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Verfehlte Forderungen nach mehr Solidarität

Noch immer ist die Staatsverschuldung in Europa hoch.Europas Krisenländer fordern stärkere finanzielle Unterstützung von Deutschland. Doch die Staaten müssen ihre Probleme selbst lösen. Die Bundesrepublik kann ihnen bestenfalls ein gutes Vorbild sein.

Es scheint, als könne es Deutschland seinen europäischen Partnern kaum recht machen: Die einen beklagen, dass die Bundesregierung von den Krisenstaaten schmerzhafte Reformen verlangt – zum Beispiel die Kürzung von Löhnen und Renten. Die anderen fordern, dass Deutschland mehr Führungsstärke zeigen sollte. Europas größte Volkswirtschaft müsse doch in der Lage sein, die Euro-Zone zu retten.

Die gleichzeitigen Klagen über das “teutonische Regime” und Rufe nach deutscher Führung widersprechen sich nur auf den ersten Blick. In Wahrheit zielen beide Seiten auf das gleiche ab: Deutschland soll mehr Geld auf den europäischen Tisch legen. Doch die Forderungen nach mehr “Solidarität” sind verfehlt: Bei der Unterstützung angeschlagener Staaten in Notsituationen leistet die Bundesrepublik in Form der verschiedenen Rettungsschirme längst ihren Beitrag.

Wenn es aber darum geht, permanente Transferzahlungen zu etablieren, sieht die Lage anders aus: Solange es keine voll ausgestaltete politische Union gibt, muss jedes Land seine Politik selbst verantworten. Eine gemeinsame Haftung, etwa durch Euro-Bonds, würde nicht nur unverantwortliches Handeln fördern. Auch ein fundamentales Prinzip der Demokratie wäre verletzt: keine Besteuerung ohne Repräsentation. Oder anders ausgedrückt: Wer nicht mitentscheiden darf, darf auch nicht zur Kasse gebeten werden.

Doch viele Euro-Staaten haben einseitige Vorstellungen von der Rolle Deutschlands. Das zeigt die Diskussion um die Bankenunion. Dass italienische oder spanische Steuerzahler bereit wären, für unverantwortliches Handeln der deutschen IKB oder Hypo Real Estate aufzukommen, ist kaum vorstellbar. Wenn deutsche Steuerzahler jedoch für die Risiken italienischer und spanischer Banken haften sollen, gilt dies als geradezu selbstverständlicher Akt der Solidarität.

Probleme, die aus Fehlern in der Vergangenheit resultieren, müssen aber auf der nationalen Ebene gelöst werden. Deutsche Führung kann nicht bedeuten, andere Staaten oder Banken in anderen Ländern zu retten. Wenn überhaupt sollte Deutschland durch das Beispiel guter Wirtschaftspolitik führen. Mit der fehlgeleiteten Energiepolitik, dem beschäftigungsfeindlichen Mindestlohn und dem Salto mortale in der Rentenpolitik begibt sich Deutschland jedoch in eine Richtung, die es zu recht bisher bei den Krisenländern moniert hat.


Dieser Beitrag ist in einer längeren Fassung im Handelsblatt erschienen.