Ordnungspolitik

Die schöpferische Kraft des Unternehmertums

Joseph Schumpeter nannte sie die „schöpferische Kraft der Zerstörung“, die hinter der ständigen Innovationskraft des Neuen und Besseren steckt. Er sah in der Schöpfungskraft des Unternehmers die eigentliche Triebfeder unserer Wirtschaftsordnung. Das Neue verdrängt das Alte, zerstört überkommene und überholte Strukturen, sorgt für mehr Effizienz und größeren Wohlstand. Der Prozess läuft nicht geradlinig, sondern in Schüben. Und dieser fortwährende Ausleseprozess produziert selbstverständlich nicht nur Sieger, sondern immer wieder auch Verlierer.

Nur wer das Risiko des Scheiterns eingeht, eignet sich zum Unternehmer. Nur Gesellschaften, in denen möglichst viele Menschen den Mut zur Gründung haben, sich für eine Idee mit Herzblut und hohem finanziellen Einsatz buchstäblich zerreißen, gewährleisten langfristigen Wohlstand. Denn wo es keine Unternehmer gibt, da gibt es auch keine Arbeitsplätze. Dieser schlichte Zusammenhang wird in der gesellschaftspolitischen Debatte immer stärker negiert. Wer als Unternehmer scheitert, erntet in Deutschland Spott und Häme. Oft genug erhält er keine zweite Chance, weil das Scheitern als Stigma gilt – nicht nur bei den Banken, sondern auch im sozialen Umfeld.

Dabei lebt gerade die deutsche Volkswirtschaft in einem unglaublichen Maß von der schöpferischen Kraft des mittelständisch geprägten Unternehmertums. Die übergroße Mehrheit der Frauen und Männer, die als Inhaber Hunderttausende von Betrieben führen, in denen Millionen von Menschen Arbeit finden, leben eine Verantwortungsethik vor, die am besten mit dem Bild vom ehrbaren Kaufmann beschrieben ist. Doch wird das Unternehmerbild in der gesellschaftspolitischen Debatte nicht von diesen unzähligen „ehrbaren Kaufleuten“ bestimmt, die als Inhaber mit ihrem Namen und ihrem Geld für den Betrieb haften. Nein, exzessiv hoch bezahlte leitende Angestellte von Konzernen, besonders oft anzutreffen in der Welt der Finanzmärkte, bestimmen die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmers. Sie sorgen für das Zerrbild vom hässlichen Kapitalisten, der ohne Rücksicht auf Mitarbeiter und Kunden den Hals nicht voll bekommt.

Ist es verwunderlich, dass in einem gesellschaftlichen Klima, in dem schon in den Schulbüchern ein falsches Bild von der unternehmerischen Wirklichkeit gezeichnet wird, die unternehmerische Freiheit immer stärker unter die Räder gerät? Dass Politiker nahezu parteiübergreifend unternehmerisches Handeln mit zunehmender Regulierungswut erdrosseln? Dass Hochschulabsolventen inzwischen laut Umfragen den sicheren Arbeitsplatz beim Staat einem Engagement in der Privatwirtschaft oder dem Weg in die Selbständigkeit vorziehen?

In unserer Demokratie werden Gesetze und Vorschriften von Volksvertretern und Ministerialbeamten gemacht, deren Denke von der Sicherheit des Öffentlichen Dienstes geprägt ist. Sie alle leben vom Staat als Arbeitgeber und für sie gilt Planungssicherheit. Diese steht im Gegensatz zur „schöpferischen Zerstörungskraft“, die das Unternehmertum und unsere Wirtschaftsordnung prägt. Die volkswirtschaftliche Wertschöpfung, aus der Steuern und Abgaben generiert werden, stammt jedoch eben aus dieser Ursprungsquelle unternehmerischer Freiheit. Wer diese Quelle durch permanente staatliche Interventionen, durch bürokratische Überregulierung, durch Technologiefeindlichkeit und Steuer- und Abgabeorgien ausdörrt, wird am Ende selbst als Staatsbediensteter auf dem Trockenen sitzen.