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Lizenz zur Krisenabwehr

„Staatsfinanzierung durch die Notenpresse“, „fehlende Legitimation“: Die unbegrenzten Staatsanleihekäufe der EZB stoßen auf heftige Kritik. Inzwischen sind sie ein Fall für das Bundesverfassungsgericht. Dabei ist diese EZB-Maßnahme nicht grundsätzlich mandatswidrig – auch wenn sie nur in akuten Krisenphasen eingesetzt werden sollte.

Staatsanleihekäufe durch die EZB sind ein Standardinstrument der Geldpolitik. Im aktuellen Fall haben sie dort angesetzt, wo die Leitzinssenkungen der EZB nicht wirkten: Die Staatsanleihemärkte in den Krisenländern waren gestört und damit wichtige Verbindungskanäle für die Weitergabe der Zinssenkung. Erst die mögliche Unbegrenztheit der Anleihekäufe hat die Anleger langfristig beruhigt. Dabei ging es auch nicht um eine verbotene Staatsfinanzierung. Das EZB-Geld fließt schließlich nicht den Staaten, sondern den Anlegern zu.

Neben der Mandatsfrage wird kritisiert, dass die EZB ihre Unabhängigkeit an den ESM abgebe. In der Tat müssen Krisenstaaten die Reformbedingungen des ESM erfüllen, um von Staatsanleihekäufen profitieren zu können. Das bedeutet aber nicht, dass die EZB sich vom Urteil des ESM abhängig macht. Das Letztentscheidungsrecht liegt immer noch bei ihr.

Zudem gibt es Zweifel, ob die EZB die Staatsanleihekäufe tatsächlich einstellen würde, wenn die Länder Reformen schuldig bleiben. Dahinter steht die Befürchtung, sie könnte nicht unabhängig genug sein. Die Zentralbank wird dieses Instrument aber regelmäßig aussetzen, während geprüft wird, ob die Länder die Reformvorgaben einhalten. Ein expliziter Beschluss zur Einstellung der Käufe wäre damit nicht nötig. Außerdem könnte sie die Staatsanleihekäufe wie im Fall von Italien im August 2011 verringern, was die Zinsen auf Staatsanleihen und damit den Reformdruck wieder steigen ließ. Diese Drohung ist glaubwürdig, weil die Situation nicht eskaliert. Dass sie auch einen Schritt weiter gehen würde, hat die EZB im Übrigen schon am Beispiel Zyperns gezeigt: Als die Verhandlungen zum Rettungspaket im März stockten, stellte sie der Regierung in Aussicht, die Liquiditätshilfe komplett einzustellen. Auch wenn die EZB damit in eine unkomfortable Lage gerät: Haftung und Kontrolle müssen in einer Hand liegen.