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Enthemmte Finanzmarktökonomie untergräbt das Vertrauen in die Marktwirtschaft

Die Exzesse des Turbokapitalismus haben dafür gesorgt, dass die Marktwirtschaft nachhaltigen Schaden erlitten hat. Heute herrscht ein linker Zeitgeist. Dies könnte sich rächen.

Während ich an diesem Text schreibe, erreicht mich die Eilmeldung vom Tod von Frank Schirrmacher. Ein Herzinfarkt riss ihn mit 54 Jahren aus seinem kreativen journalistischen Schaffen. Er hat Themen antizipiert und sie mit Macht auf die gesellschaftspolitische Agenda gesetzt wie kein zweiter Publizist in Deutschland:

  • den demographischen Wandel
  • die riesigen Gefahren der digitalen Welt
  • die Exzesse des Turbokapitalismus

Ein Satz von ihm aus dem Jahr 2008 ist mir haften geblieben wie kein zweiter: “Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarkt­ökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik.”

Der linke Zeitgeist hat in Deutschland nach einer Phase der Reformpolitik in der ersten Hälfte des letzten Jahrzehnts ob­siegt. Er ist nicht zuletzt Folge einer kapitalistischen Scheinwelt der Großbanken und Versicherungsgiganten und der mit ihnen vernetzten Finanzmarktakteure. Libor-Zinssätze und Devisen­kurse wurden manipuliert und Schrott­immobilien zu handel­baren Giftpaketen verbrieft. Die Grundprinzipien unserer markt­wirtschaftlichen Ordnung wurden von diesen Totengräbern unserer Wirtschaftsordnung systematisch verraten. Dazu kam eine Laissez-faire-Politik, die marktbeherrschende und maßlose Giganten entstehen ließ. Doch Kartelle gehören zerschlagen, weil sie jede faire marktwirtschaftliche Wettbewerbsordnung zerstören.

„Bei den Banken sind sie fix, für die Kleinen tun sie nix!“ skandierten nicht nur die Occupy-Demonstranten. Das dachten auch viele Wähler der Union; bei SPD, Grünen und Linken ohnehin. Die Politik nahm Hunderte von Milliarden in die Hand, um vermeintlich systemrelevante Banken zu stützen. Jetzt wird als sozialer Ausgleich eine sündhaft teure politische Befriedungsstrategie gefahren, die in der konkreten Politik der Großen Koalition zu studieren ist. Wer großzügig Banken rettet, der wird Facharbeitern nach 45 Versicherungsjahren mit 63 eine abschlagsfreie Rente gönnen können.

Frank Schirrmachers Menetekel von 2004 „Das Methusalem-Komplott“ schreckt zehn Jahre später im Regierungsalltag niemanden mehr auf. Und das, obwohl wir jetzt unmittelbar vor der demographischen Falle sitzen, die in wenigen Jahren zuschlägt. Auch wenn die konsumtiven Staatsausgaben viel zu hoch sind, wird die Mütterrente aufgestockt. Mit dem Mindest­lohn, wird ein weiterer Sargnagel in unser marktwirt­schaftliches System geschlagen. Dieser nimmt im Windschatten der Fußball-WM Anfang Juli die letzten parlamentarischen Hürden.

Sparen war gestern, Prassen ist heute! Im Zweifel muss es die Europäische Zentralbank richten, die als „Retterin der letzten Instanz“ die Ausputzer-Illusion nährt. Mit immer mehr Liquidität und konditionierten Kreditvergabe-Stimulantien für die Wirt­schaft lässt sich aber kein nach­haltiges Wachstum finanzieren. Das geht nur über Strukturreformen, die auf die Alterung der Gesellschaft

  • in den Sozialsystemen
  • beim Arbeitsmarkt
  • in der Einwanderungspolitik
  • in der Förderung von Bildung und Forschung

reagieren.

Die teure Volksbeglückung wird der jüngeren Generationen wie ein Mühl­stein um den Hals hängen. Die politischen Akteure in Berlin sollten sich vielmehr mit den „Basics“ unserer Wirtschafts­ordnung befassen. Walter Eucken, der große Freiburger Ordoliberale, fasste sie als konstitutive Prinzipien für eine gute Wirtschaftspolitik wie folgt zusammen:

  • Respekt für die Eigentumsrechte und die Vertragsfreiheit
  • eine stabile Währung
  • Wettbewerb und
  • die Betonung der privaten Haftung.