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Pflegereform löst Demografieprobleme nicht

141014_Finanzierungssaldo-iDie Bundesregierung plant mit ihrer Pflegereform Leistungsausweitungen, einen Vorsorgefonds und höhere Beitragssätze. Zukunftsfähig und generationengerechter wird die gesetzliche Versicherung damit nicht. Dazu müsste sie teilweise in ein kapitalgedecktes System überführt werden.

Die soziale Pflegeversicherung stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Einerseits kommen immer höhere Kosten auf die Versicherten zu: Da es immer mehr ältere Menschen gibt, steigt auch die Zahl der Pflegefälle. Andererseits fallen Einnahmen weg, wenn der Anteil der Rentner an der Bevölkerung wächst. Dadurch ist eine Finanzierungslücke in erheblichem Ausmaß zu erwarten.

Allein durch die demografische Entwicklung ist in 2030 mit einer Lücke zwischen 1,7 bis 4 Milliarden Euro zu rechnen. Ab 2050 droht gar eine Lücke von bis zu 16 Milliarden Euro jährlich. Eine Steigerung der Pflegekosten, beispielsweise aufgrund eines zunehmenden Fachkräftemangels, ist bei dieser Rechnung noch gar nicht berücksichtigt.

Läuft alles weiter wie bisher, müssten in Zukunft entweder die Beitragssätze angehoben oder das Leistungsniveau der Pflegeversicherung abgesenkt werden. Letzteres war die politische Strategie in der Vergangenheit, um Beitragssatzsteigerungen zu vermeiden: Während die Kosten für Pflegeleistungen stetig stiegen, wurde das nominale Leistungsniveau der gesetzlichen Pflegeversicherung konstant gehalten – also de facto eine reale Entwertung vorgenommen. Zwar verspricht die Pflegereform hier auf den ersten Blick Abhilfe: Geplant ist eine einmalige Anhebung der Leistungssätze um 4 Prozent und eine regelmäßige Prüfung der Anpassung an die Kostenentwicklung durch die Politik. Eine automatische Angleichung der Versicherungsleistungen an künftige Kostensteigerungen ist jedoch auch für die Zukunft nicht vorgesehen.

Finanziert werden soll die Leistungsanhebung über einen höheren Beitragssatz. Die Beitragssätze müssten in Zukunft jedoch kräftig steigen, um das Leistungsniveau von heute zu halten. Um das zu verhindern, plant die Politik einen Vorsorgefonds. Dazu sollen heute etwas höhere Beiträge gezahlt werden, die über bis Mitte der 2030er Jahre angespart und anschließend in jährlichen Raten der Pflegeversicherung zugeführt werden sollen. Mitte der 2050er ist der Fonds dann leer.

Kapitaldeckung ist zwar grundsätzlich die richtige Idee. Mit dem Vorsorgefonds wird sie jedoch nicht sinnvoll um gesetzt: Zum einen ist er viel zu gering dimensioniert, um die demografisch bedingte Finanzierungslücke spürbar zu schließen. Zum anderen ist er genau dann leer, wenn diese Lücke am größten sein wird. Besser wäre es, die Kapitaldeckung nicht innerhalb des Umlagesystems vorzunehmen, sondern eine zweite, kapitalgedeckte Säule neben dem Umlagesystem aufzubauen – beispielsweise für die stationären Pflegeleistungen. Würde heute damit begonnen, könnten sich sogar die geburtenstarken Jahrgänge teilweise noch selbst vorsorgen. So könnte die Lastenverschiebung zwischen den Generationen im Umlageverfahren begrenzt und eine höhere Nachhaltigkeit in der Finanzierung erreicht werden.


Eine ausführliche Analyse der Pflegeversicherung finden Sie in der Studie “Finanzierung des Pflegefallrisikos” (IW Analysen Nr.99)