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Die unsägliche deutsche Staatsgläubigkeit

Jetzt also auch noch die Mietpreisbremse! Die Große Koalition setzt mit ihrer Gesetzgebungsmaschinerie eine weitere Duftmarke staatlicher Überregulierung. Künftig soll es den Ländern in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt erlaubt sein, einen Preisdeckel von maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete gesetzlich vorzuschreiben. Obwohl Neubauten und umfassend modernisierte Bestandswohnungen ausgenommen bleiben, atmet dieser Vorstoß eine Staatsgläubigkeit, die durch nichts zu belegen ist.

Dass die steigende Wohnungsnachfrage in angesagten Städten oder Stadtquartieren auch die Mieten treibt, ist logisch. Dafür sinken Miet- und Hauspreise in anderen Regionen der Republik. Gebaut und saniert wird verstärkt dort, wo die starke Nachfrage auch zu Renditen bei den Investoren führt. Diese private Bauaktivität entfaltet eine vielfach größere Entlastungswirkung für den Wohnungsmarkt als eine gesetzlich verordnete Mietpreishöchstgrenze. Denn wenn der Staat mit Markteingriffen die Investitionstätigkeit abwürgt, werden Mieter auf überhaupt kein Wohnungsangebot mehr treffen. Und wer die soziale Segregation in der Stadtentwicklung anprangert, der sollte den Vorwurf in erster Linie bei den Städten und Gemeinden abladen. Denn sie haben es mit ihrer Bauleitplanung in der Hand, für sozial gemischte und stabile Wohnquartiere zu sorgen. Mit staatlichen Preisvorgaben, auch mit Steueranreizen, wird das Gegenteil erreicht.

Nichts gelernt aus falscher Staatsgläubigkeit?

Die Wohnungswirtschaft im Osten Deutschlands büßte das staatliche Steuerfüllhorn der Nachwendezeit mehr als eineinhalb Jahrzehnte lang. Weil der Staat damals mit großzügigsten Steueranreizen einen Immobilienboom auslöste, produzierte er gigantische Leerstände und eine Unzahl von Pleiten von Bauträgern. Der Wohnungsmarkt leidet in Teilen Ostdeutschlands noch heute unter dieser verheerenden Marktverzerrung. Doch Lerneffekte in Sachen falscher Staatsgläubigkeit? Fehlanzeige!

Ein anderes Beispiel für die fatale Staatsgläubigkeit stellt die langjährige großzügige Förderung der Solarenergie in Deutschland dar. Einst mit garantierten hohen Einspeisevergütungen subventioniert, die von den Stromverbrauchern noch heute teuer bezahlt werden, wuchs die Solarbranche im Land im vergangenen Jahrzehnt kräftig. Frankfurt an der Oder wurde zum Solar Valley stilisiert. Auf dem Börsenparkett feierten die Solarfirmen kurzzeitig einen Riesenhype. Doch die satte gesetzliche Einspeisevergütung machte die deutschen Solarproduzenten unbeweglich. Statt auf Innovation zu setzen und Geld für Forschung und Entwicklung in die Hand zu nehmen, kämpften sie lieber für die weitere Subvention durch die Verbraucher. Heute sind fast alle bankrott und vom Markt verschwunden. Der Siegeszug der Solarbranche, die in Asien und Nordamerika boomt wie nie, findet nahezu ohne deutsche Player statt. Dafür wächst der Kohlendioxidausstoß in Deutschland, weil schmutzige Braunkohlekraftwerke statt relativ sauberer Gaskraftwerke in wind- und sonnenschwachen Zeiten den Strom ins Netz speisen. Ökologische Energiewende?

Der Staat kann und soll nicht alles richten

Obwohl die Marktwirtschaft auf deutschem Boden im Systemvergleich BRD versus DDR ihre Überlegenheit über Jahrzehnte anschaulich bewiesen hat, wächst die Staatsgläubigkeit im vereinigten Deutschland immer weiter. Begriffe wie unternehmerische Freiheit, Wettbewerb und Eigenverantwortung, ohne die unsere Wirtschaftsordnung bei aller sozialen Flankierung nicht erfolgreich gewesen wäre, haben heute für viele einen fast unanständigen Beigeschmack. Wir spielen Ball paradox! Obwohl die DDR-Staatswirtschaft im Staatsbankrott endete, verfallen Politiker und Bürger immer stärker dem Glauben an den allzuständigen starken Staat. Das kann nur schief gehen.