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Die WTO braucht eine neue Struktur

Der globale Handel ist stetig gestiegen.Ein neues Welthandelsabkommen, auf das sich die 159 Mitgliedsländer auf Bali einigten, wird nach jahrelangen Verhandlungen als Kompromiss verkündet und bejubelt. Doch die Verhandlungen haben auch gezeigt: Die Strukturen der WTO halten mit der Zeit nicht mehr Schritt.

Zum beschlossenen Bali-Paket gehören Erleichterungen bürokratischer Einfuhrhemmnisse, Abschaffung von Exportsubventionen sowie Vergünstigungen für besonders arme Entwicklungsländer, die einen besseren Marktzutritt ermöglichen. Der Jubel ist groß, auch hierzulande, denn vor allem  international verflochtene Länder erhoffen sich einen Wachstumsschub.  Wer aber genau hinsieht erkennt: Die WTO ist am Ende.

Die Welt hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Das gilt nicht für die Strukturen der WTO. Noch immer müssen WTO-Verträge einstimmig oder zumindest ohne Gegenstimmen verabschiedet werden. Als das General Agreement on Tarifs of Trade (GATT), Vorgänger der WTO, in der Nachkriegszeit nationale Märkte für den internationalen Wettbewerb öffnete, war das multilaterale Prinzip noch zeitgemäß. Seit Ende des 20. Jahrhunderts zeigt sich jedoch eine neue Tendenz im Welthandel. Die aufstrebenden Volkswirtschaften fordern mehr Mitspracherecht. Sie wollen von der westlichen bzw. amerikanischen Seite weniger abhängig sein und auf gleicher Augenhöhe die Regeln des globalisierten Welthandels mitbestimmen. Es wird immer deutlicher: Mit den aufstrebenden Ländern werden die Interessen der Welthandelsgemeinschaft immer unterschiedlicher. Internationale Kompromisse werden immer schwieriger

Durch das Einstimmigkeitsprinzip kann ein einzelnes Land mit seinem Veto alle Entscheidungen blockieren. Dahinter verbirgt sich ein großes Erpressungspotenzial. Kompromisse werden in Zukunft eher teurer als billiger. Das zeigt das Beispiel Indiens: Weil Indiens Agrar-Subventionen für die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln angeblich notwendig sind, hat das Land nach zäher Verweigerungshaltung zahlreiche Ausnahmen erhalten und stimmte nur deshalb am Ende dem Entwurf zu. Durch das Einstimmigkeitsprinzip erhalten diese Ausnahmen aber nahezu eine Ewigkeitsgarantie.

Da die Interessen aller Seiten immer mehr voneinander abweichen, führt der Multilateralismus nur zu immer größeren Spannungen und kann nur unter großen Anstrengungen und zu hohen Kosten weiterverfolgt werden. Regionale oder bilaterale Handelsabkommen, wie z.B. die transatlantische Partnerschaft zwischen der EU und den USA, wären aus politischer Sicht die bessere Option. Unter Beibehaltung des multilateralen Weg droht der Stillstand der Handelsgemeinschaft.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung auf welt.de erschienen.