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Der große Knall

kalte EnteignungWalter Krämer: Kalte Enteignung – wie die Euro-Rettung uns um den Wohlstand und Renten bringt, Frankfurt Main 2013, Campus-Verlag Wissenschaft muss sich in Politik einmischen. Davon zumindest ist Walter Krämer überzeugt. Schon vor einem Jahr hat er als Initiator des Ökonomen-Aufrufs deutlich gemacht, dass er nicht an eine Wende zum Guten in der Euro-Krise glaubt. Jetzt setzt er mit seinem neuen Werk „Kalte Enteignung“ noch einen drauf: Er ist sich sicher, dass die Europäische Zentralbank Deutschlands Zukunft ruiniert.

Im ersten Drittel des Buches führt der Dortmunder Wirtschaftsprofessor über die Bedeutung des Geldes und der Geschichte der D-Mark zur Geburt des Euro – mit all seinen Vorteilen und Nachteilen, zumindest, was die Kindheit des Euro angeht. Im zweiten Drittel geht um die bereits in zahllosen Büchern aufgeschriebene Geschichte der Euro-Krise und um die zentrale Frage des Buches: Wie sieht es mit den Sicherheiten für die Kredite aus, die Deutschland den Krisenländern zugesprochen hat? Ist das Geld da, wenn es in Deutschland gebraucht wird? Sind die deutschen Auslandsvermögen überhaupt noch eintreibbar? Krämers Furcht: „Kredite kann man nicht essen. Sie sind, ganz im Gegenteil, vielleicht eines Tages weg.“

Von der Kanzel lässt es sich leicht reden. Das weiß auch Krämer. Auch deswegen ist er wohl in seinem angenehm unwissenschaftlich geschriebenen Buch eindeutig bis ignorant in seiner Euro-Kritik, recht ellenbogenartig gegenüber Euro-Befürwortern und unerfreulich in der Vorausschau der nächsten Jahre. Krämer spart in seiner Darstellung nicht an populistischen Kniffen, wenn er beispielsweise vom schlauen Fuchs und der dummen Gans erzählt oder Brechts Zitat „Bankraub ist für Dilettanten, Profis gründen eine Bank“ bemüht, um die Mentalität von Süd- und Nordeuropäern oder die der Bankenmanager zu erklären. Die Kreditausfälle stellen für ihn das größte Risiko dar. Griechenland wird ihm zufolge niemals in der Lage sein, seine Staatsschulden aus eigener Kraft zu bezahlen.

Krämer fordert von der EZB eine Politik, die nicht immer gleich die Gelddruckmaschine und den europäischen Steuerzahler als Lösung aller Probleme sieht, sondern die die betroffenen Länder viel stärker an ihre Eigenverantwortung erinnert und zum Handeln mahnt. Der Autor will, dass bestehende Gesetze angewandt werden und jeder seine Abgaben zahlt. „Die Steuerbehörden in Südeuropa müssen effektiver werden und härter gegen Steuersünder vorgeben.“ So könnten Krämers Rechnung zufolge zwischen 20 und 30 Billionen Euros, die teilweise illegal weltweit auf Steueroasen beiseite geschafft wurden, angezapft werden. „Dann wäre die Euro-Krise morgen Früh zu Ende“, ist Krämer sich sicher.

Den Euro als Stabilisator und Friedensstifter eines gemeinsamen Europas lehnt er ab und sieht in ihm allein einen „Spaltpilz einer wirklichen Europäischen Union“. Die aktuelle Krise ist für ihn keine Banken-, sondern eine Schuldenkrise, die durch die Bankenkrise verschärft wurde. Krämer glaubt: „Eines Tages kommt der große Knall.“

Seine Überlegungen aus der derzeitigen Lage lauten erstens: Austritt zum Beispiel Griechenlands aus der Eurozone – freilich mit Vermögensverlusten u.a. für Deutschland; zweitens: eine interne Abwertung: Alle Preise in den Krisenländern, inklusive Löhne und Gehälter werden, verglichen mit den Nicht-Krisenländern, um 30 Prozent reduziert – mit der Komplikation, dass sich Hunderthausende von Preisen ändern müssten; Und drittens: ein Schrecken ohne Ende. Die aktuellen Krisenländer bleiben in der Eurozone und versuchen eine interne Abwendung, schaffen es aber nicht, und bekommen immer weiter Gelder von den Nicht-Krisenländern zugeschanzt. Alles nicht besonders reizvoll.