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Kesselschlacht gegen Staatsschulden

Wie können sich Staaten von ihren Schulden befreien, wenn die traditionellen Instrumente nicht mehr helfen? Mit negativen Zinsen testen die Notenbanken einen neuen Weg. Doch führt er auch zum Ziel und was kommt als nächstes? Ein Kommentar von Walther Otremba.

Staatschulden konnten, historisch betrachtet, nur in Ausnahmefällen zurückgezahlt werden, zum Beispiel wenn kleine Länder wie Norwegen durch Rohstoffvorkommen plötzlich reich wurden. Im besten Fall lässt sich ihr Anstieg durch ordentliche Haushaltsführung und nachhaltiges Wirtschaftswachstum im Verhältnis zum Sozialprodukt stabilisieren. Überschreiten die öffentlichen Schulden die Grenze, bis zu der die Zinsausgaben im jährlichen Budget noch verkraftbar sind, hilft meist nur eines der folgenden zwei Instrumente:

  • Inflation, die den realen Wert der Staatsschuldentitel schmelzen lässt.
  • Staatsbankrott mit Währungsschnitt, z. B. nach einem verlorenen Krieg.

Zurzeit wird in Europa und anderswo – in Ermangelung von Inflation und verlorenen Kriegen – ein dritter Weg der Staatsentschuldung getestet: Die Sparerabschöpfung durch Niedrig- und Negativzinsen.

Wenn für Staatstitel, dank der Niedrigzinspolitik der EZB und der Quasi-Garantie für öffentliche Anleihen, fast keine Zinsen mehr zu zahlen sind, kann der dadurch gewonnene Ausgabenspielraum in den staatlichen Haushalten für die Rückführung der ausstehenden Schuld genutzt werden. Durch die in realer Rechnung negativen Zinsen für alle sicheren und liquiden Sparanlagen werden die Vermögensbesitzer in den Kauf der Staatstitel getrieben und das niedrige Zinsniveau so gesichert.

Immer noch gibt es aber Widerspenstige, die statt Staatsanleihen lieber rentierliche Aktien, Unternehmensanleihen oder sogar Bargeldhaltung wählen. Letztere lassen sich durch eine gesetzliche Begrenzung der Bargeldbestände zur Anlage ihrer freien Mittel in Staatstiteln veranlassen. Eine solches „Bargeldverbot“ wurde zuletzt im Rahmen der Bekämpfung illegaler Geschäfte und Steuerhinterziehung gefordert. Auch die Investoren in betriebliche Anlagen sollten dem Kesseltreiben nicht entgehen. So garantiert auch die Bundeskanzlerin angesichts entsprechender Forderungen des Koalitionspartners die bestehenden 25 %-Abgeltungssteuer für Kapitalerträge nur noch bis 2017. Danach könnten die wohlhabenden Rendite-Jäger durch die Anwendung des persönlichen Steuersatzes von bis 47 ½ % zu einem angemessenen Beitrag zur Begrenzung der öffentlichen Schulden gebeten werden. Die nicht verhinderte, fortschreitende kalte Progression bei der Einkommensteuer wird dazu beitragen, dass immer mehr Anleger diesen Spitzensteuersatz zahlen.  Damit ist der Sack ist zu – Staatschulden ade! (?)