bundesbank. Das hat ihr Vertrauen in den vergangenen Jahrzehnten gestärkt.

Jetzt ist zu befürchten, dass das Rennen um die Trichet-Nachfolge gelaufen ist. Für die Stabilität des Euro ist diese Personalentscheidung jedoch von fundamentaler Bedeutung. Der EZB-Präsident ist das Sprachrohr, das Gesicht des Euro. Er bestimmt durch seine öffentlichen Erklärungen den Kurs. Schon heute ist der EZB-Rat geprägt durch die Politik der “Tauben”. Weber war und ist ein “Falke”. Man muss nicht so weit gehen wie Lord Dahrendorf, der 1995 zur Währungsunion gesagt hat: “Die Währungsunion ist ein großer Irrtum, ein abenteuerliches, waghalsiges und verfehltes Ziel, das Europa nicht eint, sondern spaltet.”

Dennoch ist das, was bei Euro-Einführung als die tragenden Säulen vereinbart wurde, nur noch Makulatur. Die Unabhängigkeit und Stabilitätsorientierung der Zentralbank, die Begrenzung der Schuldenpolitik der Teilnehmerstaaten durch die Konvergenzkriterien und das Nichteintreten für die Schulden eines anderen Landes gibt es nicht mehr oder gab es nie. Ein EZB-Präsident Weber hätte diesen Prozess korrigieren können. Jetzt übernehmen die “Tauben” endgültig die Macht.

Arbeitsmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , 9 Kommentare zu (Un-)Heimliche Steuererhöhungen verhindern

(Un-)Heimliche Steuererhöhungen verhindern

Die Wirtschaft brummt wie lange nicht mehr. Die überwiegende Zahl der Beschäftigten partizipiert an dem Aufschwung und hat mehr Geld im Portemonnaie. Die Zunahme des Nettolohns würde jedoch viel höher ausfallen, wenn der Staat nicht verhältnismäßig viel von den Lohnsteigerungen abschöpfen würde. Während die Bruttolöhne dieses Jahr wahrscheinlich um 2,1 Prozent steigen werden, wird sich die Lohnsteuer durchschnittlich um 3,8 Prozent erhöhen. Dies liegt schlicht daran, dass parallel mit der Lohnerhöhung keine Anpassung der Steuersätze erfolgt. In der Konsequenz wachsen die Steuerpflichtigen in eine höhere Stufe der Steuerprogression hinein.

Für den Staat ist dies äußerst lukrativ: Im Jahr 2010 verzeichnete der Fiskus aufgrund der gestiegenen Löhne ein zusätzliches Einnahmeplus von 2,9 Milliarden Euro. Für dieses Jahr geht das Institut für Weltwirtschaft Kiel (IfW) von zusätzlichen Steuereinnahmen in Höhe von 3,1 Milliarden Euro aus. Aufgrund dieser heimlichen Steuererhöhung wird der Staat somit in den Jahren 2010 und 2011 insgesamt mehr als 6 Milliarden Euro mehr einnehmen. Mit anderen Worten: Die Beschäftigten müssen auf 6 Milliarden Euro von ihrem Lohnplus verzichten. Die Lösung liegt auf der Hand: Um diese heimliche (oder besser: unheimliche) Steuererhöhung zu verhindern, müsste der Steuertarif jährlich an die Lohnentwicklung angepasst werden.