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Die Wachstumsskepsis des Bundesfinanzministers

Statt 48,8 Milliarden musste der Bund 2011 nur 17,3 Milliarden neue Schulden aufnehmen. Grund war kein Rechenfehler, sondern das unerwartet hohe Wachstum in Deutschland. Es zeigt sich: Wächst die Wirtschaft, lassen sich Haushaltslöcher leichter stopfen. Dabei hatte der Finanzminister noch vor Kurzem das "Ende des Wachstums" gefordert.

Es ist schon ein Treppenwitz: Vor einem Monat philosophierte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble über die Saturiertheit der westlichen Industriestaaten, thematisierte die Begrenzung des Wirtschaftswachstums und geißelte die Maßlosigkeit in der Finanzwelt. Es klang ein bisschen wie weiland in den Neunziger Jahren, als er – noch zu Kohls Kanzlerzeiten – als Unionsfraktionschef in Buchform indirekt mit schwarz-grünen Gedanken spielte.

Einen Monat später verkündet sein Ministerium in Berlin, dass die Kreditaufnahme des Bundes im Haushaltsjahr 2011 mit 17,3 Milliarden Euro auf ein Drittel des ursprünglich geplanten Betrags von rund 48 Milliarden Euro gesunken sei. So stark wie im vergangenen Jahr konnte die Neuverschuldung im Bund binnen eines Jahres noch nie reduziert werden.

Der Finanzminister kann sich jetzt buchhalterisch sogar ein stattliches Ausgleichspolster von rund 25 Milliarden Euro gutschreiben, mit dem er  die grundgesetzliche Schuldengrenze auch dann einhalten kann, wenn er im laufenden Haushaltsjahr per Nachtragshaushalt dem Deutschen Bundestag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine deutlich höhere Neuverschuldung zur Zustimmung wird vorlegen müssen.

„Schuld“ an Schäubles Kreditaufnahme-Reduktion ist aber genau das Wirtschaftswachstum., das er im Dezember so kritisch hinterfragte. Ein dreiprozentiges reales Plus der Jahreswirtschaftsleistung verhalf  dem Bund zu fast 20 Milliarden Euro zusätzlichen Steuereinnahmen. Außerdem reduzierte der wachstumsgetriebene Anstieg der Beschäftigung massiv die Kosten der Arbeitslosigkeit.

Was lehrt uns das: Ohne Wachstum der Volkswirtschaft lassen sich die öffentlichen Budgets auch langfristig nicht sanieren. Und qualifiziertes Wachstum lässt sich Langfristig nur durch kluge Bildungs- und Investitionspolitik sowie demographiefeste Reformen der Sozialsysteme schaffen.


Dies ist ein Beitrag aus der Reihe “WachstumsBlog”.  In einem bis zwei Beiträgen pro Woche beschäftigen sich Wirtschaftsexperten  im ÖkonomenBlog mit Themen rund um nachhaltiges Wachstum.

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