Wettbewerb

Arbeitsmarkt, Europa, Finanzmarkt, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , 2 Kommentare zu Abwrackprämie – moralische Katastrophe

Abwrackprämie – moralische Katastrophe

Die Deutschen geben mal wieder mehr Geld aus, als die anderen: je Einwohner investiert der Staat 61 Euro für die Verschrottung alter Autos.Wie kein anderes Industrieland auf der Welt hat Deutschland den Kauf von Neuwagen subventioniert. Kurz vor dem Auslaufen der Abwrackprämie diskutieren Union und SPD bereits über „Nachfolgeregelungen“. ÖkonomenBlog-Autor Andreas Freytag hatte bereits mehrfach vor den ökonomischen und ökologischen Gefahren gewarnt. Seine Bilanz: Die sog. „Umweltprämie“ hat viel gekostet – aber nichts gebracht.

In wenigen Wochen wird die sog. Umweltprämie – bekannter und besser charakterisiert als Abwrackprämie – auslaufen. Dann ist Bundestagswahl, und es kann auch von der Politik eine ehrliche Bilanz gezogen werde. Dieser Beitrag soll eine kleine Argumentationshilfe bieten. Dabei muss man zahlreiche Perspektiven einnehmen, die psychologische, die moralische, die ökologische, die fiskalpolitische, die industriespezifische, die finanzwirtschaftliche und die entwicklungspolitische.

Was die Psychologie angeht, die ja in der Wirtschaftspolitik enorm wichtig ist, so wird die These vertreten, die Prämie hätte die allgemeine Stimmung angehoben. Die Deutschen konsumierten mehr und erfreuten sich an neuen Autos und tollen Schnäppchen (selbst wenn diese gar keine sind, weil beispielsweise das verschrottete Auto deutlich mehr als 2.500 Euro wert war). Dem Verfasser bekannte Einzelfälle z.B. von jubilierenden Ordnungspolitikern, die ihren 20 Jahre alten Wagen gut losgeworden sind und den Neukauf um acht Monate vorzogen, sprechen für diese These. Fraglich bleibt, wie die Stimmung aussieht, falls wie vielfach erwartet die Automobilindustrie nach dem Auslaufen der Prämie in eine umso schwerere Absatzkrise gerät. Die Freude derer, deren Arbeitsplätze dann gefährdet sind, ist vermutlich begrenzt.

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Arbeitsmarkt, Europa, Ordnungspolitik, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , , 1 Kommentar zu Subventionen: Kein Weg zurück?

Subventionen: Kein Weg zurück?

„Rückgängig machen lässt sich diese Expansion oft kaum noch, selbst wenn die Krise längst ausgestanden ist. In den USA zum Beispiel ließ Franklin D. Roosevelt im Mai 1933 den Agriculural Adjustment Act in Kraft treten. Dieses Gesetz war das erste große Subventionsprogramm für die amerikanische Landwirtschaft, es sollte die Bauern vor den Folgen der Großen Depression schützen. Sie war nach ein paar Jahren vorüber, der amerikanische Agrarprotektionismus dagegen lebt bis heute fort. Gut möglich, dass sich der deutsche Steuerzahler noch lange wünschen wird, es hätte die Abwrackprämie von vornherein nie gegeben.“ … schreibt Olaf Gersemann heute in der WELT zur Diskussion über die Abwrackprämie.

Arbeitsmarkt, Bildung, Finanzmarkt, SozialesTagged , , , , , 1 Kommentar zu Die Krise nutzen

Die Krise nutzen

Die Zahl der Kurzarbeiter ist aktuellen Schätzungen zu Folge auf 1,3 Millionen angestiegen

Die anhaltende Wirtschaftskrise hat sich bisher kaum auf die Arbeitslosigkeit niedergeschlagen. Im Kampf gegen Entlassungen erweist sich die Kurzarbeit zumindest vorläufig als Wunderwaffe. Unternehmen können bei konjunktureller Talfahrt Kosten durch Verkürzung der Arbeitszeit einsparen, ohne dabei Leute entlassen zu müssen. Neuesten Schätzungen zufolge arbeiten derzeit 1,2 bis 1,4 Millionen Mitarbeiter kurz.

Gleichwohl regt sich Kritik an dem Instrument. Kurzarbeit kann notwendige strukturelle Anpassungen der Unternehmen verzögern. Außerdem häufen sich Berichte über eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Instruments. Erstaunlicherweise gibt es jedoch bis heute keine einzige ernstzunehmende Untersuchung, in der Ertrag und Nutzen der Kurzarbeit valide überprüft worden wäre, obwohl das Instrument inzwischen schon seit über 50 Jahren existiert.

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Arbeitsmarkt, Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , 1 Kommentar zu Studieren on the Job

Studieren on the Job

Der Anteil der Akademiker ist nach wie vor gering

Schon seit Jahren bildet Deutschland im OECD-Vergleich zu wenig Akademiker aus. Im Jahr 2006 hatten rund 35 Prozent der 25- bis 64-Jährigen in den OECD-Ländern einen Hochschulabschluss. Deutschland hinkt mit lediglich 15 Prozent hinterher. Die Aussagekraft dieses Wertes ist allerdings begrenzt. Denn der deutsche Sonderweg des dualen Systems wird nicht richtig erfasst – entscheidend für das Wirtschaftswachstum sind ja nicht die akademischen Abschlüsse, sondern die tatsächlichen erworbenen Kompetenzen. Diverse Untersuchungen (PISA etc.) zeigen, dass die deutschen Jugendlichen im Durchschnitt sogar etwas cleverer als die US-Youngsters sind. Alles in allem müssen sich die Deutschen also in punkto Bildungsniveau nicht verstecken.

Dennoch: es gibt noch viel Luft nach oben. Denn viele Deutsche, die eine gute Berufsausbildung absolviert haben, hätten auch das Zeug zu studieren. Reichlich ist die Nachfrage der Unternehmen nach akademischen Fachkräften. Sogar mitten in der aktuellen Wirtschaftskrise wurden allein im Juni 2009 mehr als 61.000 Fachkräfte in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (so genannte MINT-Fächer) gesucht. Bis zum Jahr 2020 könnte die Lücke sich versiebenfachen, wenn es Deutschland nicht gelingt, einen größeren Anteil der Jugendlichen für die MINT-Fächer zu begeistern. Schließlich wird insbesondere die weitere Spezialisierung und Technisierung in der Wirtschaft in Zukunft zu einer noch höheren Akademikernachfrage führen.

Wichtig ist, dass Unternehmen ihren Mitarbeitern, die im Job hervorragende Leistungen erbringen, ein Studium schmackhaft machen und ihnen dieses ermöglichen. Bislang hat lediglich weniger als 1 Prozent der Erwerbstätigen mit Berufsabschluss sich dazu überwinden können, noch einen akademischen Abschluss nachzuholen. Denn nach wie vor sind in Deutschland Beruf und Studium nur schwer bis gar nicht miteinander vereinbar. Hier müssen der Staat, sprich die Hochschulen, dringend die Rahmenbedingungen für diese neue „Klientel“ schaffen.

Arbeitsmarkt, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , , , 3 Kommentare zu Familienfreundlichkeit importieren

Familienfreundlichkeit importieren

Die Erwerbsquote von jungen Müttern in Deutschland ist sehr gering.

Deutschland wird älter- das wissen wir alle. Bis zum Jahr 2050 steigt das Durchschnittsalter der Bevölkerung von heute 42,6 auf 51,4 Jahre. Das wird sich extrem auf den Arbeitsmarkt auswirken – immer weniger Menschen stehen für den Arbeitsmarkt zur Verfügung. Noch gefragter werden sein: Mobilität und Qualifizierung.

Großes Potential, um die Arbeitsangebotslücke zu schließen, steckt in den deutschen Müttern. Von ihnen sind heute nur rund 36 Prozent erwerbstätig. Ein Vergleich mit anderen Ländern zeigt, dass dort Erwerbsquoten von Müttern bis zu 80 Prozent nicht unüblich sind. Deutschland hinkt also hinterher. Was wir brauchen ist eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf – qualitativ gute, zuverlässige Betreuung von Kindern ist daher eine zentrale Vorraussetzung, um dieses Potential zu erschließen. Aber auch die Unternehmen selbst sind gefordert. Mit flexiblen Arbeitszeiten, Telearbeit und Akzeptanz der besonderen Erfordernisse von Müttern müssen sie ihren Teil dazu beitragen, die Verbindung von Beruf und Familie im Alltag besser zu ermöglichen. Andere Länder machen es uns vor – Beruf und Familie schließen sich nicht gegenseitig aus. Importieren wir einfach mal mehr Familienfreundlichkeit!


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

Steuern und FinanzenTagged , , , , 3 Kommentare zu Reform ohne Entlastung

Reform ohne Entlastung

Die Unternehmen werden trotz der Unternehmenssteuerreform nicht ausreichend entlastet.

Globalisierung heißt auch: harter internationaler Wettbewerb um die attraktivsten Rahmenbedingungen. Nicht zuletzt die steuerliche Belastung für Unternehmen entscheidet darüber, an welchen Standorten sie sich ansiedeln. Mit einer Steuerbelastung bei Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften und GmbHs) von 39,5 Prozent lag Deutschland 2008 an dritter Stelle der Höchststeuerländer. Und auch bei der steuerlichen Belastung für Personengesellschaften – zu ihnen zählen u. a. die offenen Handelsgesellschaften (oHG) sowie die Kommanditgesellschaften (KG) – konnte Deutschland keine bessere Platzierung aufweisen. Insoweit war Deutschland nicht gerade sehr attraktiv.

Im letzten Jahr kam dann die große Unternehmenssteuerreform – die Bilanz ist aber höchstens ambivalent. Die tarifliche Besteuerung von Kapitalgesellschaften ist von 39,5 Prozent auf unter 31 Prozent gesunken. Damit ist das vorgegeben Ziel der Finanzpolitiker von 30 Prozent knapp verfehlt worden. Jetzt müssen deutsche Kapitalgesellschaften „nur“ noch die sechshöchste Steuerbelastung schultern. Nicht besonders gut, aber auf dem richtigen Weg.

Weniger erfreulich ist die Entwicklung bei den Personengesellschaften. Auch hier sollte es zu einer steuerlichen Entlastung auf 30 Prozent kommen. In der Praxis kommt es bei der recht komplizierten „Thesaurierungsbegünstigung“ zu einer steuerlichen Belastung von 37,6 Prozent – inkl. Soli und Gewerbesteuer. Damit sind die Personenunternehmen – das Rückgrad unserer Wirtschaft – eindeutige Verlierer der Unternehmensreform von 2008. Keine gute Nachricht.

Europa, Steuern und FinanzenTagged , , , 4 Kommentare zu Energiepolitik hemmt Wettbewerb

Energiepolitik hemmt Wettbewerb

So setzt sich der Strompreis zusammen.

Fehlender Wettbewerb geht immer zu Lasten der Verbraucher. Nirgends wird diese schlichte Weisheit derzeit eindrucksvoller bestätigt als auf dem Strommarkt. Auch im elften Jahr nach der Liberalisierung kann hier von einem funktionierenden Wettbewerb nicht die Rede sein. EON, RWE, Vattenfall und EnBW erzeugen allein etwa 85 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms und verfügen über eine marktbeherrschende Stellung. Beheben ließe sich dieser Mangel zum einem dadurch, dass der deutsche Energiemarkt gegenüber ausländischen Energienanbietern stärker geöffnet werden würde. Dazu müssten die Grenzkuppelstellen an den Landesgrenzen, also die Verbindungsstellen zwischen den nationalen Stromnetzen, ausgebaut werden. Bisher haben die Stromanbieter den Ausbau dieser Nahtstellen vernachlässigt, und so künstlich Engpässe geschaffen. Ein weiteres Hindernis für einen größeren Wettbewerb stellten die zumeist lokalen Widerstände gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke dar. Aber auch die Energiepolitik der Bundesregierung wirkt hier hemmend. Ankündigungen, Erneuerbare Energien noch stärker zu fördern, beim Emissionshandel das Angebot an Zertifikaten zu verknappen und somit zu verteuern oder den Atomausstieg zu verschieben, regen nicht gerade dazu ein, das nötige Vertrauen für Investitionen in neue Kohlekraftwerke zu fördern. Inkonsistent  sind aber zweifelsohne die beständigen Politikerklagen über die hohen Strompreise. Schließlich entstehen 40 Prozent der Kosten durch Steuern und Abgaben. Hier muss sich die Politik entscheiden, was sie will: eine preisgünstige Energieversorgung oder üppige Steuereinnahmen.

Arbeitsmarkt, Bildung, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , , 2 Kommentare zu Trotz Krise Chancen am Arbeitsmarkt

Trotz Krise Chancen am Arbeitsmarkt

Trotz Krise - hohe Fluktation auf dem Arbeitsmarkt

Wirtschaftskrise, Bankenkrise, Kaufhauskrise – bei diesen Schreckensmeldungen haben Jobsuchende keine Chance, könnte man zumindest meinen. Doch der Arbeitsmarkt ist bisher robuster als vielfach befürchtet. Das liegt neben dem starken Einsatz der Kurzarbeit vor allem an zwei Dingen.

Zum einen steht auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Arbeitsmarkt nicht still. Auch in der Krise werden Unternehmen gegründet, expandieren manche Betriebe, gehen Mitarbeiter in den wohlverdienten Ruhestand oder verlassen aus anderen Gründen das Unternehmen. Diese Faktoren sorgen für reichlich Bewegung auf dem Arbeitsmarkt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit sind im Jahr 2008 weit über sieben Millionen neue sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse geschlossen worden. Selbst im Krisenjahr 2005 konnten immerhin noch 6,3 Millionen Menschen eine neue Stelle antreten. Dabei unterscheidet sich die Fluktuation von Branche zu Branche erheblich. Erwartungsgemäß ist die Fluktuation in Behörden sehr gering, aber überraschenderweise auch bei Banken: Dort bekleidet mehr als die Hälfte der Beschäftigten ihren Posten seit mehr als 10 Jahren. Wahre Job-Hopper findet man hingegen bei den Unternehmensdienstleistern, wie beispielsweise in der Wirtschaftsberatung und bei der Zeitarbeit. Hier ging 2007 jeder fünfte Arbeitnehmer seiner Tätigkeit seit weniger als einem Jahr nach.

Zum anderen gibt es auch in Krisenzeiten noch strukturelle Engpässe bei bestimmten Qualifikationen. So klafft derzeit allein im Bereich der MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik)-Qualifikationen noch eine Fachkräftelücke von etwa 55.000. Auch wenn sich diese Lücke gegenüber dem Höchststand im Herbst letzten Jahres mehr als halbiert hat, werden spätestens nach dem Ende des konjunkturellen Abschwungs die demografischen und strukturellen Effekte wieder die Oberhand gegenüber der derzeit negativen konjunkturellen Entwicklung gewinnen. Allein aus demografischen Gründen besteht ein Ersatzbedarf an altersbedingt ausscheidenden MINT-Akademikern von jährlich 49.000 bis zum Jahr 2014 und jährlich 59.000 zwischen 2015 und 2020. Dazu kommt ein jährlicher Expansionsbedarf von etwa rund 52.000 MINT-Akademikern. Die derzeitige Zahl an Hochschulabsolventen wird diesen Bedarf nicht decken können.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , 2 Kommentare zu Kreditvergabe nicht Staatsaufgabe

Kreditvergabe nicht Staatsaufgabe

Die Kredithürde ist nach einer Ifo Umfrage in den vergangenen Monaten angestiegen

Gibt es die Kreditklemme wirklich oder ist sie nur ein Hirngespinst von Politikern, die kurz vor der Bundestagswahl krampfhaft nach einem Wahlkampfthema suchen, mit dem sie das Sommerloch überbrücken können? Einerseits wird darauf verwiesen, dass die Kreditvergabe der Banken zugenommen hat, andererseits werden Aussagen von Unternehmern zitiert, wonach die Banken Kreditlinien kürzen und sich bei der Kreditvergabe zurückhalten.

Ein Großteil der Verwirrung um die Existenz einer Kreditklemme rührt daher, dass nicht klar genug definiert wird, was eigentlich eine Kreditklemme ist. Eine rückläufige Kreditvergabe und steigende Zinsen machen noch keine Kreditklemme aus, niemand käme schließlich auf den Gedanken, von einer Autoklemme zu sprechen, wenn der Fahrzeugabsatz rückläufig ist und die Preise steigen. Von einer Kreditklemme könnte man erst dann sprechen, wenn die Banken trotz einer vorhandenen Nachfrage nach Krediten und trotz ausreichender Bonität der Unternehmen, die einen Kredit suchen, keine oder zu wenige Kredite vergeben. Doch warum sollten die Banken so handeln, schließlich lebt die Bankbranche vom Kreditgeschäft? Oder, bezogen auf die Automobilbranche, müssten wir uns doch fragen, warum produzieren die Hersteller nicht mehr Autos, obwohl die Nachfrage und die nötige Kaufkraft vorhanden sind? Die Frage, ob eine staatliche Intervention notwendig ist und wie sie aussehen soll, kann man erst beantworten, wenn man die Ursache für die vermutete Klemme kennt. Um beim Beispiel der Automobilindustrie zu bleiben: Liegt es an mangelnden Produktionskapazitäten, gibt es zu wenig Rohstoffe oder fehlen qualifizierte Arbeitskräfte? Würde der Staat eingreifen und die Autoproduktion selbst in die Hand nehmen, würde er die knappen Ressourcen von den privaten Herstellern abziehen und dort den Mangel vergrößern. Da der Staat sicherlich nicht der bessere Automobilproduzent ist, würde sich die Autoklemme nur noch verschlimmern – man erinnere sich an die langen Wartezeiten auf ein Auto in der früheren DDR.

Die Situation bei den Banken weist gegenüber der Automobilbranche allerdings Besonderheiten auf: Es gibt Regulierungsvorschriften, die prozyklisch wirken und die Kreditvergabe an das vorhandene Eigenkapital einer Bank binden. In Krisenzeiten kann es hier aufgrund eines abschmelzenden Eigenkapitals und höherer Eigenmittelanforderungen zu Engpässen kommen. Sollte dies wirklich der Fall sein, müsste an dieser Stelle der Hebel angesetzt werden. Eine direkte Kreditvergabe durch den Staat z.B. mittels der KfW würde dazu führen, dass der Staat etwas in die Hand nimmt, wozu ihm die nötige Expertise fehlt. Bei der Kreditvergabe geht es nicht darum, großzügig Gelder zu verteilen, sondern die Kreditvergabe erfüllt auch eine wichtige Allokationsfunktion: Die Finanzmittel sollen in solche Investitionen fließen, die hinreichend erfolgversprechend sind. Dies zu beurteilen, ist eine Kernkompetenz der Banken, der Staat dagegen verteilt Gelder nach politischen, nicht aber nach ökonomischen Kriterien.


Zur Grafik: Das Ifo Institut München hat Unternehmen nach ihrem Urteil über die Kreditbereitschaft der Banken befragt. Danach schätzten 45,1% der befragten Unternehmen die Kreditvergabe durch die Banken als restriktiv ein. Im Vormonat waren es 42,4%. In allen betrachteten Wirtschaftsbereichen haben die Klagen über eine strenge Kreditvergabepraxis der Banken zugenommen – im verarbeitenden Gewerbe, im Bauhauptgewerbe sowie im Handel.

Finanzmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , 1 Kommentar zu Ein Fünftel für Zinsen ist zu viel

Ein Fünftel für Zinsen ist zu viel

Entwicklung der Zinsausgaben des Bundes

Täglich neue Hiobsbotschaften. Rastlos verkündet die Bundesregierung seit Monaten, dass Deutschland sich in der größten Wirtschaftskrise seit 1929 befindet. Diese einzigartige wirtschaftliche Herausforderung in der Geschichte der BRD bedürfe außergewöhnlicher Maßnahmen. Und außergewöhnlich – oder besser exorbitant – sind dann auch jene 300 Milliarden Euro Neuverschuldung, die die Bundesregierung bis 2013 aufnehmen wird. Niemand anders als die Steuerzahler werden die Schulden abbauen müssen – samt den zusätzlich anfallenden Zinsen. Erfreulich für die Steuerzahler sind die gegenwärtig niedrigen Zinssätze. Wurden die Zinsen doch von der EZB gesenkt, um die am Boden liegende Wirtschaft wiederzubeleben. Deutschland wird anno 2010 etwa 40 Mrd. Euro für Zinsen für ausstehende Kredite bezahlen. Dies sind immerhin 2,2 Mrd. Euro weniger als 2009.

Aber die Zinsen unterliegen wie alle anderen Güter auch dem Marktprinzip – mit steigender Nachfrage nach Krediten erhöhen sie sich. Die einzigartige Kreditnachfrage des Bundes wird also einen starken Zinsanstieg nach sich ziehen, von denen dann auch der Bund betroffen sein wird. Laut Finanzplanung wird Deutschland im Jahre 2013 infolgedessen nahezu 13 Milliarden Euro mehr Zinsen zahlen müssen. Verstärkt könnte dieser Trend noch dadurch werden, dass die von der EZB zur Stützung der Wirtschaft ins Finanzsystem gepumpten Geldmittel früher oder später inflationär wirken werden. Um dem Inflations-Problem Herr zu werden, wird die EZB die Zinssätze anheben. Auch wenn sich beide Faktoren nur moderat auf die Zinsentwicklung auswirken werden, also die Zinsen pro Jahr beispielsweise lediglich um 0,2 Prozentpunkte höher liegen werden, als von den Finanzplanern berechnet, dann wären 2014 Zinsen in Höhe von gut 60 Milliarden Euro fällig. Das entspräche fast 20 Prozent der gesamten Bundesausgaben.

Arbeitsmarkt, Steuern und FinanzenTagged , , , , , 1 Kommentar zu Steuern: Ein Punkt runter reicht nicht

Steuern: Ein Punkt runter reicht nicht

Eingangs- und Spitzensteuersatz im internationalen Vergleich

Deutschland hat als Exportweltmeister extrem vom Welthandel profitiert: fast neun Millionen Arbeitsplätze hängen davon ab. Mehr als andere bekommt die Exportnation den weltweiten Nachfragerückgang jetzt aber auch zu spüren – wobei erste Anzeichen für eine Besserung erkennbar sind. Umso wichtiger ist es, der Krise mit klugen Reformen zu strotzen. Wichtiger Hebel für die Binnenkonjunktur und die Leistungsbereitschaft der Menschen: die Steuerpolitik. Nicht ohne Grund wurde rückwirkend zum 1. Januar 2009 der Eingangsteuersatz um einen Prozentpunkt gesenkt – als Konjunkturimpuls auf 14 Prozent.

Ein erster guter Schritt – immerhin liegt Deutschland im internationalen Vergleich mit seinen Steuersätzen (Spitzensteuersatz 47,5 Prozent) nur im Mittelfeldplatz. Nehmen wir Steuern und Sozialabgaben zusammen, entpuppt sich Deutschland als eines der teuersten Staaten der Welt. Bei der Einkommensteuer kommt es nicht nur um die Tarifeckpunkte an, sondern allem auf den Verlauf dazwischen. Hier wird der Reformbedarf nochmals offensichtlich: mit steigendem Einkommen steigt der Grenzsteuersatz überproportional an. Die Einkommen bis 12.739 Euro werden von der Progression besonders hart getroffen. Macht es Sinn, die Leistungsbereitschaft der mittleren Einkommensgruppen durch eine hohe Steuerlast zu erdrücken? Eine Reform nach der Bundestagswahl müsste diese Gruppe endlich steuerlich entlasten – denn die Beseitigung der kalten Progression wurde bis heute verhindert. Krise hin oder her: Geld dafür ist genug da.


Jeden Montag oder Dienstag werden im ÖkonomenBlog Beiträge aus der Reihe „Wohlstands-Bilanz-Deutschland“ veröffentlicht, mit denen die 60-jährige Erfolgsgeschichte der Sozialen Marktwirtschaft nachgezeichnet und auf neue Herausforderungen hingewiesen wird. Eine umfassende Übersicht über Wohlstands-Parameter wie Einkommen, Vermögen, Lebensqualität und Bildungschancen finden Sie auf der Internetseite http://www.wohlstandsbilanz-deutschland.de/

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International wettbewerbsfähig (bleiben)

Arbeitskosten der Industrie je Arbeitnehmer

Seit 2003 ist Deutschland Exportweltmeister. So sehr man sich über den Titel auch freuen kann, überbewerten darf man ihn nicht. Denn als große, offene Volkswirtschaft mit hohem Industrieanteil inmitten des Euroraums verfügt Deutschland auch über beste Vorraussetzungen dazu. Verhängnisvoll wäre es, sich auf dem Erreichten auszuruhen. Gerade jetzt sehen wir, dass eine Exportwirtschaft extremen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt ist.

Zu den wichtigsten Standortfaktoren gehören nach wie vor die Arbeitskosten pro Stunde: Deutschland ist und bleibt aber nicht gerade ein billiger Standort. Nur Belgien, Schweden, Dänemark und die Schweiz sind teurer. Im Standortwettbewerb ist das ein gehöriger Nachteil, insbesondere bei Neuansiedlungen.

Entscheidender Kostentreiber in Deutschland ist allerdings nicht das hohe Lohnniveau. Das zeigt ein Blick auf die große Kluft zwischen Netto- und Bruttoeinkommen, also auf die international viel zu hohen Lohnzusatz- und Nebenkosten. Wenn die Einkommen auch in Zukunft steigen sollen, muss es zunächst einmal gelingen, die Arbeitnehmer von zu hohen Steuern und Abgaben zu befreien. Zum anderen müssen die Wachstums- und Fortschrittspotentiale gestärkt werden. Nur so kann der Produktivitätsvorsprung gegenüber der Konkurrenz langfristig gesichert werden – mit Qualität und Innovation lassen sich höhere Preise auch im Ausland rechtfertigen. Investitionen in Bildung, Wissenschaft und Forschung, die Entwicklung von Humankapital – dies sind die Wachstumstreiber der Zukunft. So können wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland stärken und den Wohlstand jedes Einzelnen erhalten und ausbauen.


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Europa, FinanzmarktTagged , , 1 Kommentar zu Binnenmarkt: Sand im Getriebe

Binnenmarkt: Sand im Getriebe

Verurteilungen für Verstöße gegen den EG-Vertrag

Adam Smith hatte eine revolutionäre Idee: In seinem Hauptwerk von 1776 „The Wealth of Nations” beschrieb er die Chancen der internationalen Arbeitsteilung – die Keimzelle für wachsenden Wohlstand für alle. Knapp 220 Jahre später, am 31.12.1992 wurde offiziell die Einführung des europäischen Binnenmarktes vollendet. Das Ziel war ein wichtiger erster Schritt zur freien Marktwirtschaft: Abbau von Handelshemmnissen, Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einzigen.

Der EU-Binnenmarkt steht für ein konsequentes Ordnungsmodell: Zölle und andere Handelsbeschränkungen sind mit diesem Modell nicht vereinbar. Darüber hinaus gilt das Prinzip gegenseitiger Anerkennung, d.h. Waren die in einem EU-Land rechtmäßig hergestellt wurden und in den Verkehr gebracht worden sind, dürfen danach auch in allen anderen Ländern der Union verkauft werden.

Wer gegen die sog. vier Freiheiten des europäischen Binnenmarktes verstößt, bekommt es mit der Europäischen Kommission als dessen Hüterin zu tun, die den – EU internen – Freihandel vor Protektionismus schützen sollte. Doch wie ernst werden die Spielregeln von den Nationalstaaten tatsächlich genommen? Die Analyse zeigt: In der Praxis knirscht so manches Sandkörnchen im Getriebe.

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Bildung, Ordnungspolitik, Soziales, Steuern und FinanzenTagged , , , , , , Leave a Comment on Bildungsstreik nicht unumstritten

Bildungsstreik nicht unumstritten

Die Bildungsausgaben sind kontinuierlich gestiegenÖkonomenBlog-Spezial zum Bildungsstreik

RCDS: Konkrete Ansätze für Konzepte? Fehlanzeige!
Juso-Hoschulgruppe: Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem
LHG: Prioritäten statt Sozialismus

Deutschland diskutiert über Bildungspolitik. Ausgelöst durch den Protest tausender Schüler und Studenten, durch Demos und Streiks an Schulen und Universitäten. Statt pauken und büffeln standen in dieser Woche debattieren und demonstrieren auf dem Stundenplan.

Aufgerufen dazu hatte ein Bündnis aus verschiedenen Hochschulgruppen und Arbeitskreisen. Ziel: Eine breite Diskussion über die Zukunft des Bildungssystems, mehr Geld, bessere Ausstattung und mehr Freiraum fürs Studium und für Auslandssemester.

Konkrete Forderungen finden sich auf der zentralen Website www.bildungsstreik2009.de. Dazu gehören:

• Die Bologna-Reformen sollen umgestaltet und die Mobilität zwischen den einzelnen Hochschulen verbessert werden. 
• Eine Abkehr von Bachelor- und Regelabschlüssen. Das verschulte Studium nehme den Studierenden die Freiheit, sich in eine bestimmte Richtung zu spezialisieren.
• Die Abschaffung von Studiengebühren und eine gesetzlich verankerte Gebührenfreiheit von Bildung.
• Der Abbau von „wirtschaftlichen Zwängen“ soll ein Studium auch für alle Gesellschaftsschichten möglich machen.
• Mehr Investitionen in die deutsche Bildungslandschaft und dadurch eine Verbesserung der Lehr- und Studienbedingungen, sowie ein deutlicher Ausbau der Studienplätze.

Klare Positionen – aber nicht unumstritten. Selbst unter den Studierenden tobt ein inhaltlicher Streit über den Sinn und Zweck bisheriger Hochschulreformen. Einige Hochschulgruppen lehnen die Abschaffung der Studiengebühren sogar dezidiert ab.

Umstritten sind auch die Methoden, mit denen sich die Studierenden in dieser Woche zu Wort melden. Während die einen zum umfassenden Generalstreik an Schulen und Hochschulen aufrufen, lehnen die anderen einen Streik rigoros ab und wollen ihre Forderungen am Verhandlungstisch debattieren.

Der ÖkonomenBlog fragen nach: Wie positionieren sich die einzelnen Hochschulgruppen? Zu Wort melden sich Vorstandsmitglieder von RCDSJuso– und Liberaler Hochschulgruppen. Die Autoren sind jeweils Studierende wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge.

Finanzmarkt, OrdnungspolitikTagged , , 1 Kommentar zu Verbote verschenken Effizienzpotential

Verbote verschenken Effizienzpotential

Summe der SWAP-Kontrakte amerikanischer Banken

Bereits im Jahr 1952 betonte Walter Eucken die Bedeutung von Haftung für einen funktionierenden Wettbewerb. „Investitionen werden umso sorgfältiger gemacht, je mehr der Verantwortliche für diese Investitionen haftet. Die Haftung wirkt insofern also prophylaktisch gegen eine Verschleuderung von Kapital und zwingt dazu, die Märkte vorsichtig abzutasten.“ So definierte er eines der konstituierenden Prinzipien in seinem Buch „Grundsätze der Wirtschaftspolitik“.

Noch immer überwiegt die Stimmungslage, Marktversagen und Gier hätten die Welt in die Finanzkrise gerissen. Eine genaue Betrachtung fördert jedoch anderes zu Tage. Ursächlich ist die Aushebelung des oben zitierten Euckenschen Prinzips der Haftung. Ob durch vollständige Verbriefung der Hypotheken oder mangelnde Rechenschaftspflicht der Ratingagenturen – immer wurde versucht, Haftung auszuschließen. So wurde permanent gegen ein entscheidendes Ordnungsprinzip der Sozialen Marktwirtschaft verstoßen.

Während in der Industrie die Arbeitsteilung zur Mehrung des Wohlstands beiträgt, scheint sie im Finanzsystem zum Kern des Problems zu führen. Hier bedeutet Arbeitsteilung zugleich fortschreitende Risikoteilung, was manche in der Vergangenheit irrtümlich mit Minderung des Gesamtrisikos gleichgesetzt haben. Die Aufteilung von Risiken kann aber nur dazu beitragen, die Risiken transparenter und damit besser einschätzbar zu machen. Dadurch können unterschiedliche Risikoattribute auf geeignete Kapitalgeber verteilt werden. Doch genau darin liegt auch das Problem. Denn die Zerlegung von Risiken funktioniert nur dann, wenn nicht zugleich Anreize geschwächt oder gar aufgelöst werden, das Risikogrundgeschäft im Auge zu behalten. Denn eine Delegation von Verantwortung, wie sie durch Kapitaleigner stattfindet, bedeutet nicht, dass Haftung ins Nichts verschoben wird. Bei der Verbriefung der Hypotheken ist aber genau dies der Fall.

Sucht man nun nach einer klugen Regulierung, können Verbote innovativer Finanzprodukte nicht die Lösung sein. Denn das wäre zu ungenau und würde Effizienzpotentiale verschenken, und der Regulierer verausgabte sich in einem nicht zu gewinnenden Wettlauf zwischen Hase und Igel. Stattdessen spricht viel für einen obligatorischen Selbsterhalt bei derivaten Finanzprodukten. Das würde die Haftungskette stärken.


Zur Grafik: Mit SWAP-Kontrakten können sich Banken und Käufer von Anleihen gegen Zahlungsausfälle versichern. Für Banken ist diese Art von Absicherung besonders verführerisch, weil versicherte Aktiva nicht zum Risikokapital zählen und deshalb nicht mit Eigenkapital unterlegt werden müssen.